Eine Einleitung

Einleitung

Zen wie er in der Pagode Phat Hue praktiziert wird, bedeutet nicht nur Sitzmeditation. Ziel des Zen ist das Erwachen und die Befreiung des Einzelnen aus inneren und äußeren Gefängnissen. Durch, auf den jeweiligen Schüler individuell abgestimmte Impulse, wird der Schüler dazu angeregt, seine Denkgewohnheiten und Handlungsmuster zu durchbrechen. Gelingt dies dem Schüler mit Hilfe seines Meisters, kann er tief in seine eigene Natur blicken und das wahre Wesen der Erscheinungen erkennen. Der auf diese Weise erwachte Mensch lässt sich nicht mehr von den Wechselfällen des Lebens beeindrucken. Stattdessen kennzeichnen tiefe innere Ruhe, Gelassenheit und eine große spirituelle Kraft sein Wesen. Er hat Zugang zu seinem wahren Potenzial und kann aus einer nahezu unendlichen Vielzahl von Denk- und Handlungsmöglichkeiten schöpfen. Dadurch wird der Schüler frei – oder mit den Worten des Zen-Patriarchen Linji (siehe unten) ausgedrückt er wird „zu einer Person ohne Rang und Namen“. Im Hier und Jetzt vollständig klar und bewusst, definieren wir uns in jeder Sekunde neu – ohne Anhaftung an Vergangenheit oder Zukunft und den damit verbundenen Ängsten und Sehnsüchten.

Der in den Seminaren der Pagode gelehrt Zen-Weg ist eine Methode, die speziell auf westliche Bedürfnisse zugeschnitten ist.
Der Zen-Weg im Westen ist mehr auf die Individualität des Einzelnen ausgerichtet, im Vergleich mit der in Asien verbreiteten Zen-Praxis. Viele Westler tragen eine tiefe Angst in sich, einer religiösen Institution beizutreten, die Moral diktiert und dadurch die Individuen bis hin zum Verlust der eigenen Meinung und Selbstständigkeit kontrolliert.

Zen hilft, Zugang zu den eigenen Bedürfnissen zu bekommen. Wer sind wir eigentlich und was ist uns wirklich wichtig in unserem Leben? Auf welche Weise können wir stressfreier mit Alltagsproblemen umgehen?

Unsere Zen-Tradition geht auf den chinesischen Patriarchen Linji (gestorben 867) zurück. Bereits Meister Linji (Japanisch: Rinzai Gigen) bediente sich individueller und unkonventioneller Methoden, um seinen Schüler auf dem Weg zur Befreiung, der Erleuchtung näher zu bringen.

Mehr über Lin-Chi …Die buddhistischen Schriften hatten seinen Wissendurst und seine Neugier nicht befriedigen können. So soll er eines Tages symbolisch alle seine Bücher verbrannt haben, um sich dann auf die Reise nach Süden zum Kloster von Meister Huang-Po zu begeben.Huang-Po bediente sich des so genannten unmittelbaren, geistigen Überlieferungsweges jenseits der Schriften. Dabei ging es nicht um „mystischen Hokuspokus“, sondern darum, den festgefahrenen Geist des Schülers durch gezielte, zum Teil absurd anmutende Fragen und Gesten zu einer Art Kurzschluss zu bringen. Erst dann, wenn die Festplatte eines Computers vollständig runtergefahren ist, kann man einen Neustart beginnen – im buddhistischen Kontext ausgedrückt, neue Einsichten oder gar die Erleuchtung erlangen – die Realisation der Leerheit aller Phänomene.Linji blieb mehrere Jahre im Kloster Huang-Po’s, wo er durch seine praktizierte Achtsamkeit, Geradlinigkeit und Hingabe auffiel. Der Mönchsvorsteher wollte daher, dass sein Meister den Schüler Linji wahrnahm und überredete ihn, Huang-Po die Frage „Was ist das fundamentale Prinzip des Buddhismus“ zu stellen. Linji fragte dreimal und Huang-Po beantwortete die Frage jedesmal mit Schlägen seines Stockes. Linji konnte mit dieser „Antwort“ nichts anfangen und beschloss daraufhin den Meister und die Gemeinschaft zu verlassen. Er bat Huang-Po um die Erlaubnis, als Wandermönch fortan im weltlichen Umfeld die Wahrheit suchen zu dürfen. Doch Huang-Po schickte ihn zunächst zu Meister Ta Yu’s Kloster. Dort realisierte er, dass er die Wahrheit immer außerhalb seines Selbst gesucht hatte. Seine bisherige Wahrnehmung buddhistischer Lehren war dualistischer Natur, fein säuberlich in seinem Geist abgespeichert, getrennt von seinem wahren Selbst. Durch Meister Ya Tu erfuhr er das Wesen der Leerheit von Gedanken, Worten und philosophischen Ausführungen. Er wurde erleuchtet.Er verstand nun, dass Huang-Po’s Stockschläge lediglich auf die seinem eigenen Wesen innewohnende Wahrheit hingewiesen hatten und dass seine Frage nach den Grundprinzipien des Buddhismus aus der Täuschung der Getrenntheit heraus entstanden war.

Linji kehrte daraufhin zu Huang-Po’s Kloster zurück, um seine Lehrzeit fortzusetzen. Später gründete er sein eigenes Kloster und legte damit den Grundstein für eine der lebendigsten und bekanntesten Zentraditionen Asiens.

Die Betrachtung der fünf Skandhas

Üblicherweise ist man pausenlos damit beschäftigt, sein (falsches) Selbstbild zu befriedigen und zu bestätigen. Man macht die eigene Bedürfnisbefriedigung zur Lebensaufgabe und meint, sich dadurch selbst zu verwirklichen. An dieser Stelle setzt Zen an und hinterfragt unsere vermeintliche Selbstverwirklichung, mit der wir versuchen, das Glück im Leben zu finden. Ziel ist, klarer sehen zu können, um Selbsttäuschungen und Blockaden zu durchschauen.

Deswegen üben wir uns darin, unsere Konzentration und geistige Klarheit soweit zu steigern und zu stärken, dass wir unsere eigene Struktur erkennen. Dadurch können wir verstehen, auf welche Weise und wo wir uns selbst blockieren. So entwickeln wir Verständnis für unser eigenes Selbstbild und für die Art unserer Außendarstellung und Beziehungsmuster.

In der Zentradition unterscheidet man fünf Aspekte, die so genannten fünf Skandhas, die uns ständig stimulieren und es ermöglichen, unser Selbstbild aufrecht zu erhalten. Die fünf Skandhas sind:

• Körper
• Gefühle (Körperreaktionen)
• Konzepte („Ich denke, also bin ich.“ – Etikettierungen)
• geistige Formationen (Gewohnheitsstrukturen)
• Wahrnehmung.

Die Versenkung und Vertiefung in der Meditation soll uns Klarheit geben, damit wir sehen können, in welcher Weise wir von den 5 Skandhas abhängig sind. Durch ein tieferes Verständnis können wir uns aus dieser Abhängigkeit lösen. In der Welt des Zen ist das Ziel, sich aus jeglichen Verstrickungen zu lösen, um wirkliche Befreiung zu erlangen. Dies erreichen wir, in dem wir stufenweise anhand der fünf Skandhas unseren Geist und damit auch die Verstrickungen unseres Daseins transformieren.