MN122 – Die längere Lehrrede über Leerheit

Majjhima Nikàya 122

Die längere Lehrrede über Leerheit

(Mahàsuññata Sutta)

1. So habe ich gehört. Einmal hielt sich der Erhabene im Land der Sakyer, bei
Kapilavatthu, in Nigrodhas Park auf.

2. Als es Morgen war, zog sich der Erhabene an, nahm seine Schale und äußere
Robe und ging um Almosen nach Kapilavatthu hinein. Nachdem er in
Kapilavatthu um Almosen umhergegangen war und von seiner Almosenrunde
zurückgekehrt war, ging er nach seinem Mahl zur Wohnstätte des Sakyers
Kàëakhemaka, um den Tag zu verbringen. Bei jener Gelegenheit waren viele
Lagerstätten in der Wohnstätte des Sakyers Kàëakhemaka vorbereitet. Als der
Erhabene dies sah, dachte er: „Es sind viele Lagerstätten in der Wohnstätte des
Sakyers Kàëakhemaka vorbereitet. Wohnen hier viele Bhikkhus?“
Bei jener Gelegenheit war der ehrwürdige ânanda, zusammen mit vielen
Bhikkhus, damit beschäftigt, bei der Wohnstätte des Sakyers Ghàñà Roben anzufertigen.
Als es Abend war, erhob sich der Erhabene aus seiner Zurückgezogenheit
und ging zur Wohnstätte des Sakyers Ghàñà. Dort setzte er sich auf einem
vorbereiteten Sitz nieder und fragte den ehrwürdigen ânanda: „ânanda, es sind
viele Lagerstätten in der Wohnstätte des Sakyers Kàëakhemaka vorbereitet. Wohnen
dort viele Bhikkhus?“
„Ehrwürdiger Herr, viele Lagerstätten sind in der Wohnstätte des Sakyers
Kàëakhemaka vorbereitet worden. Es wohnen viele Bhikkhus dort. Dies ist die
Zeit für uns, Roben anzufertigen, ehrwürdiger Herr.“

3. „ânanda, ein Bhikkhu zeichnet sich nicht aus, indem er Geselligkeit liebt,
indem er sich mit Geselligkeit vergnügt, indem er sich der Vorliebe für Geselligkeit
hingibt, indem er Gesellschaft liebt, indem er sich mit Gesellschaft vergnügt,
indem er sich über Gesellschaft freut. In der Tat, ânanda, es ist nicht möglich,
daß ein Bhikkhu, der Geselligkeit liebt, der sich mit Geselligkeit vergnügt, der
sich der Vorliebe für Geselligkeit hingibt, der Gesellschaft liebt, der sich mit
Gesellschaft vergnügt, der sich über Gesellschaft freut, jemals nach Belieben,
ohne Problem oder Schwierigkeit, die Glückseligkeit der Entsagung, die Glückseligkeit
der Abgeschiedenheit, die Glückseligkeit des Friedens, die Glückseligkeit
der Erleuchtung erlangen wird. Es kann aber erwartet werden, daß ein
Bhikkhu, wenn er allein, von der Gesellschaft zurückgezogen lebt, nach Belieben,
ohne Problem oder Schwierigkeit, die Glückseligkeit der Entsagung, die
Glückseligkeit der Abgeschiedenheit, die Glückseligkeit des Friedens, die Glückseligkeit
der Erleuchtung erlangen wird1).“

4. „In der Tat, ânanda, es ist nicht möglich, daß ein Bhikkhu, der Geselligkeit
liebt, der sich mit Geselligkeit vergnügt, der sich der Vorliebe für Geselligkeit
hingibt, der Gesellschaft liebt, der sich mit Gesellschaft vergnügt, der sich über
Gesellschaft freut, jemals in die Herzensbefreiung, die zeitweilig und erfreulich
ist, oder in die Herzensbefreiung, die anhaltend und unerschütterlich ist, eintreten
und darin verweilen wird. Es kann aber erwartet werden, daß ein Bhikkhu,
wenn er allein, von der Gesellschaft zurückgezogen lebt, in die Herzensbefreiung,
die zeitweilig und erfreulich ist, oder in diejenige, die anhaltend und unerschütterlich
ist, eintreten und darin verweilen wird.“

