MN112 – Die sechsfache Reinheit

Majjhima Nikàya 112

 

Die sechsfache Reinheit (Chabbisodhana Sutta)

1. So habe ich gehört. Einmal hielt sich der Erhabene bei Sàvatthã im Jeta Hain,
dem Park des Anàthapindika auf. Dort richtete er sich folgendermaßen an die
Bhikkhus: „Ihr Bhikkhus.“ – „Ehrwürdiger Herr“, erwiderten sie. Der Erhabene
sagte dieses:

2. „Ihr Bhikkhus, da verkündet ein Bhikkhu die letztendliche Erkenntnis mit
den Worten: ,Ich verstehe: Geburt ist zu Ende gebracht, das heilige Leben ist
gelebt, es ist getan, was getan werden mußte, darüber hinaus gibt es nichts
mehr.‘“

3. „Die Worte jenes Bhikkhus sollten weder anerkannt noch abgelehnt werden.
Ohne sie anzuerkennen oder abzulehnen, sollte folgende Frage vorgebracht
werden: ,Freund, es gibt vier Arten sich auszudrücken, die vom Erhabenen, der
weiß und sieht, der verwirklicht und vollständig erleuchtet ist, richtig verkündet
worden sind. Welche vier? Das Gesehene zu berichten, so wie es gesehen wird;
das Gehörte zu berichten, so wie es gehört wird; das Empfundene zu berichten,
so wie es empfunden wird; das Erfahrene zu berichten, so wie es erfahren wird.
Dies, Freund sind die vier Arten sich auszudrücken, die vom Erhabenen, der
weiß und sieht, der verwirklicht und vollständig erleuchtet ist, richtig verkündet
worden sind. Auf welche Weise weiß der Ehrwürdige, auf welche Weise sieht er,
in Bezug auf diese vier Arten sich auszudrücken, so daß sein Geist durch Nicht-
Anhaften von den Trieben befreit ist?“

4. „Ihr Bhikkhus, wenn ein Bhikkhu einer mit vernichteten Trieben ist, der das
heilige Leben gelebt hat, der getan hat, was getan werden mußte, die Bürde abgelegt
hat, das wahre Ziel erreicht hat, die Fesseln des Werdens zerstört hat und
durch letztendliche Erkenntnis vollständig befreit ist, so ist dies die Natur seiner
Antwort:“
„,Freunde, in Bezug auf das Gesehene verweile ich, ohne angezogen zu werden,
ohne abgestoßen zu werden, unabhängig, ungebunden, frei, losgelöst, mit
einem unbeschränkten Herzen 1). In Bezug auf das Gehörte verweile ich, ohne
angezogen zu werden, ohne abgestoßen zu werden, unabhängig, ungebunden,
frei, losgelöst, mit einem unbeschränkten Herzen. In Bezug auf das Empfundene
verweile ich, ohne angezogen zu werden, ohne abgestoßen zu werden, unabhängig,
ungebunden, frei, losgelöst, mit einem unbeschränkten Herzen. In Bezug
auf das Erfahrene verweile ich, ohne angezogen zu werden, ohne abgestoßen zu
werden, unabhängig, ungebunden, frei, losgelöst, mit einem unbeschränkten
Herzen. Indem ich, in Bezug auf die vier Arten sich auszudrücken, auf solche
Weise weiß, auf solche Weise sehe, geschieht es, daß mein Geist durch Nicht-
Anhaften von den Trieben befreit ist.‘“

5. „Mit dem Ausruf ,Gut‘, mag man Entzücken und Freude über die Worte
jenes Bhikkhus äußern. Dann mag man ihm eine weitere Frage stellen:
„,Freund, es gibt diese fünf Daseinsgruppen, an denen angehaftet wird, die
vom Erhabenen, der weiß und sieht, der verwirklicht und vollständig erleuchtet
ist, richtig verkündet worden sind. Welche fünf? Es sind die Daseinsgruppe der
Form, an der angehaftet wird, die Daseinsgruppe des Gefühls, an der angehaftet
wird, die Daseinsgruppe der Wahrnehmung, an der angehaftet wird, die Daseinsgruppe
der Gestaltungen, an der angehaftet wird, und die Daseinsgruppe des
Bewußtseins, an der angehaftet wird. Dies, Freund, sind die fünf Daseinsgruppen,
an denen angehaftet wird, die vom Erhabenen, der weiß und sieht, der verwirklicht
und vollständig erleuchtet ist, richtig verkündet worden sind. Auf welche
Weise weiß der Ehrwürdige, auf welche Weise sieht er, in Bezug auf diese fünf
Daseinsgruppen, an denen angehaftet wird, so daß sein Geist durch Nicht-Anhaften
von den Trieben befreit ist?“

