Texte

Ankommen und Schauen – die Wichtigkeit der eigenen Erfahrung

- aus dem Dharmavortrag des Ehrw. Thich Thong Phuong –
Pagode Phat Hue, 10. Oktober 2009

(Übersetzung aus dem Vietnamesischen vom Ehrw. Thich Thien Son)

retreat-ven-thich-thong-phuong-241Heute wollen wir über das Thema Ankommen und Schauen sprechen.

Das bedeutet, dass wir die Gelegenheit wahrnehmen, der Wahrheit in unserem Leben zu begegnen und sie zu erfahren. Was bedeutet es, der Wahrheit in uns zu begegnen? Es bedeutet, die Erleuchtung zu finden. Die Erleuchtung ist nicht irgendwo in den Schriften zu finden, sondern in unserem Geist, das müssen wir verstehen.

Meister Lin-Chi, der Begründer unserer Zenlinie, hat gesagt, dass man die Praxis nicht im Außen und in den Schriften suchen soll. Die Praxis findet in unserem eigenen Geist statt.

Viele Menschen lesen Bücher und eignen sich intellektuelle Informationen an, das ist nicht die lebendige Praxis und dadurch wird man nicht zum Buddha.

Wenn wir ein Kleid betrachten: Ein Kleid kann sich nicht von selbst bewegen. Nur derjenige, der drinnen steckt, kann es bewegen. Wenn wir die Tradition praktizieren, ist es wie mit einem Kleidungsstück: Es muss von unserem Geist bewegt werden.
Wenn wir Spiritualität praktizieren, muss sie durch unseren Geist bewegt werden.

Viele Menschen streben nach Nirvana – nach Befreiung oder Erleuchtung. Aber die Möglichkeiten zu Befreiung und Erleuchtung an sich liegen in unserem Geist. Deshalb müssen wir Hier und Jetzt die Befreiung für uns anstreben.

Logik und Verstand müssen wir hinter uns lassen …

Intellektuelle Informationen sind nur eine Tür, eine Möglichkeit des Zugangs zu uns selbst, die eigene Praxis für uns zu gewinnen. Erst durch die eigene Praxis erlangen wir Weisheit.

Als der Buddha seine Erleuchtung erlangt hat, ist er zunächst nicht bereit, sein Wissen weiterzugeben. Wir sollen verstehen und wissen, aus welchen Gründen er sich geweigert hat, sein Wissen weiter zu geben.
Erst nach mehren Bitten von Devas (himmlischen Wesen) hat der Buddha dann zugesagt, den Dharma weiterzugeben. Aber das, was der Buddha verstanden hat oder die Einsicht, die er bekommen hat, übersteigt unsere Logik oder unser Verständnis – es geht weit darüber hinaus.

Der Buddha selbst hat auch gesagt, dass was ich „verstanden”, wodurch ich die Erleuchtung erlangt habe, geht weit über die eigene Logik und den Verstand heraus. Es geht um die Erfahrung, in der Einheit im Einklang mit allem zu sein, dass kann man nicht mit Logik erklären.

Und der Buddha hat sich dann überlegt, je mehr er eine Erklärung abgibt, umso mehr benutzt man seine Logik und seinen Verstand um das zu verstehen, was er sagt. Und je mehr man das tut, umso mehr kommt man in die Verwirrung hinein. Denn man muss Logik und Verstand hinter sich lassen, um die Erleuchtung zu erlangen.

Denn das Leben beschränkt sich nicht auf die Sprache und die intellektuelle Ebene. Der Buddha erinnert uns sehr oft daran: Das Leben ist so vielfältig und offen, dass wir uns nicht durch unsere Sprache und unser Wissen beschränken lassen sollten.

Mittel und Zweck auseinander halten …

So müssen wir auch verstehen, wo ein Mittel zum Zweck eingesetzt wurde. Ein Auto benutzen wir, um in der Stadt anzukommen, aber wenn wir im Auto bleiben, werden wir nie wirklich in der Stadt sein, auch wenn wir angekommen sind. Wir müssen erkennen, an welchem Punkt ein Mittel seinen Zweck erfüllt hat.

Der Buddha gab ein Beispiel als er mit den Fingern auf den Mond gezeigt hat. Er benutzt den Finger als Mittel, um auf den Mond zu zeigen. Wenn wir uns zu sehr auf den Finger konzentrieren, dann werden wir den Mond nicht sehen. Wenn wir uns zu sehr auf die Lehren konzentrieren, dann werden wir die Wahrheit nie erkennen und nie wirklich im Dharma ankommen.

Über 40 Jahre seines Lebens hat der Buddha seine Belehrungen gegeben. Bevor er starb, hat er gesagt, ich habe nie ein Wort gesprochen. Damit will er ausdrücken, dass man nicht zu sehr an der intellektuellen Ebene anhaften soll.

Wissen bedeutet nicht gleich Weisheit …

Es gibt einen Begriff in Pali panna, wir können ihn mit Weisheit oder tieferen Wissen beschreiben. Es gibt drei Kategorien von Wissen: 1. Intellektuelles Wissen (z.B. aus Büchern), 2. Wissen aus eigener Erfahrung und 3. das aus der Weisheit entstandene Wissen.

