MN13 – Die längere Lehrrede über die Masse von Dukkha

Majjhima Nikàya 13

 

Die längere Lehrrede über die Masse von Dukkha

(Mahàdukkhakkhandha Sutta)

1. So habe ich gehört. Einmal hielt sich der Erhabene bei Sàvatthã im Jeta Hain, dem Park des Anàthapindika auf.

2. Als es Morgen war, zog sich eine Anzahl von Bhikkhus an, sie nahmen Schale und äußere Robe und gingen um Almosen nach Sàvatthã hinein. Da dachten sie: „Es ist noch zu früh, um in Sàvatthã um Almosen umherzugehen. Angenommen, wir gingen zum Park der Wanderasketen anderer Sekten.“ Also gingen sie zum Park der Wanderasketen anderer Sekten und tauschten Grußformeln mit den Wanderasketen aus. Nach diesen höflichen und freundlichen Worten setzten sie sich seitlich nieder. Die Wanderasketen sagten zu ihnen:

3. „Freunde, der Mönch Gotama beschreibt das vollständige Durchschauen der Sinnesvergnügen, und das tun wir ebenfalls; der Mönch Gotama beschreibt das vollständige Durchschauen von materieller Form, und das tun wir ebenfalls; der Mönch Gotama beschreibt das vollständige Durchschauen der Gefühle, und das tun wir ebenfalls. Was ist dann da der Unterschied, Freunde, was ist anders, worin liegt die Verschiedenheit zwischen der Lehre des Dhamma des Mönchs Gotama und unserer Lehre, zwischen seinen Anleitungen und unseren?“

4. Da bestätigten jene Bhikkhus die Worte der Wanderasketen nicht, und lehnten sie auch nicht ab. Ohne sie zu bestätigen und ohne sie abzulehnen, erhoben sie sich von ihren Sitzen und gingen fort, mit dem Gedanken: „Wir werden die Bedeutung dieser Aussage in der Gegenwart des Erhabenen herausfinden.“

5. Nachdem sie in Sàvatthã um Almosen umhergegangen waren und nach dem Mahl von ihrer Almosenrunde zurückgekehrt waren, gingen sie zum Erhabenen, und nachdem sie ihm gehuldigt hatten, setzten sie sich seitlich nieder und erzählten ihm, was vorgefallen war. (Der Erhabene sagte:)

6. „Ihr Bhikkhus, Wanderasketen anderer Sekten, die so reden, sollten so befragt werden: ,Aber, Freunde, was ist die Befriedigung, was ist die Gefahr, und was ist das Entkommen im Fall der Sinnesvergnügen? Was ist die Befriedigung, was ist die Gefahr, und was ist das Entkommen im Fall materieller Form? Was ist die Befriedigung, was ist die Gefahr, und was ist das Entkommen im Fall der Gefühle?‘ Wenn Wanderasketen anderer Sekten so befragt werden, werden sie nicht in der Lage sein, darüber Rechenschaft abzulegen, und darüber hinaus werden sie in Schwierigkeiten geraten. Warum ist das so? Weil das nicht ihr Fach ist 1). Ihr Bhikkhus, ich sehe keinen in der Welt mit ihren Himmelswesen, ihren Màras und ihren Brahmàs, in dieser Generation mit ihren Mönchen und Brahmanen, mit ihren Prinzen und dem Volk, der den Geist mit einer Antwort auf diese Fragen zufriedenstellen könnte, außer dem Tathàgata oder seinen Schülern, oder einem, der es von ihnen gelernt hat.“

