MN53 – Einer in Höherer Schulung

Majjhima Nikàya 53

 

Einer in Höherer Schulung (Sekha Sutta)

1. So habe ich gehört. Einmal hielt sich der Erhabene im Land der Sakyer bei
Kapilavatthu in Nigrodhas Park auf.

2. Bei dieser Gelegenheit war kurz vorher eine neue Versammlungshalle für
die Sakyer von Kapilavatthu gebaut worden, und sie war noch von keinem Mönch
oder Brahmanen oder irgendeinem Menschen bewohnt worden. Da gingen die
Sakyer von Kapilavatthu zum Erhabenen. Nachdem sie ihm gehuldigt hatten,
setzten sie sich seitlich nieder und sagten zu ihm:
„Ehrwürdiger Herr, eine neue Versammlungshalle ist hier kürzlich für die
Sakyer von Kapilavatthu gebaut worden, und sie ist noch von keinem Mönch
oder Brahmanen oder irgendeinem Menschen bewohnt worden. Ehrwürdiger Herr,
möge der Erhabene der erste sein, der sie benutzt. Wenn der Erhabene sie zuerst
benutzt hat, dann werden die Sakyer von Kapilavatthu sie danach benutzen. Das
wird lange zu ihrem Wohlergehen und Glück gereichen 1).“

3. Der Erhabene stimmte schweigend zu. Als sie sahen, daß er zugestimmt
hatte, erhoben sie sich von ihren Sitzen, und nachdem sie ihm gehuldigt hatten,
gingen sie zur Versammlungshalle, wobei sie ihm die rechte Seite zuwandten.
Sie bedeckten die Versammlungshalle vollständig mit Decken und bereiteten Sitze
vor und sie stellten ein großes Wasserfaß auf und hingen eine Öllampe auf. Dann
gingen sie zum Erhabenen, und nachdem sie ihm gehuldigt hatten, standen sie
zur Seite und sagten:
„Ehrwürdiger Herr, die Versammlungshalle ist vollständig mit Decken bedeckt
worden, und Sitze sind vorbereitet worden, ein großes Wasserfaß ist aufgestellt
worden und eine Öllampe ist aufgehängt worden. Jetzt ist es an der Zeit,
das zu tun, was der Erhabene für richtig hält.“

4. Dann zog sich der Erhabene an, nahm seine Schale und äußere Robe und
ging mit der Sangha der Bhikkhus zur Versammlungshalle. Als er ankam, wusch
er sich die Füße und betrat dann die Halle und setzte sich beim zentralen Pfeiler
nieder, wobei er nach Osten blickte. Und die Bhikkhus wuschen sich die Füße
und betraten dann die Halle und setzten sich an der westlichen Wand nieder,
wobei sie nach Osten blickten, mit dem Erhabenen vor sich. Und die Sakyer von
Kapilavatthu wuschen sich die Füße und betraten die Halle und setzten sich an
der östlichen Wand nieder, wobei sie nach Westen blickten, mit dem Erhabenen
vor sich.

5. Dann, nachdem der Erhabene die Sakyer von Kapilavatthu mit einem Vortrag
über das Dhamma einen Großteil der Nacht hindurch unterrichtet, aufgefordert,
aufgerüttelt und ermuntert hatte, sagte er zum ehrwürdigen ânanda: „ânanda,
sprich zu den Sakyern von Kapilavatthu über den Schüler in Höherer Schulung,
der den Weg betreten hat. Ich fühle mich im Rücken unbehaglich. Ich will ihn
entspannen.“
„Ja, ehrwürdiger Herr“, erwiderte der ehrwürdige ânanda.
Dann bereitete der Erhabene seine vierfach gefaltete äußere Flickenrobe vor,
legte sich achtsam und wissensklar auf der rechten Seite in der Löwenstellung
nieder, nachdem er sich die Zeit zum Aufstehen eingeprägt hatte.

