20. European Buddhist Summer-Camp in Amiens

2732672344_664191a0fd_qDie Sangha der Pagode Phat Hue nahm in der vergangenen Woche am 20. buddhistischen Sommer-Camp der vietnamesischen Buddhisten Europas in Amiens (Frankreich) teil. Während des 7 Tage langen Aufenthaltes standen umfangreiche Belehrungen, Zeremonien und ein Rezitationstag der Reine-Land-Schule auf dem Plan. Außerdem ergab sich genügend Freizeit, in der ein offener, warmer und freundschaftlicher Austausch zwischen westlichen und asiatischen Ordinierten, Meditation im Freien sowie die Erkundung der regionalen Sehenswürdigkeiten stattfinden konnten.

Das buddhistische Sommer-Camp wird seit 1988 Jahr für Jahr von den vietnamesischen Pagoden Europas –von Ordinierten sowohl als auch von Laienbuddhisten – organisiert.

Die Stadt Amiens wird Freunden mittelalterlicher Architektur und Geschichte bereits bekannt sein. Man findet hier die größte Kathedrale Frankreichs, welche seit mehr als 800 Jahren die mumifizierte Kopfreliquie Johannes des Täufers verwahrt und zur Besichtigung ausstellt. Die um die 600 Teilnehmer des Summer-Camps waren in einem großen Gebäude- und Grünanlagenkomplex (La Providence Amiens) untergebracht, auf dessen Gelände sich Bildungseinrichtungen unterschiedlichster Art befinden. Die große Anlage bot genügend Platz, um alle hohen Meister, Mönche und Nonnen und Laienbuddhisten ohne Probleme unterzubringen. Die Unterrichtsräume vor Ort waren für Belehrungen und Dharma-Talks wie geschaffen. Die große Sporthalle konnte nach äußerst gelungener und aufwendiger Dekoration kaum noch als solche wieder erkannt werden und diente fortan als Buddhahalle – hier fanden die Morgenmeditation, Zeremonien und Nachmittagsrezitationen statt. Frühstück, Mittag- und Abendessen nahmen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in der großräumigen Mensa des Internates ein.

Dharma und großes „Familientreffen“

Das buddhistische Sommer-Camp verfolgt seit 1988 mehrere Ziele: Einerseits erhalten alle Ordinierten und Laienbuddhisten umfangreiche Dharmabelehrungen: drei Mal zwei Stunden pro Tag. Die große Anzahl der Teilnehmer wurde dieses Jahr in Kinder- und Jugendlichen, Anfänger-, Fortgeschrittene- und Ordiniertenklassen aufgeteilt. Die hohen Mönche und Meister gaben Belehrungen in unterschiedlichen Klassen, sodass die Teilnehmer von unterschiedlichen Lehrern und Themen profitieren konnten. Die Dharma-Talks in der Ordiniertenklasse deckten ein sehr weites Feld ab: Geschichte des vietnamesischen Buddhismus, Fragen zu den Vinaya-Regeln, komplizierte Abhandlungen zum Thema Bewusstseinsschule, Übertragung der Bodhisattva-Gelübde für Laienbuddhisten, Schaffung von Harmonie in der Sangha und Überblick über die frühesten buddhistischen Schulen in Indien… Da vor Ort keine offizielle Übersetzung der vietnamesischen Belehrungen vorgesehen war, halfen die teilnehmenden Mönche und Nonnen, die Inhalte in Deutsch oder Englisch zu übersetzen. Dies war nicht immer einfach: bei komplizierteren Themen wie der Bewusstseinsschule mussten die Übersetzer häufig verallgemeinern oder es war Ihnen nicht möglich die entsprechenden Wörter in Deutsch oder Englisch zu finden. In Bezug auf die Unterrichtsinhalte fiel auf, dass die „Unterrichtseinheiten“ weitestgehend unstrukturiert waren – die Themen schienen eher spontan ausgewählt und nicht aufeinander abgestimmt. Auch war die Ordiniertenklasse nicht nach Erfahrungsgrad bzw. Wissensstand aufgeteilt: So erhielten jüngere Novizen, Bhikkhus und sogar einige dem Unterricht beiwohnende Meister dieselben Belehrungen – egal ob es sich dabei um einfaches, buddhistisches Grundwissen oder um komplizierte Philosophie handelte. Aber: auch wenn man den Belehrungen inhaltlich weniger folgen konnte, war die alleinige Präsenz der hohen Meister bereits eine Belehrung für sich.

Nicht zu unterschätzen ist die Rolle des buddhistischen Sommercamps als eine Art riesiges „Familientreffen“: Das erste buddhistische Sommer-Camp richtete sich seinerzeit vollständig an alle Vietnamesen, die nach ihrer Flucht in Europa Fuß fassen konnten. Das Sommer-Camp bietet seit dem allen europäischen Vietnamesen in Europa die Möglichkeit, Kontakt zu ihren Verwandten und Freunden zu halten, gemeinsam die buddhistische Praxis der Reine-Land-Schule auszuüben sowie Beistand und spirituelle Unterstützung durch die Anwesenden Ordinierten zu erhalten. Dadurch wird ein wesentlicher Beitrag zum Erhalt der Tradition der vietnamesischen Flüchtlingsgenerationen geleistet. Während die Eltern alte Kontakte pflegen, können die jüngeren Generationen die Zeit der Sommer-Camps auch als Jugendfreizeit und Kontakt“börse“ ansehen. Sie können so andere Gleichaltrige kennen lernen und neue Kontakte knüpfen.

Ein Blick in die Zukunft

Dharmaverbreitung oder die Verwurzelung des Dharmas im Westen war jedoch nie wirkliches Ziel oder Zweck der Veranstaltungen. Es war vielmehr immer eine Art inner-vietnamesisches Treffen. Es ist jedoch erstrebenswert, in Zukunft ein weiteres auf diesen bereits vorhandenen Strukturen aufbauendes Sommer-Camp zu organisieren, welches den Fokus tatsächlich ausschließlich auf buddhistische Praxis, Belehrungen und Dharma-Verbreitung legt. Ein solches Camp darf dann natürlich nicht auf eine Tradition beschränkt sein – die momentanen Treffen der vietnamesischen Buddhisten beschränken die buddhistische Praxis auf die Reine-Land-Schule. Dies würde westliche Praktizierende sowie Praktizierende anderer buddhistischer Traditionen wie Theravada in großem Maße von einer solchen Veranstaltung fernhalten. Traditionsoffenheit, Alltagsbezogenheit, altersangemessene „Lerngruppen“, Kombination von Theorie und Praxis und strukturierte „Lehrpläne“ sowie die Bereitstellung entsprechender Übersetzungsangebote wären nur einige der auszuarbeitenden Aspekte für ein derartiges Projekt. Wir verfolgen diesen Punkt interessiert weiter und sammeln bereits eifrig Ideen.

6. August 2008

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