Panna dürfen wir also nicht als Wissen missverstehen. Denn Weisheit entsteht erst, wenn wir durch die eigenen Erfahrungen, die wir in unserem Leben gemacht haben, zu (neuen) Einsichten gelangen. Das ist dann ein tieferes und nicht nur ein intellektuelles Wissen. Intellektuelles Wissen können wir uns von großen Gelehrten, Patriarchen und Buddhas aneignen, aber es ist nicht unsere eigenes Wissen oder unsere eigene Weisheit.

Ein Begriff, der uns aus dem Buddhismus sehr geläufig ist, ist die Vergänglichkeit. Aber das subtile Verständnis für die Vergänglichkeit haben wir in der Regel noch nicht. Um ihr Wesen wirklich in der Tiefe zu verstehen, benötigen wir viel Mut. Man muss loslassen können, um die Vergänglichkeit wirklich zu verstehen.

Wir eignen uns sehr viel Wissen an, aber es wird nicht zu unserem eigenen Sein, so lange wir nicht darüber reflektieren. Die eigene Erfahrung damit zu machen, bedeutet tiefes Wissen. Erst dann wird es zu unserem Sein.

Die Leerheit erfahren …

Heute Morgen habe ich (Thay Thien Son) über die 5 Skandhas Körper, Gefühl, Gedanken, Gewohnheiten und Bewusstsein gesprochen. Und diese 5 Skandhas in sich sind eigentlich leer. Wenn man dies nur intellektuell versteht und keine eigenen Erfahrungen damit gemacht hat, kann man das nicht als Praxis bezeichnen.

Wir Buddhisten sagen sehr oft, die 5 Skandhas sind eigentlich leer und ich verstehe das und wenn man uns dann kritisiert oder beleidigt, dann ist das plötzlich nicht mehr leer, sondern unser Ich ist sofort da. Und deshalb ist die Reflektion, dass man sich damit auseinandersetzt und wirklich versteht, so notwendig. Es ist ein Kommen und ein Gehen, das Ich, was ich da festhalte, daran kann ich nicht lange festhalten. Es ist ein Kommen und ein Gehen.

Wenn wir durch die Reflektion sehen, dass wir es auch durch krampfhaftes, bewusst an etwas Festhalten, nicht schaffen werden, dauerhaft etwas aufrechtzuerhalten, dann erlangen wir wahrhaftige Weisheit. Unser Geist ist wie alle Phänomene vergänglich. Es ist ein Kommen und Gehen. Auch wenn wir daran festhalten wollen, ist es nicht auf Dauer möglich. Alles ist vergänglich.

Wenn wir uns aber damit auseinandersetzen, dann gibt es weder einen Beobachter, noch ein beobachtetes Objekt: Es gibt lediglich einen Prozess an sich. Wenn wir in der Lage sind, im Alltag die fünf Skandhas einzusetzen und die Leerheit in der Tiefe zu verstehen, dann können wir sagen, dass wir den Dharma verstehen und im Alltag praktizieren.
Und wenn wir uns jeden Tag damit auseinandersetzen und alle Erscheinungen in der Tiefe verstehen, dann können wir an einem Punkt ankommen, an welchem wir unser Leid auflösen können.

Wir sollten uns also in unserem Alltag ständig mit den 5 Skandhas auseinandersetzen. Entwickeln wir die Flexibilität, die Leerheit in jedem Moment zu erfahren. Damit können wir dann unser Leid auflösen.
Es geht nicht darum, auf der intellektuellen Ebene zu debattieren und zu diskutieren, es geht darum zu praktizieren.

Mit Praxis meine ich, dass wir eine Nachhaltigkeit in uns haben und nicht nach Lust und Laune praktizieren.

Den Fluß überqueren …

Früher, wenn man einen Fluss überqueren wollte, gab es bestimmte Schritte, die man durchlaufen musste: erstmal musste man das Boot betreten und dann muss man rudern zu seinem Ziel und wenn man ankommt muss man das Boot auch verlassen können.

Diese drei Schritte können wir auch auf das Erlangen von Wissen und Weisheit übertragen. Die Intellektuellen wissen, wie man zum Boot kommt. Wenn wir dann reflektieren und rudern, können wir den Fluss überqueren. Das ergibt dann Wissen durch Erfahrung. Wenn wir am Ziel angekommen sind, müssen wir die dritte Stufe auch verstehen und erkennen, dass wir das Boot als Mittel zum Zweck genutzt haben und nun hinter uns lassen können.
Wir müssen diese Schritte auch wirklich klar verstehen und dürfen sie nicht durcheinander bringen. Wir müssen das Boot nicht mehr unnötig mit uns herumschleppen, wenn wir angekommen sind, aber wir brauchen es auch nicht zu zerstören: Andere können es vielleicht für ihre Reise nutzen.

Wenn wir eine Methode benutzen, egal aus welcher Tradition wir kommen, müssen wir die Methode als Mittel zum Zweck wie das Boot sehen: Das bedeutet, sie ist weder gut noch schlecht. Das Boot schafft keine Probleme – die Probleme erzeugen wir nur dann, wenn wir das Boot nicht loslassen können, wenn die Zeit gekommen ist, dies zu tun.

