MN14 – Die kürzere Lehrrede über die Masse von Dukkha

Majjhima Nikàya 14

 

Die kürzere Lehrrede über die Masse von Dukkha

(Cúladukkhakkhandha Sutta)

1. So habe ich gehört. Einmal hielt sich der Erhabene im Land der Sakyer, bei Kapilavatthu, im Park des Nigrodha auf.

2. Da ging Mahànàma, der Sakyer, zum Erhabenen, und nachdem er ihm gehuldigt hatte, setzte er sich seitlich nieder und sagte: „Ehrwürdiger Herr, seit langem habe ich das Dhamma, das vom Erhabenen gelehrt wird, so verstanden: ,Gier ist eine Befleckung des Geistes, Haß ist eine Befleckung des Geistes, Verblendung ist eine Befleckung des Geistes.‘ Und doch, während ich das Dhamma, das vom Erhabenen gelehrt wird, so verstehe, dringen gelegentlich Geisteszustände der Gier, des Hasses und der Verblendung in meinen Geist ein und verbleiben dort. Ich habe mich gefragt, ehrwürdiger Herr, welcher Geisteszustand von mir innerlich noch nicht aufgegeben wurde, der Schuld daran ist, daß gelegentlich Geisteszustände der Gier, des Hasses und der Verblendung in meinen Geist eindringen und dort verbleiben 1).“

3. „ Mahànàma, da ist ein Geisteszustand, der von dir innerlich noch immer nicht aufgegeben wurde, der Schuld daran ist, daß gelegentlich Geisteszustände der Gier, des Hasses und der Verblendung in deinen Geist eindringen und dort verbleiben; denn wäre jener Geisteszustand bereits von dir innerlich aufgegeben, würdest du nicht das Leben zu Hause führen, du würdest nicht in Sinnesvergnügen schwelgen. Weil jener Geisteszustand von dir innerlich noch nicht aufgegeben wurde, führst du das Leben zu Hause und schwelgst in Sinnesvergnügen.“

4. „Sogar wenn ein edler Schüler der Wirklichkeit entsprechend mit angemessener Weisheit deutlich gesehen hat, wie wenig Befriedigung die Sinnesvergnügen bieten, aber wieviel Leid und wieviel Verzweiflung, und wie groß die Gefahr ist, die in ihnen steckt; solange er nicht die Verzückung und Glückseligkeit erlangt, die von Sinnesvergnügen abgetrennt sind, abgetrennt von unheilsamen Geisteszuständen, oder etwas noch friedvolleres 2), so lange mag er noch zu Sinnesvergnügen hingezogen werden. Aber wenn ein edler Schüler der Wirklichkeit entsprechend mit angemessener Weisheit deutlich gesehen hat, wie wenig Befriedigung
die Sinnesvergnügen bieten, aber wieviel Leid und wieviel Verzweiflung, und wie groß die Gefahr ist, die in ihnen steckt; und wenn er die Verzückung und Glückseligkeit erlangt, die von Sinnesvergnügen abgetrennt sind, abgetrennt von unheilsamen Geisteszuständen, oder etwas noch friedvolleres, dann wird er nicht mehr zu Sinnesvergnügen hingezogen.“

5. „Vor meiner Erleuchtung, als ich noch lediglich ein unerleuchteter Bodhisatta war, sah auch ich deutlich, der Wirklichkeit entsprechend mit angemessener Weisheit, wie wenig Befriedigung die Sinnesvergnügen bieten, aber wieviel Leid und wieviel Verzweiflung, und wie groß die Gefahr ist, die in ihnen steckt 3); aber solange ich noch nicht die Verzückung und Glückseligkeit erlangt hatte, die von Sinnesvergnügen abgetrennt sind, abgetrennt von unheilsamen Geisteszuständen, oder etwas noch friedvolleres, so lange bemerkte ich, daß ich noch zu Sinnesvergnügen hingezogen werden konnte. Aber als ich der Wirklichkeit entsprechend mit angemessener Weisheit deutlich sah, wie wenig Befriedigung die Sinnesvergnügen bieten, aber wieviel Leid und wieviel Verzweiflung, und wie groß die Gefahr ist, die in ihnen steckt; und als ich die Verzückung und Glückseligkeit erlangt hatte, die von Sinnesvergnügen abgetrennt sind, abgetrennt von unheilsamen Geisteszuständen, oder etwas noch friedvolleres, da bemerkte ich, daß ich nicht mehr zu Sinnesvergnügen hingezogen wurde.“

