MN66 – Das Gleichnis von der Wachtel

Majjhima Nikàya 66

Das Gleichnis von der Wachtel

(Latukikopama Sutta)

1. So habe ich gehört. Einmal hielt sich der Erhabene im Lande der Aïguttaràper
bei einer ihrer Städte mit dem Namen âpaõa auf.

2. Als es Morgen war, zog sich der Erhabene an, nahm seine Schale und äußere
Robe und ging um Almosen nach âpaõa hinein. Nachdem er in âpaõa um
Almosen umhergegangen war und von seiner Almosenrunde zurückgekehrt war,
ging er nach seinem Mahl zu einem bestimmten Hain, um den Tag zu verbringen.
Nachdem er den Hain betreten hatte, setzte er sich am Fuße eines Baumes
nieder, um den Tag zu verbringen.

3. Als es Morgen war, zog sich der ehrwürdige Udàyin an, nahm seine Schale
und äußere Robe und ging auch um Almosen nach âpaõa hinein. Nachdem er in
âpaõa um Almosen umhergegangen war und von seiner Almosenrunde zurückgekehrt
war, ging er nach seinem Mahl zum selben Hain, um den Tag zu verbringen.
Nachdem er den Hain betreten hatte, setzte er sich am Fuße eines Baumes
nieder, um den Tag zu verbringen.

4. Als der ehrwürdige Udàyin allein in der Meditation weilte, erschien der
folgende Gedanke in seinem Herzen: „Wieviele schmerzhafte Zuständen hat der
Erhabene von uns genommen! Wieviele angenehme Zustände hat uns der Erhabene
gebracht! Wieviele unheilsame Zuständen hat der Erhabene von uns genommen!
Wieviele heilsame Zustände hat uns der Erhabene gebracht!“

5. Dann, als es Abend war, erhob sich der ehrwürdige Udàyin von der Meditation,
ging zum Erhabenen, und nachdem er ihm gehuldigt hatte, setzte er sich
seitlich nieder und sagte zu ihm:

6. „Ehrwürdiger Herr, als ich allein in der Meditation weilte, da erschien der
folgende Gedanke in meinem Geist: ,Wieviele schmerzhafte Zustände hat der
Erhabene von uns genommen! Wieviele angenehme Zustände hat uns der Erhabene
gebracht! Wieviele unheilsame Zustände hat der Erhabene von uns genommen!
Wieviele heilsame Zustände hat uns der Erhabene gebracht!‘‘ Ehrwürdiger
Herr, früher aßen wir für gewöhnlich am Abend, am Morgen und tagsüber, außerhalb
der richtigen Zeit. Dann gab es einen Anlaß, bei dem sich der Erhabene
so an die Bhikkhus richtete: ,Ihr Bhikkhus, bitte gebt diese Mahlzeit tagsüber,
außerhalb der richtigen Zeit auf.‘ Ehrwürdiger Herr, ich war aus der Fassung
gebracht und traurig und dachte: ,Vertrauensvolle Haushälter geben uns tagsüber,
außerhalb der richtigen Zeit, gutes Essen von verschiedener Art, und doch
sagt uns der Erhabene, wir sollen es aufgeben, der Vollendete sagt uns, wir sollen
darauf verzichten.‘ Aus Liebe und Respekt für den Erhabenen und aus Scham
und Scheu vor falschem Tun gaben wir jene Mahlzeit tagsüber, außerhalb der
richtigen Zeit, auf.“
„Dann aßen wir nur am Abend und am Morgen. Dann gab es einen Anlaß, bei
dem sich der Erhabene so an die Bhikkhus richtete: ,Ihr Bhikkhus, bitte gebt
diese Abendmahlzeit, die außerhalb der richtigen Zeit liegt, auf.‘ Ehrwürdiger
Herr, ich war aus der Fassung gebracht und traurig und dachte: ,Der Erhabene
sagt uns, wir sollen die reichhaltigere von unseren beiden Mahlzeiten aufgeben,
der Vollendete sagt uns, wir sollen darauf verzichten.‘ Ehrwürdiger Herr, ein
gewisser Mann hat einmal tagsüber ein wenig Suppe bekommen und er sagte:
,Stell sie beiseite, und wir werden sie am Abend zusammen essen.‘ Fast alles
wird abends gekocht, nur wenig tagsüber. Aus Liebe und Respekt für den Erhabenen
und aus Scham und Scheu vor falschem Tun gaben wir jene Abendmahlzeit,
die außerhalb der richtigen Zeit liegt, auf 1).“
„Ehrwürdiger Herr, es ist vorgekommen, daß Bhikkhus, die in stockdunkler
Nacht auf Almosenrunde gegangen sind, in eine Klärgrube gelaufen sind, in einen
Abwassergraben gefallen sind, in einen Dornenbusch gelaufen sind und über
eine schlafende Kuh gestürzt sind; sie sind auf Strolche gestoßen, die bereits ein
Verbrechen begangen hatten, und auf jene, die eines planten, und sie sind von
Frauen sexuell verführt worden. Ehrwürdiger Herr, ich ging einmal in stockdunkler
Nacht auf Almosenrunde. Eine Frau, die einen Topf wusch, sah mich im
Schein eines Blitzes und schrie vor Schreck auf: ,Erbarmen, ein Dämon ist hinter
mir her!‘ Ich sagte zu ihr: ,Schwester, ich bin kein Dämon, ich bin ein Bhikkhu,
der auf Almosen wartet.‘ – ,Dann ist es ein Bhikkhu, dessen Mutter tot ist und
dessen Vater tot ist 2)! Bhikkhu, laß dir lieber den Bauch mit einem scharfen
Schlachtermesser aufschlitzen, statt dich so um deines Bauches willen in stockdunkler
Nacht um Almosen herumzutreiben.‘ Ehrwürdiger Herr, als ich mich
daran erinnerte, dachte ich: , Wieviele schmerzhafte Zustände hat der Erhabene
von uns genommen! Wieviele angenehme Zustände hat uns der Erhabene gebracht!
Wieviele unheilsame Zustände hat der Erhabene von uns genommen!
Wieviele heilsame Zustände hat uns der Erhabene gebracht!‘“