Im Buddhismus geht es viel mehr darum, die eigene Erkenntnis zu erlangen, indem wir alle Erscheinungen durchschauen und dadurch neue Einsichten bekommen. Das ist viel wichtiger, als nur zu lernen.

Sich selbst begegnen …

Wenn wir unser Leid mit einem Tiger vergleichen, müssen wir, wenn wir es auflösen wollen, den Mut haben, es anzupacken. Genau wie mit dem Tiger: wenn wir ihn packen wollen, müssen wir auch in seine Höhle reingehen. Wenn wir nur vor der Höhle stehen und darüber diskutieren, wie wir ihn fangen können, kriegen wir ihn nicht. Wir müssen also zupacken, um unser Leid wirklich auflösen zu können.

Nur wenn man mit sich selber auseinandersetzt, also in die eigene Erfahrung geht, kann man sein eigenes leid auflösen.
Und deshalb sind Debatte und Diskussion lediglich ein Mittel zum Zweck – sie führen uns nicht zur Auflösung unseres Leids. Wir werden nie das tiefe Wissen erreichen.

Und das ist ein Punkt, den ich (Thay Thien Son) heute Morgen gesagt habe: Konzepte und Gedanken versucht der Meister zu durchbrechen. Man soll nicht auf sein Wissen pochen, sondern auf die eigene Erfahrung bauen.

Auch wenn wir tagelang, wochenlang, monatelang darüber debattieren, was Leerheit ist, wird sie sich für uns nicht manifestieren. Wie sollen wir dann zum Beispiel Folgendes verstehen: Wenn alles leer ist, dann gibt es ja keine karmische Wirkung. Denn wenn Karma auch leer ist, wer soll diese karmische Wirkung dann bekommen? Viele Leute sagen, alle Phänomene, auch Karma ist leer, aber wenn ich leide, dann spüre ich das. Wenn mich jemand beleidigt hat, dann spüre ich diesen Schmerz. Wie verstehen wir diese Leerheit überhaupt?

Durch die eigene Auseinandersetzung mit sich selbst. Um wirklich das eigene Leid als eine Bedingung der Leerheit zu verstehen und vollkommen zu vertiefen, müssen wir im Alltag praktizieren.

Eine Handvoll Blätter …

Der Buddha vergleicht unser Wissen mit einer Handvoll Blätter. Wir meinen, wir haben den ganzen Wald in der Hand, aber es sind – im Verhältnis – nur ein paar Blätter. Mit unserem Wissen ist es genauso: Wir meinen, wir wissen so viel, aber verglichen mit dem Universum ist es nur wenig.

Das tiefe Wissen es ist so vielfältig und so unendlich wie ein Wald mit all seinen Blättern. Wenn wir aber unsere Logik einsetzen, dann beschränken wir unser eigenes Wissen. Wir bleiben bei der Handvoll Blätter, obwohl es einen ganzen Wald voll davon gibt.

Wenn Sie nach hinten zu den Schränken schauen, das nennen wir unsere Bibel: es sind über 360 Bände, in welchen die Belehrung von Buddha festgehalten ist. Ein Mönch muss diese Sutras studieren Der Buddha sagt aber selbst, das was ich Euch gelehrt habe, ist wie die Handvoll Blätter. Nur in der Offenheit schaffen wir es, uns dieses (wirkliche) Wissen anzueignen.

Der Meister fragt, wenn wir ein paar Bände von Kommentaren über Buddhas Belehrungen gelesen haben, reicht das überhaupt, um die Phänomene zu verstehen?
Auch wenn wir die ganzen Sutras der 360 Bände gelesen haben es ist nur wie eine Handvoll Blätter. Aber wie können wir alle Blätter im Wald verstehen?

Es bedeutet: Durchbreche Deine Logik, durchbreche Deinen Verstand – dann schaffst du die Möglichkeit, zu Deinem Wissen zu kommen.

Denn alle Erklärungen sind beschränkt. Alle Wörter und Bücher sind beschränkt. Es beschreibt nicht das, was eigentlich in diesem Leben ist. Alle großen Meister, Patriarchen und sogar der Buddha selbst sagen, nur wenn du eine direkte Erfahrung, also direktes Wissen hast, kannst Du in der Lage sein, alles zu verstehen.

Ein Schüler von Meister Lin-Chi geht eines Tages nach einer Dharma-Belehrung zurück in den Tempel. Als er über die Brücke ging, kommt ihm ein großer Gelehrter entgegen und wollte ihn herausfordern. Er fragt, was ist das tiefste Wissen in der Zentradition? Der Schüler von Lin-Chi packt ihn am Kragen und wollte ihn in den Fluss werfen. Wenn Du die tiefste Stelle finden willst, dann sollst Du die tiefste Stelle im Fluss erfahren.
Damit will der Schüler von Lin-Chi zeigen, nur wenn du die eigene Erfahrung machst, wie tief der Fluss ist, weißt Du, wie tief er wirklich ist.

Wenn du nur darüber spekulierst, funktioniert es nicht. Und mit deinem Geist ist es genauso: Wenn Du wissen willst, wie tief Dein Geist wirklich ist, musst du dort hinein tauchen, damit Du es weißt. Wenn wir jahre- oder monatelang über Nirvana oder Erleuchtung diskutieren, werden wir es dann verstehen?