6. Dann richtete sich ânanda folgendermaßen an Mahànàma, den Sakyer:
„Mahànàma, da besitzt ein edler Schüler Sittlichkeit, schützt seine Sinnestore,
ist gemäßigt im Essen und widmet sich der Wachsamkeit; er besitzt sieben wahre
Qualitäten und ist einer, der nach Belieben, ohne Probleme oder Schwierigkeiten
die vier Vertiefungen erlangt, die die höhere Geistigkeit ausmachen und für ein
angenehmes Verweilen hier und jetzt sorgen.“

7. „Und auf welche Weise besitzt ein edler Schüler Sittlichkeit? Da ist ein
edler Schüler sittsam, weilt zurückgehalten mit der Zurückhaltung der
Pàtimokkha-Regeln, er ist vollkommen im Verhalten und der Wahl des Aufenthaltsorts,
und indem er den Schrecken im kleinsten Fehler sieht, übt er sich,
indem er die Übungsregeln auf sich nimmt. Auf diese Weise besitzt ein edler
Schüler Sittlichkeit.“

8. „Und auf welche Weise beschützt ein edler Schüler seine Sinnestore? Wenn
er mit dem Auge eine Form sieht, klammert er sich nicht an ihre Zeichen und ihr
Erscheinungsbild. Da üble, unheilsame Geisteszustände der Gier und der Trauer
in ihn eindringen könnten, wenn er den Sehsinn unkontrolliert ließe, übt er sich
in dessen Kontrolle, er beschützt den Sehsinn, er beschäftigt sich mit der Kontrolle
des Sehsinns. Wenn er mit dem Ohr einen Klang hört, klammert er sich
nicht an seine Zeichen und sein Erscheinungsbild. Da üble, unheilsame Geisteszustände
der Gier und der Trauer in ihn eindringen könnten, wenn er den Hörsinn
unkontrolliert ließe, übt er sich in dessen Kontrolle, er beschützt den Hörsinn,
er beschäftigt sich mit der Kontrolle des Hörsinns. Wenn er mit der Nase einen
Geruch riecht, klammert er sich nicht an seine Zeichen und sein Erscheinungsbild.
Da üble, unheilsame Geisteszustände der Gier und der Trauer in ihn eindringen
könnten, wenn er den Geruchsinn unkontrolliert ließe, übt er sich in dessen
Kontrolle, er beschützt den Geruchsinn, er beschäftigt sich mit der Kontrolle des
Geruchsinns. Wenn er mit der Zunge einen Geschmack schmeckt, klammert er
sich nicht an seine Zeichen und sein Erscheinungsbild. Da üble, unheilsame Geisteszustände
der Gier und der Trauer in ihn eindringen könnten, wenn er den
Geschmacksinn unkontrolliert ließe, übt er sich in dessen Kontrolle, er beschützt
den Geschmacksinn, er beschäftigt sich mit der Kontrolle des Geschmacksinns.
Wenn er mit dem Körper ein Berührungsobjekt fühlt, klammert er sich nicht an
seine Zeichen und sein Erscheinungsbild. Da üble, unheilsame Geisteszustände
der Gier und der Trauer in ihn eindringen könnten, wenn er den Berührungssinn
unkontrolliert ließe, übt er sich in dessen Kontrolle, er beschützt den Berührungssinn,
er beschäftigt sich mit der Kontrolle des Berührungssinns. Wenn er mit
dem Geist ein Geistesobjekt erfährt, klammert er sich nicht an seine Zeichen und
sein Erscheinungsbild. Da üble, unheilsame Geisteszustände der Gier und der
Trauer in ihn eindringen könnten, wenn er den Geistsinn unkontrolliert ließe, übt
er sich in dessen Kontrolle, er beschützt den Geistsinn, er beschäftigt sich mit
der Kontrolle des Geistsinns. Auf diese Weise beschützt ein edler Schüler seine
Sinnestore.“

