MN49 – Die Einladung eines Brahmà

Majjhima Nikàya 49

 

Die Einladung eines Brahmà

(Brahmanimantanika Sutta)

1. So habe ich gehört. Einmal hielt sich der Erhabene bei Sàvatthã im Jeta Hain,
dem Park des Anàthapindika auf. Dort richtete er sich folgendermaßen an die
Bhikkhus: „Ihr Bhikkhus.“ – „Ehrwürdiger Herr“, erwiderten sie. Der Erhabene
sagte dieses:

2.“Ihr Bhikkhus, einmal lebte ich bei Ukkaññhà im Subhaga-Hain am Fuße
eines königlichen Sàla-Baums 1). Bei jener Gelegenheit war folgende schädliche
Ansicht in Baka, dem Brahmà entstanden: ,Dies ist unvergänglich, dies ist dauerhaft,
dies ist ewig, dies ist vollkommen, dies ist nicht dem Vergehen unterworfen;
denn dies wurde weder geboren, noch altert es, noch stirbt es, noch geht es
dahin, noch erscheint es, und jenseits davon gibt es kein Entkommen 2).‘“

3. „Mit meinem Geist erkannte ich den Gedanken im Geiste von Baka, dem
Brahmà, daher verschwand ich so schnell, wie ein starker Mann seinen gebeugten
Arm strecken oder seinen gestreckten Arm beugen könnte, vom Fuße des
königlichen Sàla-Baums im Subhaga-Hain bei Ukkaññhà und erschien in jener
Brahmawelt. Baka, der Brahmà sah mich in der Ferne kommen und sagte: ,Komm,
guter Herr, willkommen, guter Herr. Es ist lange her, guter Herr, seit du eine
Gelegenheit gefunden hast, hierher zu kommen. Nun, guter Herr, dies ist unvergänglich,
dies ist dauerhaft, dies ist ewig, dies ist vollkommen, dies ist nicht dem
Vergehen unterworfen; denn dies wurde weder geboren, noch altert es, noch stirbt
es, noch geht es dahin, noch erscheint es, und jenseits davon gibt es kein Entkommen.‘“

4. „Nach diesen Worten sagte ich zu Baka, dem Brahmà: ,Der werte Baka, der
Brahmà ist in Unwissenheit abgeglitten, indem er vom Vergänglichen sagt, es sei
unvergänglich, vom Nicht-Dauerhaften, es sei dauerhaft, vom Nicht-Ewigen, es
sei ewig, vom Unvollkommenen, es sei vollkommen, von dem, was dem Vergehen
unterworfen ist, es sei nicht dem Vergehen unterworfen, von dem, was geboren
wurde, altert, stirbt, dahingeht und erscheint, daß es weder geboren wurde,
noch altert, noch stirbt, noch dahingeht, noch erscheint; und obwohl es jenseits
davon ein Entkommen gibt, sagt er, daß es jenseits davon kein Entkommen gibt.‘“