Sinnesvergnügen
7. (I) „Und was, ihr Bhikkhus, ist die Befriedigung im Fall der Sinnesvergnügen? Bhikkhus, es gibt diese fünf Stränge sinnlichen Vergnügens. Was sind die fünf? Formen, die mit dem Auge erfahrbar sind, die erwünscht, begehrt, angenehm und liebenswert sind, die mit Sinnesgier verbunden sind und Begierde hervorrufen. Klänge, die mit dem Ohr erfahrbar sind, die erwünscht, begehrt, angenehm und liebenswert sind, die mit Sinnesgier verbunden sind und Begierde hervorrufen. Gerüche, die mit der Nase erfahrbar sind, die erwünscht, begehrt, angenehm und liebenswert sind, die mit Sinnesgier verbunden sind und Begierde hervorrufen. Geschmäcker, die mit der Zunge erfahrbar sind, die erwünscht, begehrt, angenehm und liebenswert sind, die mit Sinnesgier verbunden sind und Begierde hervorrufen. Berührungsobjekte, die mit dem Körper erfahrbar sind, die erwünscht, begehrt, angenehm und liebenswert sind, die mit Sinnesgier verbunden sind und Begierde hervorrufen. Dies sind die fünf Stränge sinnlichen Vergnügens. Das Glück und die Freude, die in Abhängigkeit von diesen fünf Strängen sinnlichen Vergnügens entstehen, sind die Befriedigung im Fall der Sinnesvergnügen.“

8. (II) „Und was, ihr Bhikkhus, ist die Gefahr im Fall der Sinnesvergnügen? Ihr Bhikkhus, wegen des Berufs, mit dem ein Mann aus guter Familie seinen Lebensunterhalt bestreitet – ob nun Kassenprüfung oder Buchhaltung oder Rechnungswesen oder Landwirtschaft oder Handel oder Tierzucht oder Waffenhandwerk oder Staatsdienst, oder was für ein Beruf auch immer – deswegen muß er sich der Kälte aussetzen, muß er sich der Hitze aussetzen, wird er durch den Kontakt mit Bremsen und Fliegen, mit Wind, Sonne und Kriechtieren verletzt; er riskiert den Tod durch Hunger und Durst. Nun ist dies eine Gefahr im Fall der Sinnesvergnügen, eine Masse von Dukkha, die hier und jetzt sichtbar ist, die Sinnesvergnügen als Ursache hat, Sinnesvergnügen als Quelle hat, Sinnesvergnügen als Grundlage hat, weil die Ursache davon schlicht Sinnesvergnügen sind.“

9. „Falls dem Mann aus guter Familie kein Besitz zukommt, während er so arbeitet und sich so bemüht und anstrengt, dann ist er bekümmert, trauert und klagt, er weint und schlägt sich die Brust, wird zerrüttet und jammert: ,Meine Arbeit ist vergeblich, meine Anstrengung bringt keine Frucht!‘ Nun ist auch dies eine Gefahr im Fall der Sinnesvergnügen, eine Masse von Dukkha, die hier und jetzt sichtbar ist, die Sinnesvergnügen als Ursache hat, Sinnesvergnügen als Quelle hat, Sinnesvergnügen als Grundlage hat, weil die Ursache davon schlicht Sinnesvergnügen sind.“

10. „Falls dem Mann aus guter Familie Besitz zukommt, während er so arbeitet und sich so bemüht und anstrengt, dann empfindet er Schmerz und Trauer, während er diesen beschützt: ,Wie stelle ich es an, daß weder Könige noch Diebe sich mit meinem Besitz davonmachen, und Feuer ihn nicht verbrennt, und Wasser ihn nicht davonschwemmt, und haßerfüllte Erben sich nicht damit davonmachen?‘ Und während er seinen Besitz behütet und beschützt, machen sich Könige oder Diebe damit davon, oder Feuer verbrennt ihn, oder Wasser schwemmt ihn davon, oder haßerfüllte Erben machen sich damit davon. Und er ist bekümmert, trauert und klagt, er weint und schlägt sich die Brust, wird zerrüttet und jammert: ,Was ich hatte, habe ich nicht mehr.‘ Nun ist auch dies eine Gefahr im Fall der Sinnesvergnügen, eine Masse von Dukkha, die hier und jetzt sichtbar ist, die Sinnesvergnügen als Ursache hat, Sinnesvergnügen als Quelle hat, Sinnesvergnügen als Grundlage hat, weil die Ursache davon schlicht Sinnesvergnügen sind.“