9. „Und auf welche Weise ist ein edler Schüler gemäßigt im Essen? Mit weiser
Betrachtung nimmt da ein edler Schüler Nahrung zu sich, weder zum Spaß,
noch zur Berauschung, noch zum Schmücken, noch zur Verschönerung, sondern
nur, um diesen Körper am Leben zu erhalten, ihn zu ernähren, um das Unbehagen
(des Hungers) zu beenden, und um das heilige Leben zu fördern, indem er
erwägt: ,So werde ich alte Gefühle (des Hungers) beenden, ohne neue Gefühle
(der Übersättigung) zu erwecken, und ich werde gesund und ohne Tadel sein und
ich werde ein leichtes Leben haben.‘ Auf diese Weise ist ein edler Schüler gemäßigt
im Essen.“

10. „Und auf welche Weise widmet sich ein edler Schüler der Wachsamkeit?
Am Tage läutert ein edler Schüler den Geist beim Auf und ab-Gehen und Sitzen
von hinderlichen Geisteszuständen. Während der ersten Nachtwache läutert er
den Geist beim Auf und ab-Gehen und Sitzen von hinderlichen Geisteszuständen.
In der mittleren Nachtwache legt er sich auf der rechten Seite nieder, in der
Löwenstellung, mit einem Fuß über dem anderen, achtsam und wissensklar, nachdem
er sich die Zeit zum Aufstehen eingeprägt hat. Nach dem Aufstehen, in der
dritten Nachtwache, läutert er den Geist beim Auf und ab-Gehen und Sitzen von
hinderlichen Geisteszuständen. Auf diese Weise widmet sich ein edler Schüler
der Wachsamkeit.“

11. „Und auf welche Weise besitzt ein edler Schüler sieben wahre Qualitäten?
Da besitzt ein edler Schüler Vertrauen; er setzt folgendermaßen sein Vertrauen in
die Erleuchtung des Tathàgata: ,Der Erhabene ist ein Verwirklichter, ein vollständig
Erleuchteter, vollkommen im wahren Wissen und erhaben im Verhalten,
vollendet, Kenner der Welten, unvergleichlicher Meister bezähmbarer Menschen,
Lehrer himmlischer und menschlicher Wesen, ein Erwachter, ein Erhabener.‘“

12. „Er hat Schamgefühl; er schämt sich für Fehlverhalten in Körper, Sprache
und Geist, schämt sich für Beschäftigung mit üblen, unheilsamen Dingen.“

13. „Er schreckt vor falschem Tun zurück; er schreckt vor Fehlverhalten in
Körper, Sprache und Geist zurück, schreckt vor Beschäftigung mit üblen, unheilsamen
Dingen zurück.“

14. „Er hat viel gelernt, erinnert sich an das Gelernte und festigt das Gelernte.
Solche Lehren, die gut am Anfang, gut in der Mitte und gut am Ende sind, mit
der richtigen Bedeutung und der richtigen Ausdrucksweise, die ein heiliges Leben
enthüllen, das äußerst vollkommen und rein ist – viel von solchen Lehren hat
er gelernt, sich an sie erinnert, sie mündlich rezitiert, sie mit dem Geist ergründet
und mit seiner Ansicht durchdrungen.“

15. „Er ist energetisch beim Überwinden unheilsamer Geisteszustände und
beim Erlangen heilsamer Geisteszustände; er ist standhaft, gefestigt im Streben,
verantwortungsvoll im Bemühen um heilsame Geisteszustände.“

16. „Er hat Achtsamkeit; er besitzt die höchste Achtsamkeit und Geschicklichkeit;
er erinnert sich und besinnt sich auf das, was vor langer Zeit getan wurde
und vor langer Zeit gesprochen wurde 2).“

17. „Er ist weise; er besitzt Weisheit in bezug auf Entstehen und Vergehen, die
edel und durchdringend ist und zur völligen Vernichtung des Leidens führt. Auf
diese Weise besitzt ein edler Schüler sieben wahre Qualitäten.“