5. „Da ergriff Màra, der Böse Besitz von einem Mitglied aus dem Gefolge des
Brahmà und sagte zu mir: ,Bhikkhu, Bhikkhu, zweifle ihn nicht an, zweifle ihn
nicht an; denn dies ist Brahmà, der Große Brahmà, der Überwinder, der Unübertroffene,
von unfehlbarer Schauung, der die Herrschaft in Händen hält, der
Erschaffer und Schöpfer, die Höchste Vorsehung, allerhöchster Herr und Vater
aller, die sind und jemals sein werden. Vor deiner Zeit, Bhikkhu, gab es Mönche
und Brahmanen in der Welt, die das Erdelement verdammten, aus Ekel vor dem
Erdelement, die das Wasserelement verdammten, aus Ekel vor dem Wasserelement,
die das Feuerelement verdammten, aus Ekel vor dem Feuerelement, die das Windelement
verdammten, aus Ekel vor dem Windelement, die die Lebewesen verdammten,
aus Ekel vor den Lebewesen, die die Himmelswesen verdammten, aus
Ekel vor den Himmelswesen, die Pajàpati verdammten, aus Ekel vor Pajàpati, die
Brahmà verdammten, aus Ekel vor Brahmà; und bei der Auflösung des Körpers,
als ihr Leben abgeschnitten wurde, wurden sie in einem niederen Körper verankert.
Vor deiner Zeit, Bhikkhu, gab es Mönche und Brahmanen, die das Erdelement
priesen, aus Entzücken über das Erdelement, die das Wasserelement priesen, aus
Entzücken über das Wasserelement, die das Feuerelement priesen, aus Entzükken
über das Feuerelement, die das Windelement priesen, aus Entzücken über das
Windelement, die die Lebewesen priesen, aus Entzücken über die Lebewesen,
die die Himmelswesen priesen, aus Entzücken über die Himmelswesen, die
Pajàpati priesen, aus Entzücken über Pajàpati, die Brahmà priesen, aus Entzükken
über Brahmà; und bei der Auflösung des Körpers, als ihr Leben abgeschnitten
wurde, wurden sie in einem höheren Körper verankert. Also, Bhikkhu, sage
ich dir dieses: ,Vergewissere dich, guter Herr, immer nach den Worten des Brahmà
zu handeln; übertrete niemals das Wort des Brahmà. Wenn du das Wort des Brahmà
übertrittst, Bhikkhu, dann wird es dich treffen, wie einen Mann, der versucht,
einen ankommenden Lichtstrahl mit einem Stock abzulenken, oder wie einen
Mann, der mit Händen und Füßen den Halt auf der Erde verliert, während er in
eine tiefe Kluft stürzt 3). Vergewissere dich, guter Herr, immer nach den Worten
des Brahmà zu handeln; übertrete niemals das Wort des Brahmà. Bhikkhu, siehst
du nicht die Versammlung des Brahmà hier sitzen?‘ Und Màra, der Böse rief so
die Versammlung des Brahmà als Zeugen an.“

6. „Nach diesen Worten sagte ich zu Màra, dem Bösen: ,Ich erkenne dich,
Böser. Glaube nicht: ›Er erkennt mich nicht.‹ Du bist Màra, Böser, und der Brahmà
und die Versammlung des Brahmà und die Mitglieder der Versammlung des
Brahmà sind dir alle in die Hände gefallen, sie sind alle in deinen Bann geraten.
Böser, du glaubst: ›Auch dieser da ist mir in die Hände gefallen, ist in meinen
Bann geraten.‹ Aber ich bin dir nicht in die Hände gefallen, Böser, ich bin nicht
in deinen Bann geraten.‘“

7. „Nach diesen Worten sagte Baka, der Brahmà zu mir: ,Guter Her, ich sage
vom Unvergänglichen, es sei unvergänglich, vom Dauerhaften, es sei dauerhaft,
vom Ewigen, es sei ewig, vom Vollkommenen, es sei vollkommen, von dem,
was dem Vergehen nicht unterworfen ist, es sei nicht dem Vergehen unterworfen,
von dem, was weder geboren wurde, noch altert, noch stirbt, noch dahingeht und
erscheint, daß es weder geboren wurde, noch altert, noch stirbt, noch dahingeht,
noch erscheint; und wenn es jenseits davon kein Entkommen gibt, sage ich, daß
es jenseits davon kein Entkommen gibt. Vor deiner Zeit, Bhikkhu, gab es Mönche
und Brahmanen in der Welt, deren Askese so lange andauerte wie dein ganzes
Leben. Sie wußten, wenn es jenseits davon ein Entkommen gibt, dann gibt es
ein Entkommen jenseits davon, und wenn es jenseits davon kein Entkommen
gibt, dann gibt es kein Entkommen jenseits davon. Also, Bhikkhu, ich sage dir
dieses: Du wirst kein Entkommen jenseits davon finden, und mit der Zeit wirst
du Erschöpfung und Enttäuschung ernten. Wenn du am Erdelement festhältst,
wirst du mir nahe sein, in meinem Reich, meinem Willen und meiner Gerichtsbarkeit
unterworfen. Wenn du am Wasserelement festhältst, wirst du mir nahe
sein, in meinem Reich, meinem Willen und meiner Gerichtsbarkeit unterworfen.
Wenn du am Feuerelement festhältst, wirst du mir nahe sein, in meinem Reich,
meinem Willen und meiner Gerichtsbarkeit unterworfen. Wenn du am Windelement
festhältst, wirst du mir nahe sein, in meinem Reich, meinem Willen und
meiner Gerichtsbarkeit unterworfen. Wenn du an den Lebewesen festhältst, wirst
du mir nahe sein, in meinem Reich, meinem Willen und meiner Gerichtsbarkeit
unterworfen. Wenn du an den Himmelswesen festhältst, wirst du mir nahe sein,
in meinem Reich, meinem Willen und meiner Gerichtsbarkeit unterworfen. Wenn
du an Pajàpati festhältst, wirst du mir nahe sein, in meinem Reich, meinem Willen
und meiner Gerichtsbarkeit unterworfen. Wenn du an Brahmà festhältst, wirst
du mir nahe sein, in meinem Reich, meinem Willen und meiner Gerichtsbarkeit
unterworfen.‘“