6. „Ihr Bhikkhus, wenn ein Bhikkhu einer mit vernichteten Trieben ist, der das
heilige Leben gelebt hat, der getan hat, was getan werden mußte, die Bürde abgelegt
hat, das wahre Ziel erreicht hat, die Fesseln des Werdens zerstört hat und
durch letztendliche Erkenntnis vollständig befreit ist, so ist dies die Natur seiner
Antwort:“
„,Freunde, nachdem ich Form als kraftlos erkannt habe, als dahinschwindend
und ohne Trost, habe ich mit der Vernichtung, der Lossagung, dem Aufhören,
dem Aufgeben und Loslassen der Anziehungskraft und des Anhaftens in Bezug
auf Form, mit dem Loslassen der inneren Standpunkte, des Anklammerns und
der Neigungen in Bezug auf Form, verstanden, daß mein Geist befreit ist.‘“
„,Freunde, nachdem ich Gefühl als kraftlos erkannt habe, als dahinschwindend
und ohne Trost, habe ich mit der Vernichtung, der Lossagung, dem Aufhören,
dem Aufgeben und Loslassen der Anziehungskraft und des Anhaftens in
Bezug auf Gefühl, mit dem Loslassen der inneren Standpunkte, des Anklammerns
und der Neigungen in Bezug auf Gefühl, verstanden, daß mein Geist befreit ist.‘“
„,Freunde, nachdem ich Wahrnehmung als kraftlos erkannt habe, als dahinschwindend
und ohne Trost, habe ich mit der Vernichtung, der Lossagung, dem
Aufhören, dem Aufgeben und Loslassen der Anziehungskraft und des Anhaftens
in Bezug auf Wahrnehmung, mit dem Loslassen der inneren Standpunkte, des
Anklammerns und der Neigungen in Bezug auf Wahrnehmung, verstanden, daß
mein Geist befreit ist.‘“
„,Freunde, nachdem ich Gestaltungen als kraftlos erkannt habe, als dahinschwindend
und ohne Trost, habe ich mit der Vernichtung, der Lossagung, dem
Aufhören, dem Aufgeben und Loslassen der Anziehungskraft und des Anhaftens
in Bezug auf Gestaltungen, mit dem Loslassen der inneren Standpunkte, des
Anklammerns und der Neigungen in Bezug auf Gestaltungen, verstanden, daß
mein Geist befreit ist.‘“
„,Freunde, nachdem ich Bewußtsein als kraftlos erkannt habe, als dahinschwindend
und ohne Trost, habe ich mit der Vernichtung, der Lossagung, dem Aufhören,
dem Aufgeben und Loslassen der Anziehungskraft und des Anhaftens in
Bezug auf Bewußtsein, mit dem Loslassen der inneren Standpunkte, des
Anklammerns und der Neigungen in Bezug auf Bewußtsein, verstanden, daß
mein Geist befreit ist.‘“
„,Indem ich, in Bezug auf diese fünf Daseinsgruppen, an denen angehaftet
wird, auf solche Weise weiß, auf solche Weise sehe, geschieht es, daß mein Geist
durch Nicht-Anhaften von den Trieben befreit ist.‘“

7. „Mit dem Ausruf ,Gut‘, mag man Entzücken und Freude über die Worte
jenes Bhikkhus äußern. Dann mag man ihm eine weitere Frage stellen:
„,Freund, es gibt diese sechs Elemente, die vom Erhabenen, der weiß und
sieht, der verwirklicht und vollständig erleuchtet ist, richtig verkündet worden
sind. Welche sechs? Da ist das Erdelement, das Wasserelement, das Feuerelement,
das Windelement, das Raumelement und das Bewußtseinselement. Dies, Freund,
sind die sechs Elemente, die vom Erhabenen, der weiß und sieht, der verwirklicht
und vollständig erleuchtet ist, richtig verkündet worden sind. Auf welche
Weise weiß der Ehrwürdige, auf welche Weise sieht er, in Bezug auf diese sechs
Elemente, so daß sein Geist durch Nicht-Anhaften von den Trieben befreit ist?“