Viele Leute, die meinen sie verstehen, was Nirvana ist, debattieren darüber. Aber, was sie letztendlich gemacht haben, sie haben nur miteinander gestritten. Nirvana aber haben sie nicht gesehen.

Nirvana bedeutet eintauchen in sein Bewusstsein, darüber reflektieren: Dann weiß man, was Nirvana ist.

Die geistigen Prozesse identifizieren …

Wenn wir unsere Augen betrachten und ein Objekt damit beobachten, dann kommen Gier, Gefühle aber auch so genannte Verblendung hoch. Wenn wir uns damit auseinandersetzen, können wir genau identifizieren, was in unserem Geist passiert. Womit wir unseren Geist besetzten. Wenn wir unsere Augen auf ein Objekt richten und Klarheit darüber haben, womit ist mein Geist besetzt, dann können wir uns damit auseinandersetzen. Kommen Gier oder ein Gefühl hoch, die dann dazu führen, dass ich an dem Objekt anhafte? Wenn wir unseren Geist so klar benennen können, dann können wir damit umgehen und wirklich praktizieren.

Und der Buddha fragt: Wer ist in der Lage, sowas zu beobachten? Und seine Schüler haben geantwortet, nur einer, der sich mit sich selbst auseinandersetzt, seine Weisheit und tiefes Wissen in den Prozess hineinbringt. Dann ist er in der Lage, den Zustand seines Geistes zu verstehen.

Wenn wir unseren Geist beobachten und imstande sind, ohne jegliches Gefühl, ohne jegliche Anhaftung, ohne jegliche negative oder auch positive Emotionen zu sein, dann können wir alle subjektiven Phänomene, die in unserem Geist stattfinden durchschauen und weitere Wiedergeburten verhindern. Denn weil wir immer wieder bestimmte Gefühle und Gedanken erfahren wollen, können wir den Kreis der Wiedergeburten nicht verlassen. Wenn wir imstande sind, einen klaren Geist zu bewahren, wird uns dies gelingen und wir können uns befreien.

Wenn wir reflektieren und können zu uns sagen, „ich weiß, dass in mir Gier aufkommt”, „ich weiß, dass in mir dieses oder jenes Gefühl aufkommt”, „ich weiß in mir, dass ich nach Sicherheit suche”, dann können wir unseren geistigen Zustand klar identifizieren. Das funktioniert auch, wenn wir wissen, dass in unserem Geist in einem gegebenen Moment kein Drang nach Befriedigung da ist oder kein Gefühl unseren Geist beherrscht. Es besteht Klarheit darüber, in mir ist keine Anhaftung an das Objekt, das ich betrachte usw. Wenn wir in der Lage sind, die Zustände in unserem Geist so klar zu durchleuchten und zu verstehen, dann sind wir auch in der Lage, uns von allen möglichen Ursachen von Leid zu befreien.

Wirkliche Befreiung findet in unserem Geist statt …

Man findet sie nicht in Büchern oder in der Belehrung. Es gibt ein Sprichwort: „Komm und schau es Dir selbst an.”

Wirklich der Wahrheit zu begegnen, bedeutet, dass wir auch den Mut haben, uns selber zu begegnen. Nur in der Begegnung können wir uns mit der Realität auseinandersetzen. Nicht in unserem Wissen und nicht in der Debatte.

Die ganze Praxis, die wir hier üben: Es geht darum, das Leiden, das wir selbst erzeugen, zu durchschauen, hinter uns zu lassen und auch aufzulösen. Darum geht es. Wir lehren schon lange Buddhismus, deshalb wissen wir, dass alles vergänglich ist – sei es unser Körper, unser Geist, es ist alles vergänglich. Ist es nicht so? Verstehen wir auch wirklich, dass alles vergänglich ist? Ist es wirklich so?

Wenn wir zum Arzt gehen und eine Untersuchung gehabt haben und der Arzt stellt die Diagnose „Tumor”. Ist es immer noch vergänglich oder ist es irgendwas Beständiges, das sich in unserem Geist manifestiert?

Sehen wir, dass alles vergänglich ist, unsere Leben oder der Tumor, oder ist es nur ein Wissen, dass alles, was wir gelernt haben, vergänglich ist.

Um alle Phänomene zu durchbrechen und die Wahrheit oder die Wahrhaftigkeit zu erfassen, liegt es in unserem Geist. Wir müssen uns mit unserem Geist auseinandersetzen, denn nur so erfahren wir auch die Wahrheit.

Der Buddha wurde geboren, er hat die eigene Erfahrung gemacht, hat darüber reflektiert und er hat das Wissen erlangt. Der ganze Prozess passierte in seinem Geist. Er hat die Verflechtungen und Blockaden in seinem Geist aufgelöst und dadurch die Befreiung erlangt. Setzen wir uns mit unserem Geist auseinander, dann können wir verstehen, wo unser Leiden und die Probleme sind.

Nur wir selbst können unser Leid auflösen …

Als der Buddha das Dharmarad zum ersten Mal gedreht hat, hat er über die Vier Edlen Wahrheiten gesprochen. Dass nur wir selbst in der Lage sind, unser eigenes Leid aufzulösen.