8. „,Das weiß ich auch, Brahmà. Wenn ich am Erdelement festhalte, werde
ich dir nahe sein, in deinem Reich, deinem Willen und deiner Gerichtsbarkeit
unterworfen. Wenn ich am Erdelement festhalte, werde ich dir nahe sein, in deinem
Reich, deinem Willen und deiner Gerichtsbarkeit unterworfen. Wenn ich
am Wasserelement festhalte, werde ich dir nahe sein, in deinem Reich, deinem
Willen und deiner Gerichtsbarkeit unterworfen. Wenn ich am Feuerelement festhalte,
werde ich dir nahe sein, in deinem Reich, deinem Willen und deiner Gerichtsbarkeit
unterworfen. Wenn ich am Windelement festhalte, werde ich dir
nahe sein, in deinem Reich, deinem Willen und deiner Gerichtsbarkeit unterworfen.
Wenn ich an den Lebewesen festhalte, werde ich dir nahe sein, in deinem
Reich, deinem Willen und deiner Gerichtsbarkeit unterworfen. Wenn ich an den
Himmelswesen festhalte, werde ich dir nahe sein, in deinem Reich, deinem Willen
und deiner Gerichtsbarkeit unterworfen. Wenn ich an Pajàpati festhalte, werde
ich dir nahe sein, in deinem Reich, deinem Willen und deiner Gerichtsbarkeit
unterworfen. Wenn ich an Brahmà festhalte, werde ich dir nahe sein, in deinem
Reich, deinem Willen und deiner Gerichtsbarkeit unterworfen. Darüberhinaus
Brahmà, verstehe ich deine Reichweite und deinen Einfluß so: Baka, der Brahmà
hat so und so viel Gewalt, so und so viel Macht, so und so viel Einfluß.‘“
„,Nun, guter Herr, als wie groß verstehst du meine Reichweite und meinen
Einfluß?‘“

9. „,So weit sich Mond und Sonne dreh’n,
Ihr Schein das Himmelsrund erhellt,
Durch solche Welt, noch tausendfach
Dein Herrschaftseinfluß sich erstreckt.

Und Hoch und Niedrig kennst du dort,
Die voller Gier, die frei davon,
Was so ist und was anders ist,
Der Wesen Kommen und ihr Geh’n.

Brahmà, ich schätze deine Reichweite und deinen Einfluß so ein: Baka, der
Brahmà hat so und so viel Gewalt, so und so viel Macht, so und so viel Einfluß.‘“

10. „,Aber, Brahmà, es gibt drei weitere Körper, die du weder kennst, noch
siehst, und die ich kenne und sehe. Es gibt den Körper, der Himmel des Überströmenden
Glanzes genannt wird, von wo du verschieden und hier wiedererschienen
bist. Weil du lange hier geweilt bist, ist dir die Erinnerung daran entglitten,
und daher kennst du ihn nicht und siehst ihn nicht, aber ich kenne ihn und sehe
ihn. Daher, Brahmà, was die höhere Geisteskraft anbelangt, stehe ich nicht nur
lediglich auf gleicher Stufe mit dir, wie könnte ich denn da weniger wissen?
Stattdessen weiß ich mehr als du.‘“
„,Es gibt den Körper, der Himmel der Leuchtenden Herrlichkeit genannt wird.
Du kennst ihn nicht und siehst ihn nicht, aber ich kenne ihn und sehe ihn. Daher,
Brahmà, was die höhere Geisteskraft anbelangt, stehe ich nicht nur lediglich auf
gleicher Stufe mit dir, wie könnte ich denn da weniger wissen? Stattdessen weiß
ich mehr als du.‘“
„,Es gibt den Körper, der Himmel der Großen Erfolge genannt wird. Du kennst
ihn nicht und siehst ihn nicht, aber ich kenne ihn und sehe ihn. Daher, Brahmà,
was die höhere Geisteskraft anbelangt, stehe ich nicht nur lediglich auf gleicher
Stufe mit dir, wie könnte ich denn da weniger wissen? Stattdessen weiß ich mehr
als du.‘“

