Donnerstag, 16. Dezember 2010

Ich habe einen Zenschüler, der bei einem Unfall starb. Er fuhr mit dem Fahrrad einen Berg hinunter und als ihm eine alte Frau entgegen kam, wich er ihr aus und prallte gegen einen Baum. Seine Frau bat mich in ihr Haus, um eine Zeremonie für ihren Mann zu halten. Als sie mich durch das Haus führt, zeigt sie mir die Spuren, die er hinterlassen hat. Im ganzen Haus verteilt sind diese kleinen gelben Posted-Zettel: Am Spiegel im Badezimmer hängt ein Zettel auf dem steht „Liebling, wenn Du heute Morgen in den Spiegel siehst, weißt du, dass ich dich liebe“. Seine Frau zeigt mir Bücher mit kleinen Anmerkungen am Rand auf denen steht: „Als ich diesen Absatz gelesen habe, musste ich an Dich denken“. Wenn er morgens aus dem Haus zur Arbeit ging und in der Küche sich das Geschirr stapelte und alles im Chaos war, fand sie später einen kleinen Zettel: „Wenn Du deine Arbeit heute tust, schicke ich Dir meine Liebe“. Obwohl er nicht mehr da ist, fühlt seine Frau sich immer noch umhüllt von seiner Liebe. Was immer in seinem Leben war, er betrachtete alles unter dem Blickwinkel der Liebe und hat in jeder Situation im Geist die Liebe gehalten.

Meistens leben wir mehr in unseren Vorstellungen, statt im Augenblick. Wir haben eine genaue Vorstellung, wie unser Leben sein soll und wenn es nicht so läuft, wie wir es uns wünschen, werden wir mitgerissen von einem Strom von Emotionen und Gefühlen.
Manchmal kommt jemand zu uns, und wir denken: Ich habe jetzt keine Zeit. Wir halten an der Vorstellung fest, dass wir gerade etwas anderes tun müssen und wenn uns jemand anspricht, fühlen wir uns gestört. Oder wir wissen genau, wie die Dinge sein müssen – und dann kommt es anders! So sind wir enttäuscht, verletzt oder wütend und ohne dass wir es wollen, werden wir von unseren Gefühlen mitgerissen. Dass das nicht passiert, müssen wir die richtigen Methoden finden, um unseren Gefühlsstrom zu besänftigen. Denn wenn wir erst einmal mitgerissen werden, entsteht ein Domino-Effekt, der kaum zu bremsen ist, genauso wenig wie eine Herde junger Stiere…
Um unsere geistige Färbung zu verstehen, machen wir jeden Morgen einen Realitätscheck, um zu verstehen: Wie geht es mir heute? Wie ist mein Gefühl? Wie meine Laune? Durch den täglichen Check wissen wir, was in uns los ist und wissen schon gleich morgens, dass es heute vielleicht knallen könnte. So können wir schon vorsichtig in den Tag gehen und versuchen, uns nicht zu verwickeln. In dem wir die geistige Färbung des Tages verstehen, können wir zu einer inneren Sicherheit finden, die uns sagt: Egal was passiert, ich nehme es an. Welches Problem auch auftaucht, ich akzeptiere es und versuche das Beste daraus zu machen. Ich nehme jede Situation an, wie sie kommt, denn sie gehört zu meinem Leben.

Im Haus meines Zenschülers sah ich, dass was immer in seinem Leben oder im Alltag passierte, sein geistiger Zustand orientierte sich daran, dass er die Situation so akzeptierte wie sie war und er alles mit einer liebevollen Haltung verband. Denn, was auch immer passiert im Leben: Was wir immer suchen, ist Liebe. Und was wir immer geben können, ist Liebe.

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16. Dezember 2010

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