Er hat uns damit ermutigt und uns das Werkzeug an die Hand gegeben, uns selbst zu befreien.

Der Buddha sagt uns, solange Du Dein Leid nicht identifizieren kannst, ihm nicht begegnest und Dich nicht damit auseinandersetzt, kannst Du auch nicht davon befreit werden. Wenn Du aber weißt, wie Dein Leid aussieht, wenn Du es benennen kannst, musst du nach den Ursachen forschen. Wenn Du diese kennst, musst Du sie stufenweise auflösen. Dazu gibt uns der Buddha 37 Stufen, die zu dieser Befreiung führen.

Als der Buddha den Weg beschrieben hat, ermutigt er uns. Schau Dir das Leid an, denn nur, wenn Du das Leid als Leid erkennst, hast Du die Motivation, Dich wirklich davon zu befreien. Die Ursache des Leidens ist da. Wenn Du weißt, wo die Ursachen sind, dann wissen wir auch, wie wir es beenden können. Und das ist dann die Methode, wie wir uns befreien können und wie wir Nirvana erreichen können. Und da ist der Weg, wie wir uns dorthin praktizieren können.

Also wir durchlaufen verschiedene Stufen: das Wissen praktizieren, Logik und Verstand durchbrechen und durch die eigene Erfahrung die Erleuchtung erlangen. Buddha bestätigt das nochmal, dass er alles in seiner eigenen Erfahrung durchlebt hat, diesen Weg gegangen ist und auch durchbrochen hat.

Wichtig ist, dass der Buddha sagt, ich habe das selber erfahren. Dass sein Wissen nicht nur auf der intellektuellen Ebene basiert, sondern aus eigener Reflektion und Erfahrung heraus gewachsen ist.
Denn es gibt Schüler, die Buddha gefragt haben: Hast Du Dich wirklich damit auseinandergesetzt oder experimentierst Du nur mit uns?

Der Buddha hat dann gesagt; dem Leid bin ich begegnet, die Ursache des Leids habe ich aufgelöst. Die Methode habe ich durchschritten und die Befreiung habe ich erlangt.

Wenn wir dann sagen, dass wir Buddhas Gedanken gut finden, dass wir alle diese Schritte auch befolgen sollen – sie nicht nur als Dharma oder als intellektuelle Information bewahren und speichern und dann meinen, wir haben unser Leid schon aufgelöst.

Das bedeutet wirklich ankommen, sich wirklich begegnen und nicht nur die Dinge aus den Büchern verstehen. Das ist eigentlich ein Handbuch, das wir in unserer eigenen Praxis haben sollten. Die Befreiung können wir in jedem Augenblick, an jeden Tag in diesem Leben erlangen, wenn wir uns damit auseinandersetzen.

Neue Perspektiven finden …

Und es erzeugt in uns neue Einsichten, neue Perspektiven und einen neuen Horizont für unsere eigenen Betrachtungen.

Eine alte Frau hat zwei Töchter. Die eine verkauft Fächer, die andere verkauft Regenmäntel. Jedesmal wenn es regnet, ist sie so traurig, weil die Tochter, die die Fächer verkauft dann keine Fächer verkauft und wenn die Sonne scheint dann ist auch traurig, weil die andere Tochter kann ihre Regenmäntel nicht verkaufen. Sie geht zu einem Meister und fragt, wie kann ich mein Leid auflösen? Du musst nur Deine Perspektive verändern: Wenn es regnet, dann sollst Du dich freuen, dass deine eine Tochter mehr Regenmäntel verkaufen kann und wenn die Sonne scheint, sollst Du Dich freuen, denn dann kann die andere Tochter mehr Fächer verkaufen. Sie hat das praktiziert und sie heißt heute die lachende Frau.

Praxis bzw. eigene Entwicklung bedeutet, dass wir die eigenen Perspektiven in dem richtigen Moment angepasst und angemessen einsetzen können.

Familie Meier geht zu Familie Müller und sagt: „Wir beneiden eure Familie so sehr. Wir streiten ständig und ich fühle mich überhaupt nicht wohl. Bei Euch ist immer eine gute und harmonische Stimmung. Wie macht Ihr das?“ Familie Müller antwortet:“Ja, wir verraten Euch unser Geheimnis. Unsere Familienmitglieder sind eigentlich keine guten oder besonders klugen Menschen. Wisst Ihr, Eure Familie besteht aus Leuten, die alle viel Wissen haben. Wir sind nicht so schlau. Wenn ich ein Glas dahin stelle und irgendjemand stößt an den Tisch an und das Glas fällt runter, derjenige, der es hingestellt hat sagt: „Oh, tut mir leid, ich habe aus Unwissenheit das Glas dahin gestellt und der andere sagt: „Oh, es tut mir leid, ich habe aus Unachtsamkeit das Glas umgeworfen!“ In Eurer Familie hat jeder so viel Wissen, daher versucht dann jeder zu erklären, z.B. warum er das Glas dahingestellt hat, weil Du keine Achtsamkeit hast und deshalb hast Du das Glas dahin gestellt. Der andere wird auch eine Erklärung dafür haben, warum er an den Tisch gestoßen ist usw. Wir sehen, dass Deine Familie zu viel Wissen hat und deshalb habt ihr so viele Probleme.