8. „Ihr Bhikkhus, wenn ein Bhikkhu einer mit vernichteten Trieben ist, der das
heilige Leben gelebt hat, der getan hat, was getan werden mußte, die Bürde abgelegt
hat, das wahre Ziel erreicht hat, die Fesseln des Werdens zerstört hat und
durch letztendliche Erkenntnis vollständig befreit ist, so ist dies die Natur seiner
Antwort:“
„,Freunde, ich habe das Erdelement als Nicht-Selbst behandelt, ohne Selbst,
das auf dem Erdelement beruht. Und mit der Vernichtung, der Lossagung, dem
Aufhören, dem Aufgeben und Loslassen der Anziehungskraft und des Anhaftens,
die auf dem Erdelement beruhen, mit dem Loslassen der inneren Standpunkte,
des Anklammerns und der Neigungen, die auf dem Erdelement beruhen, habe
ich verstanden, daß mein Geist befreit ist.‘“
„,Freunde, ich habe das Wasserelement als Nicht-Selbst behandelt, ohne Selbst,
das auf dem Wasserelement beruht. Und mit der Vernichtung, der Lossagung,
dem Aufhören, dem Aufgeben und Loslassen der Anziehungskraft und des Anhaftens,
die auf dem Wasserelement beruhen, mit dem Loslassen der inneren
Standpunkte, des Anklammerns und der Neigungen, die auf dem Wasserelement
beruhen, habe ich verstanden, daß mein Geist befreit ist.‘“
„,Freunde, ich habe das Feuerelement als Nicht-Selbst behandelt, ohne Selbst,
das auf dem Feuerelement beruht. Und mit der Vernichtung, der Lossagung, dem
Aufhören, dem Aufgeben und Loslassen der Anziehungskraft und des Anhaftens,
die auf dem Feuerelement beruhen, mit dem Loslassen der inneren Standpunkte,
des Anklammerns und der Neigungen, die auf dem Feuerelement beruhen, habe
ich verstanden, daß mein Geist befreit ist.‘“
„,Freunde, ich habe das Windelement als Nicht-Selbst behandelt, ohne Selbst,
das auf dem Windelement beruht. Und mit der Vernichtung, der Lossagung, dem
Aufhören, dem Aufgeben und Loslassen der Anziehungskraft und des Anhaftens,
die auf dem Windelement beruhen, mit dem Loslassen der inneren Standpunkte,
des Anklammerns und der Neigungen, die auf dem Windelement beruhen, habe
ich verstanden, daß mein Geist befreit ist.‘“
„,Freunde, ich habe das Raumelement als Nicht-Selbst behandelt, ohne Selbst,
das auf dem Raumelement beruht. Und mit der Vernichtung, der Lossagung, dem
Aufhören, dem Aufgeben und Loslassen der Anziehungskraft und des Anhaftens,
die auf dem Raumelement beruhen, mit dem Loslassen der inneren Standpunkte,
des Anklammerns und der Neigungen, die auf dem Raumelement beruhen, habe
ich verstanden, daß mein Geist befreit ist.‘“
„,Freunde, ich habe das Bewußtseinselement als Nicht-Selbst behandelt, ohne
Selbst, das auf dem Bewußtseinselement beruht. Und mit der Vernichtung, der
Lossagung, dem Aufhören, dem Aufgeben und Loslassen der Anziehungskraft
und des Anhaftens, die auf dem Bewußtseinselement beruhen, mit dem Loslassen
der inneren Standpunkte, des Anklammerns und der Neigungen, die auf dem
Bewußtseinselement beruhen, habe ich verstanden, daß mein Geist befreit ist.‘“
„,Indem ich, in Bezug auf diese sechs Elemente, auf solche Weise weiß, auf
solche Weise sehe, geschieht es, daß mein Geist durch Nicht-Anhaften von den
Trieben befreit ist.‘“

9. „Mit dem Ausruf ,Gut‘, mag man Entzücken und Freude über die Worte
jenes Bhikkhus äußern. Dann mag man ihm eine weitere Frage stellen:
„,Aber, Freund, es gibt diese sechs inneren und äußeren Sinnesgrundlagen,
die vom Erhabenen, der weiß und sieht, der verwirklicht und vollständig erleuchtet
ist, richtig verkündet worden sind. Welche sechs? Da sind das Auge und Formen,
das Ohr und Klänge, die Nase und Gerüche, die Zunge und Geschmäcker, der
Körper und Berührungsobjekte, der Geist und Geistesobjekte. Dies, Freund, sind
die sechs inneren und äußeren Sinnesgrundlagen, die vom Erhabenen, der weiß
und sieht, der verwirklicht und vollständig erleuchtet ist, richtig verkündet worden
sind. Auf welche Weise weiß der Ehrwürdige, auf welche Weise sieht er, in
Bezug auf diese sechs inneren und äußeren Sinnesgrundlagen, so daß sein Geist
durch Nicht-Anhaften von den Trieben befreit ist?“