7. „Genauso, Udàyin, gibt es hier bestimmte fehlgeleitete Männer, die, wenn
ihnen von mir gesagt wird ,Gib dies auf‘, sagen: ,Was, so eine Kleinigkeit, so
eine unbedeutende Sache? Dieser Mönch verlangt zuviel!‘ Und sie geben jenes
nicht auf und sie benehmen sich mir gegenüber unhöflich, wie auch gegenüber
jenen Mönchen, die auf Übung aus sind. Für sie wird jene Sache ein starker,
kräftiger, zäher, nicht verrottender Strick und ein dickes Joch.“

8. „Angenommen, Udàyin, eine Wachtel wäre mit einer verrottenden Schlingpflanze
gefesselt und dadurch würde sie Verwundung, Gefangenschaft oder Tod
erwarten. Angenommen, jetzt würde jemand sagen: ,Die verrottende Schlingpflanze,
mit der die Wachtel gefesselt ist, und durch die sie Verwundung, Gefangenschaft
oder Tod erwartet, ist für sie ein schwächlicher, schwacher, verrottender,
kernloser Strick.‘ Würde er wahrheitsgemäß sprechen?“
„Nein, ehrwürdiger Herr. Für jene Wachtel ist die verrottende Schlingpflanze,
mit der sie gefesselt ist, und durch die sie Verwundung, Gefangenschaft oder Tod
erwartet, ein starker, kräftiger, zäher, nicht verrottender Strick und ein dickes
Joch.“
„Genauso, Udàyin, gibt es hier bestimmte fehlgeleitete Männer, die, wenn
ihnen von mir gesagt wird ,Gib dies auf‘, sagen: ,Was, so eine Kleinigkeit, so
eine unbedeutende Sache? Dieser Mönch verlangt zu viel!‘ Und sie geben jenes
nicht auf und sie benehmen sich mir gegenüber unhöflich, wie auch gegenüber
jenen Mönchen, die auf Übung aus sind. Für sie wird jene Sache ein starker,
kräftiger, zäher, nicht verrottender Strick und ein dickes Joch.“

9. „Udàyin, es gibt hier bestimmte Männer aus guter Familie, die, wenn ihnen
von mir gesagt wird ,Gib dies auf‘, sagen: ,Was, von so einer Kleinigkeit, so
einer unbedeutenden Sache, die aufgegeben werden soll, sagt der Erhabene, wir
sollen sie aufgeben, sagt der Vollendete, wir sollen darauf verzichten?‘ Und doch
geben sie jenes auf und sie benehmen sich mir gegenüber nicht unhöflich, und
auch nicht gegenüber jenen Mönchen, die auf Übung aus sind. Nachdem sie es
aufgegeben haben, leben sie unbeschwert, gelassen, leben von den Gaben anderer,
mit einem Herzen, so unbekümmert, wie das eines wilden Hirsches. Für sie
wird jene Sache ein schwächlicher, schwacher, verrottender, kernloser Strick.“