18. „Und auf welche Weise ist ein edler Schüler einer, der nach Belieben,
ohne Probleme oder Schwierigkeiten die vier Vertiefungen erlangt, die die höhere
Geistigkeit ausmachen und für ein angenehmes Verweilen hier und jetzt sorgen?
Da tritt ein edler Schüler ganz abgeschieden von Sinnesvergnügen,
abgeschieden von unheilsamen Geisteszuständen, in die erste Vertiefung ein, die
von anfänglicher und anhaltender Hinwendung des Geistes begleitet ist, und verweilt
darin, mit Verzückung und Glückseligkeit, die aus der Abgeschiedenheit
entstanden sind. Er tritt mit der Stillung der anfänglichen und anhaltenden Hinwendung
des Geistes (zum Meditationsobjekt) in die zweite Vertiefung ein, die
innere Beruhigung und Einheit des Herzens, ohne anfängliche und anhaltende
Hinwendung des Geistes enthält, und verweilt darin, mit Verzückung und Glückseligkeit,
die aus der Konzentration entstanden sind. Er tritt mit dem Verblassen
der Verzückung, in Gleichmut verweilend, achtsam und wissensklar, voll körperlich
erlebter Glückseligkeit, in die dritte Vertiefung ein, von der die Edlen
sagen: ,Glückselig verweilt derjenige, der voll Gleichmut und Achtsamkeit ist‘,
und verweilt darin. Er tritt mit dem Überwinden von Glück und Schmerz und
dem schon früheren Verschwinden von Freude und Trauer, in die vierte Vertiefung
ein, die aufgrund von Gleichmut Weder-Schmerzhaftes-noch-Angenehmes
und Reinheit der Achtsamkeit in sich hat, und verweilt darin. Auf jene Weise ist
ein edler Schüler einer, der nach Belieben, ohne Probleme oder Schwierigkeiten
die vier Vertiefungen erlangt, die die höhere Geistigkeit ausmachen und für ein
angenehmes Verweilen hier und jetzt sorgen.“

19. „Wenn ein edler Schüler auf solche Weise einer geworden ist, der Sittlichkeit
besitzt, der seine Sinnestore beschützt, der gemäßigt im Essen ist, der sich
der Wachsamkeit widmet, der sieben wahre Qualitäten besitzt, der nach Belieben,
ohne Probleme oder Schwierigkeiten die vier Vertiefungen erlangt, die die
höhere Geistigkeit ausmachen und für ein angenehmes Verweilen hier und jetzt
sorgen, wird er einer in höherer Schulung genannt, der den Weg betreten hat.
Seine Eier sind unverdorben; er ist in der Lage auszubrechen, zur Erleuchtung
fähig, fähig, die höchste Sicherheit vor dem Gefesseltsein zu erlangen.“
„Angenommen, es gäbe eine Henne mit acht oder zehn oder zwölf Eiern, die
sie richtig bedeckt, bebrütet und versorgt hatte. Obwohl sie nicht wünschte: ,O,
daß doch meine Küken ihre Schalen mit den Spitzen ihrer Krallen und Schnäbel
durchbohren und sicher ausschlüpfen mögen!‘, sind doch die Küken in der Lage,
ihre Schalen mit den Spitzen ihrer Krallen und Schnäbel zu durchbohren und
sicher auszuschlüpfen. So verhält es sich auch, wenn ein edler Schüler auf solche
Weise einer geworden ist, der Sittlichkeit besitzt, der seine Sinnestore beschützt,
der gemäßigt im Essen ist, der sich der Wachsamkeit widmet, der sieben wahre
Qualitäten besitzt, der nach Belieben, ohne Probleme oder Schwierigkeiten die
vier Vertiefungen erlangt, die die höhere Geistigkeit ausmachen und für ein angenehmes
Verweilen hier und jetzt sorgen, wird er einer in höherer Schulung
genannt, der den Weg betreten hat. Seine Eier sind unverdorben; er ist in der
Lage auszubrechen, zur Erleuchtung fähig, fähig, die höchste Sicherheit vor dem
Gefesseltsein zu erlangen.“