Eigentlich müssen wir die Betrachtungsweise, wie wir das Leben sehen nur verändern. Dann würden wir unser Leid zumindest erleichtern.

Ich habe heute eine kurze Vorstellung darüber gegeben, worum es im Buddhismus und in der Zentradition geht. Eigentlich geht es immer darum, dass man seine Perspektive ändern muss.

Fragen und Antworten:

„Wenn im Buddhismus von Wiedergeburt gesprochen wird, was oder wer wird dann wiedergeboren, wenn es gar kein Ich gibt?”

„Es ist wie ein Naturgesetz: Bedingungen entstehen, Bedingungen kommen zusammen. Es entsteht was, Bedingung lösen sich auf, es löst sich auch auf. Deshalb darf man die momentane Erscheinung, die jetzt stattfindet, nicht als ein Ich oder als eine beständige Existenz bezeichnen. Sie entsteht aus Bedingungen. Die Wiedergeburt ist in sich leer, denn sie entsteht ja auch aus Bedingungen, wie ein Tornado. Der existiert auch nicht wirklich. Er entsteht aus den Bedingungen warm und kalt. Wenn diese Bedingungen vorhanden sind, entsteht ein Tornado. Wenn sie nicht mehr gegeben sind, dann lösen sie sich auf, aber in dem Moment, in dem ein Wirbelsturm aufkommt, ist es für uns so real, dass wir glauben er existiert wirklich.”

„Wie kann man sein Gegenüber besser verstehen?”

Wir erschaffen eine Dualität von Ich und Du, sobald wir sagen, das ist meine Ansicht und unser Ich mit hineinbringen. Wenn wir es aber schaffen, aus dieser Perspektive herauszutreten und wir unser Ich heraushalten, dann macht es auch keinen Sinn mehr über Ansichten zu streiten, denn wer streitet dann noch mit wem?

„Wie können wir die Erleuchtung erlangen?”

„Es gibt einige wichtige Faktoren, die auf dem Weg zur Erleuchtung hilfreich sind:

1. Keine Anhaftung – alles Loslassen
2. Geben ohne Erwartungshaltung (auf Gegenleistung)
3. Gutes Karma schaffen durch gute Taten
4. Bodhisattwa-Gelübde
5. Diamant-Sutra genau studieren und verstehen
6. Parami verdienstvolle Handlungen (Großzügigkeit, Meditation…)”

„Warum ist Geben/Großzügigkeit zu wichtig?”

Wir sollten den Menschen danken, denen wir etwas geben durften. Sie haben uns die Gelegenheit gegeben, eine gute Tat zu tun.

13. Oktober 2009 Dharma, Texte Keine Kommentare

Über Vergänglichkeit und Tod

- aus dem Dharmatalk des Ehrw. Thich Khe Dinh – 9. Oktober 2009, Buddhas Weg

meditationshaltung1Ein Schüler ging zum Zenmeister und fragte:
„Hat der Hund dort auch Buddhanatur?”
Der Zenmeister antwortete: „Ja, er hat.”
Schüler: „Wenn er Buddhanatur hat, warum steckt sein Körper dann in einer Hundehülle?”
Zenmeister: „Ja, er wusste, dass es eine falsche Handlung ist (d.h. als Hund und nicht als Mensch wiedergeboren zu werden), trotzdem tut er das. Genauso wie wir, wir sind uns bewusst, dass wir Fehler begehen, trotzdem begehen wir sie.”

Z.B. gestern gab es eine Buddhistin, die hat die Frage gestellt, ich weiß, wenn ich wütend bin, dass ich diese Wut nicht ausbrechen lassen soll. Trotzdem lasse ich sie ausbrechen. Das bedeutet, dass wir Sünde oder Fehler erkennen – trotzdem begehen wir sie.

Da gab es eine andere Schülerin, die fragte den Zenmeister, wir sind uns dessen bewusst, was Geburt und Wiedergeburt bedeuten. Aber warum können wir diesen Prozess nicht aufhalten oder unterbrechen?

Unser Problem ist, dass wir unsere Praxis immer wieder unterbrechen …

Letztes Jahr habe ich einen Retreat von vier Monaten gemacht und während dieses Retreats habe ich etwas herausgefunden. Warum wissen wir, dass irgendwas uns Leid verursacht, aber wir können das nicht aufhalten. Wisst Ihr warum? Weil wir nicht ständig Praktizieren, sondern immer mit Unterbrechung. Wir müssen immer in dem Bewusstsein leben, dass wir eines Tages sterben werden. Warum lassen wir es zu, dass negative Gefühle uns beherrschen? Warum? Es ist nur, weil wir denken, wir leben für die Ewigkeit. Wir wollen nicht sehen, dass unser Leben vergänglich ist. Wenn Ihr wisst, dass Eure Nachbarn, mit denen ihr immer Streit habt, bald sterben werden, würdet Ihr immer noch Streit haben wollen? Genauso wie ich, ich bin auch wie ihr, ich habe auch Gefühle wie alle anderen Menschen, aber wir als Ordinierte haben lange praktiziert, deshalb sind wir uns dessen bewusst, dass unser aller Leben vergänglich ist. Wir lassen nicht zu, dass negative Gefühle überhand nehmen.