10. „Angenommen, Udàyin, ein königlicher Kriegselefant mit Stoßzähnen, so
lang wie Wagendeichseln, mit ausgewachsener Statur, hochgezüchtet und an die
Schlacht gewöhnt, wäre mit starken Lederriemen gefesselt, aber indem er einfach
nur den Körper etwas dreht, könnte er die Riemen brechen und sprengen
und dann gehen, wohin es ihm beliebt. Angenommen, jetzt würde jemand sagen:
,Die starken Lederriemen, mit denen der königliche Kriegselefant gefesselt ist,
die er brechen und sprengen könnte, indem er einfach nur den Körper etwas
dreht, worauf er gehen könnte, wohin es ihm beliebt, sind für ihn ein starker,
kräftiger, zäher, nicht verrottender Strick und ein dickes Joch.‘ Würde er wahrheitsgemäß
sprechen?“
„Nein, ehrwürdiger Herr. Die starken Lederriemen, mit denen der königliche
Kriegselefant gefesselt ist, aber die er brechen und sprengen könnte, indem er
einfach nur den Körper etwas dreht, worauf er gehen könnte, wohin es ihm beliebt,
sind für ihn ein schwächlicher, schwacher, verrottender, kernloser Strick.“
„Genauso, Udàyin, gibt es hier bestimmte Männer aus guter Familie, die, wenn
ihnen von mir gesagt wird ,Gib dies auf‘, sagen: ,Was, von so einer Kleinigkeit,
so einer unbedeutenden Sache, die aufgegeben werden soll, sagt der Erhabene,
wir sollen sie aufgeben, sagt der Vollendete, wir sollen darauf verzichten?‘ Und
doch geben sie jenes auf und sie benehmen sich mir gegenüber nicht unhöflich,
und auch nicht gegenüber jenen Mönchen, die auf Übung aus sind. Nachdem sie
es aufgegeben haben, leben sie unbeschwert, gelassen, leben von den Gaben
anderer, mit einem Herzen, so unbekümmert, wie das eines wilden Hirsches. Für
sie wird jene Sache ein schwächlicher, schwacher, verrottender, kernloser Strick.“

11. „Angenommen, Udàyin, es gäbe einen armen, bedürftigen Mann ohne einen
Pfennig, und er hätte eine einzige heruntergekommene Hütte, für Krähen
zugänglich, nicht von der besten Art, und ein einziges heruntergekommenes Bett
aus Weidengeflecht, nicht von der besten Art, und etwas Getreide und Kürbiskerne
in einem Topf, nicht von der besten Art, und eine einzige Hexe von Ehefrau,
nicht von der besten Art. Er könnte einen Bhikkhu in einem Klosterpark
sehen, der im Schatten eines Baumes sitzt, seine Hände und Füße nach einer
wohlschmeckenden Mahlzeit sauber gewaschen, der sich der hohen Geistigkeit
widmet. Er könnte denken: ,Wie angenehm der Mönchsstand ist! Wie gesund der
Mönchsstand ist! Ach, wenn ich mir doch Kopfhaar und Bart abrasieren, die
gelbe Robe anziehen, und vom Leben zu Hause fort in die Hauslosigkeit ziehen
könnte!‘ Aber weil er nicht in der Lage ist, seine einzige heruntergekommene
Hütte, die für Krähen zugänglich und nicht von der besten Art ist, aufzugeben,
auch nicht sein einziges heruntergekommenes Bett aus Weidengeflecht, nicht
von der besten Art, und auch nicht sein Getreide und die Kürbiskerne in einem
Topf, nicht von der besten Art, und seine Hexe von Ehefrau, nicht von der besten
Art, ist er nicht in der Lage, sich Kopfhaar und Bart abzurasieren, die gelbe Robe
anzuziehen und vom Leben zu Hause fort in die Hauslosigkeit zu ziehen. Angenommen,
jetzt würde jemand sagen: ,Die Stricke, mit denen jener Mann gefesselt
ist, so daß er seine einzige heruntergekommene Hütte, die für Krähen
zugänglich und nicht von der besten Art ist, nicht aufgeben kann, auch nicht sein
einziges heruntergekommenes Bett aus Weidengeflecht, nicht von der besten Art,
und auch nicht sein Getreide und die Kürbiskerne in einem Topf, nicht von der
besten Art, und auch nicht seine Hexe von Ehefrau, nicht von der besten Art, so
daß er sich Kopfhaar und Bart nicht abrasieren kann, die gelbe Robe nicht anziehen
und vom Leben zu Hause nicht fort in die Hauslosigkeit ziehen kann – jene
sind für ihn ein schwächlicher, schwacher, verrottender, kernloser Strick. Würde
er wahrheitsgemäß sprechen?“
„Nein, ehrwürdiger Herr. Die Stricke, mit denen jener Mann gefesselt ist, so
daß er seine einzige heruntergekommene Hütte, die für Krähen zugänglich und
nicht von der besten Art ist, nicht aufgeben kann, auch nicht sein einziges heruntergekommenes
Bett aus Weidengeflecht, nicht von der besten Art, und auch
nicht sein Getreide und die Kürbiskerne in einem Topf, nicht von der besten Art,
und auch nicht seine Hexe von Ehefrau, nicht von der besten Art, so daß er sich
Kopfhaar und Bart nicht abrasieren kann, die gelbe Robe nicht anziehen und
vom Leben zu Hause nicht fort in die Hauslosigkeit ziehen kann – jene sind für
ihn ein ein starker, kräftiger, zäher, nicht verrottender Strick und ein dickes Joch.“
„Genauso, Udàyin, gibt es hier bestimmte fehlgeleitete Männer, die, wenn
ihnen von mir gesagt wird ,Gib dies auf‘, sagen: ,Was, so eine Kleinigkeit, so
eine unbedeutende Sache? Dieser Mönch verlangt zu viel!‘ Und sie geben jenes
nicht auf und sie benehmen sich mir gegenüber unhöflich, wie auch gegenüber
jenen Mönchen, die auf Übung aus sind. Für sie wird jene Sache ein starker,
kräftiger, zäher, nicht verrottender Strick und ein dickes Joch.“