11. „Wiederum, mit Sinnesvergnügen als Ursache, Sinnesvergnügen als Quelle, Sinnesvergnügen als Grundlage, weil die Ursache davon schlicht Sinnesvergnügen sind, streiten Könige mit Königen, Adelige mit Adeligen, Brahmanen mit Brahmanen, Haushälter mit aushältern; die Mutter streitet mit dem Kind, das Kind mit der Mutter, der Vater mit dem Kind, das Kind mit dem Vater; der Bruder mit der Schwester, die Schwester mit dem Bruder, der Freund mit dem Freund. Und in ihrem Streit, ihrem Zank, ihrer Auseinandersetzung, greifen sie sich mit Fäusten, Erdklumpen, Stöcken oder Messern an, wodurch sie sich den Tod oder tödliches Leid zuziehen. Nun ist auch dies eine Gefahr im Fall der Sinnesvergnügen, eine Masse von Dukkha, die hier und jetzt sichtbar ist, die Sinnesvergnügen als Ursache hat, Sinnesvergnügen als Quelle hat, Sinnesvergnügen als Grundlage hat, weil die Ursache davon schlicht Sinnesvergnügen sind.“

12. „Wiederum, mit Sinnesvergnügen als Ursache, Sinnesvergnügen als Quelle, Sinnesvergnügen als Grundlage, weil die Ursache davon schlicht Sinnesvergnügen sind, nehmen Männer Schwerter und Schilde zu Hand, rüsten sich mit Bogen und Köchern, und stürmen in die Schlacht, in Doppelreihen, mit fliegenden Pfeilen und Speeren und blitzenden Schwertern; und dort werden sie von Pfeilen und Speeren verwundet, und die Köpfe werden ihnen mit Schwertern abgeschlagen, wodurch sie sich den Tod oder tödliches Leid zuziehen. Nun ist auch dies eine Gefahr im Fall der Sinnesvergnügen, eine Masse von Dukkha, die hier und jetzt sichtbar ist, die Sinnesvergnügen als Ursache hat, Sinnesvergnügen als Quelle hat, Sinnesvergnügen als Grundlage hat, weil die Ursache davon schlicht Sinnesvergnügen sind.“

13. „Wiederum, mit Sinnesvergnügen als Ursache, Sinnesvergnügen als Quelle, Sinnesvergnügen als Grundlage, weil die Ursache davon schlicht Sinnesvergnügen sind, nehmen Männer Schwerter und Schilde zu Hand, rüsten sich mit Bogen und Köchern, und bestürmen glatte Festungsmauern, mit fliegenden Pfeilen und Speeren und blitzenden Schwertern; und dort werden sie von Pfeilen und Speeren verwundet und mit siedenden Flüssigkeiten begossen und unter schweren Gewichten zermalmt, und die Köpfe werden ihnen mit Schwertern abgeschlagen, wodurch sie sich den Tod oder tödliches Leid zuziehen. Nun ist auch dies eine Gefahr im Fall der Sinnesvergnügen, eine Masse von Dukkha, die hier und jetzt sichtbar ist, die Sinnesvergnügen als Ursache hat, Sinnesvergnügen als Quelle hat, Sinnesvergnügen als Grundlage hat, weil die Ursache davon schlicht Sinnesvergnügen sind.“