10. „Ihr Bhikkhus, wenn ein Bhikkhu einer mit vernichteten Trieben ist, der
das heilige Leben gelebt hat, der getan hat, was getan werden mußte, die Bürde
abgelegt hat, das wahre Ziel erreicht hat, die Fesseln des Werdens zerstört hat
und durch letztendliche Erkenntnis vollständig befreit ist, so ist dies die Natur
seiner Antwort:“
„,Freunde, mit der Vernichtung, der Lossagung, dem Aufhören, dem Aufgeben
und Loslassen der Gier, der Begierde, des Entzückens, des Begehrens, der
Anziehungskraft und des Anhaftens, und mit dem Loslassen der inneren Standpunkte,
des Anklammerns und der Neigungen in Bezug auf das Auge, Formen,
Sehbewußtsein, und Dinge, die durch das Sehbewußtsein erfahrbar sind 2), habe
ich verstanden, daß mein Geist befreit ist.‘“
„,Freunde, mit der Vernichtung, der Lossagung, dem Aufhören, dem Aufgeben
und Loslassen der Gier, der Begierde, des Entzückens, des Begehrens, der
Anziehungskraft und des Anhaftens, und mit dem Loslassen der inneren Standpunkte,
des Anklammerns und der Neigungen in Bezug auf das Ohr, Klänge,
Hörbewußtsein, und Dinge, die durch das Hörbewußtsein erfahrbar sind, habe
ich verstanden, daß mein Geist befreit ist.‘“
„,Freunde, mit der Vernichtung, der Lossagung, dem Aufhören, dem Aufgeben
und Loslassen der Gier, der Begierde, des Entzückens, des Begehrens, der
Anziehungskraft und des Anhaftens, und mit dem Loslassen der inneren Standpunkte,
des Anklammerns und der Neigungen in Bezug auf die Nase, Gerüche,
Riechbewußtsein, und Dinge, die durch das Riechbewußtsein erfahrbar sind, habe
ich verstanden, daß mein Geist befreit ist.‘“
„,Freunde, mit der Vernichtung, der Lossagung, dem Aufhören, dem Aufgeben
und Loslassen der Gier, der Begierde, des Entzückens, des Begehrens, der
Anziehungskraft und des Anhaftens, und mit dem Loslassen der inneren Standpunkte,
des Anklammerns und der Neigungen in Bezug auf die Zunge, Geschmäkker,
Geschmacksbewußtsein, und Dinge, die durch das Geschmacksbewußtsein
erfahrbar sind, habe ich verstanden, daß mein Geist befreit ist.‘“
„,Freunde, mit der Vernichtung, der Lossagung, dem Aufhören, dem Aufgeben
und Loslassen der Gier, der Begierde, des Entzückens, des Begehrens, der
Anziehungskraft und des Anhaftens, und mit dem Loslassen der inneren Standpunkte,
des Anklammerns und der Neigungen in Bezug auf den Körper,
Berührungsobjekte, Berührungsbewußtsein, und Dinge, die durch das Berührungsbewußtsein
erfahrbar sind, habe ich verstanden, daß mein Geist befreit
ist.‘“
„,Freunde, mit der Vernichtung, der Lossagung, dem Aufhören, dem Aufgeben
und Loslassen der Gier, der Begierde, des Entzückens, des Begehrens, der
Anziehungskraft und des Anhaftens, und mit dem Loslassen der inneren Standpunkte,
des Anklammerns und der Neigungen in Bezug auf den Geist, Geistesobjekte,
Geistbewußtsein, und Dinge, die durch das Geistbewußtsein erfahrbar
sind, habe ich verstanden, daß mein Geist befreit ist.‘“
„,Indem ich, in Bezug auf diese sechs inneren und äußeren Sinnesgrundlagen,
auf solche Weise weiß, auf solche Weise sehe, geschieht es, daß mein Geist durch
Nicht-Anhaften von den Trieben befreit ist.‘“

11. „Mit dem Ausruf ,Gut‘, mag man Entzücken und Freude über die Worte
jenes Bhikkhus äußern. Dann mag man ihm eine weitere Frage stellen:
„,Aber, Freund, auf welche Weise weiß der Ehrwürdige, auf welche Weise
sieht er, daß in Bezug auf diesen Körper mit seinem Bewußtsein und allen äußeren
Zeichen, das Ich-Machen, Mein-Machen und die Neigungen zum (Ich-)Dünkel
in ihm entwurzelt worden sind?‘“