12. „Angenommen, Udàyin, es gäbe einen reichen Haushälter oder Sohn eines
Haushälters mit großem Reichtum und Besitz, mit einer gewaltigen Anzahl
von Goldbarren, einer gewaltigen Anzahl von Getreidespeichern, einer gewaltigen
Anzahl von Feldern, einer gewaltigen Menge von Grundbesitz, einer gewaltigen
Anzahl von Frauen, und einer gewaltigen Anzahl von Sklaven und
Sklavinnen. Er könnte einen Bhikkhu in einem Klosterpark sehen, der im Schatten
eines Baumes sitzt, seine Hände und Füße nach einer wohlschmeckenden
Mahlzeit sauber gewaschen, der sich der hohen Geistigkeit widmet. Er könnte
denken: ,Wie angenehm der Mönchsstand ist! Wie gesund der Mönchsstand ist!
Ach wenn ich mir doch Kopfhaar und Bart abrasieren, die gelbe Robe anziehen,
und vom Leben zu Hause fort in die Hauslosigkeit ziehen könnte!‘ Und weil er
in der Lage ist, seine gewaltige Anzahl von Goldbarren aufzugeben, seine gewaltige
Anzahl von Getreidespeichern, seine gewaltige Anzahl von Feldern, seine
gewaltige Menge von Grundbesitz, seine gewaltige Anzahl von Frauen, und
seine gewaltige Anzahl von Sklaven und Sklavinnen, ist er in der Lage, Kopfhaar
und Bart abzurasieren, die gelbe Robe anzuziehen, und vom Leben zu Hause
fort in die Hauslosigkeit zu ziehen. Angenommen, jetzt würde jemand sagen:
,Die Stricke, mit denen jener Haushälter oder Sohn eines Haushälters gefesselt
ist, so daß er seine gewaltige Anzahl von Goldbarren aufgeben kann, seine gewaltige
Anzahl von Getreidespeichern, seine gewaltige Anzahl von Feldern, seine
gewaltige Menge von Grundbesitz, seine gewaltige Anzahl von Frauen, und
seine gewaltige Anzahl von Sklaven und Sklavinnen, so daß er Kopfhaar und
Bart abrasieren, die gelbe Robe anziehen, und vom Leben zu Hause fort in die
Hauslosigkeit ziehen kann – jene sind für ihn ein starker, kräftiger, zäher, nicht
verrottender Strick und ein dickes Joch. Würde er wahrheitsgemäß sprechen?“
„Nein, ehrwürdiger Herr. Die Stricke, mit denen jener Haushälter oder Sohn
eines Haushälters gefesselt ist, so daß er seine gewaltige Anzahl von Goldbarren
aufgeben kann, seine gewaltige Anzahl von Getreidespeichern, seine gewaltige
Anzahl von Feldern, seine gewaltige Menge von Grundbesitz, seine gewaltige
Anzahl von Frauen, und seine gewaltige Anzahl von Sklaven und Sklavinnen, so
daß er Kopfhaar und Bart abrasieren, die gelbe Robe anziehen, und vom Leben
zu Hause fort in die Hauslosigkeit ziehen kann – jene sind für ihn ein schwächlicher,
schwacher, verrottender, kernloser Strick.“
„Genauso, Udàyin, gibt es hier bestimmte Männer aus guter Familie, die, wenn
ihnen von mir gesagt wird ,Gib dies auf‘, sagen: ,Was, von so einer Kleinigkeit,
so einer unbedeutenden Sache, die aufgegeben werden soll, sagt der Erhabene,
wir sollen sie aufgeben, sagt der Vollendete, wir sollen darauf verzichten?‘ Und
doch geben sie jenes auf und sie benehmen sich mir gegenüber nicht unhöflich,
und auch nicht gegenüber jenen Mönchen, die auf Übung aus sind. Nachdem sie
es aufgegeben haben, leben sie unbeschwert, gelassen, leben von den Gaben
anderer, mit einem Geist, so unbekümmert, wie der eines wilden Hirsches. Für
sie wird jene Sache ein schwächlicher, schwacher, verrottender, kernloser Strick.“