5. „Ich sehe nicht einmal eine einzige Art der Form, ânanda, bei deren Veränderung
und Wandlung nicht Kummer, Klagen, Schmerz, Trauer und Verzweiflung
in einem, der sich mit ihr vergnügt und sich an ihr erfreut, entstehen
würden.“

6. „Jedoch, ânanda, es gibt dieses Verweilen, das vom Tathàgata entdeckt
wurde: innerlich in Leerheit einzutreten und darin zu verweilen, indem man allen
Merkmalen keine Aufmerksamkeit widmet. Wenn der Tathàgata, während er
so verweilt, von Bhikkhus oder Bhikkhunãs besucht wird, von Laienanhängern
oder Laienanhängerinnen, von Königen oder deren Ministern, von Lehrern anderer
Sekten oder deren Anhängern, dann spricht er, mit einem Geist der sich der
Abgeschiedenheit zuwendet, der nach Abgeschiedenheit strebt und trachtet, zurückgezogen,
der sich an Entsagung erfreut, und insgesamt mit den Dingen, die
die Grundlage für die Triebe bilden, abgeschlossen hat, dann spricht er stets auf
eine Weise, die darauf abzielt, sie zu entlassen.“

7. „ânanda, wenn ein Bhikkhu daher wünschen sollte: ,Möge ich innerlich in
Leerheit eintreten und darin verweilen‘, dann sollte er seinen Geist innerlich
festigen, ihn zur Ruhe bringen, ihn zur Einheit bringen und konzentrieren. Und
wie festigt er seinen Geist innerlich, bringt ihn zur Ruhe, bringt ihn zur Einheit
und konzentriert ihn?“

8. „ânanda, da tritt ein Bhikkhu, ganz abgeschieden von Sinnesvergnügen,
abgeschieden von unheilsamen Geisteszuständen, in die erste Vertiefung ein, die
von anfänglicher und anhaltender Hinwendung des Geistes begleitet ist, und verweilt
darin, mit Verzückung und Glückseligkeit, die aus der Abgeschiedenheit
entstanden sind. Mit der Stillung der anfänglichen und anhaltenden Hinwendung
des Geistes (zum Meditationsobjekt) tritt er in die zweite Vertiefung ein, die
innere Beruhigung und Einheit des Herzens enthält, ohne anfängliche und anhaltende
Hinwendung des Geistes, und verweilt darin, mit Verzückung und Glückseligkeit,
die aus der Konzentration entstanden sind. Mit dem Verblassen der
Verzückung, in Gleichmut verweilend, achtsam und wissensklar, voll körperlich
erlebter Glückseligkeit, tritt er in die dritte Vertiefung ein, von der die Edlen
sagen: ,Glückselig verweilt derjenige, der voll Gleichmut und Achtsamkeit ist‘,
und verweilt darin. Mit dem Überwinden von Glück und Schmerz und dem schon
früheren Verschwinden von Freude und Trauer, tritt er in die vierte Vertiefung
ein, die aufgrund von Gleichmut Weder-Schmerzhaftes-noch-Angenehmes und
Reinheit der Achtsamkeit in sich hat, und verweilt darin. Auf jene Weise festigt
ein Bhikkhu seinen Geist innerlich, bringt ihn zur Ruhe, bringt ihn zur Einheit
und konzentriert ihn.“