11. „,Brahmà, nachdem ich das Erdelement unmittelbar als Erdelement erkannt
hatte, und nachdem ich unmittelbar das erkannt hatte, woran die
Erdhaftigkeit des Erdelements nicht Anteil hat, behauptete ich nicht Erdelement,
stellte ich keine Behauptung im Erdelement auf, stellte ich keine Behauptung
vom Erdelement ausgehend auf, behauptete ich nicht ›Erdelement ist mein‹, bestätigte
ich das Erdelement nicht 4). Daher, Brahmà, was die höhere Geisteskraft
anbelangt, stehe ich nicht nur lediglich auf gleicher Stufe mit dir, wie könnte
ich denn da weniger wissen? Stattdessen weiß ich mehr als du.‘“

12. „,Brahmà, nachdem ich das Wasserelement unmittelbar als Wasserelement
erkannt hatte, und nachdem ich unmittelbar das erkannt hatte, woran die
Wasserhaftigkeit des Wasserelements nicht Anteil hat, behauptete ich nicht Wasserelement,
stellte ich keine Behauptung im Wasserelement auf, stellte ich keine
Behauptung vom Wasserelement ausgehend auf, behauptete ich nicht ›Wasserelement
ist mein‹, bestätigte ich das Wasserelement nicht. Daher, Brahmà, was
die höhere Geisteskraft anbelangt, stehe ich nicht nur lediglich auf gleicher Stufe
mit dir, wie könnte ich denn da weniger wissen? Stattdessen weiß ich mehr als
du.‘“

13. „,Brahmà, nachdem ich das Feuerelement unmittelbar als Feuerelement
erkannt hatte, und nachdem ich unmittelbar das erkannt hatte, woran die
Feuerhaftigkeit des Feuerelements nicht Anteil hat, behauptete ich nicht Feuerelement,
stellte ich keine Behauptung im Feuerelement auf, stellte ich keine Behauptung
vom Feuerelement ausgehend auf, behauptete ich nicht ›Feuerelement
ist mein‹, bestätigte ich das Feuerelement nicht. Daher, Brahmà, was die höhere
Geisteskraft anbelangt, stehe ich nicht nur lediglich auf gleicher Stufe mit dir,
wie könnte ich denn da weniger wissen? Stattdessen weiß ich mehr als du.‘“

14. „,Brahmà, nachdem ich das Windelement unmittelbar als Windelement
erkannt hatte, und nachdem ich unmittelbar das erkannt hatte, woran die
Windhaftigkeit des Windelements nicht Anteil hat, behauptete ich nicht Windelement,
stellte ich keine Behauptung im Windelement auf, stellte ich keine Behauptung
vom Windelement ausgehend auf, behauptete ich nicht ›Windelement
ist mein‹, bestätigte ich das Windelement nicht. Daher, Brahmà, was die höhere
Geisteskraft anbelangt, stehe ich nicht nur lediglich auf gleicher Stufe mit dir,
wie könnte ich denn da weniger wissen? Stattdessen weiß ich mehr als du.‘“

15. „,Brahmà, nachdem ich die Lebewesen unmittelbar als Lebewesen erkannt
hatte, und nachdem ich unmittelbar das erkannt hatte, woran die Eigenart der
Lebewesen nicht Anteil hat, behauptete ich nicht Lebewesen, stellte ich keine
Behauptung in den Lebewesen auf, stellte ich keine Behauptung von den Lebewesen
ausgehend auf, behauptete ich nicht ›Lebewesen sind mein‹, bestätigte
ich die Lebewesen nicht. Daher, Brahmà, was die höhere Geisteskraft anbelangt,
stehe ich nicht nur lediglich auf gleicher Stufe mit dir, wie könnte ich denn da
weniger wissen? Stattdessen weiß ich mehr als du.‘“

16. „,Brahmà, nachdem ich die Himmelswesen unmittelbar als Himmelswesen
erkannt hatte, und nachdem ich unmittelbar das erkannt hatte, woran die Eigenart
der Himmelswesen nicht Anteil hat, behauptete ich nicht Himmelswesen,
stellte ich keine Behauptung in den Himmelswesen auf, stellte ich keine Behauptung
von den Himmelswesen ausgehend auf, behauptete ich nicht ›Himmelswesen
sind mein‹, bestätigte ich die Himmelswesen nicht. Daher, Brahmà, was
die höhere Geisteskraft anbelangt, stehe ich nicht nur lediglich auf gleicher Stufe
mit dir, wie könnte ich denn da weniger wissen? Stattdessen weiß ich mehr als
du.‘“