13. „Udàyin, man findet vier Arten von Personen in der Welt. Was sind die
vier?“

14. „Udàyin, da praktiziert eine Person den Weg zur Überwindung der
Vereinnahmung, zum Verzicht auf Vereinnahmung. Wenn sie den Weg praktiziert,
befallen sie Erinnerungen und Pläne, die mit der Vereinnahmung verbunden sind.
Sie läßt sie zu, sie überwindet sie nicht, entfernt, beseitigt und vernichtet sie
nicht. Solch eine Person nenne ich gefesselt, nicht ungefesselt. Warum ist das
so? Weil ich die dieser Person eigene Mannigfaltigkeit der Fähigkeiten erkannt
habe.“

15. „Udàyin, da praktiziert eine Person den Weg zur Überwindung der Vereinnahmung,
zum Verzicht auf Vereinnahmung. Wenn sie den Weg praktiziert, befallen
sie Erinnerungen und Pläne, die mit der Vereinnahmung verbunden sind.
Sie läßt sie nicht zu, sie überwindet sie, entfernt, beseitigt und vernichtet sie.
Auch solch eine Person nenne ich gefesselt, nicht ungefesselt. Warum ist das so?
Weil ich die dieser Person eigene Mannigfaltigkeit der Fähigkeiten erkannt habe.“

16. „Udàyin, da praktiziert eine Person den Weg zur Überwindung der Vereinnahmung,
zum Verzicht auf Vereinnahmung. Wenn sie den Weg praktiziert, befallen
sie hin und wieder durch Lücken in der Achtsamkeit Erinnerungen und
Pläne, die mit der Vereinnahmung verbunden sind. Ihre Achtsamkeit mag langsam
beim Entstehen sein, aber sie überwindet die Erinnerungen und Pläne schnell,
entfernt, beseitigt und vernichtet sie. So als ob ein Mann zwei oder drei Tropfen
Wasser auf eine Eisenplatte, die einen ganzen Tag lang erhitzt wurde, fallen ließe,
da könnte das Fallen der Tropfen langsam sein, aber sie würden schnell verdunsten
und verschwinden. Ebenso praktiziert da eine Person den Weg zur
Überwindung der Vereinnahmung, zum Verzicht auf Vereinnahmung. Wenn sie
den Weg praktiziert, befallen sie hin und wieder durch Lücken in der Achtsamkeit
Erinnerungen und Pläne, die mit der Vereinnahmung verbunden sind. Ihre
Achtsamkeit mag langsam beim Entstehen sein, aber sie überwindet die Erinnerungen
und Pläne schnell, entfernt, beseitigt und vernichtet sie. Auch solch eine
Person nenne ich gefesselt, nicht ungefesselt. Warum ist das so? Weil ich die
dieser Person eigene Mannigfaltigkeit der Fähigkeiten erkannt habe.“