Wohin gehen wir?

teilnehmer_frauen1Bevor der Buddha in eine bestimmte Gegend geht, meditiert er und sieht während der Meditation, welche Menschen ihm an diesem Tag begegnen werden. Er sah, während er meditierte, dass ihn eine Weberin aufsuchen würde. Sie nahm an jenem Tag Zuflucht zu den drei Juwelen. Als der Buddha zwei Monate später wieder in die Region kam, sah er in seiner Meditation, dass die Weberin bald sterben würde. Der Buddha weiß, dass sie noch nicht erleuchtet ist. Als sie ihn wieder aufsuchte, fragt er sie: „Weißt Du, wohin Du gehen wirst und woher Du kommst?” Die Weberin antwortete: “Ich weiß nicht, woher ich komme oder wohin ich gehe.” Buddha: „Weißt Du wirklich nicht?” Antwort: „Ich verstehe Deine Frage, Du willst mich fragen, aus welchem früheren Leben ich komme und in welches nächste Leben ich gehen werde. Deshalb kann ich diese Frage nicht beantworten. Ich weiß, dass Du ein Erleuchteter bist, wenn Du so eine Frage stellst, dann meinst Du nicht, ob ich jetzt von meinem Zuhause komme und zu Dir komme.” Der Buddha antwortete: „Wenn Ihr wissen möchtet, wie Euer nächstes Leben aussieht, dann hört mir jetzt gut zu.” Und die Frau antwortete: „ich weiß nur, dass ich sterben werde und wiedergeboren werde.” Buddha fragt zurück: „Weißt Du, wann Du sterben wirst?” Frau: „Nein, ich weiß nicht, wann.” Es gibt viele solche Fälle, wo Leute plötzlich sterben, ohne einen Tag vorher zu wissen, dass sie sterben werden. Nur Rinpoche oder große Meister sind sich dessen bewusst (über Todeszeitpunkt). Deshalb ist es eine sehr häufige Übung bei tibetischen Meistern, dass sie über den (eigenen) Tod meditieren. Buddha sagt, „auf dieser Welt sind sich nur wenige Menschen dessen bewusst, wann sie sterben und in welches Leben sie hineingeboren werden. Als die Frau das gehört hat, wurde sie erleuchtet. Weil sie tief über den Tod meditiert hat. Als sie nach Hause kam, starb sie in der gleichen Nacht.

Dadurch dass einige Menschen tief über die Vergänglichkeit dieses Lebens meditieren, können sie schon in diesem Leben Erleuchtung erlangen.

Die Vergänglichkeit aller Erscheinungen …

Da war ein junger Mann zu Zeiten Buddhas, der in die Hauslosigkeit gehen wollte, obwohl er eine sehr hübsche Ehefrau hatte. Er hatte gedacht, dass ihm die Hauslosigkeit Glück bringt. Aber während seines ordinierten Lebens hat er festgestellt, dass es auch dort Höhen und Tiefen gibt. Er wollte daher zurück in das weltliche Leben. Ordinierte sind vielen Prüfungen ausgesetzt und er konnte das nicht aushalten. Wir Ordinierte, wir meditieren immer sehr viel über den Tod. Wir wissen, dass dieses Leben vergänglich ist und deshalb haben wir gelernt, keine Anhaftungen zu haben. Aber der Zenmeister hat zu diesem jungen Mann gesagt, bleibe noch eine Nacht hier, bevor Du nach Hause gehst. Und in der Nacht, in welcher er noch im Kloster war, hat er geträumt, dass seine junge Frau gestorben war und nach drei Tagen war sie nur noch eine stinkende Leiche. Er schreckt auf aus diesem Traum und tatsächlich als er nach drei Tagen nach Hause kommt, war seine Frau vor drei Tagen verstorben und nur noch eine stinkende Leiche. Als er der Vergänglichkeit des Lebens bewusst war, wurde er erleuchtet.

Wir müssen uns immer dessen bewusst sein, dass es in diesem Leben unumstössliche Tatsachen gibt wie den Tod. Deshalb meditieren wir über den Tod – es ist eine wichtige Übung. Dann werden wir bemerken, dass nichts in diesem Leben von Wichtigkeit ist. Z.B. Ihr, die ihr hier sitzt hört mir jetzt zu, aber wenn ihr raus oder nach Hause geht, dann habt ihr vielleicht alles vergessen. Ihr müsst aber immer in Euren Gedanken über die Vergänglichkeit des Lebens bewusst sein und auch über den Tod. Dann wird Euch klar, dass ein spirituelles Leben sehr wichtig ist.

Es gibt sehr viele Leute, die, wenn sie anfangen zu praktizieren, sehr fleißig sind. Aber nach einiger Zeit werden sie immer fauler und schließlich sind sie von Zweifeln geplagt und sind nicht mehr so fleißig. Sie werden skeptisch. Aber es ist nur, weil sie nicht über den Tod nachdenken. Sie denken, sie leben ewig und können immerfort genießen. Deshalb gibt es bei uns eine Übung, dass unser Körper sich nach und nach disintegriert/auflöst. Auch wenn wir den Dharma praktizieren: Wenn wir nicht über den Tod nachdenken, haben wir nicht richtig praktiziert. Es gibt sehr viele Meditationsschulen Vipassana und Zen usw.. Viele Schulen arbeiten mit Visualisierungen. Man sitzt da und visualisiert und dann sitzt man im Cafe und redet über Mediation und Buddhismus, aber sie praktizieren nicht, sie reden bloß.