9. „Dann richtet er seine Aufmerksamkeit innerlich auf Leerheit aus. Während
er seine Aufmerksamkeit innerlich auf Leerheit ausrichtet, tritt sein Geist
nicht innerlich in Leerheit ein und erlangt keine Zuversicht, keine Beständigkeit
und keine Entschlossenheit. Wenn das so ist, versteht er so: ,Während ich meine
Aufmerksamkeit innerlich auf Leerheit ausrichte, tritt mein Geist nicht innerlich
in Leerheit ein und erlangt keine Zuversicht, keine Beständigkeit und keine Entschlossenheit.‘
Auf diese Weise hat er Wissensklarheit in Bezug darauf.“
„Er richtet seine Aufmerksamkeit äußerlich auf Leerheit aus. Während er seine
Aufmerksamkeit äußerlich auf Leerheit ausrichtet, tritt sein Geist nicht äußerlich
in Leerheit ein und erlangt keine Zuversicht, keine Beständigkeit und keine
Entschlossenheit. Wenn das so ist, versteht er so: ,Während ich meine Aufmerksamkeit
äußerlich auf Leerheit ausrichte, tritt mein Geist nicht äußerlich in
Leerheit ein und erlangt keine Zuversicht, keine Beständigkeit und keine Entschlossenheit.‘
Auf diese Weise hat er Wissensklarheit in Bezug darauf.“
„Er richtet seine Aufmerksamkeit innerlich und äußerlich auf Leerheit aus.
Während er seine Aufmerksamkeit innerlich und äußerlich auf Leerheit ausrichtet,
tritt sein Geist nicht innerlich und äußerlich in Leerheit ein und erlangt keine
Zuversicht, keine Beständigkeit und keine Entschlossenheit. Wenn das so ist,
versteht er so: ,Während ich meine Aufmerksamkeit innerlich und äußerlich auf
Leerheit ausrichte, tritt mein Geist nicht innerlich und äußerlich in Leerheit ein
und erlangt keine Zuversicht, keine Beständigkeit und keine Entschlossenheit.‘
Auf diese Weise hat er Wissensklarheit in Bezug darauf.“
„Er richtet seine Aufmerksamkeit auf Unerschütterlichkeit aus. Während er
seine Aufmerksamkeit auf Unerschütterlichkeit ausrichtet, tritt sein Geist nicht
in Unerschütterlichkeit ein und erlangt keine Zuversicht, keine Beständigkeit
und keine Entschlossenheit. Wenn das so ist, versteht er so: ,Während ich meine
Aufmerksamkeit auf Unerschütterlichkeit ausrichte, tritt mein Geist nicht in
Unerschütterlichkeit ein und erlangt keine Zuversicht, keine Beständigkeit und
keine Entschlossenheit.‘ Auf diese Weise hat er Wissensklarheit in Bezug darauf.“

10. „Dann sollte jener Bhikkhu seinen Geist innerlich festigen, ihn zur Ruhe
bringen, ihn zur Einheit bringen und auf das gleiche Merkmal der Konzentration
wie zuvor konzentrieren. Dann richtet er seine Aufmerksamkeit innerlich auf
Leerheit aus. Während er seine Aufmerksamkeit innerlich auf Leerheit ausrichtet,
tritt sein Geist innerlich in Leerheit ein und erlangt Zuversicht, Beständigkeit
und Entschlossenheit. Wenn das so ist, versteht er so: ,Während ich meine Aufmerksamkeit
innerlich auf Leerheit ausrichte, tritt mein Geist innerlich in Leerheit
ein und erlangt Zuversicht, Beständigkeit und Entschlossenheit.‘ Auf diese
Weise hat er Wissensklarheit in Bezug darauf.“
„Er richtet seine Aufmerksamkeit äußerlich auf Leerheit aus. Während er seine
Aufmerksamkeit äußerlich auf Leerheit ausrichtet, tritt sein Geist äußerlich in
Leerheit ein und erlangt Zuversicht, Beständigkeit und Entschlossenheit. Wenn
das so ist, versteht er so: ,Während ich meine Aufmerksamkeit äußerlich auf
Leerheit ausrichte, tritt mein Geist äußerlich in Leerheit ein und erlangt Zuversicht,
Beständigkeit und Entschlossenheit.‘ Auf diese Weise hat er Wissensklarheit
in Bezug darauf.“
„Er richtet seine Aufmerksamkeit innerlich und äußerlich auf Leerheit aus.
Während er seine Aufmerksamkeit innerlich und äußerlich auf Leerheit ausrichtet,
tritt sein Geist innerlich und äußerlich in Leerheit ein und erlangt Zuversicht,
Beständigkeit und Entschlossenheit. Wenn das so ist, versteht er so: ,Während
ich meine Aufmerksamkeit innerlich und äußerlich auf Leerheit ausrichte, tritt
mein Geist innerlich und äußerlich in Leerheit ein und erlangt Zuversicht, Beständigkeit
und Entschlossenheit.‘ Auf diese Weise hat er Wissensklarheit in Bezug
darauf.“
„Er richtet seine Aufmerksamkeit auf Unerschütterlichkeit aus. Während er
seine Aufmerksamkeit auf Unerschütterlichkeit ausrichtet, tritt sein Geist in Unerschütterlichkeit
ein und erlangt Zuversicht, Beständigkeit und Entschlossenheit.
Wenn das so ist, versteht er so: ,Während ich meine Aufmerksamkeit auf
Unerschütterlichkeit ausrichte, tritt mein Geist in Unerschütterlichkeit ein und
erlangt Zuversicht, Beständigkeit und Entschlossenheit.‘ Auf diese Weise hat er
Wissensklarheit in Bezug darauf.“