17. „Udàyin, nachdem eine Person erkannt hat, daß Vereinnahmung die Wurzel
von Dukkha ist, entledigt sie sich der Vereinnahmung und ist mit der Vernichtung
der Vereinnahmung befreit 3). Solch eine Person nenne ich ungefesselt, nicht
gefesselt. Warum ist das so? Weil ich die dieser Person eigene Mannigfaltigkeit
der Fähigkeiten erkannt habe.“

18. „Udàyin, es gibt diese fünf Stränge sinnlichen Vergnügens. Was sind die
fünf? Formen, die mit dem Auge erfahrbar sind, die erwünscht, begehrt, angenehm
und liebenswert sind, die mit Sinnesgier verbunden sind und Begierde hervorrufen.
Klänge, die mit dem Ohr erfahrbar sind, die erwünscht, begehrt,
angenehm und liebenswert sind, die mit Sinnesgier verbunden sind und Begierde
hervorrufen. Gerüche, die mit der Nase erfahrbar sind, die erwünscht, begehrt,
angenehm und liebenswert sind, die mit Sinnesgier verbunden sind und
Begierde hervorrufen. Geschmäcker, die mit der Zunge erfahrbar sind, die erwünscht,
begehrt, angenehm und liebenswert sind, die mit Sinnesgier verbunden
sind und Begierde hervorrufen. Berührungsobjekte, die mit dem Körper erfahrbar
sind, die erwünscht, begehrt, angenehm und liebenswert sind, die mit Sinnesgier
verbunden sind und Begierde hervorrufen. Dies sind die fünf Stränge sinnlichen
Vergnügens.“

19. „Das Glück und die Freude, die in Abhängigkeit von diesen fünf Strängen
sinnlichen Vergnügens entsteht, nennt man das Glück der Sinnesvergnügen – ein
schmutziges Glück, ein gewöhnliches Glück, ein unedles Glück. Von dieser Art
von Glück sage ich, man sollte es nicht pflegen, man sollte es nicht entfalten,
man sollte es nicht üben, man sollte es fürchten.“

20. „Udàyin, da tritt ein Bhikkhu ganz abgeschieden von Sinnesvergnügen,
abgeschieden von unheilsamen Geisteszuständen, in die erste Vertiefung ein, die
von anfänglicher und anhaltender Hinwendung des Geistes begleitet ist, und verweilt
darin, mit Verzückung und Glückseligkeit, die aus der Abgeschiedenheit
entstanden sind. Da tritt ein Bhikkhu mit der Stillung der anfänglichen und anhaltenden
Hinwendung des Geistes (zum Meditationsobjekt) in die zweite Vertiefung
ein, die innere Beruhigung und Einheit des Herzens, ohne anfängliche
und anhaltende Hinwendung des Geistes enthält, und verweilt darin, mit Verzükkung
und Glückseligkeit, die aus der Konzentration entstanden sind. Da tritt ein
Bhikkhu mit dem Verblassen der Verzückung, in Gleichmut verweilend, achtsam
und wissensklar, voll körperlich erlebter Glückseligkeit, in die dritte Vertiefung
ein, von der die Edlen sagen: ,Glückselig verweilt derjenige, der voll
Gleichmut und Achtsamkeit ist‘, und verweilt darin. Da tritt ein Bhikkhu mit
dem Überwinden von Glück und Schmerz und dem schon früheren Verschwinden
von Freude und Trauer, in die vierte Vertiefung ein, die aufgrund von Gleichmut
Weder-Schmerzhaftes-noch-Angenehmes und Reinheit der Achtsamkeit in
sich hat, und verweilt darin.“

21. „Dies nennt man die Glückseligkeit der Entsagung, die Glückseligkeit der
Abgeschiedenheit, die Glückseligkeit des Friedens, die Glückseligkeit der Erleuchtung.
Von dieser Art von Glück sage ich, man sollte es pflegen, man sollte
es entfalten, man sollte es üben, man sollte es nicht fürchten.“

22. „Udàyin, da tritt ein Bhikkhu ganz abgeschieden von Sinnesvergnügen,
abgeschieden von unheilsamen Geisteszuständen, in die erste Vertiefung ein, die
von anfänglicher und anhaltender Hinwendung des Geistes begleitet ist, und verweilt
darin, mit Verzückung und Glückseligkeit, die aus der Abgeschiedenheit
entstanden sind. Dies nun, sage ich, gehört zum Aufgewühlten. Und was darin
gehört zum Aufgewühlten? Die anfängliche und anhaltende Hinwendung des
Geistes, die darin noch nicht aufgehört haben, das ist es, was zum Aufgewühlten
gehört.“

