MN104 – Bei Sàmagàma

 

Majjhima Nikàya 104

 

 

 

Bei Sàmagàma (Sàmagàma Sutta)

 

1. So habe ich gehört. Einmal hielt sich der Erhabene im Land der Sakyer, bei
Sàmagàma auf.

 

2. Bei jener Gelegenheit war der Nigaõñha Nàtaputta gerade bei Pàvà gestorben.
Bei seinem Tod trennten sich die Nigaõñhas, spalteten sich in zwei Gruppen;
und sie waren in Streit und Zank verfallen und in Streitgespräche vertieft, bei
denen sie sich gegenseitig mit Worten, die Dolchen glichen, verletzten: ,Du verstehst
dieses Dhamma und diese Disziplin nicht. Ich verstehe dieses Dhamma
und diese Disziplin. Wie könntest du auch dieses Dhamma und diese Disziplin
verstehen? Du bist auf dem falschen Weg. Ich bin auf dem richtigen Weg. Ich bin
konsequent. Du bist inkonsequent. Was zuerst gesagt werden sollte, hast du zuletzt
gesagt. Was zuletzt gesagt werde sollte, hast du zuerst gesagt. Von dem, was
du dir so sorgfältig ausgedacht hattest, ist das Innerste nach außen gekehrt worden.
Deine Behauptung ist widerlegt. Du bist nachweislich im Irrtum. Geh und
lerne nochmal neu, oder versuche, dich aus deinen Verstrickungen zu befreien,
wenn du kannst!‘ Es schien, als gäbe es nichts als Gemetzel unter den Schülern
des Nigaõñha Nàtaputta. Und seine weißgekleideten Laienanhänger waren angewidert
von den Schülern des Nigaõñha Nàtaputta, bestürzt über sie und von ihnen
enttäuscht, wie auch von seinem schlecht verkündeten und schlecht erklärten
Dhamma und Disziplin, welches keine Befreiung bringt, nicht zum Frieden führt,
verkündet von einem, der nicht vollständig erleuchtet war, und welches jetzt, da
sein Schrein zerbrochen war, keine Zuflucht mehr bot 1).

 

3. Da ging der Novize Cunda 2), der die Regenzeit bei Pàvà verbracht hatte,
nach Sàmagàma zum ehrwürdigen ânanda, und nachdem er ihm gehuldigt hatte,
setzte er sich seitlich nieder und erzählte ihm, was vorgefallen war.
Danach sagte der ehrwürdige ânanda zum Novizen Cunda: „Freund Cunda,
dies ist eine Nachricht, die dem Erhabenen mitgeteilt werden sollte. Komm, laß
uns an den Erhabenen herantreten und ihm dies erzählen.“
„Ja, ehrwürdiger Herr“, erwiderte der Novize Cunda.

 

4. Dann gingen der ehrwürdige ânanda und der Novize Cunda zusammen
zum Erhabenen. Nachdem sie ihm gehuldigt hatten, setzten sie sich seitlich nieder,
und der ehrwürdige ânanda sagte zum Erhabenen: „Dieser Novize Cunda,
ehrwürdiger Herr, sagt folgendes: ,Ehrwürdiger Herr, der Nigaõñha Nàtaputta ist
gerade gestorben. Bei seinem Tod trennten sich die Niganthas, spalteten sich in
zwei Gruppen; und sie sind in Streit und Zank verfallen und in Streitgespräche
vertieft, bei denen sie sich gegenseitig mit Worten, die Dolchen gleichen,
verletzen: ›Du verstehst dieses Dhamma und diese Disziplin nicht. Ich verstehe dieses
Dhamma und diese Disziplin. Wie könntest du auch dieses Dhamma und diese
Disziplin verstehen? Du bist auf dem falschen Weg. Ich bin auf dem richtigen
Weg. Ich bin konsequent. Du bist inkonsequent. Was zuerst gesagt werden sollte,
hast du zuletzt gesagt. Was zuletzt gesagt werde sollte, hast du zuerst gesagt. Von
dem, was du dir so sorgfältig ausgedacht hattest, ist das Innerste nach außen
gekehrt worden. Deine Behauptung ist widerlegt. Du bist nachweislich im Irrtum.
Geh und lerne nochmal neu, oder versuche, dich aus deinen Verstrickungen
zu befreien, wenn du kannst!‹ Es scheint, als gäbe es nichts als Gemetzel unter
den Schülern des Nigaõñha Nàtaputta. Und seine weißgekleideten Laienanhänger
sind angewidert von den Schülern des Nigaõñha Nàtaputta, bestürzt über sie und
von ihnen enttäuscht, wie auch von seinem schlecht verkündeten und schlecht
erklärten Dhamma und Disziplin, welches keine Befreiung bringt, nicht zum
Frieden führt, verkündet von einem, der nicht vollständig erleuchtet war, und
welches jetzt, da sein Schrein zerbrochen ist, keine Zuflucht mehr bietet.‘ Ich
dachte, ehrwürdiger Herr, ,Kein Streit soll in der Sangha entstehen, wenn der
Erhabene gegangen ist. Denn so ein Streit wäre zum Schaden und Unglück vieler,
zum Verlust, Schaden und Leid der Götter und Menschen.‘“