11. „Wenn ein Bhikkhu so verweilt, falls sein Geist dann dem Gehen zugeneigt
ist, so geht er mit dem Gedanken: ,Während ich so gehe, bestürmen mich
keine üblen, unheilsamen Geisteszustände der Habgier und Trauer.‘ Auf diese
Weise hat er Wissensklarheit in Bezug darauf. Und wenn ein Bhikkhu so verweilt,
falls sein Geist dann dem Stehen zugeneigt ist, so steht er mit dem Gedanken:
,Während ich so stehe, bestürmen mich keine üblen, unheilsamen
Geisteszustände der Habgier und Trauer.‘ Auf diese Weise hat er Wissensklarheit
in Bezug darauf. Und wenn ein Bhikkhu so verweilt, falls sein Geist dann dem
Sitzen zugeneigt ist, so sitzt er mit dem Gedanken: ,Während ich so sitze, bestürmen
mich keine üblen, unheilsamen Geisteszustände der Habgier und Trauer.‘
Auf diese Weise hat er Wissensklarheit in Bezug darauf. Und wenn ein Bhikkhu
so verweilt, falls sein Geist dann dem Liegen zugeneigt ist, so liegt er mit dem
Gedanken: ,Während ich so liege, bestürmen mich keine üblen, unheilsamen
Geisteszustände der Habgier und Trauer.‘ Auf diese Weise hat er Wissensklarheit
in Bezug darauf.“

12. „Wenn ein Bhikkhu so verweilt, falls sein Geist dann dem Reden zugeneigt
ist, so faßt er den Entschluß: ,Solch niedrige, gewöhnliche, grobe, unedle,
unheilbringende Rede, die nicht zur Ernüchterung, zur Lossagung, zum Aufhören,
zum Frieden, zur höheren Geisteskraft, zur Erleuchtung und zu Nibbàna
führt, nämlich Rede über Könige, Räuber, Minister, Heere, Gefahren, Schlachten,
Essen, Trinken, Kleidung, Betten, Schmuck, Parfüm, Verwandte, Fahrzeuge,
Dörfer, Marktstädte, Großstädte, Länder, Frauen, Helden, Straßen, Brunnen,
die Toten, Unbedeutendes, den Ursprung der Welt, den Ursprung des Meeres, ob
die Dinge so oder anders sind: solche Rede werde ich nicht führen.‘ Auf diese
Weise hat er Wissensklarheit in Bezug darauf.“
„Aber er faßt den Entschluß: ,Solche Rede, die von Selbstentsagung handelt,
die die Herzensöffnung begünstigt, und die zur völligen Ernüchterung, zur Lossagung,
zum Aufhören, zum Frieden, zur höheren Geisteskraft, zur Erleuchtung
und zu Nibbàna führt, nämlich Rede über geringe Wünsche, über Zufriedenheit,
Abgeschiedenheit, Freiheit von gesellschaftlichen Verpflichtungen, das Hervorbringen
von Energie, Sittlichkeit, Konzentration, Weisheit, Befreiung, Wissen
und Schauung von der Befreiung: solche Rede werde ich führen.‘ Auf diese Weise
hat er Wissensklarheit in Bezug darauf2).“