6. „Und was ist die Befriedigung im Fall der Sinnesvergnügen? Mahànàma, es gibt diese fünf Stränge sinnlichen Vergnügens. Was sind die fünf? Formen, die mit dem Auge erfahrbar sind, die erwünscht, begehrt, angenehm und liebenswert sind, die mit Sinnesgier verbunden sind und Begierde hervorrufen. Klänge, die mit dem Ohr erfahrbar sind, die erwünscht, begehrt, angenehm und liebenswert sind, die mit Sinnesgier verbunden sind und Begierde hervorrufen. Gerüche, die mit der Nase erfahrbar sind, die erwünscht, begehrt, angenehm und liebenswert sind, die mit Sinnesgier verbunden sind und Begierde hervorrufen. Geschmäkker, die mit der Zunge erfahrbar sind, die erwünscht, begehrt, angenehm und liebenswert sind, die mit Sinnesgier verbunden sind und Begierde hervorrufen. Berührungsobjekte, die mit dem Körper erfahrbar sind, die erwünscht, begehrt, angenehm und liebenswert sind, die mit Sinnesgier verbunden sind und Begierde hervorrufen. Dies sind die fünf Stränge sinnlichen Vergnügens. Das Glück und die Freude, die in Abhängigkeit von diesen fünf Strängen sinnlichen Vergnügens entstehen, sind die Befriedigung im Fall der Sinnesvergnügen.“

7. „Und was ist die Gefahr im Fall der Sinnesvergnügen? Mahànàma, wegen des Berufs, mit dem ein Mann aus guter Familie seinen Lebensunterhalt bestreitet – ob nun Kassenprüfung oder Buchhaltung oder Rechnungswesen oder Landwirtschaft oder Handel oder Tierzucht oder Waffenhandwerk oder Staatsdienst, oder was für ein Beruf auch immer – deswegen muß er sich der Kälte aussetzen, muß er sich der Hitze aussetzen, wird er durch den Kontakt mit Bremsen und Fliegen, mit Wind, Sonne und Kriechtieren verletzt; er riskiert den Tod durch Hunger und Durst. Nun ist dies eine Gefahr im Fall der Sinnesvergnügen, eine Masse von Dukkha, die hier und jetzt sichtbar ist, die Sinnesvergnügen als Ursache hat, Sinnesvergnügen als Quelle hat, Sinnesvergnügen als Grundlage hat, weil die Ursache davon schlicht Sinnesvergnügen sind.“

8. „Falls dem Mann aus guter Familie kein Besitz zukommt, während er so arbeitet und sich so bemüht und anstrengt, dann ist er bekümmert, trauert und klagt, er weint und schlägt sich die Brust, wird zerrüttet und jammert: ,Meine Arbeit ist vergeblich, meine Anstrengung bringt keine Frucht!‘ Nun ist auch dies eine Gefahr im Fall der Sinnesvergnügen, eine Masse von Dukkha, die hier und jetzt sichtbar ist, die Sinnesvergnügen als Ursache hat, Sinnesvergnügen als Quelle hat, Sinnesvergnügen als Grundlage hat, weil die Ursache davon schlicht Sinnesvergnügen sind.“

9. „Falls dem Mann aus guter Familie Besitz zukommt, während er so arbeitet und sich so bemüht und anstrengt, dann empfindet er Schmerz und Trauer, während er diesen beschützt: ,Wie stelle ich es an, daß weder Könige noch Diebe sich mit meinem Besitz davonmachen, und Feuer ihn nicht verbrennt, und Wasser ihn nicht davonschwemmt, und haßerfüllte Erben sich nicht damit davonmachen?‘ Und während er seinen Besitz behütet und beschützt, machen sich Könige oder Diebe damit davon, oder Feuer verbrennt ihn, oder Wasser schwemmt ihn davon, oder haßerfüllte Erben machen sich damit davon. Und er ist bekümmert, trauert und klagt, er weint und schlägt sich die Brust, wird zerrüttet und jammert: ,Was ich hatte, habe ich nicht mehr.‘ Nun ist auch dies eine Gefahr im Fall der Sinnesvergnügen, eine Masse von Dukkha, die hier und jetzt sichtbar ist, die Sinnesvergnügen als Ursache hat, Sinnesvergnügen als Quelle hat, Sinnesvergnügen als Grundlage hat, weil die Ursache davon schlicht Sinnesvergnügen sind.“