 

5. „Was meinst du, ânanda? Diese Dinge, die ich euch gelehrt habe, nachdem
ich sie unmittelbar erkannt habe – nämlich die vier Grundlagen der Achtsamkeit,
die vier richtigen Anstrengungen, die vier Machtfährten, die fünf spirituellen
Fähigkeiten, die fünf Kräfte, die sieben Erleuchtungsfaktoren, den Edlen Achtfachen
Pfad – siehst du, ânanda, auch nur zwei Bhikkhus, die unterschiedliche
Behauptungen über diese Dinge aufstellen?“
„Nein, ehrwürdiger Herr, ich sehe nicht einmal zwei Bhikkhus, die unterschiedliche
Behauptungen über diese Dinge aufstellen. Aber, ehrwürdiger Herr, es gibt
Leute, die dem Erhabenen gegenüber ehrerbietig leben, die aber, wenn er gegangen
ist, Streit in der Sangha über die Lebensweise und über die Pàtimokkha-
Regeln stiften könnten 3). So ein Streit wäre zum Schaden und Unglück vieler,
zum Verlust, Schaden und Leid der Götter und Menschen.“
„Ein Streit über die Lebensweise und über die Pàtimokkha-Regeln wäre nur
eine Geringfügigkeit, ânanda. Aber wenn ein Streit in der Sangha über den Pfad
oder den Weg 4) ausbrechen sollte, so ein Streit wäre zum Schaden und Unglück
vieler, zum Verlust, Schaden und Leid der Götter und Menschen.“

 

6. „Es gibt, ânanda, diese sechs Wurzeln des Streits. Welche sechs? ânanda,
da ist ein Bhikkhu zornig und voller Rachegelüste. Solch ein Bhikkhu weilt ohne
Respekt und Ehrerbietung gegenüber dem Lehrer, gegenüber dem Dhamma, und
gegenüber der Sangha, und er kommt der Übung nicht nach. Ein Bhikkhu, der
ohne Respekt und Ehrerbietung gegenüber dem Lehrer, gegenüber dem Dhamma,
und gegenüber der Sangha weilt, und der der Übung nicht nachkommt, stiftet
einen Streit in der Sangha, der zum Schaden und Unglück vieler wäre, zum Verlust,
Schaden und Leid der Götter und Menschen. Wenn du nun irgendeine derartige
Wurzel des Streits siehst, entweder in dir selbst oder außerhalb, dann solltest
du dich anstrengen, eben diese üble Wurzel des Streits zu überwinden. Und wenn
du keine derartige Wurzel des Streits siehst, entweder in dir selbst oder außerhalb,
dann solltest du so praktizieren, daß eben diese üble Wurzel des Streits
nicht in der Zukunft hervorbricht. Auf solche Weise gibt es das Überwinden jener
üblen Wurzel des Streits; auf solche Weise gibt es das Nicht-Hervorbrechen
jener üblen Wurzel des Streits in der Zukunft.“

 

