MN65 – An Bhaddàli

Majjhima Nikàya 65

 

An Bhaddàli (Bhaddàli Sutta)

1. So habe ich gehört. Einmal hielt sich der Erhabene bei Sàvatthã im Jeta Hain,
dem Park des Anàthapindika auf. Dort richtete er sich folgendermaßen an die
Bhikkhus: „Ihr Bhikkhus.“ – „Ehrwürdiger Herr“, erwiderten sie. Der Erhabene
sagte dieses:

2. „Ihr Bhikkhus, ich esse nur einmal am Tag. Indem ich so verfahre, bin ich
frei von Krankheit und Unbehagen, und ich erfreue mich der Gesundheit, Stärke
und eines leichten Lebens. Kommt, ihr Bhikkhus, eßt nur einmal am Tag. Indem
ihr so verfahrt, werdet auch ihr von Krankheit und Unbehagen frei sein, und ihr
werdet euch der Gesundheit, Stärke und eines leichten Lebens erfreuen.“

3. Nach diesen Worten sagte der ehrwürdige Bhaddàli zum Erhabenen: „Ehrwürdiger
Herr, ich bin nicht bereit, nur einmal am Tag zu essen; denn wenn ich
so verfahren würde, könnte ich mir deswegen Sorgen und Angst bereiten.“
„Bhaddàli, dann iß einen Teil dort, wo du eingeladen worden bist, und nimm
dir einen Teil zum Essen mit. Indem du so ißt, wirst du dich (ausreichend) ernähren.“
„Ehrwürdiger Herr, ich bin auch nicht bereit, so zu essen; denn wenn ich so
verfahren würde, könnte ich mir deswegen ebenfalls Sorgen und Angst bereiten.“

4. Danach, nachdem diese Übungsregel 1) vom Erhabenen bekannt gemacht
worden war, verkündete der ehrwürdige Bhaddàli öffentlich in der Sangha der
Bhikkhus seine fehlende Bereitschaft, sich der Übung zu unterziehen. Dann zeigte
sich der ehrwürdige Bhaddàli dem Erhabenen die gesamten drei Monate (der
Regenklausur) über nicht, weil er der Übung in der Lehre des Lehrers nicht nachkam.

5. Bei jener Gelegenheit war eine Anzahl von Bhikkhus damit beschäftigt,
eine Mönchsrobe für den Erhabenen anzufertigen, wobei sie dachten: „Wenn
diese Robe fertig ist, wird sich der Erhabene am Ende der drei Monate (der Regenklausur)
damit auf Wanderschaft begeben.“

6. Da ging der ehrwürdige Bhaddàli zu jenen Bhikkhus und tauschte Grußformeln
mit ihnen aus, und nach diesen höflichen und freundlichen Worten setzte er
sich seitlich nieder. Nachdem er das getan hatte, sagten sie zu ihm: „Freund
Bhaddàli, diese Mönchsrobe wird gerade für den Erhabenen angefertigt. Wenn
diese Robe fertig ist, wird sich der Erhabene am Ende der drei Monate (der Regenklausur)
damit auf Wanderschaft begeben. Bitte, Freund Bhaddàli, paß genau
auf, was du verkündest. Laß nicht zu, daß es später schwieriger für dich wird.“

7. „Ja, Freunde“, erwiderte er, und er ging zum Erhabenen, und nachdem er
ihm gehuldigt hatte, setzte er sich seitlich nieder und sagte: „Ehrwürdiger Herr,
ich habe einen Regelverstoß begangen, indem ich wie ein Narr, verwirrt und
tölpelhaft, nachdem eine Übungsregel vom Erhabenen bekannt gemacht worden
war, öffentlich in der Sangha der Bhikkhus meine fehlende Bereitschaft, mich
der Übung zu unterziehen, verkündete. Ehrwürdiger Herr, möge der Erhabene
mir meinen Regelverstoß vergeben, der um künftiger Zurückhaltung willen als
solcher erkannt wurde.“

8. „Gewiß, Bhaddàli, du hast einen Regelverstoß begangen, indem du wie ein
Narr, verwirrt und tölpelhaft, nachdem eine Übungsregel vom mir bekannt gemacht
worden war, öffentlich in der Sangha der Bhikkhus deine fehlende Bereitschaft,
dich der Übung zu unterziehen, verkündetest.“