23. „Udàyin, da tritt ein Bhikkhu mit der Stillung der anfänglichen und anhaltenden
Hinwendung des Geistes (zum Meditationsobjekt) in die zweite Vertiefung
ein, die innere Beruhigung und Einheit des Herzens ohne anfängliche und
anhaltende Hinwendung des Geistes enthält, und verweilt darin, mit Verzückung
und Glückseligkeit, die aus der Konzentration entstanden sind. Dies nun, sage
ich, gehört auch zum Aufgewühlten. Und was darin gehört zum Aufgewühlten?
Die Verzückung und Glückseligkeit, die darin noch nicht aufgehört haben, das
ist es, was zum Aufgewühlten gehört.“

24. „Udàyin, da tritt ein Bhikkhu mit dem Verblassen der Verzückung, in Gleichmut
verweilend, achtsam und wissensklar, voll körperlich erlebter Glückseligkeit,
in die dritte Vertiefung ein, von der die Edlen sagen: ,Glückselig verweilt
derjenige, der voll Gleichmut und Achtsamkeit ist‘, und verweilt darin. Dies nun,
sage ich, gehört auch zum Aufgewühlten. Und was darin gehört zum Aufgewühlten?
Der Gleichmut und die Glückseligkeit, die darin noch nicht aufgehört
haben, das ist es, was zum Aufgewühlten gehört.“

25. „Udàyin, da tritt ein Bhikkhu mit dem Überwinden von Glück und Schmerz
und dem schon früheren Verschwinden von Freude und Trauer, in die vierte Vertiefung
ein, die aufgrund von Gleichmut Weder-Schmerzhaftes-noch-Angenehmes
und Reinheit der Achtsamkeit in sich hat, und verweilt darin. Dies nun, sage
ich, gehört zum Nicht-Aufgewühlten 4).“

26. „Udàyin, da tritt ein Bhikkhu ganz abgeschieden von Sinnesvergnügen,
abgeschieden von unheilsamen Geisteszuständen, in die erste Vertiefung ein, die
von anfänglicher und anhaltender Hinwendung des Geistes begleitet ist, und verweilt
darin, mit Verzückung und Glückseligkeit, die aus der Abgeschiedenheit
entstanden sind. Das, sage ich, ist nicht genug. Überwinde es, sage ich; übertreffe
es, sage ich. Und was übertrifft es?“

27. „Udàyin, da tritt ein Bhikkhu mit der Stillung der anfänglichen und anhaltenden
Hinwendung des Geistes (zum Meditationsobjekt) in die zweite Vertiefung
ein, die innere Beruhigung und Einheit des Herzens ohne anfängliche und
anhaltende Hinwendung des Geistes enthält, und verweilt darin, mit Verzückung
und Glückseligkeit, die aus der Konzentration entstanden sind. Das übertrifft es.
Aber auch das, sage ich, ist nicht genug. Überwinde es, sage ich; übertreffe es,
sage ich. Und was übertrifft es?“

28. „Udàyin, da tritt ein Bhikkhu mit dem Verblassen der Verzückung, in Gleichmut
verweilend, achtsam und wissensklar, voll körperlich erlebter Glückseligkeit,
in die dritte Vertiefung ein, von der die Edlen sagen: ,Glückselig verweilt
derjenige, der voll Gleichmut und Achtsamkeit ist‘, und verweilt darin. Das übertrifft
es. Aber auch das, sage ich, ist nicht genug. Überwinde es, sage ich; übertreffe
es, sage ich. Und was übertrifft es?“

29. „Udàyin, da tritt ein Bhikkhu mit dem Überwinden von Glück und Schmerz
und dem schon früheren Verschwinden von Freude und Trauer, in die vierte Vertiefung
ein, die aufgrund von Gleichmut Weder-Schmerzhaftes-noch-Angenehmes
und Reinheit der Achtsamkeit in sich hat, und verweilt darin. Das übertrifft
es. Aber auch das, sage ich, ist nicht genug. Überwinde es, sage ich; übertreffe
es, sage ich. Und was übertrifft es?“