7. „Wiederum ist da ein Bhikkhu verächtlich und anmaßend. Solch ein Bhikkhu
weilt ohne Respekt und Ehrerbietung gegenüber dem Lehrer, gegenüber dem
Dhamma, und gegenüber der Sangha, und er kommt der Übung nicht nach. Ein
Bhikkhu, der ohne Respekt und Ehrerbietung gegenüber dem Lehrer, gegenüber
dem Dhamma, und gegenüber der Sangha weilt, und der der Übung nicht nachkommt,
stiftet einen Streit in der Sangha, der zum Schaden und Unglück vieler
wäre, zum Verlust, Schaden und Leid der Götter und Menschen. Wenn du nun
irgendeine derartige Wurzel des Streits siehst, entweder in dir selbst oder außerhalb,
dann solltest du dich anstrengen, eben diese üble Wurzel des Streits zu
überwinden. Und wenn du keine derartige Wurzel des Streits siehst, entweder in
dir selbst oder außerhalb, dann solltest du so praktizieren, daß eben diese üble
Wurzel des Streits nicht in der Zukunft hervorbricht. Auf solche Weise gibt es
das Überwinden jener üblen Wurzel des Streits; auf solche Weise gibt es das
Nicht-Hervorbrechen jener üblen Wurzel des Streits in der Zukunft.“

 

8. „Wiederum ist da ein Bhikkhu neidisch und geizig. Solch ein Bhikkhu weilt
ohne Respekt und Ehrerbietung gegenüber dem Lehrer, gegenüber dem Dhamma,
und gegenüber der Sangha, und er kommt der Übung nicht nach. Ein Bhikkhu,
der ohne Respekt und Ehrerbietung gegenüber dem Lehrer, gegenüber dem
Dhamma, und gegenüber der Sangha weilt, und der der Übung nicht nachkommt,
stiftet einen Streit in der Sangha, der zum Schaden und Unglück vieler wäre,
zum Verlust, Schaden und Leid der Götter und Menschen. Wenn du nun irgendeine
derartige Wurzel des Streits siehst, entweder in dir selbst oder außerhalb,
dann solltest du dich anstrengen, eben diese üble Wurzel des Streits zu überwinden.
Und wenn du keine derartige Wurzel des Streits siehst, entweder in dir selbst
oder außerhalb, dann solltest du so praktizieren, daß eben diese üble Wurzel des
Streits nicht in der Zukunft hervorbricht. Auf solche Weise gibt es das Überwinden
jener üblen Wurzel des Streits; auf solche Weise gibt es das Nicht-Hervorbrechen
jener üblen Wurzel des Streits in der Zukunft.“

 

9. „Wiederum ist da ein Bhikkhu hinterlistig und betrügerisch. Solch ein
Bhikkhu weilt ohne Respekt und Ehrerbietung gegenüber dem Lehrer, gegenüber
dem Dhamma, und gegenüber der Sangha, und er kommt der Übung nicht
nach. Ein Bhikkhu, der ohne Respekt und Ehrerbietung gegenüber dem Lehrer,
gegenüber dem Dhamma, und gegenüber der Sangha weilt, und der der Übung
nicht nachkommt, stiftet einen Streit in der Sangha, der zum Schaden und Unglück
vieler wäre, zum Verlust, Schaden und Leid der Götter und Menschen.
Wenn du nun irgendeine derartige Wurzel des Streits siehst, entweder in dir selbst
oder außerhalb, dann solltest du dich anstrengen, eben diese üble Wurzel des
Streits zu überwinden. Und wenn du keine derartige Wurzel des Streits siehst,
entweder in dir selbst oder außerhalb, dann solltest du so praktizieren, daß eben
diese üble Wurzel des Streits nicht in der Zukunft hervorbricht. Auf solche Weise
gibt es das Überwinden jener üblen Wurzel des Streits; auf solche Weise gibt es
das Nicht-Hervorbrechen jener üblen Wurzel des Streits in der Zukunft.“

 

10. „Wiederum hat da ein Bhikkhu üble Wünsche und falsche Ansicht. Solch
ein Bhikkhu weilt ohne Respekt und Ehrerbietung gegenüber dem Lehrer, gegenüber
dem Dhamma, und gegenüber der Sangha, und er kommt der Übung
nicht nach. Ein Bhikkhu, der ohne Respekt und Ehrerbietung gegenüber dem
Lehrer, gegenüber dem Dhamma, und gegenüber der Sangha weilt, und der der
Übung nicht nachkommt, stiftet einen Streit in der Sangha, der zum Schaden und
Unglück vieler wäre, zum Verlust, Schaden und Leid der Götter und Menschen.
Wenn du nun irgendeine derartige Wurzel des Streits siehst, entweder in dir selbst
oder außerhalb, dann solltest du dich anstrengen, eben diese üble Wurzel des
Streits zu überwinden. Und wenn du keine derartige Wurzel des Streits siehst,
entweder in dir selbst oder außerhalb, dann solltest du so praktizieren, daß eben
diese üble Wurzel des Streits nicht in der Zukunft hervorbricht. Auf solche Weise
gibt es das Überwinden jener üblen Wurzel des Streits; auf solche Weise gibt es
das Nicht-Hervorbrechen jener üblen Wurzel des Streits in der Zukunft.“