12. „Ihr Bhikkhus, wenn ein Bhikkhu einer mit vernichteten Trieben ist, der
das heilige Leben gelebt hat, der getan hat, was getan werden mußte, die Bürde
abgelegt hat, das wahre Ziel erreicht hat, die Fesseln des Werdens zerstört hat
und durch letztendliche Erkenntnis vollständig befreit ist, so ist dies die Natur
seiner Antwort:“
„,Freunde, früher, als ich das Haushälterleben führte, war ich unwissend. Dann
lehrte mich der Tathàgata oder sein Schüler das Dhamma. Als ich das Dhamma
hörte, erlangte ich Vertrauen in den Tathàgata. Im Besitz jenes Vertrauens erwog
ich: ›Das Leben eines Haushälters ist eng und staubig; das Leben in der
Hauslosigkeit ist weit und offen. Während man zu Hause wohnt, ist es nicht
leicht, das heilige Leben zu führen, das zutiefst vollkommen und rein ist, wie
eine polierte Muschel. Angenommen, ich rasiere mir das Kopfhaar und den Bart
ab, ziehe die gelbe Robe an und ziehe vom Leben zu Hause fort in die
Hauslosigkeit.‹ Bei späterer Gelegenheit rasierte ich mir das Kopfhaar und den
Bart ab, zog die gelbe Robe an und zog vom Leben zu Hause fort in die Hauslosigkeit,
wobei ich ein kleines oder großes Vermögen, einen kleinen oder großen
Verwandtenkreis aufgab.‘“

13. „,Nachdem ich so in die Hauslosigkeit gezogen war und die Übung und
Lebensweise der Bhikkhus auf mich genommen hatte, enthielt ich mich davon,
Lebewesen zu töten, indem ich es aufgegeben hatte, Lebewesen zu töten; Stock
und Waffen beiseite gelegt, sanft und freundlich, lebte ich voll Mitgefühl für alle
Lebewesen. Ich enthielt mich davon, das zu nehmen, was mir nicht gegeben
wurde, indem ich es aufgegeben hatte zu nehmen, was nicht gegeben wurde;
indem ich nur nahm, was gegeben wurde, nur erwartete, was gegeben wurde,
indem ich nicht stahl, weilte ich in Reinheit. Indem ich die Unkeuschheit aufgegeben
hatte, lebte ich in Keuschheit, lebte ich losgelöst von der gewöhnlichen
Praxis des Geschlechtsverkehrs und ich enthielt mich davon.‘“
„,Ich enthielt mich davon, die Unwahrheit zu sagen, indem ich es aufgegeben
hatte, die Unwahrheit zu sagen; ich sprach die Wahrheit, hielt mich an die Wahrheit,
war vertrauenswürdig und verläßlich, ich war einer, der die Welt nicht täuscht.
Ich enthielt mich davon, gehässig zu sprechen, indem ich es aufgegeben hatte,
gehässig zu sprechen; ich verbreitete nicht woanders, was ich hier gehört hatte,
um jene Menschen von den Menschen hier zu entzweien, auch verbreitete ich
nicht hier, was ich woanders gehört hatte, um diese Menschen von jenen Menschen
dort zu entzweien; somit war ich einer, der diejenigen vereint, die vorher
entzweit waren, einer, der Freundschaft fördert, Eintracht genießt, sich über Eintracht
freut, an Eintracht Entzücken findet, jemand, der Worte äußert, die Eintracht
säen. Ich enthielt mich des Gebrauchs grober Worte, indem ich den Gebrauch
grober Worte aufgegeben hatte; ich äußerte Worte, die sanft, gefällig und liebenswert
sind, die zu Herzen gehen, höflich sind, nach denen es viele verlangt,
die vielen angenehm sind. Ich enthielt mich der Schwatzhaftigkeit, indem ich die
Schwatzhaftigkeit aufgegeben hatte; ich redete zur rechten Zeit, sagte, was den
Tatsachen entspricht, redete über das, was gut ist, sprach über das Dhamma und
die Disziplin; zur rechten Zeit sagte ich Worte, die wert sind, festgehalten zu
werden, vernünftig, gemäßigt und heilsam.‘“
„,Ich enthielt mich davon, Saatgut und Pflanzen zu beschädigen. Ich übte mich
darin, nur zu einer Tageszeit zu essen, indem ich mich davon enthielt, nachts und
außerhalb der angemessenen Zeit zu essen. Ich enthielt mich des Tanzens, Singens,
Musizierens und des Besuchs von Theateraufführungen. Ich enthielt mich
davon, Schmuck zu tragen, mich mit Parfüm herauszuputzen und mich mit Kosmetik
zu verschönern. Ich enthielt mich hoher und breiter Betten. Ich enthielt
mich davon, Gold und Silber anzunehmen. Ich enthielt mich davon, ungekochtes
Getreide anzunehmen. Ich enthielt mich davon, rohes Fleisch anzunehmen. Ich
enthielt mich davon, Frauen und Mädchen anzunehmen. Ich enthielt mich davon,
Sklaven und Sklavinnen anzunehmen. Ich enthielt mich davon, Ziegen und
Schafe anzunehmen. Ich enthielt mich davon, Geflügel und Schweine anzunehmen.
Ich enthielt mich davon, Elefanten, Rinder, Pferde und Stuten anzunehmen.
Ich enthielt mich davon, Felder und Ländereien anzunehmen. Ich enthielt
mich davon, Botengänge zu verrichten und Botschaften zu übermitteln. Ich enthielt
mich des Kaufens und Verkaufens. Ich enthielt mich davon, falsche Gewichte,
falsche Metalle und falsche Maße zu verwenden. Ich enthielt mich des
Schwindelns, Täuschens, Betrügens und der Hinterlist. Ich enthielt mich der
Körperverletzung, des Mordens, Fesselns, der Wegelagerei, des Plünderns und
der Gewalt.‘“