10. „Wiederum, mit Sinnesvergnügen als Ursache, Sinnesvergnügen als Quelle, Sinnesvergnügen als Grundlage, weil die Ursache davon schlicht Sinnesvergnügen sind, streiten Könige mit Königen, Adelige mit Adeligen, Brahmanen mit Brahmanen, Haushälter mit Haushältern; die Mutter streitet mit dem Kind, das Kind mit der Mutter, der Vater mit dem Kind, das Kind mit dem Vater; der Bruder mit der Schwester, die Schwester mit dem Bruder, der Freund mit dem Freund. Und in ihrem Streit, ihrem Zank, ihrer Auseinandersetzung, greifen sie sich mit Fäusten, Erdklumpen, Stöcken oder Messern an, wodurch sie sich den Tod oder tödliches Leid zuziehen. Nun ist auch dies eine Gefahr im Fall der Sinnesvergnügen, eine Masse von Dukkha, die hier und jetzt sichtbar ist, die Sinnesvergnügen als Ursache hat, Sinnesvergnügen als Quelle hat, Sinnesvergnügen als Grundlage hat, weil die Ursache davon schlicht Sinnesvergnügen sind.“

11. „Wiederum, mit Sinnesvergnügen als Ursache, Sinnesvergnügen als Quelle, Sinnesvergnügen als Grundlage, weil die Ursache davon schlicht Sinnesvergnügen sind, nehmen Männer Schwerter und Schilde zu Hand, rüsten sich mit Bogen und Köchern, und stürmen in die Schlacht, in Doppelreihen, mit fliegenden Pfeilen und Speeren und blitzenden Schwertern; und dort werden sie von Pfeilen und Speeren verwundet, und die Köpfe werden ihnen mit Schwertern abgeschlagen, wodurch sie sich den Tod oder tödliches Leid zuziehen. Nun ist auch dies eine Gefahr im Fall der Sinnesvergnügen, eine Masse von Dukkha, die hier und jetzt sichtbar ist, die Sinnesvergnügen als Ursache hat, Sinnesvergnügen als Quelle hat, Sinnesvergnügen als Grundlage hat, weil die Ursache davon schlicht Sinnesvergnügen sind.“

12. „Wiederum, mit Sinnesvergnügen als Ursache, Sinnesvergnügen als Quelle, Sinnesvergnügen als Grundlage, weil die Ursache davon schlicht Sinnesvergnügen sind, nehmen Männer Schwerter und Schilde zu Hand, rüsten sich mit Bogen und Köchern, und bestürmen glatte Festungsmauern, mit fliegenden Pfeilen und Speeren und blitzenden Schwertern; und dort werden sie von Pfeilen und Speeren verwundet und mit siedenden Flüssigkeiten begossen und unter schweren Gewichten zermalmt, und die Köpfe werden ihnen mit Schwertern abgeschlagen, wodurch sie sich den Tod oder tödliches Leid zuziehen. Nun ist auch dies eine Gefahr im Fall der Sinnesvergnügen, eine Masse von Dukkha, die hier und jetzt sichtbar ist, die Sinnesvergnügen als Ursache hat, Sinnesvergnügen als Quelle hat, Sinnesvergnügen als Grundlage hat, weil die Ursache davon schlicht Sinnesvergnügen sind.“

13. „Wiederum, mit Sinnesvergnügen als Ursache, Sinnesvergnügen als Quelle, Sinnesvergnügen als Grundlage, weil die Ursache davon schlicht Sinnesvergnügen sind, brechen Männer in Häuser ein, plündern Besitz, begehen Diebstahl, verüben Wegelagerei, verführen die Frauen anderer, und wenn sie gefaßt werden, lassen Könige ihnen viele Arten von Folter auferlegen. Sie lassen sie auspeitschen, mit Stöcken schlagen, mit Knüppeln schlagen; sie lassen ihnen die Hände abhacken, die Füße abhacken, Hände und Füße abhacken, die Ohren abschneiden, die Nase abschneiden, Ohren und Nase abschneiden; sie lassen den ,Breitopf‘ anwenden, die ,Muschelschalen-Rasur‘, den ,Mund Ràhus‘, den ,glühenden Kranz‘, die ,Flammenhand‘, die ,Grasklingen‘, das ,Rindenkleid‘, die ,Antilope‘, die ,Fleischhaken‘, die ,Münzen‘, das ,Laugenpökeln‘, den ,Drehpflock‘, den ,zusammengerollten Strohsack‘; und sie lassen sie mit siedendem Öl besprengen, werfen sie den Hunden zum Fraß vor, lassen sie lebendig pfählen und lassen ihnen den Kopf mit einem Schwert abschlagen. Nun ist auch dies eine Gefahr im Fall der Sinnesvergnügen, eine Masse von Dukkha, die hier und jetzt sichtbar ist, die Sinnesvergnügen als Ursache hat, Sinnesvergnügen als Quelle hat, Sinnesvergnügen als Grundlage hat, weil die Ursache davon schlicht Sinnesvergnügen sind.“