 

11. „Wiederum haftet da ein Bhikkhu an seinen eigenen Ansichten an, hält
hartnäckig an ihnen fest und läßt sie nur unter Schwierigkeiten los. Solch ein
Bhikkhu weilt ohne Respekt und Ehrerbietung gegenüber dem Lehrer, gegenüber
dem Dhamma, und gegenüber der Sangha, und er kommt der Übung nicht
nach. Ein Bhikkhu, der ohne Respekt und Ehrerbietung gegenüber dem Lehrer,
gegenüber dem Dhamma, und gegenüber der Sangha weilt, und der der Übung
nicht nachkommt, stiftet einen Streit in der Sangha, der zum Schaden und Unglück
vieler wäre, zum Verlust, Schaden und Leid der Götter und Menschen.
Wenn du nun irgendeine derartige Wurzel des Streits siehst, entweder in dir selbst
oder außerhalb, dann solltest du dich anstrengen, eben diese üble Wurzel des
Streits zu überwinden. Und wenn du keine derartige Wurzel des Streits siehst,
entweder in dir selbst oder außerhalb, dann solltest du so praktizieren, daß eben
diese üble Wurzel des Streits nicht in der Zukunft hervorbricht. Auf solche Weise
gibt es das Überwinden jener üblen Wurzel des Streits; auf solche Weise gibt es
das Nicht-Hervorbrechen jener üblen Wurzel des Streits in der Zukunft. Dies
sind die sechs Wurzeln des Streits.“

 

12. „ânanda, es gibt diese vier Arten von Rechtsverfahren. Welche vier? Rechtsverfahren
aufgrund eines Streits, Rechtsverfahren aufgrund einer Beschuldigung,
Rechtsverfahren aufgrund eines Verstoßes und Rechtsverfahren bezüglich einer
Vorgehensweise. Dies sind die vier Arten von Rechtsverfahren 5).“

 

13. „ânanda, es gibt diese sieben Arten der Beilegung von Rechtsverfahren.
Zur Beilegung und Befriedung von Rechtsverfahren, wann immer sie sich ereignen:
Erledigung (eines Rechtsverfahrens) durch Konfrontation mag festgesetzt
werden, Erledigung (eines Rechtsverfahrens) auf Erinnerung beruhend mag
festgesetzt werden, Erledigung (eines Rechtsverfahrens) auf früherer Unzurechnungsfähigkeit
beruhend mag festgesetzt werden, das Zustandekommen eines Bekenntnisses
bezüglich eines Verstoßes, die Mehrheitsmeinung, die Verlautbarung
bezüglich des schlechten Charakters gegenüber jemandem, und Gras über eine
Sache wachsen lassen.“

 

14. „Und auf welche Weise gibt es Erledigung (eines Rechtsverfahrens) durch
Konfrontation 6)? Da streiten sich Bhikkhus, ,Es ist Dhamma‘, oder ,Es ist nicht
Dhamma‘, oder ,Es ist Disziplin‘, oder ,Es ist nicht Disziplin.‘ Jene Bhikkhus
sollten alle in Eintracht zusammenkommen. Dann, nachdem sie zusammengekommen
sind, sollte die Richtlinie des Dhamma aufgestellt werden. Nachdem
die Richtlinie des Dhamma aufgestellt worden ist, sollte jenes Rechtsverfahren
auf eine Weise beigelegt werden, die damit übereinstimmt. So ist die Erledigung
(des Rechtsverfahrens) durch Konfrontation. Und so kommt die Beilegung einiger
Rechtsverfahren mittels Erledigung durch Konfrontation zustande.“

 