14. „Wiederum, mit Sinnesvergnügen als Ursache, Sinnesvergnügen als Quelle, Sinnesvergnügen als Grundlage, weil die Ursache davon schlicht Sinnesvergnügen sind, brechen Männer in Häuser ein, plündern Besitz, begehen Diebstahl, verüben Wegelagerei, verführen die Frauen anderer, und wenn sie gefaßt werden, lassen Könige ihnen viele Arten von Folter auferlegen. Sie lassen sie auspeitschen, mit Stöcken schlagen, mit Knüppeln schlagen; sie lassen ihnen die Hände abhacken, die Füße abhacken, Hände und Füße abhacken, die Ohren abschneiden, die Nase abschneiden, Ohren und Nase abschneiden; sie lassen den ,Breitopf‘ anwenden, die ,Muschelschalen-Rasur‘, den ,Mund Ràhus‘, den ,glühenden Kranz‘, die ,Flammenhand‘, die ,Grasklingen‘, das ,Rindenkleid‘, die ,Antilope‘, die ,Fleischhaken‘, die ,Münzen‘, das ,Laugenpökeln‘, den ,Drehpflock‘, den ,zusammengerollten Strohsack‘; und sie lassen sie mit siedendem Öl besprengen, werfen sie den Hunden zum Fraß vor, lassen sie lebendig pfählen und lassen ihnen den Kopf mit einem Schwert abschlagen. Nun ist auch dies eine Gefahr im Fall der Sinnesvergnügen, eine Masse von Dukkha, die hier und jetzt sichtbar ist, die Sinnesvergnügen als Ursache hat, Sinnesvergnügen als Quelle hat, Sinnesvergnügen als Grundlage hat, weil die Ursache davon schlicht Sinnesvergnügen sind.“

15. „Wiederum, mit Sinnesvergnügen als Ursache, Sinnesvergnügen als Quelle, Sinnesvergnügen als Grundlage, weil die Ursache davon schlicht Sinnesvergnügen sind, geben sich die Leute dem Fehlverhalten in Körper, Sprache und Geist hin. Wenn sie dies getan haben, erscheinen sie bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode in Umständen, die von Entbehrungen geprägt sind, wieder, an einem unglücklichen Bestimmungsort, in Verderbnis, ja sogar in der Hölle. Nun ist auch dies eine Gefahr im Fall der Sinnesvergnügen, eine Masse von Dukkha in künftigen Leben, die Sinnesvergnügen als Ursache hat, Sinnesvergnügen als Quelle hat, Sinnesvergnügen als Grundlage hat, weil die Ursache davon schlicht Sinnesvergnügen sind.“

16. (III) „Und was, ihr Bhikkhus, ist das Entkommen im Fall der Sinnesvergnügen? Es ist die Beseitigung von Begierde und Gier, das Überwinden von Begierde und Gier nach Sinnesvergnügen. Dies ist das Entkommen im Fall der Sinnesvergnügen 2).“

17. „Daß jene Mönche und Brahmanen, die im Fall der Sinnesvergnügen die Befriedigung nicht der Wirklichkeit entsprechend als Befriedigung verstehen, die Gefahr nicht als Gefahr, und das Entkommen nicht als Entkommen, daß sie Sinnesvergnügen entweder selbst völlig durchschauen, oder einen anderen anleiten, so daß er Sinnesvergnügen völlig durchschaut – das ist unmöglich. Daß jene Mönche und Brahmanen, die im Fall der Sinnesvergnügen die Befriedigung der Wirklichkeit entsprechend als Befriedigung verstehen, die Gefahr als Gefahr, und das Entkommen als Entkommen, daß sie Sinnesvergnügen entweder selbst völlig durchschauen, oder einen anderen anleiten, so daß er Sinnesvergnügen völlig durchschaut – das ist möglich.“

Form
18. (I) „Und was, ihr Bhikkhus, ist die Befriedigung im Fall (materieller) Form? Angenommen, da gäbe es ein Mädchen aus dem Adelsstand oder dem Brahmanenstand oder von einem Haushälter abstammend, in ihrem fünfzehnten oder sechzehnten Lebensjahr, weder zu groß noch zu klein, weder zu dünn noch zu fett, weder zu dunkel noch zu hellhäutig. Befindet sich ihre Schönheit dann auf dem Höhepunkt?“ – „Ja, ehrwürdiger Herr.“ – „Das Glück und die Freude, die in Abhängigkeit von jener Schönheit und jenem Liebreiz entstehen, sind die Befriedigung im Fall (materieller) Form.“