14. „Wiederum, mit Sinnesvergnügen als Ursache, Sinnesvergnügen als Quelle, Sinnesvergnügen als Grundlage, weil die Ursache davon schlicht Sinnesvergnügen sind, geben sich die Leute dem Fehlverhalten in Körper, Sprache und Geist hin. Wenn sie dies getan haben, erscheinen sie bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode in Umständen, die von Entbehrungen geprägt sind, wieder, an einem unglücklichen Bestimmungsort, in Verderbnis, ja sogar in der Hölle. Nun ist auch dies eine Gefahr im Fall der Sinnesvergnügen, eine Masse von Dukkha in künftigen Leben, die Sinnesvergnügen als Ursache hat, Sinnesvergnügen als Quelle hat, Sinnesvergnügen als Grundlage hat, weil die Ursache davon schlicht Sinnesvergnügen sind.“

15. „Nun, Mahànàma, ich hielt mich einmal bei Ràjagaha auf dem Geiersberg auf. Bei jener Gelegenheit hielt sich eine Anzahl von Nigaõñhas4) auf dem Schwarzen Felsen an den Hängen des Isigili auf, und sie praktizierten fortwährendes Stehen, wobei sie Sitzgelegenheiten verwarfen und äußerst schmerzvolle, quälende, bohrende Gefühle aufgrund ihres Strebens empfanden.“

16. „Als es Abend war, erhob ich mich aus der Meditation und ging zu den Nigaõñhas dort. Ich fragte sie: ,Freunde, warum praktiziert ihr fortwährendes Stehen, wobei ihr Sitzgelegenheiten verwerft und äußerst schmerzvolle, quälende, bohrende Gefühle aufgrund eures Strebens empfindet?‘“

17. „Nach diesen Worten erwiderten sie: ,Freund, der Nigaõñha Nàtaputta ist allwissend und allsehend und behauptet, auf folgende Weise vollständiges Wissen und vollständige Schauung zu haben: ›Ob ich gehe oder stehe oder schlafe oder wache, Wissen und Schauung sind mir ständig und ununterbrochen gegenwärtig.‹ Er sagt: ›Nigaõñhas, ihr habt in der Vergangenheit üble Handlungen begangen; erschöpft sie, indem ihr euch in durchbohrender Strenge übt. Und wenn ihr euch hier und jetzt in Körper, Sprache und Geist zügelt, bedeutet das, keine üblen Handlungen für die Zukunft zu begehen. Indem man also durch Askese vergangene Handlungen vernichtet und indem man keine neuen Handlungen begeht, wird es künftig keine Folgen mehr geben. Mit Abwesenheit künftiger Folgen ist die Vernichtung von Handlung gegeben. Mit Vernichtung von Handlung ist die Vernichtung von Dukkha gegeben. Mit der Vernichtung von Dukkha ist die Vernichtung von Gefühl gegeben. Mit der Vernichtung von Gefühl wird sich jegliches Dukkha erschöpfen.‹ Wir billigen dies und nehmen es an, und wir sind damit zufrieden.‘“

18. „Nach diesen Worten sagte ich zu ihnen: ,Aber, Freunde, wißt ihr denn, daß ihr in der Vergangenheit existiertet, und daß es nicht der Fall ist, daß ihr nicht existiertet?‘ – ,Nein, Freund.‘ – ,Aber, Freunde, wißt ihr denn, daß ihr in der Vergangenheit üble Handlungen ausübtet und euch ihrer nicht enthieltet?‘ – ,Nein, Freund.‘ – ,Aber, Freunde, wißt ihr denn, daß ihr diese und jene üble Handlung ausübtet?‘ – ,Nein, Freund.‘ – ,Aber, Freunde, wißt ihr denn, daß sich so und so viel Dukkha bereits erschöpft hat, oder daß sich so und so viel Dukkha noch erschöpfen muß, oder daß, wenn sich so und so viel Dukkha erschöpft hat, sich dann alles Dukkha erschöpft haben wird?‘ – ,Nein, Freund.‘ – ,Aber, Freunde, wißt ihr denn, was das Überwinden unheilsamer Zustände und was die Pflege heilsamer Zustände hier und jetzt ist?‘ – ,Nein, Freund.‘“