9. „ Bhaddàli, dieser Umstand wurde von dir nicht begriffen: ,Der Erhabene
hält sich bei Sàvatthã auf, und der Erhabene wird von mir wissen: ›Der Bhikkhu
namens Bhaddàli ist einer, der der Übung in der Lehre des Lehrers nicht nachkommt.‹‘
Dieser Umstand wurde von dir nicht begriffen.“
„Auch dieser Umstand wurde von dir nicht begriffen: ,Viele Bhikkhus haben
für die Regenklausur bei Sàvatthã Quartier bezogen, und auch sie werden von
mir wissen: ›Der Bhikkhu namens Bhaddàli ist einer, der der Übung in der Lehre
des Lehrers nicht nachkommt.‹‘ Auch dieser Umstand wurde von dir nicht begriffen.“
„Auch dieser Umstand wurde von dir nicht begriffen: ,Viele Bhikkhunãs haben
für die Regenklausur bei Sàvatthã Quartier bezogen, und auch sie werden
von mir wissen: ›Der Bhikkhu namens Bhaddàli ist einer, der der Übung in der
Lehre des Lehrers nicht nachkommt.‹‘ Auch dieser Umstand wurde von dir nicht
begriffen.“
„Auch dieser Umstand wurde von dir nicht begriffen: ,Viele Laienanhänger
wohnen bei Sàvatthã, und auch sie werden von mir wissen: ›Der Bhikkhu namens
Bhaddàli ist einer, der der Übung in der Lehre des Lehrers nicht nachkommt.‹‘
Auch dieser Umstand wurde von dir nicht begriffen.“
„Auch dieser Umstand wurde von dir nicht begriffen: ,Viele Laienanhängerinnen
wohnen bei Sàvatthã, und auch sie werden von mir wissen: ›Der Bhikkhu
namens Bhaddàli ist einer, der der Übung in der Lehre des Lehrers nicht nachkommt.‹‘
Auch dieser Umstand wurde von dir nicht begriffen.“
„Auch dieser Umstand wurde von dir nicht begriffen: ,Viele Mönche und Brahmanen
verschiedener Sekten haben für die Regenklausur bei Sàvatthã Quartier
bezogen, und auch sie werden von mir wissen: ›Der Bhikkhu namens Bhaddàli,
ein langjähriger Schüler des Mönchs Gotama, ist einer, der der Übung in der
Lehre des Lehrers nicht nachkommt.‹‘ Auch dieser Umstand wurde von dir nicht
begriffen.“

10. „Ehrwürdiger Herr, ich habe einen Regelverstoß begangen, indem ich wie
ein Narr, verwirrt und tölpelhaft, nachdem eine Übungsregel vom Erhabenen
bekannt gemacht worden war, öffentlich in der Sangha der Bhikkhus meine fehlende
Bereitschaft, mich der Übung zu unterziehen, verkündete. Ehrwürdiger
Herr, möge der Erhabene mir meinen Regelverstoß vergeben, der um künftiger
Zurückhaltung willen als solcher erkannt wurde.“
„Gewiß, Bhaddàli, du hast einen Regelverstoß begangen, indem du wie ein
Narr, verwirrt und tölpelhaft, nachdem eine Übungsregel vom mir bekannt gemacht
worden war, öffentlich in der Sangha der Bhikkhus deine fehlende Bereitschaft,
dich der Übung zu unterziehen, verkündetest.“

11. „Was meinst du, Bhaddàli? Angenommen, ein Bhikkhu hier wäre einer,
der auf beide Arten befreit ist 2), und ich sagte zu ihm: ,Komm, Bhikkhu, sei eine
Planke für mich, damit ich den Schlamm überqueren kann.‘ Würde er den
Schlamm selbst überqueren oder würde er anderweitig über seinen Körper verfügen
oder würde er ,Nein‘ sagen 3)?“
„Nein, ehrwürdiger Herr.“
„Was meinst du, Bhaddàli? Angenommen, ein Bhikkhu hier wäre einer, der
durch Weisheit befreit ist, und ich sagte zu ihm: ,Komm, Bhikkhu, sei eine Planke
für mich, damit ich den Schlamm überqueren kann.‘ Würde er den Schlamm
selbst überqueren oder würde er anderweitig über seinen Körper verfügen oder
würde er ,Nein‘ sagen?“
„Nein, ehrwürdiger Herr.“
„Was meinst du, Bhaddàli? Angenommen, ein Bhikkhu hier wäre ein Körperzeuge,
und ich sagte zu ihm: ,Komm, Bhikkhu, sei eine Planke für mich, damit ich
den Schlamm überqueren kann.‘ Würde er den Schlamm selbst überqueren oder
würde er anderweitig über seinen Körper verfügen oder würde er ,Nein‘ sagen?“
„Nein, ehrwürdiger Herr.“
„Was meinst du, Bhaddàli? Angenommen, ein Bhikkhu hier wäre ein Ansichtsgereifter,
und ich sagte zu ihm: ,Komm, Bhikkhu, sei eine Planke für mich, damit
ich den Schlamm überqueren kann.‘ Würde er den Schlamm selbst überqueren
oder würde er anderweitig über seinen Körper verfügen oder würde er ,Nein‘
sagen?“
„Nein, ehrwürdiger Herr.“
„Was meinst du, Bhaddàli? Angenommen, ein Bhikkhu hier wäre einer, der
durch Vertrauen befreit ist, und ich sagte zu ihm: ,Komm, Bhikkhu, sei eine Planke
für mich, damit ich den Schlamm überqueren kann.‘ Würde er den Schlamm
selbst überqueren oder würde er anderweitig über seinen Körper verfügen oder
würde er ,Nein‘ sagen?“
„Nein, ehrwürdiger Herr.“
„Was meinst du, Bhaddàli? Angenommen, ein Bhikkhu hier wäre ein
Dhammaergebener, und ich sagte zu ihm: ,Komm, Bhikkhu, sei eine Planke für
mich, damit ich den Schlamm überqueren kann.‘ Würde er den Schlamm selbst
überqueren oder würde er anderweitig über seinen Körper verfügen oder würde
er ,Nein‘ sagen?“
„Nein, ehrwürdiger Herr.“
„Was meinst du, Bhaddàli? Angenommen, ein Bhikkhu hier wäre ein Vertrauensergebener,
und ich sagte zu ihm: ,Komm, Bhikkhu, sei eine Planke für
mich, damit ich den Schlamm überqueren kann.‘ Würde er den Schlamm selbst
überqueren oder würde er anderweitig über seinen Körper verfügen oder würde
er ,Nein‘ sagen?“
„Nein, ehrwürdiger Herr.“