19. (II) „Und was, ihr Bhikkhus, ist die Gefahr im Fall (materieller) Form? Später würde man vielleicht genau jene Frau im Alter von achtzig, neunzig oder hundert Jahren sehen, gealtert, krumm wie ein Dach, gekrümmt, auf einen Stock gestützt, wackelig, gebrechlich, mit entschwundener Jugendlichkeit, mit schadhaften Zähnen, grauhaarig, mit schütterem Haar, kahl, runzelig, mit ganz fleckigen Gliedern. Was meint ihr, ihr Bhikkhus? Ist ihre frühere Schönheit und ihr Liebreiz verschwunden und die Gefahr sichtbar geworden?“ – „Ja, ehrwürdiger Herr.“ – „Ihr Bhikkhus, dies ist eine Gefahr im Fall (materieller) Form.“

20. „Wiederum würde man vielleicht genau jene Frau krank sehen, leidend und schwer erkrankt, mit dem eigenen Kot und Urin besudelt daliegend, von einigen aufgehoben und von anderen abgesetzt. Was meint ihr, ihr Bhikkhus? Ist ihre frühere Schönheit und ihr Liebreiz verschwunden und die Gefahr sichtbar geworden?“ – „Ja, ehrwürdiger Herr.“ – „Ihr Bhikkhus, auch dies ist eine Gefahr im Fall (materieller) Form.“

21. „Wiederum würde man vielleicht genau jene Frau als Leiche sehen, auf ein Leichenfeld geworfen, schon einen, zwei oder drei Tage lang tot, aufgedunsen, blau angelaufen, aus der Flüssigkeiten heraussickern. Was meint ihr, ihr Bhikkhus? Ist ihre frühere Schönheit und ihr Liebreiz verschwunden und die Gefahr sichtbar geworden?“ – „Ja, ehrwürdiger Herr.“ – „Ihr Bhikkhus, auch dies ist eine Gefahr im Fall (materieller) Form.“

22. „Wiederum würde man vielleicht genau jene Frau als Leiche sehen, von Krähen angefressen, von Habichten, Geiern, Hunden, Schakalen oder verschiedenen Arten von Würmern angefressen. Was meint ihr, ihr Bhikkhus? Ist ihre frühere Schönheit und ihr Liebreiz verschwunden und die Gefahr sichtbar geworden?“ – „Ja, ehrwürdiger Herr.“ – „Ihr Bhikkhus, auch dies ist eine Gefahr im Fall (materieller) Form.“

23. „Wiederum würde man vielleicht genau jene Frau als Leiche sehen, ein Skelett, an dem noch Fleisch und Blut klebt, von Sehnen zusammengehalten. Was meint ihr, ihr Bhikkhus? Ist ihre frühere Schönheit und ihr Liebreiz verschwunden und die Gefahr sichtbar geworden?“ – „Ja, ehrwürdiger Herr.“ – „Ihr Bhikkhus, auch dies ist eine Gefahr im Fall (materieller) Form.“

24. „Wiederum würde man vielleicht genau jene Frau als Leiche sehen, ein fleischloses Skelett, blutverschmiert, von Sehnen zusammengehalten. Was meint ihr, ihr Bhikkhus? Ist ihre frühere Schönheit und ihr Liebreiz verschwunden und die Gefahr sichtbar geworden?“ – „Ja, ehrwürdiger Herr.“ – „Ihr Bhikkhus, auch dies ist eine Gefahr im Fall (materieller) Form.“

25. „Wiederum würde man vielleicht genau jene Frau als Leiche sehen, ein Skelett ohne Fleisch und Blut, von Sehnen zusammengehalten. Was meint ihr, ihr Bhikkhus? Ist ihre frühere Schönheit und ihr Liebreiz verschwunden und die Gefahr sichtbar geworden?“ – „Ja, ehrwürdiger Herr.“ – „Ihr Bhikkhus, auch dies ist eine Gefahr im Fall (materieller) Form.“