17. „,Brahmà, nachdem ich Pajàpati unmittelbar als Pajàpati erkannt hatte,
und nachdem ich unmittelbar das erkannt hatte, woran die Eigenart von Pajàpati
nicht Anteil hat, behauptete ich nicht Pajàpati, stellte ich keine Behauptung in
Pajàpati auf, stellte ich keine Behauptung von Pajàpati ausgehend auf, behauptete
ich nicht ›Pajàpati ist mein‹, bestätigte ich Pajàpati nicht. Daher, Brahmà, was
die höhere Geisteskraft anbelangt, stehe ich nicht nur lediglich auf gleicher Stufe
mit dir, wie könnte ich denn da weniger wissen? Stattdessen weiß ich mehr als
du.‘“

18. „,Brahmà, nachdem ich Brahmà unmittelbar als Brahmà erkannt hatte,
und nachdem ich unmittelbar das erkannt hatte, woran die Eigenart von Brahmà
nicht Anteil hat, behauptete ich nicht Brahmà, stellte ich keine Behauptung in
Brahmà auf, stellte ich keine Behauptung von Brahmà ausgehend auf, behauptete
ich nicht ›Brahmà ist mein‹, bestätigte ich Brahmà nicht. Daher, Brahmà, was
die höhere Geisteskraft anbelangt, stehe ich nicht nur lediglich auf gleicher Stufe
mit dir, wie könnte ich denn da weniger wissen? Stattdessen weiß ich mehr als
du.‘“

19. „,Brahmà, nachdem ich die Himmelswesen des Überströmenden Glanzes
unmittelbar als Himmelswesen des Überströmenden Glanzes erkannt hatte, und
nachdem ich unmittelbar das erkannt hatte, woran die Eigenart der Himmelswesen
des Überströmenden Glanzes nicht Anteil hat, behauptete ich nicht
Himmelswesen des Überströmenden Glanzes, stellte ich keine Behauptung in
den Himmelswesen des Überströmenden Glanzes auf, stellte ich keine Behauptung
von den Himmelswesen des Überströmenden Glanzes ausgehend auf, behauptete
ich nicht ›Himmelswesen des Überströmenden Glanzes sind mein‹,
bestätigte ich die Himmelswesen des Überströmenden Glanzes nicht. Daher,
Brahmà, was die höhere Geisteskraft anbelangt, stehe ich nicht nur lediglich auf
gleicher Stufe mit dir, wie könnte ich denn da weniger wissen? Stattdessen weiß
ich mehr als du.‘“

20. „,Brahmà, nachdem ich die Himmelswesen der Leuchtenden Herrlichkeit
unmittelbar als Himmelswesen der Leuchtenden Herrlichkeit erkannt hatte, und
nachdem ich unmittelbar das erkannt hatte, woran die Eigenart der Himmelswesen
der Leuchtenden Herrlichkeit nicht Anteil hat, behauptete ich nicht
Himmelswesen der Leuchtenden Herrlichkeit, stellte ich keine Behauptung in
den Himmelswesen der Leuchtenden Herrlichkeit auf, stellte ich keine Behauptung
von den Himmelswesen der Leuchtenden Herrlichkeit ausgehend auf, behauptete
ich nicht ›Himmelswesen der Leuchtenden Herrlichkeit sind mein‹,
bestätigte ich die Himmelswesen der Leuchtenden Herrlichkeit nicht. Daher,
Brahmà, was die höhere Geisteskraft anbelangt, stehe ich nicht nur lediglich auf
gleicher Stufe mit dir, wie könnte ich denn da weniger wissen? Stattdessen weiß
ich mehr als du.‘“

21. „,Brahmà, nachdem ich die Himmelswesen der Großen Erfolge unmittelbar
als Himmelswesen der Großen Erfolge erkannt hatte, und nachdem ich unmittelbar
das erkannt hatte, woran die Eigenart der Himmelswesen der Großen
Erfolge nicht Anteil hat, behauptete ich nicht Himmelswesen der Großen Erfolge,
stellte ich keine Behauptung in den Himmelswesen der Großen Erfolge auf,
stellte ich keine Behauptung von den Himmelswesen der Großen Erfolge ausgehend
auf, behauptete ich nicht ›Himmelswesen der Großen Erfolge sind mein‹,
bestätigte ich die Himmelswesen der Großen Erfolge nicht. Daher, Brahmà, was
die höhere Geisteskraft anbelangt, stehe ich nicht nur lediglich auf gleicher Stufe
mit dir, wie könnte ich denn da weniger wissen? Stattdessen weiß ich mehr als
du.‘“