19. „,Also, Freunde, es scheint, daß ihr nicht wißt, daß ihr in der Vergangenheit existiertet, und daß es nicht der Fall ist, daß ihr nicht existiertet; oder daß ihr in der Vergangenheit üble Handlungen begingt und euch ihrer nicht enthieltet; oder daß ihr diese und jene üble Handlung ausübtet; oder daß sich so und so viel Dukkha bereits erschöpft hat, oder daß sich so und so viel Dukkha noch erschöpfen muß, oder daß, wenn sich so und so viel Dukkha erschöpft hat, sich dann alles Dukkha erschöpft haben wird; oder was das Überwinden unheilsamer Zustände und was die Pflege heilsamer Zustände hier und jetzt ist. Nachdem das so ist, ziehen jene, die in der Welt Mörder sind, Bösewichte mit Blut an den Händen, als Nigaõñhas in die Hauslosigkeit, wenn sie unter Menschen wiedergeboren werden 5).‘“

20. „,Freund Gotama, Glück wird nicht durch Glück erlangt; Glück wird durch Schmerz erlangt. Denn wäre es so, daß Glück durch Glück erlangt wird, dann würde König Seniya Bimbisàra von Màgadha Glück erlangen, da er in größerem Glück verweilt als der ehrwürdige Gotama.‘“ „,Gewiß äußerten die ehrwürdigen Nigaõñhas jene Worte übereilt und ohne gründliche Betrachtung. Vielmehr bin ich derjenige, der gefragt werden sollte: ›Wer verweilt in größerem Glück, König Seniya Bimbisàra von Màgadha oder der ehrwürdige Gotama?‹‘“ „,Gewiß, Freund Gotama, wir äußerten jene Worte übereilt und ohne gründliche Betrachtung. Aber lassen wir das. Nun fragen wir den ehrwürdigen Gotama: Wer verweilt in größerem Glück, König Seniya Bimbisàra von Màgadha oder der ehrwürdige Gotama?‘“

21. „,Dann, Freunde, werde ich euch eine Gegenfrage stellen. Antwortet nach Belieben. Was meint ihr, Freunde? Kann König Seniya Bimbisàra von Màgadha verweilen, ohne seinen Körper zu bewegen und ohne ein Wort zu sprechen, und dabei sieben Tage und Nächte lang höchstes Glück empfinden?‘ – ,Nein, Freund.‘ – ,Kann König Seniya Bimbisàra von Màgadha verweilen, ohne seinen Körper zu bewegen und ohne ein Wort zu sprechen, und dabei sechs Tage und Nächte lang höchstes Glück empfinden?‘ – ,Nein, Freund.‘ – ,Kann König Seniya Bimbisàra von Màgadha verweilen, ohne seinen Körper zu bewegen und ohne ein Wort zu sprechen, und dabei fünf Tage und Nächte lang höchstes Glück empfinden?‘ – ,Nein, Freund.‘ – ,Kann König Seniya Bimbisàra von Màgadha verweilen, ohne seinen Körper zu bewegen und ohne ein Wort zu sprechen, und dabei vier Tage und Nächte lang höchstes Glück empfinden?‘ – ,Nein, Freund.‘ – ,Kann König Seniya Bimbisàra von Màgadha verweilen, ohne seinen Körper zu bewegen und ohne ein Wort zu sprechen, und dabei drei Tage und Nächte lang höchstes Glück empfinden?‘ – ,Nein, Freund.‘ – ,Kann König Seniya Bimbisàra
von Màgadha verweilen, ohne seinen Körper zu bewegen und ohne ein Wort zu sprechen, und dabei zwei Tage und Nächte lang höchstes Glück empfinden?‘ – ,Nein, Freund.‘ – ,Kann König Seniya Bimbisàra von Màgadha verweilen, ohne seinen Körper zu bewegen und ohne ein Wort zu sprechen, und dabei einen Tag und eine Nacht lang höchstes Glück empfinden?‘ – ,Nein, Freund.‘“

