Montag, 6. Dezember 2010

Was heißt das überhaupt, “Sich weiter entwickeln”?

Ich kenne eine Person, die sehr viel Mitgefühl für alle Tiere hat. Wenn sie einen Vogel mit gebrochenen Flügeln auf der Strasse sieht, versucht sie den Vogel zu retten und wenn ein Tier krank ist, möchte sie ihm helfen. Sie hat zu allen Tieren eine ganz besondere Beziehung. Egal um welches Tier es sich handelt, bei Tieren geht ihr einfach das Herz auf – ganz im Gegensatz zu Menschen. Menschen gegenüber ist sie reserviert, verschlossen, ja, sogar distanziert und feindselig. Menschen kann man nicht trauen, auf Menschen kann man nicht zählen, Menschen verletzen einander. Ihr Blick auf andere Menschen ist von Misstrauen geprägt. Sie beäugt jeden kritisch und sieht in jedem einen potentiellen Feind. Ihr Blick ist sehr streng und sie beurteilt und verurteilt alle, die sich nicht so verhalten, wie sie es sich wünscht. Ganz besonders wütend wird sie, wenn sie sieht, dass jemand sich unachtsam Tieren gegenüber verhält. Dann kann ihre Wut sogar fast bis in Hass umschlagen. Innerlich entwickelt sie eine richtige Aversion gegen ihre gesamte Umgebung, doch natürlich will sie solche Aggressionen nicht nach außen tragen, deshalb versucht sie mit aller Gewalt ihre Aggressionen zu unterdrücken. Das hat natürlich Folgen: Sie wird krank.
In ihrem Krankheitsprozess stellt sie fest, dass all die Fürsorge und Liebe, die sie für Tiere empfindet, sie sich eigentlich für sich selber wünscht. Sie sehnt sich danach, dass sie geliebt und gepflegt und umsorgt wird. Aber sie sieht auch, dass sie diese Liebe und Fürsorge nie in ihrem Leben bekommen hat. Wenn sie einem Tier ihre ganze Liebe und Fürsorge gibt, dann ist es ein bisschen so, als würde sie ihrem inneren Kind diese Aufmerksamkeit und Wärme geben, nach dem es sich so sehr sehnt. Als sie bemerkt, dass sie sich so sehr nach Liebe, Zuneigung und Fürsorge sehnt und in dieser Sehnsucht ganz gefangen ist, hat sie den Wunsch, etwas dagegen zu unternehmen: Sie beginnt sich genau zu beobachten und sieht ihre eigenen negativen Gedanken. Sie reflektiert ihr Verhalten und beobachtet, wie ihre Wut und Aggression entsteht. Dabei stellt sie fest, wie verbittert und enttäuscht sie vom Leben ist. Sie entdeckt in sich auch den Mechanismus, dass sie Menschen testet: Sie zeigt sich ständig von ihrer negativsten Seite – sie kritisiert andere, meckert, macht ihnen Vorwürfe und unterstellt ihnen Schlechtes, erwartet jedoch, dass die Anderen sie trotzdem annehmen und lieben und Geduld mit ihr haben. Doch diese Erwartung wird jedes Mal enttäuscht: sie erfährt immer noch mehr Schmerz, Ablehnung und Kälte.

An diesem Beispiel kann man sehen, dass die Frau bis zu einem gewissen Punkt ihr Leid versteht, jedoch nicht fähig ist, sich daraus zu befreien. Sie ist zu sehr in ihrem Muster gefangen. Das Beispiel zeigt auch, wie sehr unsere Entwicklung beeinflusst wird von unserem Leben, unserer Biographie, der Umgebung in der wir leben und aufgewachsen sind oder auch von unserem Karma.
Sich weiter zu entwickeln bedeutet, dass wir die Mechanismen, die uns immer wieder in Leid bringen aufdecken, erkennen und dass wir bereit sind, uns zu verändern.
Sehr oft machen wir uns abhängig vom Verhalten anderer Menschen. Je nach dem wie sie uns gegenübertreten, definieren wir unsere Wertigkeit und unsere eigene Existenz. In unserer Entwicklung müssen wir leider sehr oft schmerzliche Erkenntnisse machen und uns eingestehen, dass wir selbst diejenigen sind, die uns Schmerz und Leid zufügen. Wenn wir uns bewusst machen können, welchen Mechanismus wir immer wieder benutzen, um in unser Leid zu gehen, haben wir die Möglichkeit uns zu verändern.

Morgen werde ich Lösungen vorstellen, wie wir diesen Prozess der Veränderung beginnen können.

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6. Dezember 2010

2 Kommentare to Montag, 6. Dezember 2010

  1. vielen dank+alles liebe

    beeeate

  2. beeeeate kueblr on Dezember 7th, 2010
  3. Du machst es aber spannend!! Ist aber auch gut,
    so kann man selbst versuchen nach einer möglichen Lösung zu suchen. Lg

  4. Boris Tischner on Dezember 8th, 2010

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