26. „Wiederum würde man vielleicht genau jene Frau als Leiche sehen, Knochen ohne Verbindung, in alle Richtungen verstreut, hier ein Handknochen, da ein Fußknochen, da ein Schienbein, da ein Oberschenkelknochen, da ein Hüftknochen, da ein Rückenwirbel, da eine Rippe, da ein Brustbein, da ein Armknochen, da ein Schulterknochen, da ein Halswirbel, da ein Kiefer, da ein Zahn, da ein Schädel. Was meint ihr, ihr Bhikkhus? Ist ihre frühere Schönheit und ihr Liebreiz verschwunden und die Gefahr sichtbar geworden?“ – „Ja, ehrwürdiger Herr.“ – „Ihr Bhikkhus, auch dies ist eine Gefahr im Fall (materieller) Form.“

27. „Wiederum würde man vielleicht genau jene Frau als Leiche sehen, weiß gebleichte Knochen, muschelfarben. Was meint ihr, ihr Bhikkhus? Ist ihre frühere Schönheit und ihr Liebreiz verschwunden und die Gefahr sichtbar geworden?“ – „Ja, ehrwürdiger Herr.“ – „Ihr Bhikkhus, auch dies ist eine Gefahr im Fall (materieller) Form.“

28. „Wiederum würde man vielleicht genau jene Frau als Leiche sehen, aufgehäufte Knochen, mehr als ein Jahr alt. Was meint ihr, ihr Bhikkhus? Ist ihre frühere Schönheit und ihr Liebreiz verschwunden und die Gefahr sichtbar geworden?“ – „Ja, ehrwürdiger Herr.“ – „Ihr Bhikkhus, auch dies ist eine Gefahr im Fall (materieller) Form.“

29. „Wiederum würde man vielleicht genau jene Frau als Leiche sehen, verrottete Knochen, zu Staub zerkrümelt. Was meint ihr, ihr Bhikkhus? Ist ihre frühere Schönheit und ihr Liebreiz verschwunden und die Gefahr sichtbar geworden?“ – „Ja, ehrwürdiger Herr.“ – „Ihr Bhikkhus, auch dies ist eine Gefahr im Fall (materieller) Form.“

30. (III) „Und was, ihr Bhikkhus, ist das Entkommen im Fall (materieller) Form? Es ist die Beseitigung von Begierde und Gier, das Überwinden von Begierde und Gier nach (materieller) Form. Dies ist das Entkommen im Fall (materieller) Form.“

31. „Daß jene Mönche und Brahmanen, die im Fall (materieller) Form die Befriedigung nicht der Wirklichkeit entsprechend als Befriedigung verstehen, die Gefahr nicht als Gefahr, und das Entkommen nicht als Entkommen, daß sie (materielle) Form entweder selbst völlig durchschauen, oder einen anderen anleiten, so daß er (materielle) Form völlig durchschaut – das ist unmöglich. Daß jene Mönche und Brahmanen, die im Fall (materieller) Form die Befriedigung der Wirklichkeit entsprechend als Befriedigung verstehen, die Gefahr als Gefahr, und das Entkommen als Entkommen, daß sie (materielle) Form entweder selbst völlig durchschauen, oder einen anderen anleiten, so daß er (materielle) Form völlig durchschaut – das ist möglich.“

Gefühle
32. (I) „Und was, ihr Bhikkhus, ist die Befriedigung im Fall der Gefühle? Ihr Bhikkhus, da tritt ein Bhikkhu ganz abgeschieden von Sinnesvergnügen, abgeschieden von unheilsamen Geisteszuständen, in die erste Vertiefung ein, die von anfänglicher und anhaltender Hinwendung des Geistes begleitet ist, und verweilt darin, mit Verzückung und Glückseligkeit, die aus der Abgeschiedenheit entstanden sind. Bei so einer Gelegenheit wählt er nicht Leid für sich selbst, noch Leid für andere, noch Leid für beide. Bei jener Gelegenheit empfindet er nur Gefühl, das frei von Leid ist. Die höchste Befriedigung im Fall der Gefühle ist Freiheit von Leid, sage ich.“