22. „,Brahmà, nachdem ich den Überwinder unmittelbar als den Überwinder
erkannt hatte, und nachdem ich unmittelbar das erkannt hatte, woran die Eigenart
des Überwinders nicht Anteil hat, behauptete ich nicht den Überwinder, stellte
ich keine Behauptung im Überwinder auf, stellte ich keine Behauptung vom
Überwinder ausgehend auf, behauptete ich nicht ›der Überwinder ist mein‹, bestätigte
ich den Überwinder nicht. Daher, Brahmà, was die höhere Geisteskraft
anbelangt, stehe ich nicht nur lediglich auf gleicher Stufe mit dir, wie könnte ich
denn da weniger wissen? Stattdessen weiß ich mehr als du.‘“

23. „,Brahmà, nachdem ich Alles unmittelbar als das Alles erkannt hatte, und
nachdem ich unmittelbar das erkannt hatte, woran die Allhaftigkeit von Allem
nicht Anteil hat, behauptete ich nicht Alles, stellte ich keine Behauptung in Allem
auf, stellte ich keine Behauptung von Allem ausgehend auf, behauptete ich
nicht ›Alles ist mein‹, bestätigte ich Alles nicht. Daher, Brahmà, was die höhere
Geisteskraft anbelangt, stehe ich nicht nur lediglich auf gleicher Stufe mit dir,
wie könnte ich denn da weniger wissen? Stattdessen weiß ich mehr als du 5).‘“

24. „,Guter Herr, wenn du behauptest, unmittelbar das erkannt zu haben, woran
die Allhaftigkeit von Allem nicht Anteil hat, möge sich deine Behauptung
nicht als nutzlos und leer erweisen!‘“

25. „,Bewußtsein, das nicht irgendetwas zuweist 6),
Auch mit Begrenztheit nichts zu schaffen hat,
Nicht Eigen-Existenz im All behauptet 7):
daran hat die Erdhaftigkeit des Erdelements nicht Anteil, daran hat die Wasserhaftigkeit
des Wasserelements nicht Anteil, daran hat die Feuerhaftigkeit des
Feuerelements nicht Anteil, daran hat die Windhaftigkeit des Windelements nicht
Anteil, daran hat die Eigenart der Lebewesen nicht Anteil, daran hat die Eigenart
der Himmelswesen nicht Anteil, daran hat die Eigenart von Pajàpati nicht Anteil,
daran hat die Eigenart von Brahmà nicht Anteil, daran hat die Eigenart der
Himmelswesen des Überströmenden Glanzes nicht Anteil, daran hat die Eigenart
der Himmelswesen der Leuchtenden Herrlichkeit nicht Anteil, daran hat die
Eigenart der Himmelswesen der Großen Erfolge nicht Anteil, daran hat die Eigenart
des Überwinders nicht Anteil, daran hat die Allhaftigkeit von Allem nicht
Anteil.‘“

26. „,Guter Herr, ich werde aus deiner Gegenwart verschwinden.‘“
„,Verschwinde aus meiner Gegenwart, wenn du kannst, Brahmà.‘“
„Dann sagte Baka, der Brahmà: ,Ich werde aus der Gegenwart des Mönches
Gotama verschwinden, ich werde aus der Gegenwart des Mönches Gotama verschwinden.‘,
war aber nicht in der Lage zu verschwinden. Darauf sagte ich:
,Brahmà, ich werde aus deiner Gegenwart verschwinden.‘“
„,Verschwinde aus meiner Gegenwart, wenn du kannst, guter Herr.‘“
„Da vollbrachte ich ein derartiges Kunststück übernatürlicher Kräfte, daß
Brahmà und die Versammlung des Brahmà und die Mitglieder der Versammlung
des Brahmà zwar meine Stimme hören, aber mich nicht sehen konnten. Nachdem
ich verschwunden war, äußerte ich diesen Vers:“

27. „,Ich habe Furcht in jeder Daseinsart gesehen,
Und auch im Dasein, das nach Nicht-Sein strebt,
Ich habe keine Daseinsart bestätigt,
Am Dasein klammerte ich nicht entzückt 8).‘“