12. „Was meinst du, Bhaddàli? Warst du bei jener Gelegenheit einer, der auf
beide Arten befreit ist, oder einer, der durch Weisheit befreit ist, oder ein Körperzeuge
oder ein Ansichtsgereifter oder einer, der durch Vertrauen befreit ist, oder
ein Dhammaergebener oder ein Vertrauensergebener?“
„Nein, ehrwürdiger Herr.“
„ Bhaddàli, warst du bei jener Gelegenheit nicht ein leerer, hohler Übeltäter?“

13. „Ja, ehrwürdiger Herr. Ehrwürdiger Herr, ich habe einen Regelverstoß
begangen, indem ich wie ein Narr, verwirrt und tölpelhaft, nachdem eine Übungsregel
vom Erhabenen bekannt gemacht worden war, öffentlich in der Sangha der
Bhikkhus meine fehlende Bereitschaft, mich der Übung zu unterziehen, verkündete.
Ehrwürdiger Herr, möge der Erhabene mir meinen Regelverstoß vergeben,
der um künftiger Zurückhaltung willen als solcher erkannt wurde.“
„Gewiß, Bhaddàli, du hast einen Regelverstoß begangen, indem du wie ein
Narr, verwirrt und tölpelhaft, nachdem eine Übungsregel vom mir bekannt gemacht
worden war, öffentlich in der Sangha der Bhikkhus deine fehlende Bereitschaft,
dich der Übung zu unterziehen, verkündetest. Aber weil du deinen
Regelverstoß als solchen siehst und gemäß dem Dhamma Wiedergutmachung
leistest, vergeben wir dir; denn es bedeutet Wachstum in der Disziplin des Edlen,
wenn man seinen Regelverstoß als solchen sieht und gemäß dem Dhamma Wiedergutmachung
leistet, indem man künftig Zurückhaltung übt.“

14. „Bhaddàli, da kommt irgendein Bhikkhu der Übung in der Lehre des Lehrers
nicht nach. Er erwägt: ,Angenommen, ich zöge mich an eine abgeschiedene
Lagerstätte zurück: in einen Wald, an den Fuß eines Baumes, auf einen Berg, in
eine Schlucht, in eine Berghöhle, an eine Leichenstätte, in ein Dschungeldickicht,
auf ein freies Feld, auf einen Strohhaufen – vielleicht könnte ich einen übermenschlichen
Zustand erreichen, Klarheit des Wissens und der Schauung, die
der Edlen würdig ist.‘ Er zieht sich an eine dieser abgeschiedenen Lagerstätten
zurück. Während er so zurückgezogen lebt, tadelt ihn der Lehrer, weise Gefährten
im heiligen Leben, die nachgeforscht haben, tadeln ihn, Devas tadeln ihn,
und er tadelt sich selbst. Weil er auf diese Weise vom Lehrer, von weisen Gefährten
im heiligen Leben, von Devas und von sich selbst getadelt wird, verwirklicht
er keinerlei übermenschliche Zustände, keinerlei Klarheit des Wissens und keinerlei
Schauung, die der Edlen würdig ist. Warum ist das so? So verhält es sich
mit einem, der der Übung in der Lehre des Lehrers nicht nachkommt.“