13. „Wenn ein Bhikkhu so verweilt, falls sein Geist dann dem Denken zugeneigt
ist, so faßt er den Entschluß: ,Solch niedrige, gewöhnliche, grobe, unedle,
unheilbringende Gedanken, die nicht zur Ernüchterung, zur Lossagung, zum
Aufhören, zum Frieden, zur höheren Geisteskraft, zur Erleuchtung und zu Nibbàna
führen, nämlich Gedanken der Sinnesbegierde, Gedanken des Übelwollens und
Gedanken der Grausamkeit: solche Gedanken werde ich nicht denken.‘ Auf diese
Weise hat er Wissensklarheit in Bezug darauf.“
„Aber er faßt den Entschluß: ,Solche Gedanken, die edel und befreiend sind,
und denjenigen, der in Übereinstimmung mit ihnen übt, zur vollständigen Vernichtung
von Dukkha führen, nämlich Gedanken der Entsagung, Gedanken des
Nicht-Übelwollens und Gedanken der Nicht-Grausamkeit: solche Gedanken
werde ich denken.‘ Auf diese Weise hat er Wissensklarheit in Bezug darauf.“

14. „ânanda, es gibt diese fünf Stränge sinnlichen Vergnügens. Was sind die
fünf? Formen, die mit dem Auge erfahrbar sind, die erwünscht, begehrt, angenehm
und liebenswert sind, die mit Sinnesgier verbunden sind und Begierde hervorrufen.
Klänge, die mit dem Ohr erfahrbar sind, die erwünscht, begehrt,
angenehm und liebenswert sind, die mit Sinnesgier verbunden sind und Begierde
hervorrufen. Gerüche, die mit der Nase erfahrbar sind, die erwünscht, begehrt,
angenehm und liebenswert sind, die mit Sinnesgier verbunden sind und
Begierde hervorrufen. Geschmäcker, die mit der Zunge erfahrbar sind, die erwünscht,
begehrt, angenehm und liebenswert sind, die mit Sinnesgier verbunden
sind und Begierde hervorrufen. Berührungsobjekte, die mit dem Körper erfahrbar
sind, die erwünscht, begehrt, angenehm und liebenswert sind, die mit Sinnesgier
verbunden sind und Begierde hervorrufen. Dies sind die fünf Stränge
sinnlichen Vergnügens.“

15. „Darin sollte ein Bhikkhu seinen eigenen Geist folgendermaßen fortwährend
reflektieren: ,Entsteht in mir jemals, bei irgendeinem Anlaß irgendwelche
geistige Vorkommnis bezüglich dieser fünf Stränge sinnlichen Vergnügens?‘ Wenn
der Bhikkhu anläßlich der Reflektion seines Geistes versteht: ,Geistige Vorkommnis
bezüglich dieser fünf Stränge sinnlichen Vergnügens entsteht in mir bei bestimmten
Anlässen‘, dann versteht er: ,Gier und Begierde in Bezug auf die fünf
Stränge sinnlichen Vergnügens sind in mir noch nicht überwunden.‘ Auf diese
Weise hat er Wissensklarheit in Bezug darauf. Aber wenn der Bhikkhu anläßlich
der Reflektion seines Geistes versteht: ,Keinerlei geistige Vorkommnis bezüglich
dieser fünf Stränge sinnlichen Vergnügens entsteht in mir, bei keinerlei Anlaß‘,
dann versteht er: ,Gier und Begierde in Bezug auf die fünf Stränge sinnlichen
Vergnügens sind in mir überwunden3).‘ Auf diese Weise hat er Wissensklarheit in
Bezug darauf.“