28. „Da waren Brahmà und die Versammlung des Brahmà und die Mitglieder der
Versammlung des Brahmà von Staunen und Verwunderung getroffen und sagten:
,Meine Herren, es ist wunderbar, es ist erstaunlich, die große Kraft und Macht
des Mönchs Gotama. Wir haben niemals zuvor irgendeinen Mönch oder Brahmanen
gesehen oder von ihm gehört, der solch große Kraft und solch große Macht
wie dieser Mönch Gotama hatte, der aus einer Sakyer-Familie in die Hauslosigkeit
zog! Meine Herren, obwohl er in einer Generation lebt, die das Werden liebt, die
vom Werden entzückt ist, sich über das Werden freut, hat er das Werden an der
Wurzel ausgerissen!‘“

29. „Da ergriff Màra, der Böse Besitz von einem Mitglied aus dem Gefolge
des Brahmà und sagte zu mir: ,Guter Herr, wenn es das ist, was du weißt, wenn
es das ist, was du entdeckt hast, so leite nicht deine Schüler oder jene, die in die
Hauslosigkeit gezogen sind, lehre deine Schüler oder jene, die in die Hauslosigkeit
gezogen sind, nicht das Dhamma, erzeuge kein Sehnen in deinen Schülern oder
in jenen, die in die Hauslosigkeit gezogen sind. Vor deiner Zeit, Bhikkhu, gab es
Mönche und Brahmanen in der Welt, die behaupteten, verwirklicht und vollständig
erleuchtet zu sein, und sie leiteten ihre Schüler und jene, die in die Hauslosigkeit
gezogen waren; sie lehrten ihre Schüler und jene, die in die Hauslosigkeit
gezogen waren, das Dhamma; sie erzeugten Sehnen in ihren Schülern und in
jenen, die in die Hauslosigkeit gezogen waren; und bei der Auflösung des Körpers,
als ihr Leben abgeschnitten wurde, wurden sie in einem niederen Körper
verankert. Vor deiner Zeit, Bhikkhu, gab es auch Mönche und Brahmanen in der
Welt, die behaupteten, verwirklicht und vollständig erleuchtet zu sein, und sie
leiteten nicht ihre Schüler und jene, die in die Hauslosigkeit gezogen waren; sie
lehrten ihre Schüler und jene, die in die Hauslosigkeit gezogen waren, nicht das
Dhamma; sie erzeugten kein Sehnen in ihren Schülern und in jenen, die in die
Hauslosigkeit gezogen waren; und bei der Auflösung des Körpers, als ihr Leben
abgeschnitten wurde, wurden sie in einem höheren Körper verankert. Also,
Bhikkhu, sage ich dir dieses: Vergewissere dich, guter Herr, in Untätigkeit zu
verweilen, einem angenehmen Verweilen hier und jetzt ergeben; dieses bleibt
besser unverkündet, und deshalb, guter Herr, unterrichte keinen anderen.‘“

30. „Nach diesen Worten sagte ich zu Màra, dem Bösen: ,Ich erkenne dich,
Böser. Glaube nicht: ›Er erkennt mich nicht.‹ Du bist Màra, Böser, es geschieht
nicht aus Mitgefühl für ihr Wohlergehen, daß du so sprichst, es geschieht ohne
Mitgefühl für ihr Wohlergehen, daß du so sprichst. Du denkst folgendes, Böser:
›Jene, die der Mönch Gotama das Dhamma lehrt, werden meinem Einflußbereich
entkommen.‹ Deine Mönche und Brahmanen, Böser, die behaupteten, vollständig
erleuchtet zu sein, waren nicht vollständig erleuchtet. Aber ich, der ich
behaupte, vollständig erleuchtet zu sein, bin vollständig erleuchtet. Wenn der
Tathàgata seine Schüler das Dhamma lehrt, ist er ein solcher, du Böser, und wenn
der Tathàgata seine Schüler das Dhamma nicht lehrt, ist er ein solcher. Wenn der
Tathàgata seine Schüler anleitet, ist er ein solcher, du Böser, und wenn der
Tathàgata seine Schüler nicht anleitet, ist er ein solcher. Warum ist das so? Weil
der Tathàgata die Triebe überwunden hat, die beflecken, neues Werden bringen,
Schwierigkeiten bereiten, in Leiden heranreifen und zu künftiger Geburt, Altern
und Tod führen; er hat sie an der Wurzel abgeschnitten, hat sie einem Palmenstrunk
gleich gemacht, sie beseitigt, so daß sie künftigem Entstehen nicht mehr
unterworfen sind. So wie eine Palme mit abgeschnittener Krone nicht weiterwachsen
kann, so hat der Tathàgata die Triebe überwunden, die beflecken, neues
Werden bringen, Schwierigkeiten bereiten, in Leiden heranreifen und zu künftiger
Geburt, Altern und Tod führen, er hat sie beseitigt, so daß sie künftigem
Entstehen nicht mehr unterworfen sind.‘“