30. „Udàyin, mit dem völligen Überwinden der Formwahrnehmung, mit dem
Verschwinden der Wahrnehmung der Sinneseinwirkung, mit Nichtbeachtung der
Vielheitswahrnehmung, indem sich der Bhikkhu vergegenwärtigt ,Raum ist unendlich’,
tritt er da in das Gebiet der Raumunendlichkeit ein und verweilt darin.
Das übertrifft es. Aber auch das, sage ich, ist nicht genug. Überwinde es, sage
ich; übertreffe es, sage ich. Und was übertrifft es?“

31. „Udàyin, mit dem völligen Überwinden des Gebiets der Raumunendlichkeit,
indem sich der Bhikkhu vergegenwärtigt ,Bewußtsein ist unendlich‘, tritt er da in
das Gebiet der Bewußtseinsunendlichkeit ein und verweilt darin.Das übertrifft
es. Aber auch das, sage ich, ist nicht genug. Überwinde es, sage ich; übertreffe
es, sage ich. Und was übertrifft es?“

32. „Udàyin, mit dem völligen Überwinden des Gebiets der Bewußtseinsunendlichkeit,
indem sich der Bhikkhu vergegenwärtigt ,da ist nichts‘, tritt er da
in das Gebiet der Nichtsheit ein und verweilt darin.Das übertrifft es. Aber auch
das, sage ich, ist nicht genug. Überwinde es, sage ich; übertreffe es, sage ich.
Und was übertrifft es?“

33. „Udàyin, mit dem völligen Überwinden des Gebiets der Nichtsheit tritt da
der Bhikkhu in das Gebiet von Weder-Wahrnehmung-Noch-Nichtwahrnehmung
ein und verweilt darin. Das übertrifft es. Aber auch das, sage ich, ist nicht genug.
Überwinde es, sage ich; übertreffe es, sage ich. Und was übertrifft es?“

34. „Udàyin, mit dem völligen Überwinden des Gebiets von Weder-Wahrnehmung-
Noch-Nichtwahrnehmung tritt da der Bhikkhu in das Aufhören von Wahrnehmung
und Gefühl ein und verweilt darin. Das übertrifft es. Somit spreche ich
sogar vom Überwinden des Gebiets von Weder-Wahrnehmung-Noch-Nichtwahrnehmung.
Udàyin, siehst du irgendeine Fessel, klein oder groß, von deren
Überwindung ich nicht spreche 5)?“
„Nein, ehrwürdiger Herr.“
Das ist es, was der Erhabene sagte. Der ehrwürdige Udàyin war zufrieden und
entzückt über die Worte des Erhabenen.

Anmerkungen:
1) Es hat den Anschein, als ob die Einschränkung der Essenszeit vom Buddha in
zwei Etappen reglementiert wurde. Die Ursprungsgeschichte im Vinayakorb bezüglich
der Pàcittiyà-Regel Nr. 37 bekräftigt dies allerdings nicht. Die Regel
selbst verbietet Essen „außerhalb der Zeit“. Möglicherweise gab es einige
Bhikkhus, denen nicht klar war, daß nur die Zeit zwischen Sonnenaufgang und
Mittag als „innerhalb der Zeit“ zu betrachten ist.
2) Umgangssprachlicher Ausdruck, dessen Bedeutung nicht ganz klar ist. Vielleicht
würde man im Deutschen sagen, „der von allen guten Geistern verlassen ist.“
3) In manchen Vipassanatraditionen wird sehr großer Wert auf Achtsamkeit gelegt,
so daß man den Eindruck gewinnen könnte, Achtsamkeit sei das zentrale Thema
des Buddhadhamma. Der Buddha zeigt hier aber auf, daß nicht Achtsamkeit,
sondern Weisheit die Schlüsselstellung einnimmt. Nicht Achtsamkeit beseitigt
die Fesseln, sondern das Durchdringen der Vier Edlen Wahrheiten.
4) Die vierte Vertiefung und implizit auch die formlosen Vertiefungen werden hervorgehoben,
weil diese Erreichungszustände bereits ein hohes Maß an Entsagung
voraussetzen. Im Folgenden wird man jedoch sehen, daß der Buddha davor
warnt, sich auf den Lorbeeren jeglicher Konzentrationsstufe auszuruhen.
5) Das Aufhören von Wahrnehmung und Gefühl ist keine weitere Vertiefung, sondern
kommt durch die Kombination aus Geistesruhe und überweltlicher Einsicht
zustande. Voraussetzung ist zumindest die Vernichtung der fünf niedrigeren Fesseln,
also Nichtwiederkehr.