16. „ânanda, es gibt diese fünf Daseinsgruppen, an denen angehaftet wird,
deren Aufstieg und Untergang ein Bhikkhu folgendermaßen betrachten sollte:
,So ist Form, so ihr Ursprung, so ihr Verschwinden; so ist Gefühl, so sein Ursprung,
so sein Verschwinden; so ist Wahrnehmung, so ihr Ursprung, so ihr Verschwinden;
so sind Gestaltungen, so ihr Ursprung, so ihr Verschwinden; so ist
Bewußtsein, so sein Ursprung, so sein Verschwinden.‘“

17. „Wenn er verweilt, indem er Aufstieg und Untergang in diesen fünf Daseinsgruppen,
an denen angehaftet wird, betrachtet, dann wird der Dünkel ,Ich bin‘,
der auf diesen fünf Daseinsgruppen, an denen angehaftet wird, beruht, in ihm
überwunden. Wenn das der Fall ist, versteht jener Bhikkhu so: ,Der Dünkel ,Ich
bin‘, der auf diesen fünf Daseinsgruppen, an denen angehaftet wird, beruht, ist in
mir überwunden4).‘ Auf diese Weise hat er Wissensklarheit in Bezug darauf.“

18. „Diese Zustände haben eine ganz und gar heilsame Grundlage; sie sind
edel, überweltlich und für den Bösen nicht zugänglich.“

19. „Was meinst du, ânanda? Welchen guten Grund erblickt ein Schüler, dem
Lehrer zu folgen, auch wenn er weggeschickt wird?“
„Ehrwürdiger Herr, unsere Lehren sind im Erhabenen verwurzelt, vom Erhabenen
geführt, beruhen auf dem Erhabenen. Es wäre gut, wenn der Erhabene die
Bedeutung dieser Worte erläutern würde. Wenn die Bhikkhus dies vom Erhabenen
gehört haben, werden sie es sich merken.“

20. „ânanda, ein Schüler sollte dem Lehrer nicht um der Lehrreden, Gedichte
und Darlegungen willen folgen. Warum ist das so? Seit langem, ânanda, sind die
Lehren von dir gelernt worden, dem Gedächtnis eingeprägt, rezitiert, mit dem
Geist untersucht und mit richtiger Ansicht gut durchdrungen. Aber solche Rede,
die von Selbstentsagung handelt, die die Herzensöffnung begünstigt, und die zur
völligen Ernüchterung, zur Lossagung, zum Aufhören, zum Frieden, zur höheren
Geisteskraft, zur Erleuchtung und zu Nibbàna führt, nämlich Rede über
geringe Wünsche, über Zufriedenheit, Abgeschiedenheit, Freiheit von gesellschaftlichen
Verpflichtungen, dem Hervorbringen von Energie, Sittlichkeit, Konzentration,
Weisheit, Befreiung, Wissen und Schauung von der Befreiung; um solcher
Rede willen sollte ein Schüler dem Lehrer folgen, auch wenn er weggeschickt
wird.“

21. „Weil das so ist, ânanda, kann der Absturz eines Lehrers zustandekommen,
kann der Absturz eines Schülers zustandekommen, und der Absturz von
einem, der das heilige Leben führt, kann zustandekommen.“