31. Weil Màra nicht in der Lage war, etwas zu erwidern, und weil es mit der
Einladung des Brahmà (begann), ist diese Lehrrede „Auf Einladung eines Brahmà“
betitelt.

Anmerkungen:
1) BB hat eine interessante metaphorische Deutung dieser Lehrrede. Sie spielt am
gleichen Ort wie M1, und es sind keine weiteren Sutten von dort überliefert.
Auch die Themen beider Vorträge sind ähnlich. Man kann M49 als dramatische
Repräsentation der gleichen Ideen wie in M1 auffassen. Dabei verkörpert Baka
der Brahmà das Dasein oder die Persönlichkeit, die sich in Vorstellung und geistigem
Ausufern ergeht, und sich mittels ihrer positivistischen Verblendung selbst
erhält. Dem Dasein liegt Begehren zugrunde, personifiziert durch Màra, der scheinbar
ganz harmlos in der Versammlung weilt, aber der eigentliche Verantworltliche
für das Weiterkreisen in der Daseinsrunde ist. Die Allianz aus Brahmà und Màra,
Gott und Satan (ein Konzept, das dem westlichen Theismus fremd ist), deutet auf
den Daseinsdurst als verborgene Wurzel jeglicher Weltbestätigung hin.
2) „Entkommen“ bezieht sich nicht nur auf Nibbàna, sondern auch auf die Daseinsbereiche,
die den höheren Vertiefungen (jhàna) entsprechen, und die der Brahmà
nicht kennt. Ein Mahàbrahmà wird (um in westlicher Terminologie zu sprechen)
beim Big Bang geboren, und stirbt, wenn sich das Universum wieder zusammenzieht.
Für ein solches Wesen, gibt es nichts in der materiellen Welt, das ihn überleben
würde, auch ist das zyklische Werden und Vergehen der materiellen Welt
bestenfalls nur von einem höheren Daseinsbereich aus betrachtbar. Das ist die
Grundlage der eternalistischen Sicht von Baka.
3) Die Lehre des Buddha wird als nihilistisch, als Ablehnung der Welt mißverstanden.
Dieses Mißverständnis, bzw. die Ablehnung hat das Begehren nach Werden
als Wurzel.
4) Die Anmerkungen zu M1 können hilfreich sein, diese schwierige Passage zu
verstehen. Sie dürfte vermutlich um das Thema „Nichtanhaften“ an der konditionierten,
begrifflichen Welt kreisen.
5) Dies ist außerhalb der Erlebens- und Vorstellungswelt von Weltlingen; kein Wunder,
daß dem Brahmà Zweifel kommen.
6) Viññàôam anidassanam, „nicht-indikatives Bewußtsein“ ist das Bewußtsein eines
Arahants. Es determiniert nichts als Grundlage für die Ich-Illusion, es ist
„durchsichtig“, „nicht auffindbar“.
7) Es sieht alle Phänomene als bedingt entstanden, ohne Essenz.
8) Aus metrischen Gründen wurde im Vers bhava mit „Dasein“ übersetzt. Technisch
gesehen ist dieser Begriff aber als „Werden“ zu verstehen. Das Dasein (=Vorhandensein)
einer Persönlichkeit ist eine Illusion, somit besteht die Lebensaktivität
nichterleuchteter Wesen darin, die Lücke des nicht aufzeigbaren „Ich“ zuschließen,
also jemand oder etwas zu werden.
BB: Das Verschwinden des Buddha scheint eine sichtbare Demonstration des
Verses zu sein. Ohne Begehren nach Sein ist er in der Lage vor Baka zu verschwinden,
dem Repräsentanten des Positivismus. Aber Baka, von Anhaftung
ans Sein gebunden, kann der Reichweite der Weisheit des Buddha nicht entkommen,
die sowohl Sein als auch Nicht-Sein umfaßt und beide transzendiert.