Das Ego – unser Selbstbild

Alle Phänomene, Taten und Gefühle beruhen auf Bedingungen. Diese Bedingungen sind wiederum abhängig von der Beschaffenheit unseres Egos. Ist unser Ego heilsam, ziehen wir positiven Gefühle und Handlungen an, ist es unheilsam, so ziehen wir Negativitäten an.

Was ist das Ego?

Buddha spricht von Atman. Wir übersetzen den Begriff mit Ich, Selbst oder Ego. Unser Ego ist eine falsche Vorstellung von den 5 Aggregatzuständen:

– falsche Vorstellung vom Körper
– falsche Vorstellung von den Gefühlen
– falsche Vorstellung über die Ideen
– falsche Vorstellung über die Gewohnheitsstrukturen
– falsche Vorstellung über die Wahrnehmung

Anders ausgedrückt, Ego ist nur eine Vorstellung von einem Selbst oder Ich. Es ist also ein Konzept und kein fixes Wesen, wie von uns oft irrtümlicherweise angenommen. Unsere Vorstellungen vom Selbst unterliegen der Veränderung. Wenn unser Körper jung und schön ist, fühlt sich unser Ego stark. Wenn aber unser Körper altert und wir ihn nicht mehr schön finden, dann ist unser Ego schwach. Wir sehen, die Veränderung eines Aggregatszustandes- hier des Körpers – kann unser gesamtes Selbstbild ins Wanken bringen. Unser Ich oder Ego ist abhängig von positiven oder negativen Erfahrungen, die wir machen.
Wie entsteht das Ego und wie funktioniert es?

Das Ego, also die Vorstellung von einem Ich, entsteht aus unseren Wunschbildern. Wir wollen etwas sein und etwas können. Wir wollen zum Beispiel schön sein und wertgeschätzt, angesehen oder akzeptiert werden, also entwickeln wir ein entsprechendes Selbstbild.
Dieses Bild aber basiert auf unseren tiefliegenden Grundängsten. Wir haben Angst, verlassen oder abgelehnt zu werden oder wir befürchten minderwertig zu sein. Aus unserer Angst und der damit einhergehenden Unsicherheit heraus entwickeln wir gegenteilige Vorstellungen, unsere Wunschträume. Wenn wir zum Beispiel fürchten, abgelehnt zu werden, präsentierten wir uns vielleicht als Mulitalent oder als großer Denker und hoffen, auf diese Weise Anerkennung und Zuneigung zu erhalten. Mit der Umsetzung solcher Egobilder aber fangen unsere Probleme an.

Jeder Mensch kann erkennen, dass seine Ich-Vorstellung nicht haltbar ist– sie ändert sich ja jeden Tag, jeden Moment und jede Sekunde. Es ist ein ständiges auf und ab. Der Kern unseres Selbst, den wir so sehr suchen, entpuppt sich als nicht greifbar. Denn wir sind unterschiedlich, je nachdem in welchen Bedingungsfeld wir uns befinden. Ob wir im Regen stehen oder statt dessen in der Sonne liegen macht einen deutlichen Unterschied, wir sind jeweils ein ganz anderer Mensch. Wir machen jedoch das ständige Auf und Ab unserer Bilder mit. Statt unser Ego aufzudecken, lassen wir uns täuschen.

Wenn jemand sagt: „Deine Arbeit ist so schlecht“, sagen wir „Nein, ich mache es die ganze Zeit, ich bin so gut .“ Man identifiziert sich mit dem, was man macht. Was man tun, das ist man, denken wir. Je mehr Ruhe man jedoch in sich hat, desto eher wird man erkennen, dass man ständig defensiv ausgerichtet ist und verteidigt, was gegen das Egobild spricht. Und je mehr man das Gefühl hat,das Ego stärken zu müssen, desto defensiver wird das Verhalten sein und desto sturer und starrer wird man.
Wenn man allerdings flexibel ist und die Bedingungen des Moments akzeptiert, kann man die dahinter liegenden Ängste aufdecken. Dann erkennt man auch, dass man ein Egobild hat welches man gerne verteidigt.