33. „Wiederum tritt ein Bhikkhu mit der Stillung der anfänglichen und anhaltenden Hinwendung des Geistes (zum Meditationsobjekt) in die zweite Vertiefung ein, die innere Beruhigung und Einheit des Herzens ohne anfängliche und anhaltende Hinwendung des Geistes enthält, und verweilt darin, mit Verzückung und Glückseligkeit, die aus der Konzentration entstanden sind. Bei so einer Gelegenheit wählt er nicht Leid für sich selbst, noch Leid für andere, noch Leid für beide. Bei jener Gelegenheit empfindet er nur Gefühl, das frei von Leid ist. Die höchste Befriedigung im Fall der Gefühle ist Freiheit von Leid, sage ich.“

34. „Wiederum tritt ein Bhikkhu mit dem Verblassen der Verzückung, in Gleichmut verweilend, achtsam und wissensklar, voll körperlich erlebter Glückseligkeit, in die dritte Vertiefung ein, von der die Edlen sagen: ,Glückselig verweilt derjenige, der voll Gleichmut und Achtsamkeit ist‘, und verweilt darin. Bei so einer Gelegenheit wählt er nicht Leid für sich selbst, noch Leid für andere, noch Leid für beide. Bei jener Gelegenheit empfindet er nur Gefühl, das frei von Leid ist. Die höchste Befriedigung im Fall der Gefühle ist Freiheit von Leid, sage ich.“

35. „Wiederum tritt ein Bhikkhu mit dem Überwinden von Glück und Schmerz und dem schon früheren Verschwinden von Freude und Trauer, in die vierte Vertiefung ein, die aufgrund von Gleichmut Weder-Schmerzhaftes-noch-Angenehmes und Reinheit der Achtsamkeit in sich hat, und verweilt darin. Bei so einer Gelegenheit wählt er nicht Leid für sich selbst, noch Leid für andere, noch Leid für beide. Bei jener Gelegenheit empfindet er nur Gefühl, das frei von Leid ist. Die höchste Befriedigung im Fall der Gefühle ist Freiheit von Leid, sage ich.“

36. (II) „Und was, ihr Bhikkhus, ist die Gefahr im Fall der Gefühle? Gefühle sind vergänglich, Dukkha und der Veränderung unterworfen. Dies ist die Gefahr im Fall der Gefühle 3).“

37. (III) „Und was, ihr Bhikkhus, ist das Entkommen im Fall der Gefühle? Es ist die Beseitigung von Begierde und Gier, das Überwinden von Begierde und Gier nach Gefühlen 4). Dies ist das Entkommen im Fall der Gefühle.“

38. „Daß jene Mönche und Brahmanen, die im Fall der Gefühle die Befriedigung nicht der Wirklichkeit entsprechend als Befriedigung verstehen, die Gefahr nicht als Gefahr, und das Entkommen nicht als Entkommen, daß sie Gefühle entweder selbst völlig durchschauen, oder einen anderen anleiten, so daß er Gefühle völlig durchschaut – das ist unmöglich. Daß jene Mönche und Brahmanen, die im Fall der Gefühle die Befriedigung der Wirklichkeit entsprechend als Befriedigung verstehen, die Gefahr als Gefahr, und das Entkommen als Entkommen, daß sie Gefühle entweder selbst völlig durchschauen, oder einen anderen anleiten, so daß er Gefühle völlig durchschaut – das ist möglich.“
Das ist es, was der Erhabene sagte. Die Bhikkhus waren zufrieden und entzückt über die Worte des Erhabenen.

Anmerkungen:

1) Die Wanderasketen hielten konzentrative Zustände für das Überwinden der Sinnesvergnügen
etc.
2) Überweltliche Verwirklichung des Nichtwiederkehrers und Arahants.
3) In den ersten beiden Instanzen war die Gefahr mit unangenehmen Gefühlen verbunden; hier liegt die Gefahr in den Gefühlen an sich, verdeutlicht anhand der angenehmsten weltlichen Geisteszustände.
4) Arahantschaft