15. „Und auf welche Weise gibt es eine Mehrheitsmeinung? Wenn jene
Bhikkhus jenes Rechtsverfahren an jener Wohnstätte nicht beilegen können, so
sollten sie sich zu einer Wohnstätte begeben, an der es eine größere Anzahl von
Bhikkhus gibt. Dort sollten sie alle in Eintracht zusammenkommen. Dann, nachdem
sie zusammengekommen sind, sollte die Richtlinie des Dhamma aufgestellt
werden. Nachdem die Richtlinie des Dhamma aufgestellt worden ist, sollte jenes
Rechtsverfahren auf eine Weise beigelegt werden, die damit übereinstimmt. So
ist die Mehrheitsmeinung. Und so kommt die Beilegung einiger Rechtsverfahren
mittels Mehrheitsmeinung zustande.“

 

16. „Und auf welche Weise gibt es Erledigung (eines Rechtsverfahrens) auf
Erinnerung beruhend? Da tadelt ein Bhikkhu einen anderen Bhikkhu für diesen
oder jenen schwerwiegenden Verstoß, für einen, der die Niederlage beinhaltet
oder an Niederlage grenzt 7): ,Erinnert sich der Ehrwürdige daran, diesen oder
jenen schwerwiegenden Verstoß begangen zu haben, einen, der die Niederlage
beinhaltet oder an Niederlage grenzt?‘ Er sagt: ,Freunde, ich erinnere mich nicht
daran, diesen oder jenen schwerwiegenden Verstoß begangen zu haben, einen,
der die Niederlage beinhaltet oder an Niederlage grenzt.‘ In diesem Fall sollte
Erledigung (des Rechtsverfahrens) auf Erinnerung beruhend verkündet werden.
So ist die Erledigung (des Rechtsverfahrens) auf Erinnerung beruhend. Und so
kommt die Beilegung einiger Rechtsverfahren mittels Erledigung auf Erinnerung
beruhend zustande.“

 

17. „Und auf welche Weise gibt es Erledigung (des Rechtsverfahrens) auf
früherer Unzurechnungsfähigkeit beruhend? Da tadelt ein Bhikkhu einen anderen
Bhikkhu für diesen oder jenen schwerwiegenden Verstoß, für einen, der die
Niederlage beinhaltet oder an Niederlage grenzt: ,Erinnert sich der Ehrwürdige
daran, diesen oder jenen schwerwiegenden Verstoß begangen zu haben, einen,
der die Niederlage beinhaltet oder an Niederlage grenzt?‘ Er sagt: ,Freunde, ich
erinnere mich nicht daran, diesen oder jenen schwerwiegenden Verstoß begangen
zu haben, einen, der die Niederlage beinhaltet oder an Niederlage grenzt.‘
Ungeachtet der Leugnung hakt er nach: ,Der Ehrwürdige wird schon wissen,
falls er sich erinnert, diesen oder jenen schwerwiegenden Verstoß begangen zu
haben, einen, der die Niederlage beinhaltet oder an Niederlage grenzt?‘ Er sagt:
,Ich war wahnsinnig, Freund, ich war nicht bei Sinnen, und als ich wahnsinnig
war, sagte und tat ich viele Dinge, die sich für einen Mönch nicht gehören. Ich
erinnere mich nicht, ich war wahnsinnig, als ich das tat.‘ In diesem Fall sollte
Erledigung (des Rechtsverfahrens) auf früherer Unzurechnungsfähigkeit beruhend
verkündet werden. So ist die Erledigung (des Rechtsverfahrens) auf früherer
Unzurechnungsfähigkeit beruhend. Und so kommt die Beilegung einiger
Rechtsverfahren mittels Erledigung auf früherer Unzurechnungsfähigkeit beruhend
zustande.“

 

18. „Und auf welche Weise gibt es das Zustandekommen eines Bekenntnisses
(bezüglich eines Verstoßes)? Da erinnert sich ein Bhikkhu getadelt oder ungetadelt
eines Verstoßes, enthüllt ihn und legt ihn offen. Er sollte zu einem rangälteren
Bhikkhu gehen und, nachdem er seine Robe auf einer Schulter zurechtgerückt
hat, sollte er ihm zu seinen Füßen huldigen und, auf seinen Fersen sitzend sollte
er seine respektvoll zusammengelegten Hände heben und sagen: ,Ehrwürdiger
Herr, ich habe diesen oder jenen Verstoß begangen; ich bekenne diesen.‘ Der
andere sagt: ,Siehst du (dein Fehlverhalten)?‘ – ,Ja, ich sehe es.‘ – ,Wirst du
künftig Zurückhaltung üben?‘ – ,Ich werde künftig Zurückhaltung üben.‘ So ist
das Zustandekommen eines Bekenntnisses. Und so kommt die Beilegung einiger
Rechtsverfahren mittels des Zustandekommens eines Bekenntnisses (bezüglich
eines Verstoßes) zustande 8).“