15. „Bhaddàli, da kommt irgendein Bhikkhu der Übung in der Lehre des Lehrers
nach. Er erwägt: ,Angenommen, ich zöge mich an eine abgeschiedene Lagerstätte
zurück: in einen Wald, an den Fuß eines Baumes, auf einen Berg, in
eine Schlucht, in eine Berghöhle, an eine Leichenstätte, in ein Dschungeldickicht,
auf ein freies Feld, auf einen Strohhaufen – vielleicht könnte ich einen
übermenschlichen Zustand erreichen, Klarheit des Wissens und Schauung, die der
Edlen würdig ist.‘ Er zieht sich an eine dieser abgeschiedenen Lagerstätten zurück.
Während er so zurückgezogen lebt, tadelt ihn der Lehrer nicht, weise Gefährten
im heiligen Leben, die nachgeforscht haben, tadeln ihn nicht, Devas tadeln
ihn nicht, und er tadelt sich nicht selbst. Weil er auf diese Weise vom Lehrer, von
weisen Gefährten im heiligen Leben, von Devas und von sich selbst nicht getadelt
wird, verwirklicht er einen übermenschlichen Zustand, eine Klarheit des
Wissens und eine Schauung, die der Edlen würdig ist.“

16. „Da tritt da ein Bhikkhu ganz abgeschieden von Sinnesvergnügen, abgeschieden
von unheilsamen Geisteszuständen, in die erste Vertiefung ein, die von
anfänglicher und anhaltender Hinwendung des Geistes begleitet ist, und verweilt
darin, mit Verzückung und Glückseligkeit, die aus der Abgeschiedenheit entstanden
sind. Warum ist das so? So verhält es sich mit einem, der der Übung in
der Lehre des Lehrers nachkommt.“

17. „Mit der Stillung der anfänglichen und anhaltenden Hinwendung des Geistes
(zum Meditationsobjekt) tritt ein Bhikkhu in die zweite Vertiefung ein, die
innere Beruhigung und Einheit des Herzens enthält, ohne anfängliche und anhaltende
Hinwendung des Geistes, und verweilt darin, mit Verzückung und Glückseligkeit,
die aus der Konzentration entstanden sind. Warum ist das so? So verhält
es sich mit einem, der der Übung in der Lehre des Lehrers nachkommt.“
„Mit dem Verblassen der Verzückung, in Gleichmut verweilend, achtsam und
wissensklar, voll körperlich erlebter Glückseligkeit, tritt er in die dritte Vertiefung
ein, von der die Edlen sagen: ,Glückselig verweilt derjenige, der voll Gleichmut
und Achtsamkeit ist‘, und verweilt darin. Warum ist das so? So verhält es
sich mit einem, der der Übung in der Lehre des Lehrers nachkommt.“
„Mit dem Überwinden von Glück und Schmerz und dem schon früheren Verschwinden
von Freude und Trauer, tritt er in die vierte Vertiefung ein, die aufgrund
von Gleichmut Weder-Schmerzhaftes-noch-Angenehmes und Reinheit der
Achtsamkeit in sich hat, und verweilt darin. Warum ist das so? So verhält es sich
mit einem, der der Übung in der Lehre des Lehrers nachkommt.“

18. „Wenn sein konzentrierter Geist auf solche Weise geläutert, klar, makellos,
der Unvollkommenheit ledig, gefügig, nutzbar, stetig und unerschütterlich
ist, richtet er ihn auf das Wissen von der Erinnerung an frühere Leben. Er erinnert
sich an viele frühere Leben, das heißt, an eine Geburt, zwei Geburten, drei
Geburten, vier Geburten, fünf Geburten, zehn Geburten, zwanzig Geburten, dreißig
Geburten, vierzig Geburten, fünfzig Geburten, hundert Geburten, tausend
Geburten, hunderttausend Geburten, viele Äonen, in denen sich das Weltall zusammenzog,
viele Äonen, in denen sich das Weltall ausdehnte, viele Äonen, in
denen sich das Weltall zusammenzog und ausdehnte: ,Dort wurde ich soundso
genannt, war von solcher Familie, mit solcher Erscheinung, solcherart war meine
Nahrung, so mein Erleben von Glück und Schmerz, so meine Lebensspanne;
und nachdem ich von dort verschieden war, erschien ich woanders wieder; auch
dort wurde ich soundso genannt, war von solcher Familie, mit solcher Erscheinung,
war meine Nahrung solcherart, so mein Erleben von Glück und Schmerz,
so meine Lebensspanne; und nachdem ich von dort verschieden war, erschien
ich hier wieder.‘ So erinnert er sich an viele frühere Leben mit ihren Aspekten
und Besonderheiten. Warum ist das so? So verhält es sich mit einem, der der
Übung in der Lehre des Lehrers nachkommt.“