14. „,Ich begnügte mich mit Roben, um meinen Körper zu schützen, und mit
Almosenspeise, um meinen Magen zu füllen, und wohin ich auch ging, nahm ich
nur diese mit. Gerade so wie ein Vogel, der, wohin er auch fliegt, nur mit seinen
Flügeln als Gepäck fliegt, so begnügte ich auch mich mit Roben, um meinen
Körper zu schützen, und mit Almosenspeise, um meinen Magen zu füllen, und
wohin ich auch ging, nahm ich nur diese mit. Weil ich diese Ansammlung edler
Sittlichkeit besaß, erlebte ich in mir eine Glückseligkeit, die ohne Tadel ist.‘“

15. „,Wenn ich mit dem Auge eine Form sah, klammerte ich mich nicht an
ihre Zeichen und ihr Erscheinungsbild. Da üble, unheilsame Geisteszustände der
Gier und der Trauer in mich hätten eindringen können, wenn ich den Sehsinn
unkontrolliert gelassen hätte, übte ich mich in dessen Kontrolle, ich beschützte
den Sehsinn, ich beschäftigte mich mit der Kontrolle des Sehsinns. Wenn ich mit
dem Ohr einen Klang hörte, klammerte ich mich nicht an seine Zeichen und sein
Erscheinungsbild. Da üble, unheilsame Geisteszustände der Gier und der Trauer
in mich hätten eindringen können, wenn ich den Hörsinn unkontrolliert gelassen
hätte, übte ich mich in dessen Kontrolle, ich beschützte den Hörsinn, ich beschäftigte
mich mit der Kontrolle des Hörsinns. Wenn ich mit der Nase einen
Geruch roch, klammerte ich mich nicht an seine Zeichen und sein Erscheinungsbild.
Da üble, unheilsame Geisteszustände der Gier und der Trauer in mich hätten
eindringen können, wenn ich den Geruchsinn unkontrolliert gelassen hätte,
übte ich mich in dessen Kontrolle, ich beschützte den Geruchsinn, ich beschäftigte
mich mit der Kontrolle des Geruchsinns. Wenn ich mit der Zunge einen
Geschmack schmeckte, klammerte ich mich nicht an seine Zeichen und sein Erscheinungsbild.
Da üble, unheilsame Geisteszustände der Gier und der Trauer in
mich hätten eindringen können, wenn ich den Geschmacksinn unkontrolliert
gelassen hätte, übte ich mich in dessen Kontrolle, ich beschützte den Geschmacksinn,
ich beschäftigte mich mit der Kontrolle des Geschmacksinns. Wenn ich mit
dem Körper ein Berührungsobjekt fühlte, klammerte ich mich nicht an seine
Zeichen und sein Erscheinungsbild. Da üble, unheilsame Geisteszustände der
Gier und der Trauer in mich hätten eindringen können, wenn ich den Berührungssinn
unkontrolliert gelassen hätte, übte ich mich in dessen Kontrolle, ich beschützte
den Berührungssinn, ich beschäftigte mich mit der Kontrolle des
Berührungssinns. Wenn ich mit dem Geist ein Geistesobjekt erfuhr, klammerte
ich mich nicht an seine Zeichen und sein Erscheinungsbild. Da üble, unheilsame
Geisteszustände der Gier und der Trauer in mich hätten eindringen können, wenn
ich den Geistsinn unkontrolliert gelassen hätte, übte ich mich in dessen Kontrolle,
ich beschützte den Geistsinn, ich beschäftigte mich mit der Kontrolle des
Geistsinns. Weil ich diese edle Sinneskontrolle besaß, erlebte ich in mir eine
Glückseligkeit, die unbesudelt ist.‘“