Woher kommt dieses Selbstbild? Wovor habe ich Angst?, das sind Fragen, die wir uns stellen können, um Klarheit darüber zu erhalten, welche Egobilder wir ständig reproduzieren, wie wir dieses Selbstbild immer wieder beschützen und in welcher Weise wir dadurch unser Leid ständig erneut erzeugen.

Wie kann man das Ego loslassen ?

Das Ego ist nur eine konzeptuelle Idee. Wenn wir die Realität erkennen wollen, müssen wir dieses Ego, also das von uns entworfene Selbstbild loslassen. Loslassen heißt nun aber nicht, dass das Ego im wörtlichen Sinne zu zerstören ist. Es geht vielmehr darum, das Egospiel in völliger Klarheit zu erkennen.
Am Anfang sollten wir uns beobachten: Was ändert sich bei mir in welchem Bedingungsrahmen ? Wann bin ich authentisch? Wann bin ich wahrhaftig?
In einem zweiten Schritt können wir dann erkennen, wie unser Selbstbild entsteht und woraus es besteht. Im Zusammenhang damit werden wir auch unsere Grundängste erfahren.
Statt den Weg über das Selbstbild zu nehmen, können wir auch direkt unseren Ängsten begegnen und dann dadurch erkennen, welche falschen Bilder aus den Ängsten heraus erzeugt werden.

Unser irrtümliches Selbstbild loszulassen verlangt Mut, aber es lohnt sich, denn unter dem Ego liegt die eigentliche Buddhanatur, ein universelles Potential. Erst wenn wir nicht mehr durch Ängste und Konzepte eingeschränkt sind, können wir dieses Potential voll ausschöpfen.

Wir halten aber vielfach an unseren Selbstkonzepten krampfhaft fest und hindern uns an der Entfaltung der Buddhanatur. Bildlich gesprochen heißt das, wir identifizieren uns nur mit einer kleinen Glühbirne und nehmen nicht wahr, dass wir mit einem Stromkraftwerk verbunden sind und dass der Strom uns zum Leuchten bringt.

Ein zweites Beispiel: Wir kennen alle die kleine Taschenrechnerfunktion der Windows Betriebssysteme. Wir glauben ständig, wir seien ein solch kleiner, einfacher Taschenrechner, der gerade mal die Funktionen plus, minus, geteilt und Wurzelrechnungen vollziehen kann und nicht weiß, dass er durch das große Betriebssystem erzeugt wird. Wir sind uns sicher, dass nur die wenigen Taschenrechnerfunktionen unsere Kapazität ausmachen. Wir sind zudem überzeugt, dass wir unser ganzes Leben lang darauf beschränkt sein werden, Rechnungen für andere Menschen auszuführen. Doch was wäre, wenn wir erkennen würden, dass wir kein kleiner Taschenrechner sind ? Was wäre, wenn wir erkennen würden, dass er von einem viel größeren Betriebssystem aufgebaut wurde?

Manchmal wird fälschlicherweise Befreiung als eine rein intellektuelle Arbeit verstanden. Dem ist aber nicht so. Buddhistische Praxis beinhaltet Erfahrung, bei welcher der Intellekt mit dem Herz vereint wird. Dann kommt es zu Einsicht und Erkenntnis.
Nur die durchaus harte Arbeit an unserem Selbstbild führt zum Loslassen der Anhaftungen und damit zur Befreiung. Wir müssen den Mut aufbringen, uns Situationen zu stellen, die wir normalerweise zu meiden versuchen, und wir müssen uns dabei mit unseren Ängsten konfrontieren. Befreiung haben wir erreicht, wenn sich unsere Bilder und die diesen zugrundeliegenden Ängste aufgelöst haben.

7. September 2008

1 Kommentar to Das Ego – unser Selbstbild

  1. Schöner Bericht mich hatt dir Anatta lehre echt gerettet lange Geschichte.May the triple gem bless you .

  2. Reimann on März 23rd, 2013

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