19. „Wenn sein konzentrierter Geist auf solche Weise geläutert, klar, makellos,
der Unvollkommenheit ledig, gefügig, nutzbar, stetig und unerschütterlich
ist, richtet er ihn auf das Wissen von der Erkenntnis des Sterbens und Wiedererscheinens
der Wesen. Er sieht mit dem Himmlischen Auge, das geläutert und
dem menschlichen überlegen ist, die Wesen sterben und wiedererscheinen, niedrige
und hohe, schöne und häßliche, in Glück und Elend. Er versteht, wie die
Wesen ihren Handlungen gemäß weiterwandern: ,Diese geschätzten Wesen, die
sich mit Körper, Sprache und Geist übel benommen haben, die die Edlen geschmäht
haben, die falsche Ansichten hatten und diesen in ihren Taten Ausdruck
verliehen, sind bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode in Umständen, die
von Entbehrungen geprägt sind, wiedererschienen, an einem unglücklichen Bestimmungsort,
in Verderbnis, ja sogar in der Hölle; aber jene geschätzten Wesen,
die sich mit Körper, Sprache und Geist wohl benommen haben, die die Edlen
nicht geschmäht haben, die richtige Ansichten hatten und diesen in ihren Taten
Ausdruck verliehen, sind bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode an einem
glücklichen Bestimmungsort wiedererschienen, ja sogar in der himmlischen
Welt.‘ So sieht er mit dem Himmlischen Auge, das geläutert und dem menschlichen
überlegen ist, die Wesen sterben und wiedererscheinen, niedrige und hohe,
schöne und häßliche, in Glück und Elend, und er versteht, wie die Wesen ihren
Handlungen gemäß weiterwandern. Warum ist das so? So verhält es sich mit
einem, der der Übung in der Lehre des Lehrers nachkommt.“

20. „Wenn sein konzentrierter Geist auf solche Weise geläutert, klar, makellos,
der Unvollkommenheit ledig, gefügig, nutzbar, stetig und unerschütterlich
ist, richtet er ihn auf das Wissen von der Vernichtung der Triebe. Er versteht der
Wirklichkeit entsprechend: ,Dies ist Dukkha.‘ Er versteht der Wirklichkeit entsprechend:
,Dies ist der Ursprung von Dukkha.‘ Er versteht der Wirklichkeit
entsprechend: ,Dies ist das Aufhören von Dukkha.‘ Er versteht der Wirklichkeit
entsprechend: ,Dies ist der Weg, der zum Aufhören von Dukkha führt.‘ Er versteht
der Wirklichkeit entsprechend: ,Dies sind die Triebe.‘ Er versteht der Wirklichkeit
entsprechend: ,Dies ist der Ursprung der Triebe.‘ Er versteht der
Wirklichkeit entsprechend: ,Dies ist das Aufhören der Triebe.‘ Er versteht der
Wirklichkeit entsprechend: ,Dies ist der Weg, der zum Aufhören der Triebe führt.‘
Warum ist das so? So verhält es sich mit einem, der der Übung in der Lehre des
Lehrers nachkommt.“

21. „Wenn er so weiß und sieht, ist sein Geist vom Sinnestrieb befreit, vom
Werdenstrieb und vom Unwissenheitstrieb. Wenn er so befreit ist, kommt das
Wissen: ,Er ist befreit.‘ Er erkennt unmittelbar: ,Geburt ist zu Ende gebracht, das
heilige Leben ist gelebt, es ist getan, was getan werden mußte, darüber hinaus
gibt es nichts mehr.‘ Warum ist das so? So verhält es sich mit einem, der der
Übung in der Lehre des Lehrers nachkommt.“

22. Darauf fragte der ehrwürdige Bhaddàli: „Ehrwürdiger Herr, was ist der
Grund, was ist die Bedingung dafür, daß sie im Falle einiger Bhikkhus hier etwas
unternehmen, indem sie ihn immer wieder ermahnen? Was ist der Grund, was ist
die Bedingung dafür, daß sie im Falle einiger Bhikkhus hier so etwas nicht unternehmen,
indem sie ihn nicht immer wieder ermahnen?“

23. „Bhaddàli, da ist irgendein Bhikkhu ein ständiger Übeltäter mit vielen
Verstößen. Wenn er von den Bhikkhus gemaßregelt wird, macht er Ausflüchte,
lenkt das Gespräch ab und zeigt Zorn, Haß und Verbitterung; er verfährt nicht
richtig, er fügt sich nicht, er kommt nicht ins Reine, er sagt nicht: ,Ich möchte so
handeln, daß die Sangha zufrieden ist.‘ Bhikkhus, die sich um diese Angelegenheit
kümmern, denken: ,Es wäre gut, wenn die Ehrwürdigen diesen Bhikkhu auf
eine Weise vernehmen, daß dieses Verfahren gegen ihn nicht allzu schnell beigelegt
wird.‘ Und die Bhikkhus vernehmen jenen Bhikkhu auf eine Weise, daß das
Verfahren gegen ihn nicht allzu schnell beigelegt wird.“