22. „Und wie kommt der Absturz eines Lehrers zustande? Da zieht sich irgendein
Lehrer an eine abgeschiedene Lagerstätte zurück: in einen Wald, an den
Fuß eines Baumes, auf einen Berg, in eine Schlucht, in eine Berghöhle, an eine
Leichenstätte, in ein Dschungeldickicht, auf ein freies Feld, auf einen Strohhaufen.
Während er so zurückgezogen lebt, besuchen ihn Brahmanen und Haushälter
aus Stadt und Land. Wenn das geschieht, wird er schwach, wird er von Begierde
erfüllt, unterliegt er der Gier, wird verführt und kehrt zum Leben in Üppigkeit
zurück. Von diesem Lehrer sagt man, daß er durch den Absturz des Lehrers zugrunde
ging. Er wurde von üblen, unheilsamen Geisteszuständen niedergestreckt,
die beflecken, neues Werden bringen, Schwierigkeiten bereiten, in Dukkha heranreifen
und zu künftiger Geburt, Alter und Tod führen. Auf diese Weise kommt
der Absturz des Lehrers zustande.“

23. „Und wie kommt der Absturz eines Schülers zustande? Da zieht sich ein
Schüler jenes Lehrers, indem er die Abgeschiedenheit des Lehrers nachahmt5),
an eine abgeschiedene Lagerstätte zurück: in einen Wald, an den Fuß eines Baumes,
auf einen Berg, in eine Schlucht, in eine Berghöhle, an eine Leichenstätte,
in ein Dschungeldickicht, auf ein freies Feld, auf einen Strohhaufen. Während er
so zurückgezogen lebt, besuchen ihn Brahmanen und Haushälter aus Stadt und
Land. Wenn das geschieht, wird er schwach, wird er von Begierde erfüllt, unterliegt
er der Gier, wird verführt und kehrt zum Leben in Üppigkeit zurück. Von
diesem Schüler sagt man, daß er durch den Absturz des Schülers zugrunde ging.
Er wurde von üblen, unheilsamen Geisteszuständen niedergestreckt, die beflekken,
neues Werden bringen, Schwierigkeiten bereiten, in Dukkha heranreifen
und zu künftiger Geburt, Alter und Tod führen. Auf diese Weise kommt der Absturz
des Schülers zustande.“

24. „Und wie kommt der Absturz von einem, der das heilige Leben führt,
zustande? Da erscheint ein Tathàgata in der Welt, ein Verwirklichter, ein vollständig
Erleuchteter, vollkommen im wahren Wissen und erhaben im Verhalten,
vollendet, Kenner der Welten, unvergleichlicher Meister bezähmbarer Menschen,
Lehrer himmlischer und menschlicher Wesen, ein Erwachter, ein Erhabener. Er
zieht sich an eine abgeschiedene Lagerstätte zurück: in einen Wald, an den Fuß
eines Baumes, auf einen Berg, in eine Schlucht, in eine Berghöhle, an eine Leichenstätte,
in ein Dschungeldickicht, auf ein freies Feld, auf einen Strohhaufen. Während
er so zurückgezogen lebt, besuchen ihn Brahmanen und Haushälter aus Stadt
und Land. Wenn das geschieht, wird er nicht schwach, noch wird er von Begierde
ergefüllt, noch unterliegt der Gier, noch wird er verführt, noch kehrt er zum
Leben in Üppigkeit zurück. Aber ein Schüler dieses Lehrers, der die Abgeschiedenheit
seines Lehrers nachahmt, zieht sich an eine abgeschiedene Lagerstätte
zurück: in einen Wald, an den Fuß eines Baumes, auf einen Berg, in eine Schlucht,
in eine Berghöhle, an eine Leichenstätte, in ein Dschungeldickicht, auf ein freies
Feld, auf einen Strohhaufen. Während er so zurückgezogen lebt, besuchen ihn
Brahmanen und Haushälter aus Stadt und Land. Wenn das geschieht, wird er
schwach, wird er von Begierde erfüllt, unterliegt er der Gier, wird verführt und
kehrt zum Leben in Üppigkeit zurück. Von diesem, der das heilige Leben führt,
sagt man, daß er durch den Absturz dessen, der das heilige Leben führt, zugrunde
ging. Er wurde von üblen, unheilsamen Geisteszuständen niedergestreckt, die
beflecken, neues Werden bringen, Schwierigkeiten bereiten, in Dukkha heranreifen
und zu künftiger Geburt, Alter und Tod führen. Auf diese Weise kommt
der Absturz dessen, der das heilige Leben führt, zustande. Und darin, ânanda,
hat der Absturz dessen, der das heilige Leben führt, ein schmerzhafteres Ergebnis,
ein bittereres Ergebnis, als der Absturz des Lehrers oder der Absturz des
Schülers6), und er führt sogar ins Verderben.“