20. „Nachdem er bei eben jener höchsten Achtsamkeit angelangt ist, deren
Reinheit auf Gleichmut beruht 3), erinnert sich dieser edle Schüler an viele frühere
Leben, das heißt, an eine Geburt, zwei Geburten, drei Geburten, vier Geburten,
fünf Geburten, zehn Geburten, zwanzig Geburten, dreißig Geburten, vierzig
Geburten, fünfzig Geburten, hundert Geburten, tausend Geburten, hunderttausend
Geburten, viele Äonen, in denen sich das Weltall zusammenzog, viele Äonen,
in denen sich das Weltall ausdehnte, viele Äonen, in denen sich das Weltall zusammenzog
und ausdehnte: ,Dort wurde ich soundso genannt, war von solcher
Familie, mit solcher Erscheinung, solcherart war meine Nahrung, so mein Erleben
von Glück und Schmerz, so meine Lebensspanne; und nachdem ich von dort
verschieden war, erschien ich woanders wieder; auch dort wurde ich soundso
genannt, war von solcher Familie, mit solcher Erscheinung, war meine Nahrung
solcherart, so mein Erleben von Glück und Schmerz, so meine Lebensspanne;
und nachdem ich von dort verschieden war, erschien ich hier wieder.‘ So erinnert
er sich an viele frühere Leben mit ihren Aspekten und Besonderheiten. Dies ist
das erste Ausbrechen, das dem der Küken der Henne aus ihren Schalen gleicht.“

21. „Nachdem er bei eben jener höchsten Achtsamkeit angelangt ist, deren
Reinheit auf Gleichmut beruht, sieht der edle Schüler mit dem Himmlischen
Auge, das geläutert und dem menschlichen überlegen ist, die Wesen sterben und
wiedererscheinen, niedrige und hohe, schöne und häßliche, in Glück und Elend.
Er versteht, wie die Wesen ihren Handlungen gemäß weiterwandern: ,Diese geschätzten
Wesen, die sich mit Körper, Sprache und Geist übel benommen haben,
die die Edlen geschmäht haben, die falsche Ansichten hatten und diesen in ihren
Taten Ausdruck verliehen, sind bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode in
Umständen, die von Entbehrungen geprägt sind, wiedererschienen, an einem
unglücklichen Bestimmungsort, in Verderbnis, ja sogar in der Hölle; aber jene
geschätzten Wesen, die sich mit Körper, Sprache und Geist wohl benommen
haben, die die Edlen nicht geschmäht haben, die richtige Ansichten hatten und
diesen in ihren Taten Ausdruck verliehen, sind bei der Auflösung des Körpers,
nach dem Tode an einem glücklichen Bestimmungsort wiedererschienen, ja sogar
in der himmlischen Welt.‘ So sieht er mit dem Himmlischen Auge, das geläutert
und dem menschlichen überlegen ist, die Wesen sterben und wiedererscheinen,
niedrige und hohe, schöne und häßliche, in Glück und Elend, und er versteht, wie
die Wesen ihren Handlungen gemäß weiterwandern. Dies ist das zweite Ausbrechen,
das dem der Küken der Henne aus ihren Schalen gleicht.“

22. „Nachdem er bei eben jener höchsten Achtsamkeit angelangt ist, deren
Reinheit auf Gleichmut beruht, tritt dieser edle Schüler hier und jetzt durch eigene
Verwirklichung mit höherer Geisteskraft, in die Herzensbefreiung, die Befreiung
durch Weisheit, die mit der Vernichtung der Triebe triebfrei ist, ein und
verweilt darin. Dies ist das dritte Ausbrechen, das dem der Küken der Henne aus
ihren Schalen gleicht 4).“