24. „Aber da ist irgendein Bhikkhu ein ständiger Übeltäter mit vielen Verstößen.
Wenn er von den Bhikkhus gemaßregelt wird, macht er keine Ausflüchte,
lenkt das Gespräch nicht ab und zeigt keinen Zorn, keinen Haß und keine Verbitterung;
er verfährt richtig, er fügt sich, er kommt ins Reine, er sagt: ,Ich möchte
so handeln, daß die Sangha zufrieden ist.‘ Bhikkhus, die sich um diese Angelegenheit
kümmern, denken: ,Es wäre gut, wenn die Ehrwürdigen diesen Bhikkhu
auf eine Weise vernehmen, daß dieses Verfahren gegen ihn schnell beigelegt
wird.‘ Und die Bhikkhus vernehmen jenen Bhikkhu auf eine Weise, daß das Verfahren
gegen ihn schnell beigelegt wird.“

25. „Da ist irgendein Bhikkhu ein gelegentlicher Übeltäter ohne viele Verstöße.
Wenn er von den Bhikkhus gemaßregelt wird, macht er Ausflüchte, lenkt das
Gespräch ab und zeigt Zorn, Haß und Verbitterung; er verfährt nicht richtig, er
fügt sich nicht, er kommt nicht ins Reine, er sagt nicht: ,Ich möchte so handeln,
daß die Sangha zufrieden ist.‘ Bhikkhus, die sich um diese Angelegenheit kümmern,
denken: ,Es wäre gut, wenn die Ehrwürdigen diesen Bhikkhu auf eine
Weise vernehmen, daß dieses Verfahren gegen ihn nicht allzu schnell beigelegt
wird.‘ Und die Bhikkhus vernehmen jenen Bhikkhu auf eine Weise, daß das Verfahren
gegen ihn nicht allzu schnell beigelegt wird.“

26. „Aber da ist irgendein Bhikkhu ein gelegentlicher Übeltäter ohne viele
Verstöße. Wenn er von den Bhikkhus gemaßregelt wird, macht er keine Ausflüchte,
lenkt das Gespräch nicht ab und zeigt keinen Zorn, keinen Haß und keine
Verbitterung; er verfährt richtig, er fügt sich, er kommt ins Reine, er sagt: ,Ich
möchte so handeln, daß die Sangha zufrieden ist.‘ Bhikkhus, die sich um diese
Angelegenheit kümmern, denken: ,Es wäre gut, wenn die Ehrwürdigen diesen
Bhikkhu auf eine Weise vernehmen, daß dieses Verfahren gegen ihn schnell beigelegt
wird.‘ Und die Bhikkhus vernehmen jenen Bhikkhu auf eine Weise, daß
das Verfahren gegen ihn schnell beigelegt wird.“

27. „Da macht irgendein Bhikkhu mit einem gewisssen Maß an Vertrauen und
Liebe Fortschritte. In diesem Fall erwägen die Bhikkhus so: ,Freunde, dieser
Bhikkhu macht mit einem gewissen Maß an Vertrauen und Liebe Fortschritte.
Sorgen wir dafür, daß er jenes Maß an Vertrauen und Liebe nicht verliert, wie es
der Fall sein könnte, wenn wir in seinem Fall etwas unternehmen, indem wir ihn
immer wieder ermahnen.‘ Angenommen, ein Mann hätte nur ein Auge; dann
würden seine Freunde und Gefährten, seine Verwandten und Angehörigen sein
Auge beschützen und dabei denken: ,Sorgen wir dafür, daß er sein einziges Auge
nicht verliert.‘ Genauso verfährt da irgendein Bhikkhu mit einem Maß an Vertrauen
und Liebe. In diesem Fall erwägen die Bhikkhus so: ,Freunde, dieser
Bhikkhu macht mit einem gewissen Maß an Vertrauen und Liebe Fortschritte.
Sorgen wir dafür, daß er jenes Maß an Vertrauen und Liebe nicht verliert, wie es
der Fall sein könnte, wenn wir in seinem Fall etwas unternehmen, indem wir ihn
immer wieder ermahnen.‘“

28. „Dies ist der Grund, dies ist die Bedingung dafür, daß sie im Falle einiger
Bhikkhus hier etwas unternehmen, indem sie ihn immer wieder ermahnen. Dies
ist der Grund, dies ist die Bedingung dafür, daß sie im Falle einiger Bhikkhus
hier so etwas nicht unternehmen, indem sie ihn nicht immer wieder ermahnen.“