16. „,Ich wurde einer, der wissensklar handelt beim Hingehen und Zurückgehen;
der wissensklar handelt beim Hinschauen und Wegschauen; der wissensklar
handelt beim Beugen und Strecken der Glieder; der wissensklar handelt beim
Tragen der Robe und beim Umhertragen der äußeren Robe und der Schale; der
wissensklar handelt beim Essen, Trinken, Kauen und Schmecken; der wissensklar
handelt beim Entleeren von Kot und Urin; der wissensklar handelt beim
Gehen, Stehen, Sitzen, Einschlafen, Aufwachen, beim Reden und Schweigen.‘“

17. „,Weil ich diese Ansammlung edler Sittlichkeit, diese edle Sinneskontrolle
und diese edle Achtsamkeit und Wissensklarheit besaß, zog ich mich an eine
abgeschiedene Lagerstätte zurück: in einen Wald, an den Fuß eines Baumes, auf
einen Berg, in eine Schlucht, in eine Berghöhle, an eine Leichenstätte, in ein
Dschungeldickicht, auf ein freies Feld, auf einen Strohhaufen.‘“

18. „,Nach der Rückkehr von meiner Almosenrunde, nach meiner Mahlzeit,
setzte ich mich mit gekreuzten Beinen und gerade aufgerichtetem Oberkörper
hin und hielt die Achtsamkeit vor mir gegenwärtig. Indem ich die Habgier nach
weltlichen Dingen überwand, verweilte ich mit einem Herzen, das frei ist von
Habgier; ich läuterte meinen Geist von Habgier. Indem ich Übelwollen und Haß
überwand, verweilte ich mit einem Geist, der frei ist von Übelwollen, der Mitgefühl
empfindet für das Wohlergehen aller Lebewesen; ich läuterte meinen Geist
von Übelwollen und Haß. Indem ich Trägheit und Mattheit überwand, verweilte
ich frei von Trägheit und Mattheit, lichten Geistes, achtsam und wissensklar; ich
läuterte meinen Geist von Trägheit und Mattheit. Indem ich Rastlosigkeit und
Gewissensunruhe überwand, verweilte ich ausgeglichen, mit einem Geist, der
inneren Frieden hat; ich läuterte meinen Geist von Rastlosigkeit und Gewissensunruhe.
Indem ich den Zweifel überwand, verweilte ich dem Zweifel entronnen,
ohne Unsicherheit in Bezug auf heilsame Geisteszustände; ich läuterte meinen
Geist vom Zweifel.‘“

18. „,Als ich so diese fünf Hindernisse, Unvollkommenheiten des Herzens,
die die Weisheit schwächen, überwunden hatte, trat ich ganz abgeschieden von
Sinnesvergnügen, abgeschieden von unheilsamen Geisteszuständen, in die erste
Vertiefung ein, die von anfänglicher und anhaltender Hinwendung des Geistes
begleitet ist, und verweilte darin, mit Verzückung und Glückseligkeit, die aus der
Abgeschiedenheit entstanden sind. Mit der Stillung der anfänglichen und anhaltenden
Hinwendung des Geistes trat ich in die zweite Vertiefung ein, die innere
Beruhigung und Einheit des Herzens ohne anfängliche und anhaltende Hinwendung
des Geistes enthält, und verweilte darin, mit Verzückung und Glückseligkeit,
die aus der Konzentration entstanden sind. Mit dem Verblassen der
Verzückung, in Gleichmut verweilend, achtsam und wissensklar, voll körperlich
erlebter Glückseligkeit, trat ich in die dritte Vertiefung ein, von der die Edlen
sagen: ›Glückselig verweilt derjenige, der voll Gleichmut und Achtsamkeit ist‹,
und verweilte darin. Mit dem Überwinden von Glück und Schmerz und dem
schon früheren Verschwinden von Freude und Trauer, trat ich in die vierte Vertiefung
ein, die aufgrund von Gleichmut Weder-Schmerzhaftes-noch-Angenehmes
und Reinheit der Achtsamkeit in sich hat, und verweilte darin.‘“