23. „Wenn ein edler Schüler Sittlichkeit besitzt, dann ist das sein Verhalten.
Wenn er seine Sinnestore beschützt, dann ist das sein Verhalten. Wenn er gemäßigt
im Essen ist, dann ist das sein Verhalten. Wenn er sich der Wachsamkeit
widmet, dann ist das sein Verhalten. Wenn er sieben wahre Qualitäten besitzt,
dann ist das sein Verhalten. Wenn er einer ist, der nach Belieben, ohne Probleme
oder Schwierigkeiten die vier Vertiefungen erlangt, die die höhere Geistigkeit
ausmachen und für ein angenehmes Verweilen hier und jetzt sorgen, dann ist das
sein Verhalten 5).“

24. „Wenn er sich an viele frühere Leben erinnert, mit ihren Aspekten und
Besonderheiten, dann ist das sein wahres Wissen. Wenn er mit dem Himmlischen
Auge, das geläutert und dem menschlichen überlegen ist, die Wesen sterben
und wiedererscheinen sieht, niedrige und hohe, schöne und häßliche, in Glück
und Elend, und er versteht, wie die Wesen ihren Handlungen gemäß weiterwandern,
dann ist das sein wahres Wissen. Wenn er hier und jetzt durch eigene
Verwirklichung mit höherer Geisteskraft, in die Herzensbefreiung, die Befreiung
durch Weisheit, die mit der Vernichtung der Triebe triebfrei ist, eintritt und
darin verweilt, dann ist das sein wahres Wissen.“

25. „Somit sagt man, dieser edle Schüler sei vollkommen im wahren Wissen,
er sei erhaben im Verhalten, er sei vollkommen im wahren Wissen und erhaben
im Verhalten. Und dieser Vers wurde vom Brahmà Sanaïkumàra geäußert:
,Was Abstammung angeht, gilt Adelsfamilie
Als Beste von allen im Volke.
Doch Bester von Göttern und Menschen ist einer,
Von Wissen und gutem Verhalten erfüllt.‘
Nun ist dieser Vers vom Brahmà Sanaïkumàra wohl gesungen, nicht schlecht
gesungen; er ist wohl gesprochen, nicht schlecht gesprochen; er hat eine Bedeutung
und ist nicht bedeutungsleer; und er wurde vom Erhabenen gutgeheißen.“

26. Da erhob sich der Erhabene und er richtete sich an den ehrwürdigen ânanda:
„Gut, gut, ânanda, es ist gut, daß du über den Schüler in höherer Schulung, der
den Weg betreten hat, zu den Sakyern von Kapilavatthu gesprochen hast.“
Das ist es, was der ehrwürdige ânanda sagte. Der Lehrer hieß es gut. Die Sakyer
von Kapilavatthu waren zufrieden und entzückt über die Worte des ehrwürdigen
ânanda.

Anmerkungen:
1) Dieser glücksverheißende Brauch wird auch heute noch in den Ländern des
Theravàda-Buddhismus praktiziert; bei einer Hauseinweihung werden oft
Bhikkhus eingeladen, die eine Nacht lang paritta Texte rezitieren, Texte, denen
eine beschützende, segensbringende Wirkung zugeschrieben wird. Danach wird
das Gebäude seiner Bestimmung zugeführt.
2) Interessant ist hier die weiter gespannte Bedeutung des Wortes sati. Der Buddha
hat sati oft gepriesen, meinte damit aber anscheinend mehr als nur „Achtsamkeit“
im Sinne von „Wissen, was gegenwärtig ist“.
3) Das bezieht sich auf das vorhergehende Erreichen der vierten Vertiefung, die als
Basis für die im Folgenden geschilderten drei Arten von wahrem Wissen dient.
4) Dies wußte ânanda jedoch nicht aus eigener Erfahrung, als er das sagte. Er war
zwar selbst schon ein edler Schüler in höherer Schulung, erlangte aber die Vernichtung
der Triebe erst etwa ein halbes Jahr nach dem Parinibbàna des Buddha.
5) Deses Verhalten, zusammen mit den drei Arten wahren Wissens, ist mit „vollkommen
im wahren Wissen und erhaben im Verhalten“ (vijjàcaraôasampanna)
aus der Standardformel der Reflektion über den Buddha gemeint.