olympia china olympische spiele

Ausrichtung der Olympischen Spiele durch China

8.4.08, Frankfurt

Offener Brief des buddhistischen Zen-Meisters und Abts Thich Thien Son
– Abt der Pagode Phat Hue in Frankfurt –

Nach dem olympischen Geist ist von Kriegen, Hass und Konflikten abzusehen, damit Spieler und Zuschauer sich auf der menschlichen Ebene begegnen und Nationen zueinander finden können. Wir sehen aber, dass China im Vorfeld der Spiele nicht gewillt ist, diesen Grundsatz anzuerkennen. Statt dessen treten die chinesischen Machthaber die Menschenrechte immer wieder mit Füßen.
So wurde gerade der Bürgerrechtler Hu Jia zu dreieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt, weil er das Recht der Meinungsfreiheit für sich beanspruchte. Und Yang Chunlin, der sich gegen die Zwangsumsiedlung von Menschen wandte, wurde zu fünf Jahren Haft verurteilt. Die chinesische Regierung plant nach den olympischen Spielen, eine Million weiterer Chinesen in Tibet anzusiedeln, damit demonstriert sie den Willen zur Fortsetzung ihrer ethnischen Strategie. Das tibetische Volk und seine Kultur sollen ausradiert werden. Und die Planung, den olympischen Fackellauf durch Tibet zu führen, macht deutlich, dass die Tibeter mit allen Mitteln gedemütigt werden sollen. Mit solchen Formen der Machtdemonstration wird Hass erzeugt. Die Verunglimpfung des Dalai Lama gehört ebenfalls zum Handwerk der politischen Machthaber. Dabei fordert er nicht die Loslösung von China, sondern das Recht der Tibeter auf Identitätserhaltung. Die Unruhen in Tibet sind Ausdruck des Ohnmachtgefühls eines Volkes, dessen Rechte über Jahrzehnte hinweg verunglimpft wurden. Der Dalai Lama fordert von den chinesischen Behörden Dialog statt Unterdrückung.

China wird versuchen die Spiele als eine Plattform für geschönte Selbstdarstellung zu nutzen. Die chinesischen Machthaber setzen gezielt ihre Medien und politischen Werkzeuge ein, um der Außenwelt Harmlosigkeit zu präsentieren. Sie üben Druck aus und versuchen, westliche Medien auf diesem Wege mundtot zu machen. Hier findet eine geplante Manipulation der Weltöffentlichkeit statt. Es ist zu befürchten, dass während der Spiele nach außen hin eine Scheinruhe erzeugt wird. Nach innen aber – vielfach unbemerkt von Touristen und Spielern – werden die Machthaber weiterhin mit harter Hand regieren.

Sollten Sportler wirklich an Spielen teilnehmen, die von Machthabern ausgerichtet werden, die keine Moral in sich tragen? Olympische Spiele sind doch kein Straßenfest, wo einzelne Sportler sich „mal eben so treffen“. Sie vertreten vielmehr die gesamte Nation. Es kann auch nicht sein, dass wir aus Sportsgeist Ethik und Moral vergessen. Wir lassen schließlich bei den Spielen die Moral auch nicht beiseite. Faule Tricks führen zur Disqualifikation.

Besonders die offiziellen Repräsentanten von Politik, Wirtschaft und Sport sollten bedenken, dass sie durch ihre Unterstützung oder Anwesenheit während der Spiele das chinesische Regime aufwerten. Wenn politische Machthaber nicht jedem Bürger das Recht auf Freiheit und Unversehrtheit gewähren, wie sollte denn da Sport zu Frieden und Völkerverständigung beitragen können? Die Deutschen sollten nicht aus Schuldgefühlen heraus ihre leidvollen Erfahrungen der Geschichte ausblenden. Deutschland hat erfahren, wie durch internationale Duldung und Besänftigungsstrategien ein Unrechtssystem gestärkt wurde. Fordert die Vergangenheit jetzt nicht zu einem anderen Handeln auf?

Die buddhistische Sicht ist eindeutig. Ereignisse, Situationen, Systeme bilden eine Bedingungsgefüge. Mit unserem Handeln haben wir daran Anteil. Wenn wir die olympischen Spiele unterstützen, schaffen wir eine weitere Bedingung dafür, dass China sein Vorgehen gegenüber Menschen als rechtmäßig ansehen kann. Bleiben wir passiv und tun gar nichts, liefern wir ebenfalls eine weitere Bedingung für eine unheilsame Situation. Es kann also nicht darum gehen ein Bedingungsgefüge hinzunehmen. Vielmehr ist es unsere Aufgabe, durch heilsame Impulse ein neues Bedingungsgefüge zu erzeugen. Nur so können wir helfen, nur so schaffen wir die Grundlage für eine friedvolle Welt.

Friede ist immer möglich, der Wille dazu muss nur stark genug sein!

Abt Thich Thien Son

Tags: