Donnerstag, 23. Dezember 2010

Wir bekommen in diesen Tagen so viele Geschenke und Wünsche zu Weihnachten, von unseren Freunden, Patienten und den Zenschülerinnen. Als Ausländer und Mensch, der nicht in der christlichen Kultur aufgewachsen ist, versuche ich zu verstehen, was Weihnachten eigentlich bedeutet. Vieles ist mir nicht ganz klar: Was ist der Unterschied zwischen dem Nikolaus und dem Weihnachtsmann und welche Rolle spielt darin das Christkind? Ich bekomme alle möglichen Versionen erzählt und habe trotzdem nicht alles verstanden. Nur eine Sache ist hängen geblieben, dass der Nikolaus aus der Türkei kommt und der Weihnachtsmann von Coca Cola. Aber jetzt kann ich erst Recht keine Verbindung herstellen, was das mit Jesus Christus zu tun hat. Also bin ich auf den Weihnachtsmarkt gegangen, um die Weihnachtsstimmung zu spüren: Ich sehe viele Menschen fröhlich miteinander Glühwein trinken und es gibt viele Stände an denen Sachen verkauft werden, aber was hat das mit Weihnachten zu tun? Irgendwann bin ich an der Liebfrauenkirche vorbeigekommen und bin hineingegangen. Ich habe mich hingesetzt. Es war still und ruhig und ich spüre etwas Erhabenes. Nach einer Weile setzt sich eine Frau zu mir, sie spricht mich an und sagt „Sie sind doch ein buddhistischer Mönch, was machen Sie denn hier, in einer christlichen Kirche?“
„Ich versuche herauszufinden was Weihnachten ist“, sage ich.
Sie erklärt mir vieles. Ein Satz ist in meinem Kopf besonders hängen geblieben: „Weihnachten ist ein Tag der Besinnung. Ein Tag, wo du über deine Verbindung zu Gott nachdenkst. Durch die Geburt seines Sohnes, besinnen wir uns auf unsere Verbindung mit dem Allmächtigen.“ Als Nicht-christlich-Gläubiger verstehe ich, dass wir uns an Weihnachten darauf besinnen, dass wir ein Teil des Ganzen sind. An Weihnachten machen wir uns bewusst, dass wir nicht allmächtig sind und bedanken uns darüber, wie reich Gott uns beschenkt. Die Atmosphäre in der Kirche und die Antwort der Frau, wecken in mir eine tiefe Demut und ich fühle mich warm und umhüllt von Liebe. Man muss nicht alles allein schaffen und erkämpfen, sondern wird von anderen Kräften getragen. Dafür gibt es im Buddhismus ein Wort: Intersein. Es bedeutet: Ich existiere, weil du existierst. Wenn ich mir der Abhängigkeit voneinander bewusst bin, spüre ich automatisch, dass Frieden notwendig ist. Wenn wir uns darüber bewusst sind, dass wir voneinander abhängig sind um zu existieren, haben wir selbstverständlich Respekt und Fürsorge füreinander. An Weihnachten können wir uns darauf besinnen, wie notwendig innerer und äußerer Frieden ist.

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23. Dezember 2010

1 Kommentar to Donnerstag, 23. Dezember 2010

  1. Hallöle,

    es ist immer wieder schön zu lesen was Du schreibst. Es beschäfgitg mich, regt mich zum nachdenken an, es macht freude und es berührt mein Herz. Was mich aber schon sehr oft positiv überrascht hat ist eure offenheit gegnüber anderen Glaubensrichtungen, Ihr sagt nie das der Buddhismus der eine und wahre Weg ist sprituell zu sein oder das göttlich zu suchen, ich habe noch nie dogmatische Aussagen bei euch gehört, vielleicht habe ich sie eventuell überhört, dann waren sie aber zu schwach um in mein Ohr zu dringen ;-).

    So, weil das so ist möchte ich mich von ganzem Herzen bei euch bedanken, auch wenn ich nicht allzu oft vorbeikomme, so habt Ihr mein Herz doch sehr oft berührt!!

    Habt eine schöne und vor allem stressfreie Zeit, kommt gut in’s neue Jahr und beleibt am besten genauso wie Ihr seid, auch wenn nichts beständiger ist als der Wandel.

    Herzliche Grüße B. Tischner

  2. Boris Tischner on Dezember 23rd, 2010

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