 

19. „Und auf welche Weise gibt es (die Verlautbarung bezüglich des) schlechten
Charakters gegenüber einem anderen? Da tadelt ein Bhikkhu einen anderen
Bhikkhu für diesen oder jenen schwerwiegenden Verstoß, für einen, der die Niederlage
beinhaltet oder an Niederlage grenzt: ,Erinnert sich der Ehrwürdige daran,
diesen oder jenen schwerwiegenden Verstoß begangen zu haben, einen, der
die Niederlage beinhaltet oder an Niederlage grenzt?‘ Er sagt: ,Freunde, ich erinnere
mich nicht daran, diesen oder jenen schwerwiegenden Verstoß begangen zu
haben, einen, der die Niederlage beinhaltet oder an Niederlage grenzt.‘ Ungeachtet
der Leugnung hakt er nach: ,Der Ehrwürdige wird schon wissen, falls er
sich erinnert, diesen oder jenen schwerwiegenden Verstoß begangen zu haben,
einen, der die Niederlage beinhaltet oder an Niederlage grenzt?‘ Er sagt: ,Freunde,
ich erinnere mich nicht daran, diesen oder jenen schwerwiegenden Verstoß
begangen zu haben, einen, der die Niederlage beinhaltet oder an Niederlage grenzt.
Aber, Freunde, ich erinnere mich, diesen oder jenen geringfügigen Verstoß begangen
zu haben.‘ Ungeachtet der Leugnung hakt er weiter nach: ,Der Ehrwürdige
wird schon wissen, falls er sich erinnert, diesen oder jenen schwerwiegenden
Verstoß begangen zu haben, einen, der die Niederlage beinhaltet oder an Niederlage
grenzt?‘ Er sagt: ,Freunde, ungefragt habe ich zugegeben, diesen geringfügigen
Verstoß begangen zu haben; also, warum sollte ich nicht zugeben, diesen
oder jenen schwerwiegenden Verstoß begangen zu haben, einen, der die Niederlage
beinhaltet oder an Niederlage grenzt, wenn ich danach gefragt werde?‘ Der
andere sagt: ,Freund, wenn du nicht gefragt worden wärst, hättest du nicht zugegeben,
diesen geringfügigen Verstoß begangen zu haben; also, warum solltest du
zugeben, diesen oder jenen schwerwiegenden Verstoß begangen zu haben, einen,
der die Niederlage beinhaltet oder an Niederlage grenzt, wenn man dich
danach fragte? Der Ehrwürdige wird schon wissen, falls er sich erinnert, diesen
oder jenen schwerwiegenden Verstoß begangen zu haben, einen, der die Niederlage
beinhaltet oder an Niederlage grenzt?‘ Er sagt: ,Freunde, ich erinnere mich
daran, diesen oder jenen schwerwiegenden Verstoß begangen zu haben, einen,
der die Niederlage beinhaltet oder an Niederlage grenzt. Ich war in Eile, ich war
verwirrt, als ich sagte, ich erinnere mich nicht daran, diesen oder jenen schwerwiegenden
Verstoß begangen zu haben, einen, der die Niederlage beinhaltet oder
an Niederlage grenzt.‘ So gibt es (die Verlautbarung bezüglich des) schlechten
Charakters gegenüber einem anderen. Und so kommt die Beilegung einiger
Rechtsverfahren mittels (der Verlautbarung bezüglich des) schlechten Charakters
gegenüber einem anderen zustande.“

 

20. „Und auf welche Weise bedeckt man eine Sache mit Gras? Wenn Bhikkhus
in Streit und Zank verfallen und in Streitgespräche vertieft sind, haben sie vielleicht
Dinge gesagt und getan, die sich für einen Mönch nicht gehören. Jene
Bhikkhus sollten alle in Eintracht zusammenkommen. Nachdem sie zusammengekommen
sind, sollte sich ein weiser Bhikkhu unter jenen Bhikkhus, die die
eine Seite vertreten, von seinem Sitz erheben, und, nachdem er seine Robe auf
einer Schulter zurechtgerückt hat, sollte er seine respektvoll zusammengelegten
Hände heben und um eine Verfügung der Sangha ersuchen, mit den Worten: ,Die
ehrwürdige Sangha höre mich an. Als wir in Streit und Zank verfielen und in
Streitgespräche vertieft waren, sagten und taten wir Dinge, die sich für einen
Mönch nicht gehören. Wenn es von der Sangha gebilligt wird, dann werde ich
inmitten der Sangha, zum Wohl dieser Ehrwürdigen und zu meinem eigenen
Wohl, bekennen, unter Anwendung der Methode, bei der jegliche Verstöße dieser
Ehrwürdigen und jegliche Verstöße meinerseits mit Gras bedeckt werden,
außer jenen, die nach ernsthaftem Tadel verlangen, und jenen, die die Laienschaft
betreffen 9).‘“
„Dann sollte sich ein weiser Bhikkhu unter jenen Bhikkhus, die die Gegenseite
vertreten, von seinem Sitz erheben, und, nachdem er seine Robe auf einer
Schulter zurechtgerückt hat, sollte er seine respektvoll zusammengelegten Hände
heben und um eine Verfügung der Sangha ersuchen, mit den Worten: ,Die
ehrwürdige Sangha höre mich an. Als wir in Streit und Zank verfielen und in
Streitgespräche vertieft waren, sagten und taten wir Dinge, die sich für einen
Mönch nicht gehören. Wenn es von der Sangha gebilligt wird, dann werde ich
inmitten der Sangha, zum Wohl dieser Ehrwürdigen und zu meinem eigenen
Wohl, bekennen, unter Anwendung der Methode, bei der jegliche Verstöße dieser
Ehrwürdigen und jegliche Verstöße meinerseits mit Gras bedeckt werden,
außer jenen, die nach ernsthaftem Tadel verlangen, und jenen, die die Laienschaft
betreffen.‘ So ist das Bedecken einer Sache mit Gras. Und so kommt die
Beilegung einiger Rechtsverfahren zustande, indem man eine Sache mit Gras
bedeckt.“

 

21. „ânanda, es gibt diese sechs bemerkenswerten Eigenschaften, die Liebe
und Respekt erzeugen und zur Hilfsbereitschaft, zum Nicht-Streiten, zur Eintracht
und Einigkeit beitragen. Was sind diese sechs?“
„Da hält ein Bhikkhu körperliche Handlungen der Liebenden Güte gegenüber
seinen Gefährten im heiligen Leben ein, sowohl in der Öffentlichkeit als auch im
Privaten. Dies ist eine bemerkenswerte Eigenschaft, die Liebe und Respekt erzeugt
und zur Hilfsbereitschaft, zum Nicht-Streiten, zur Eintracht und Einigkeit
beiträgt.“
„Wiederum hält ein Bhikkhu sprachliche Handlungen der Liebenden Güte
gegenüber seinen Gefährten im heiligen Leben ein, sowohl in der Öffentlichkeit
als auch im Privaten. Dies ist eine bemerkenswerte Eigenschaft, die Liebe und
Respekt erzeugt und zur Hilfsbereitschaft, zum Nicht-Streiten, zur Eintracht und
Einigkeit beiträgt.“
„Wiederum hält ein Bhikkhu geistige Handlungen der Liebenden Güte gegenüber
seinen Gefährten im heiligen Leben ein, sowohl in der Öffentlichkeit als
auch im Privaten. Dies ist eine bemerkenswerte Eigenschaft, die Liebe und Respekt
erzeugt und zur Hilfsbereitschaft, zum Nicht-Streiten, zur Eintracht und
Einigkeit beiträgt.“
„Wiederum benutzt ein Bhikkhu Dinge gemeinsam mit seinen sittsamen Gefährten
im heiligen Leben; ohne etwas zurückzuhalten teilt er mit ihnen jeglichen
Zugewinn, der mit dem Dhamma in Einklang steht und der in Einklang mit
dem Dhamma erlangt wurde, sogar einschließlich des Inhalts seiner Schale. Dies
ist eine bemerkenswerte Eigenschaft, die Liebe und Respekt erzeugt und zur
Hilfsbereitschaft, zum Nicht-Streiten, zur Eintracht und Einigkeit beiträgt.“
„Wiederum hält sich ein Bhikkhu in der Öffentlichkeit und im Privaten auf,
indem er gemeinsam mit seinen Gefährten im heiligen Leben jene Sittlichkeit
besitzt, die ungebrochen, nicht zerrissen, nicht gefleckt, nicht gesprenkelt, befreiend,
von den Weisen empfohlen, nicht mißverstanden und der Konzentration
zuträglich ist. Auch dies ist eine bemerkenswerte Eigenschaft, die Liebe und
Respekt erzeugt und zur Hilfsbereitschaft, zum Nicht-Streiten, zur Eintracht und
Einigkeit beiträgt.“
„Wiederum hält sich ein Bhikkhu in der Öffentlichkeit und im Privaten auf,
indem er gemeinsam mit seinen Gefährten im heiligen Leben jene Ansicht besitzt,
die edel und zur Befreiung führend ist, und denjenigen, der in Übereinstimmung
mit ihr praktiziert, zur völligen Vernichtung des Leidens führt. Auch dies
ist eine bemerkenswerte Eigenschaft, die Liebe und Respekt erzeugt und zur
Hilfsbereitschaft, zum Nicht-Streiten, zur Eintracht und Einigkeit beiträgt.“
„Dies sind die sechs bemerkenswerten Eigenschaften, die Liebe und Respekt
erzeugen und zur Hilfsbereitschaft, zum Nicht-Streiten, zur Eintracht und Einigkeit
beitragen.“