22. „,Aber, Freunde, ich kann verweilen, ohne meinen Körper zu bewegen und ohne ein Wort zu sprechen, und dabei einen Tag und eine Nacht lang höchstes Glück empfinden. Ich kann verweilen, ohne meinen Körper zu bewegen und ohne ein Wort zu sprechen, und dabei zwei Tage und Nächte lang höchstes Glück empfinden. Ich kann verweilen, ohne meinen Körper zu bewegen und ohne ein Wort zu sprechen, und dabei drei Tage und Nächte lang höchstes Glück empfinden. Ich kann verweilen, ohne meinen Körper zu bewegen und ohne ein Wort zu sprechen, und dabei vier Tage und Nächte lang höchstes Glück empfinden. Ich kann verweilen, ohne meinen Körper zu bewegen und ohne ein Wort zu sprechen, und dabei fünf Tage und Nächte lang höchstes Glück empfinden. Ich kann verweilen, ohne meinen Körper zu bewegen und ohne ein Wort zu sprechen, und dabei sechs Tage und Nächte lang höchstes Glück empfinden. Ich kann verweilen, ohne meinen Körper zu bewegen und ohne ein Wort zu sprechen, und dabei sieben Tage und Nächte lang höchstes Glück empfinden. Was meint ihr? Nachdem das so ist, wer verweilt in größerem Glück, König Seniya Bimbisàra von Màgadha oder ich?‘“ „,Nachdem das so ist, verweilt der ehrwürdige Gotama in größerem Glück als König Seniya Bimbisàra von Màgadha.‘“ Das ist es, was der Erhabene sagte. Mahànàma, der Sakyer, war zufrieden und entzückt über die Worte des Erhabenen.

Anmerkungen:

1) Laut MA rührt Mahànàmas Verwunderung daher, daß er bereits ein Einmalwiederkehrer sei, der Gier und Abneigung geschwächt, aber eben noch nicht überwunden hat. Die Annahme, daß Mahànàma zu diesem Zeitpunkt bereits in den Strom eingetreten sei, ist durch die Formulierung des Textes nicht belegbar. Der australische Mönch Ajahn Brahmava§so legt in seiner Schrift „A Critique of Venerable Bhikkhu Bodhis‘s ,Jhàna and the Lay Disciple, according to the Pàli Suttas‘“ triftige Argumente gegen diese These vor. Laut Ajahn Brahmava§so sei Mahànàmas Unkenntnis der Vertiefungserlebnisse vielmehr ein Beweis dafür, daß er noch nicht einmal Stromeingetretener gewesen sein könne. Seine These ist: Das Erfahren einer oder mehrerer Vertiefungen ist notwendig, um ein Stromeingetretener, Nichtwiederkehrer und Arahant zu werden, aber nicht notwendig, um ein Stromeintretender zu werden. Unter „Stromeintretender“ ist hier ein Vertrauensergebener oder Dhammaergebener zu verstehen. Damit dieser Unterschied zum Stromeingetretenen nicht nur ein nomineller ist, muß man gleichzeitig die These Buddhaghosas, „Stromeintretender“ und „Stromeingetretener“ beschreibe zwei unmittelbar aufeinanderfolgende Zustände, in Zweifel ziehen (vgl. M34).
2) Die erste Vertiefung – „oder etwas noch friedvolleres“, die höheren (oder vielleicht besser: tieferen) Vertiefungen. Mahànàma, der ein Bruder der ehrwürdigen ânanda und Anuruddha war und noch das Haushälterleben führte, konnte offenbar trotz seiner Eigenschaft als edler Schüler (Dhammaergebener, dhammànusàri?) die Vertiefungen nicht praktizieren.
3) Ein wichtiger Hinweis: man muß nicht auf überweltliche Verwirklichung, die der Bodhisatta ja noch nicht hatte, warten, um die Gefahr in den Sinnesvergnügen zu erkennen. Das zeigt, wie wichtig die reflektive Arbeit an weltlicher Richtiger Ansicht ist, die, gepaart mit der Kraft der Konzentration, zur Befreiung führen kann.
4) Die Nigaõñhas oder Jains, Anhänger eines Zeitgenossen des Buddha namens Nàtaputta oder Mahàvãra, halten eine deterministische Ansicht von Kamma – jegliches Erleben sei Folge vergangener Taten. Somit schließen sie die Entscheidungsfreiheit im gegenwärtigen Augenblick aus. Ihr Heilsweg liegt in der Praxis strenger Askese, um angesammeltes Kamma „abzuwaschen“.
5) Der Buddha legt hier den Finger auf die offensichtliche Inkonsequenz der Lehre der Nigaõñhas: wenn alle Erfahrung auf vergangenes Kamma zurückzuführen ist, dann sind die Schmerzen der Askese keine Folge der gegenwärtigen Selbstquälerei, sondern durch unheilsame Handlungen in vergangenen Leben bedingt.