Freitag, 3. Dezember 2010

Fortsetzung vom 29.11.2010

Obwohl ich von den anderen Mönchen nicht gemocht und ausgegrenzt wurde, hielt ich weiter an meiner Position fest. Denn mein Gefühl war, dass ich dadurch einen Platz im Herzen meines Meisters gefunden hatte und jemand besonderes für ihn war. Innerlich war ich darauf angewiesen, dass mein Meister mir ständig zeigte, wie stolz er auf mich war. Jede kleinste Bemerkung und Bewertung nahm ich ernst und reflektiere sie genau. Ich versuchte zu erahnen und zu erraten was der Standpunkt des Meisters war und wollte ihm voll und ganz entsprechen. Ich versuchte ihn zu kopieren, ahmte ihn nach, fühlte mich jedoch ständig unsicher und nicht gut genug. Wenn ich meditierte war mein Geist rastlos, ständig bewertete ich alles was ich tat und ich bereute jede falsche Handlung die ich gemacht hatte und bedauerte, alle Fehler, die ich in der Vergangenheit begannen hatte: ich war so oft undiszipliniert und unkonzentriert gewesen und hatte die Sutren nicht richtig verstanden! Und so schmiedete ich Pläne, wie ich mich in der Zukunft bessern würde und malte mir aus, wie ich, wenn ich einmal ein Kloster hätte, die Mönche trainieren und ausbilden würde. Mein innerer Rebell wurde immer leiser und schwieg fast ganz, dafür wurde meine Schattenseite immer sichtbarerer und stärker: Ich passte mich vollkommen an, und verhielt mich so, wie ich dachte, dass mein Meister mich haben will. Denn ich glaubte, dass je mehr ich meine rebellische Seite zügelte, desto mehr würde ich von meinem Meister angenommen und desto näher war ich ihm. Der Meister hatte uns Novizen einmal beigebracht, dass wir uns immer einer Situation angemessen und dem jeweiligen Gegenüber angepasst verhalten sollten. Ich dachte, ich käme diesem Satz nach, indem ich penibel mein Verhalten kontrollierte und vollkommen aufging in meinem Bild von einem Mönch, wie ich dachte, dass der Meister ihn wollte.
Wo führt das hin?
Letztlich hat mich der Meister dazu gebracht, mich mit meiner Angst zu konfrontieren. In dem er mir zeigte, dass ich nur aus meiner Angst heraus agierte.
Wie tat er das?
Er stellte mich auf die Probe, z.B. warf er mich in Situationen, wo ich aus dem Stehgreif einen Vortrag halten sollte. Ich tat mein Bestes und versuchte gut da zustehen und als ich fertig war, sagte er: „Ich habe nur deine Angst gesehen.“
Oder wenn ich ihn auf Reisen begleitete und versuchte alles gut zu machen und ihm ein guter Attendant zu sein- dann sagte er aus heiterem Himmel zu mir: „Ich spüre deine Angst“. Er machte mir bewusst, dass ich weder vorher besonders mutig gewesen war, durch meine rebellischen Ausbrüche, noch dass ich einen besonderen Platz in seinem Herzen hatte. Nur, wenn ich mich mit meinen Ängsten konfrontiere, würde ich mich wirklich verstehen und mich nicht weiter im Kreis drehen.
Ich fragte den Meister: „Was meinst du damit? Was ist diese Angst überhaupt?“
Und er sagte: „Die Essenz deines Lebens“.
Da war der innere Rebell in mir plötzlich wieder da und er war sehr stark: Er sagte zu mir: „Die Ängste sollen die Essenz meines Lebens sein? Das muss ich verändern.“

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3. Dezember 2010

1 Kommentar to Freitag, 3. Dezember 2010

  1. Danke!

  2. Patrick on Dezember 5th, 2010

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