 

22. „ânanda, wenn du diese sechs bemerkenswerten Eigenschaften auf dich
nimmst und aufrechterhältst, siehst du irgendeine Redeweise, unbedeutend oder
grob, die du nicht ertragen könntest?“ – „Nein, ehrwürdiger Herr.“ – „Daher,
ânanda, nimm diese sechs bemerkenswerten Eigenschaften auf dich und erhalte
sie aufrecht. Das wird lange zu deinem Wohlergehen und Glück gereichen.“
Das ist es, was der Erhabene sagte. Der ehrwürdige ânanda war zufrieden und
entzückt über die Worte des Erhabenen.

 

Anmerkungen:
1) MA: Der Schrein und die Zuflucht war der Nigaõñha Nàtaputta.
2) Der jüngere Bruder des ehrwürdigen Sàriputta.
3) M48 zeigt, daß so ein Streit bereits zu Lebzeiten des Buddha stattgefunden hat.
4) Das wäre z.B. ein Streit über den Achtfachen Pfad oder die anderen Bestandteile
der genannten 37 Erleuchtungsfaktoren.
5) Diese Verfahren werden im Cåëavagga des Vinayapiñaka ausführlich behandelt.
6) „Konfrontation“ heißt, daß die Disputanten mit der Versammlung der Sangha als
Schiedsinstanz konfrontiert werden.
7) „Niederlage“ (pàràjika) sind Verstöße der schwerwiegendsten Kategorie, die zum
Ausschluß aus dem Orden auf Lebenszeit führen; an Niederlage grenzend sind
entweder unvollendete Verstöße der schwersten Kategorie, oder Verstöße, die
einen formalen Akt der Sangha (saòghadisesa) mit zeitweiliger Suspendierung
und Wiedereinsetzung in Bezug auf volle „Amtsfähigkeit“ eines Bhikkhu beinhalten,
meist in Verbindung mit einer Buße. Diese Art der „Beilegung auf Erinnerung
beruhend“ gilt bei unbewiesenen Anschuldigungen.
8) Dies gilt für die Klasse der „zu bekennenden“ Verstöße.
9) Im Interesse der schnellen Wiederherstellung der Eintracht in der Sangha werden
kleinere Verstöße, die sich im Verlauf des Streits ergeben haben, nicht weiter
verfolgt. Ausnahmen sind die o.a. schweren Verstöße und Fehlverhalten gegenüber
der Laienanhängerschaft. Die Methode heißt „mit Gras bedecken“, laut Erklärung
von MA ähnelt sie dem Bedecken von Exkrementen mit Gras, um den
Gestank zu beseitigen. Im Deutschen bietet sich die Übersetzung „Gras über die
Sache wachsen lassen“ natürlich an.