19. „,Als mein konzentrierter Geist auf solche Weise geläutert, klar, makellos,
der Unvollkommenheit ledig, gefügig, nutzbar, stetig und unerschütterlich war,
richtete ich ihn auf das Wissen von der Vernichtung der Triebe. Ich erkannte
unmittelbar der Wirklichkeit entsprechend: ›Dies ist Dukkha.‹ Ich erkannte unmittelbar
der Wirklichkeit entsprechend: ›Dies ist der Ursprung von Dukkha.‹
Ich erkannte unmittelbar der Wirklichkeit entsprechend: ›Dies ist das Aufhören
von Dukkha.‹ Ich erkannte unmittelbar der Wirklichkeit entsprechend: ›Dies ist
der Weg, der zum Aufhören von Dukkha führt.‹ Ich erkannte unmittelbar der
Wirklichkeit entsprechend: ›Dies sind die Triebe.‹ Ich erkannte unmittelbar der
Wirklichkeit entsprechend: ›Dies ist der Ursprung der Triebe.‹ Ich erkannte unmittelbar
der Wirklichkeit entsprechend: ›Dies ist das Aufhören der Triebe.‹ Ich
erkannte unmittelbar der Wirklichkeit entsprechend: ›Dies ist der Weg, der zum
Aufhören der Triebe führt.‹‘“

20. „,Als ich so wußte und sah, war mein Geist vom Sinnestrieb befreit, vom
Werdenstrieb und vom Unwissenheitstrieb. Als er so befreit war, kam das Wissen:
›Er ist befreit.‹ Ich erkannte unmittelbar: ›Geburt ist zu Ende gebracht, das
heilige Leben ist gelebt, es ist getan, was getan werden mußte, darüber hinaus
gibt es nichts mehr.‹‘“
„,Indem ich auf solche Weise weiß, auf solche Weise sehe, Freunde, geschieht
es, daß in Bezug auf diesen Körper mit seinem Bewußtsein und allen äußeren
Zeichen, das Ich-Machen, Mein-Machen und die Neigung zum (Ich-)Dünkel in
mir entwurzelt worden sind.‘“

21. „Mit dem Ausruf ,Gut‘, mag man Entzücken und Freude über die Worte
jenes Bhikkhus äußern. Danach sollte man zu ihm sagen: ,Es ist ein Gewinn für
uns, Freund, es ist ein großer Gewinn für uns, Freund, daß wir so einen Gefährten
im heiligen Leben sehen, wie den Ehrwürdigen 3).‘“
Das ist es, was der Erhabene sagte. Die Bhikkhus waren zufrieden und entzückt
über die Worte des Erhabenen.

Anmerkungen:
1) Im Unterschied zu M111 bedeuten diese Ausdrücke hier die vollständige und
endgültige Vernichtung der Befleckungen.
2) Man mag die Frage stellen, warum „Formen“ (rúpà) und „Dinge, die durch das
Sehbewußtsein erfahrbar sind“ (cakkhuviññàôa-viññàtabbà dhammà) separat aufgeführt
werden. MA hat zwei Lösungsvorschläge: 1. „Formen“ beziehe sich auf
wahrgenommene Sehobjekte; „Dinge, die …“ beziehe sich auf nicht wahrgenommene
Sehobjekte. 2. „Formen“ beziehe sich auf jegliche materielle Form; „Dinge
…“ beziehe sich auf die geistigen Daseinsgruppen im Zusammenhang mit
Sehbewußtsein. Der erste Vorschlag hinkt, weil an etwas, das nicht in den Geist
eindringt, auch nicht angehaftet wird. Der zweite Vorschlag ist unwahrscheinlich,
weil er die Symmetrie der Lehrrede zerstört – auch Gerüche etc. sind materielle
Form.
Eine weitere Interpretation ist denkbar: der Buddha wählt die Formulierung „dem
Auge, Ohr etc. erfahrbar“ (viññàtabbà) sonst meist im Zusammenhang mit den
fünf Strängen sinnlichen Vergnügens. Dort geht es um mehr als nur den Sehvorgang,
den der Buddha, z.B. im Zusammenhang mit der Sinneskontrolle als „das
Auge sieht eine Form“ formuliert. Man könnte also sagen, das Aufgeben von
„Form“ ist gleichbedeutend mit Nicht-Anhaften an den Sehvorgang, das Aufgeben
von „Dingen“ ist gleichbedeutend mit Nicht-Anhaften an Gesehenes und
das, was der Geist daraus macht.
3) BB vermutet, daß ein Teil dieser Lehrrede verloren gegangen ist, weil der Titel
das Wort „sechsfach“ beinhaltet, aber nur fünf Fragen gestellt wurden.