29. „Ehrwürdiger Herr, was ist der Grund, was ist die Bedingung dafür, daß es
früher weniger Übungsregeln gab, und mehr Bhikkhus in der letztendlichen Erkenntnis
heimisch wurden? Was ist der Grund, was ist die Bedingung dafür, daß
es jetzt mehr Übungsregeln gibt und weniger Bhikkhus in der letztendlichen Erkenntnis
heimisch werden?“

30. „Das ist so, Bhaddàli. Wenn sich die Wesen verschlechtern und das wahre
Dhamma verschwindet, dann gibt es mehr Übungsregeln, und weniger Bhikkhus
werden in der letztendlichen Erkenntnis heimisch. Der Lehrer macht die Übungsregel
für die Schüler nicht eher bekannt, als bestimmte Dinge, die die Grundlage
für Triebe sind, hier in der Sangha offenbar werden; aber wenn bestimmte Dinge,
die die Grundlage für Triebe sind, hier in der Sangha offenbar werden, dann
macht der Lehrer die Übungsregel für die Schüler bekannt, um jene Dinge, die
die Grundlage für Triebe sind, abzuwehren.“

31. „Jene Dinge, die die Grundlage für Triebe sind, werden nicht eher hier in
der Sangha offenbar, als die Sangha Größe erreicht hat; aber wenn die Sangha
Größe erreicht hat, dann werden jene Dinge, die die Grundlage für Triebe sind,
offenbar, und dann macht der Lehrer die Übungsregel für die Schüler bekannt,
um jene Dinge, die die Grundlage für Triebe sind, abzuwehren. Jene Dinge, die
die Grundlage für Triebe sind, werden nicht eher hier in der Sangha offenbar, als
die Sangha den Höhepunkt weltlichen Gewinns erreicht hat; aber wenn die Sangha
den Höhepunkt weltlichen Gewinns erreicht hat, dann werden jene Dinge, die
die Grundlage für Triebe sind, offenbar, und dann macht der Lehrer die Übungsregel
für die Schüler bekannt, um jene Dinge, die die Grundlage für Triebe sind,
abzuwehren. Jene Dinge, die die Grundlage für Triebe sind, werden nicht eher
hier in der Sangha offenbar, als die Sangha den Höhepunkt des Ruhms erreicht
hat; aber wenn die Sangha den Höhepunkt des Ruhms erreicht hat, dann werden
jene Dinge, die die Grundlage für Triebe sind, offenbar, und dann macht der
Lehrer die Übungsregel für die Schüler bekannt, um jene Dinge, die die Grundlage
für Triebe sind, abzuwehren. Jene Dinge, die die Grundlage für Triebe sind,
werden nicht eher hier in der Sangha offenbar, als die Sangha den Höhepunkt
großer Gelehrsamkeit erreicht hat; aber wenn die Sangha den Höhepunkt großer
Gelehrsamkeit erreicht hat, dann werden jene Dinge, die die Grundlage für Triebe
sind, offenbar, und dann macht der Lehrer die Übungsregel für die Schüler
bekannt, um jene Dinge, die die Grundlage für Triebe sind, abzuwehren. Jene
Dinge, die die Grundlage für Triebe sind, werden nicht eher hier in der Sangha
offenbar, als die Sangha den Höhepunkt lange währenden Ansehens erreicht hat;
aber wenn die Sangha den Höhepunkt lange währenden Ansehens erreicht hat,
dann werden jene Dinge, die die Grundlage für Triebe sind, offenbar, und dann
macht der Lehrer die Übungsregel für die Schüler bekannt, um jene Dinge, die
die Grundlage für Triebe sind, abzuwehren.“

32. „Es gab nur wenige von euch, Bhaddàli, als ich das Dhamma durch das
Gleichnis vom jungen Vollblut-Hengstfohlen lehrte. Erinnerst du dich daran,
Bhaddàli?“
„Nein, ehrwürdiger Herr.“
„Welchem Grund schreibst du das zu?“
„Ehrwürdiger Herr, ich war lange Zeit einer, der sich der Übung in der Lehre
des Lehrers nicht unterzog.“
„Das ist nicht der einzige Grund oder die einzige Bedingung. Vielmehr habe
ich dich, indem ich dein Herz mit meinem Herzen umfaßte, seit langem so gekannt:
,Wenn ich das Dhamma lehre, beachtet es dieser fehlgeleitete Mann nicht,
er schenkt ihm keine Aufmerksamkeit, er gibt sich ihm nicht mit ganzem Herzen
hin, er hört das Dhamma nicht wie einer, der ganz Ohr ist.‘ Dennoch will ich dich
das Dhamma durch das Gleichnis vom jungen Vollblut-Hengstfohlen lehren. Höre
zu und verfolge aufmerksam, was ich sagen werde.“
„Ja, ehrwürdiger Herr“, erwiderte Bhaddàli.
Der Erhabene sagte dieses:

33. „ Bhaddàli, angenommen ein kluger Zureiter erwirbt ein gutes Vollblut-
Hengstfohlen. Zuerst gewöhnt er es daran, das Zaumzeug zu tragen. Während
das Hengstfohlen an das Zaumzeug gewöhnt wird, windet, krümmt und schüttelt
es sich, weil es etwas tut, was es noch nie zuvor getan hat, aber durch ständiges
Wiederholen und allmähliche Übung wird es friedlich bei jener Handlung.“
„Wenn das Hengstfohlen bei jener Handlung friedlich geworden ist, gewöhnt
es der Zureiter weiter daran, das Geschirr zu tragen. Während das Hengstfohlen
an das Geschirr gewöhnt wird, windet, krümmt und schüttelt es sich, weil es
etwas tut, was es noch nie zuvor getan hat, aber durch ständiges Wiederholen
und allmähliche Übung wird es friedlich bei jener Handlung.“
„Wenn das Hengstfohlen bei jener Handlung friedlich geworden ist, gewöhnt
es der Zureiter weiter daran, Schritt zu gehen, im Kreis zu laufen, sich
aufzubäumen, zu galoppieren, voranzustürmen, gewöhnt es an die königlichen Qualitäten,
das königliche Erbe, die höchste Geschwindigkeit, die höchste Schnelligkeit,
die höchste Sanftheit. Während das Hengstfohlen an diese Dinge gewöhnt
wird, windet, krümmt und schüttelt es sich, weil es etwas tut, was es noch nie
zuvor getan hat, aber durch ständiges Wiederholen und allmähliche Übung wird
es friedlich bei jenen Handlungen.“
„Wenn das Hengstfohlen bei diesen Handlungen friedlich geworden ist, belohnt
es der Zureiter, indem er es abreibt und striegelt. Wenn ein gutes Vollblut-
Hengstfohlen diese zehn Faktoren besitzt, ist es eines Königs würdig, würdig in
den Diensten eines Königs zu stehen, und wird als eines der Attribute eines Königs
betrachtet.“

34. „Ebenso, Bhaddàli, wenn ein Bhikkhu zehn Qualitäten besitzt, ist er der
Geschenke würdig, würdig der Gastfreundschaft, würdig der Gaben, würdig der
Ehrerbietung, ist er ein unübertreffliches Verdienstfeld für die Welt. Was sind die
zehn? Bhaddàli, da besitzt ein Bhikkhu die Richtige Ansicht dessen, der die Schulung
zu Ende gebracht hat 4), die Richtige Absicht dessen, der die Schulung zu
Ende gebracht hat, die Richtige Rede dessen, der die Schulung zu Ende gebracht
hat, das Richtige Handeln dessen, der die Schulung zu Ende gebracht hat, die
Richtige Lebensweise dessen, der die Schulung zu Ende gebracht hat, die Richtige
Anstrengung dessen, der die Schulung zu Ende gebracht hat, die Richtige
Achtsamkeit dessen, der die Schulung zu Ende gebracht hat, die Richtige Konzentration
dessen, der die Schulung zu Ende gebracht hat, das Richtige Wissen
dessen, der die Schulung zu Ende gebracht hat, und die Richtige Befreiung dessen,
der die Schulung zu Ende gebracht hat. Wenn ein Bhikkhu diese zehn Qualitäten
besitzt, ist er der Geschenke würdig, würdig der Gastfreundschaft, würdig
der Gaben, würdig er Ehrerbietung, ist er ein unübertreffliches Verdienstfeld für
die Welt.“
Das ist es, was der Erhabene sagte. Der ehrwürdige Bhaddàli war zufrieden und
entzückt über die Worte des Erhabenen.

Anmerkungen:
1) Nach den Pàtimokkha-Regeln dürfen Bhikkhus nur in der Zeit zwischen Sonnenaufgang
und Mittag essen. Die Praxis, nur einmal am Tag zu essen, ist eine
zusätzliche Übung.
2) Die folgenden sieben Begriffe sind eine siebenfache Klassifizierung der Edlen.
Mehr dazu in M70.
3) Obwohl ein Buddha wohl kaum eine solche Anweisung geben würde, ist dieses
Gleichnis von mehrfachem Lehrinhalt; zum einen zeigt es die Stärke des Vertrauens
eines edlen Schülers auf; zum anderen ist das Verhalten, das auf dem
Vertrauen der höheren Schulung beruht, ein starker Kontrast zu Bhaddàlis Aufsässigkeit
im Zusammenhang mit einer nicht so schwierigen Übungsregel, die zu
seinem Wohl aufgestellt wurde.
4) Asekha: der nicht mehr in Schulung befindliche, Arahant.