25. „Daher, ânanda, benimm dich mir gegenüber mit Freundlichkeit, nicht
mit Feindseligkeit. Das wird lange zu deinem Wohlergehen und Glück gereichen.
Und wie benehmen sich Schüler gegenüber dem Lehrer mit Feindseligkeit,
nicht mit Freundlichkeit? ânanda, mitfühlend und auf das Wohlergehen der
Schüler bedacht, lehrt da der Lehrer aus Mitgefühl seine Schüler das Dhamma:
,Dies ist zu eurem Wohlergehen, dies ist zu eurem Glück.‘ Seine Schüler wollen
nicht hören oder zuhören oder ihren Geist anstrengen, um zu verstehen; sie irren
ab und wenden sich von der Lehre des Lehrers ab. So benehmen sich Schüler
gegenüber dem Lehrer mit Feindseligkeit, nicht mit Freundlichkeit.“

26. „Und wie benehmen sich Schüler gegenüber dem Lehrer mit Freundlichkeit,
nicht mit Feindseligkeit? ânanda, mitfühlend und auf das Wohlergehen der
Schüler bedacht, lehrt da der Lehrer aus Mitgefühl seine Schüler das Dhamma:
,Dies ist zu eurem Wohlergehen, dies ist zu eurem Glück.‘ Seine Schüler wollen
hören und zuhören und ihren Geist anstrengen, um zu verstehen; sie irren nicht
ab und wenden sich von der Lehre des Lehrers nicht ab. So benehmen sich Schüler
gegenüber dem Lehrer mit Freundlichkeit, nicht mit Feindseligkeit. Daher,
ânanda, benimm dich mir gegenüber mit Freundlichkeit, nicht mit Feindseligkeit.
Das wird lange zu deinem Wohlergehen und Glück gereichen.“

27. „Ich werde dich nicht behandeln, wie der Töpfer den rohen, feuchten Ton
behandelt7). Ich werde zu dir sprechen, ânanda, indem ich dich immer wieder
ermahne. Ich werde immer wieder eindringlich zu dir sprechen, ânanda. Der
gesunde Kern wird bestehen.“
Das ist es, was der Erhabene sagte. Der ehrwürdige ânanda war zufrieden und
entzückt über die Worte des Erhabenen.

Anmerkungen:
1) Es sind sowohl die Vertiefungen, als auch überweltliche Verwirklichung gemeint,
wie aus dem folgenden Abschnitt noch deutlicher hervorgeht.
2) Wie in M121 stehen hier Maßnahmen, die geeignete Praxisbedingungen schaffen,
am Anfang.
3) Das ist eine Zustandsbeschreibung eines Nichtwiederkehrers.
4) Das ist eine Zustandsbeschreibung eines Arahants.
5) Hier wird ersichtlich, daß es dem Buddha darum geht zu verdeutlichen, daß Abgeschiedenheit
zwar förderlich ist, für sich genommen aber keine Garantie für
Forschritt darstellt.
6) Offensichtlich sind „der Lehrer“ und „der Schüler“ in den vorangegangenen
Abschnitten Lehrer und Schüler außerhalb des Dhammavinaya des Buddha. Der
Absturz eines Schülers des Buddha wird von MA mit dem Sturz von einem Elefanten
verglichen, der Absturz eines Schülers außerhalb des Buddhadhamma mit
dem Sturz von einem Esel.
7) Ein Töpfer schenkt dem feuchten Ton wenig Aufmerksamkeit, im Gegensatz zur
fertigen Töpferware.