Montag, 22. November 2010

Als ich sechs war, wurde ich darauf vorbereitet in die Schule zu kommen. Mein Vater gab mir Nachhilfeunterricht in Mathematik. Ich interessierte mich nicht besonders für Zahlen oder geometrische Formen, ich konnte damit gar nichts anfangen, aber mir wurde gesagt: „Wenn du logisch denken und mit Zahlen umgehen kannst, hast du später mehr Möglichkeiten weiter zu kommen“.

Wir hatten auch eine Hauslehrerin, die jeden Tag kam, um uns in Französisch zu unterrichten. Sie sagte „Wenn du offen bist für andere Sprachen und Kulturen, wird dein Leben viel schöner und bunter werden.“ Aber die Schönheit war weit entfernt von unserem Leben, denn was wir sahen, wenn wir aus dem Fenster blickten, war Krieg. Mitten in unserem eigenen Land wurde gegeneinander gekämpft und fast täglich zogen Leichenzüge mit Särgen an unserem Haus vorbei mit Menschen, die weinten, weil sie einen geliebten Menschen verloren hatten. Ich glaubte nicht daran, dass das Leben schön ist. Deshalb baute ich mir eine Traumwelt auf, von einem Land, in dem alle Menschen liebevoll miteinander umgehen und man sich gegenseitig hilft. Ein Land, in dem alles wunderschön und sauber ist, mit vielen Blumen und Sonne und Wärme. Und ich dachte mir Regeln aus, wie sich die Menschen in diesem Land verhalten würden und wie sie friedlich miteinander leben und füreinander da sein würden. Erst als ich erwachsen wurde, habe ich erkannt, dass so eine Welt, wie ich sie mir erträumt habe, nicht existieren kann. Die Liebe, die ich in dieser idealen Welt gesucht habe, kann ich mir nur selber geben. Die Sonne die jeden Tag scheinen soll, kann nur in meinem Herzen sein. Besonders im Winter und an regnerischen dunklen Tagen, stelle ich mir vor, dass in mir die Sonne scheint und ich von innen gewärmt bin.

Träumen ist gut, aber wir müssen auch wieder aufwachen und wissen, wie wir die Sterne vom Himmel herunter holen können. Wir brauchen unsere Träume, aber wir müssen auch wissen, dass wir die Kraft haben, unsere Träume umzusetzen.

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22. November 2010

1 Kommentar to Montag, 22. November 2010

  1. . . . . dann wacht man eines Tages auf,ist erwachsen und das kind welches man einst war weint hin und wieder und sehnt sich nach der Geborgenheit und den Träumen.

  2. Boris Tischner on November 23rd, 2010

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