Da war eine hübsche Nonne. Ein junger Arzt verliebt sich in sie. Er will sie heiraten und sie war nicht abgeneigt. Bevor sie die Robe abgibt, ging sie zu Kuan Yin und bittet sie um ein Zeichen. In der Nacht träumte sie, dass sie den jungen Arzt heiratet und er nahm sie mit nach Amerika. Sie bekamen zwei Kinder und lebten sehr glücklich. Als sie 45 Jahre alt war, fuhren sie mit dem Auto und es gab einen großen Unfall, in welchem alle sterben. An diesem Punkt wachte sie auf. Sie war sich plötzlich bewusst, wie vergänglich das Leben ist und hat den Heiratsantrag von dem Arzt abgelehnt. Sie ist bis heute Nonne und dies ist eine wahre Geschichte.

Der Praktizierende weiß, wann er seinen Kurs ändern muss …

Wenn Ihr ein süßes Getränk trinkt dann schmeckt ihr die Süße von dem Getränk, müsst Ihr Euch auch dessen bewusst sein, dass Zucker ein Gift ist. Wenn Ihr das wisst, dann trinkt ihr dieses Getränk auch nicht.

Genauso ist es mit dem Leben. Der Unterschied zwischen jemand der praktiziert und jemanden, der nicht praktiziert, ist, dass der Praktizierende aufhören kann, wenn es Zeit ist. Er weiß, wann er aufhören soll.

Ein Zenmeister besuchte seinen Freund und sagt zu ihm: „Du bist jetzt alt, Du musst jetzt einen spirituellen Weg gehen, sonst wird es zu spät.” Aber der Freund hat noch zu viel zu erledigen, er sagt: „Mein Sohn ist noch nicht verheiratet, das Haus noch nicht fertig gebaut und ich habe noch so viel zu tun.”Aber einen Monat nach dieser Begegnung starb er. Der Zenmeister ging zu der Beerdigung und sagt bei der Grabrede: „Mein Freund wollte nicht den spirituellen Weg gehen, weil er meinte, er hätte zu viel zu tun. Der Tod jedoch respektierte sein Pläne nicht.”

Ich kann aus meiner eigenen Erfahrung erzählen, als ich vom Abt sehr viele Pflichten übertragen bekommen habe, habe ich keine Zeit mehr, um zu meditieren. Mein Kopf war voll. Wenn man sich immer mit Sachen beschäftigen muss, die einen spirituell nicht weiterbringen, dann ist das sehr hinderlich. Wenn wir wissen, dass wir nur noch einen Monat zu leben haben, dann würden wir sehr intensiv praktizieren, so dass wir am Schluss noch die Erleuchtung finden können. Aber wir müssen dazu wissen, wann wir sterben werden.

Wie die Geschichte einer Frau mit Krebs in Amerika. Die Ärzte gaben ihr nur noch einen Monat. Als sie die Nachricht hört, nahm sie Kontakt mit zwei Mönchen auf und diese zwei Mönche haben ihr intensiven Meditationsunterricht gegeben. Nach den Unterweisungen praktizierte sie sehr intensiv und manchmal vergaß sie sogar zu essen. Nach einem Monat war die Zeit gekommen, wo sie sterben würde, sie hielt die Hand ihrer Schwester, lächelte und dann war sie tot. Die Mönche haben bestätigt, dass sie in einer höheren Daseinsebene wiedergeboren worden ist.

Genauso wie ein anderer Mann, der hat auch erfahren, dass er nicht mehr lange zu leben hat. Er hatte eine schwere Magenkrankheit – man gab ihm nicht mehr lange zu leben. Als er das erfahren hatte, hat er gesagt, er meditiert so lange, bis er stirbt. Er meditiert und sitzt drei Tage lang. Nach drei Tagen geht er zur Toilette und sieht dass sein Stuhl pechschwarz ist. Seitdem war er gesund. Er hatte sein schlechtes Karma abgetragen und durfte weiterleben.

Befreiung von Illusionen und Emotionen …

Wir leben sehr oft in Illusionen, wir möchten reich sein, wir möchten verreisen oder in Luxus leben. Wir lassen uns zu sehr von Tagträumen irreführen. Deshalb müssen wir jetzt schon lernen, loszulassen. Für uns ist der Gedanke an den Tod etwas ganz Vages, weit von uns entfernt.

Wir müssen über solche Gefühle/Emotionen wie Liebe, Hass, Ärger oder Freude erhaben sein. Dann können wir die Dinge klarer sehen mit unseren geistigen Augen.

Es gibt eine Geschichte von einer alten Frau, die einen Zenmeister fragt: „Ehrwürdiger, ich finde, dass man als Frau doch sehr benachteiligt ist und sich nicht spirituell entwickeln kann. Ich möchte im nächsten Leben als Mann wiedergeboren werden. Der Zenmeister sagt: „Ich kann dir nur in diesem Leben weiterhelfen. Willst Du jetzt ein Mann werden? Wenn Du ein Mann werden willst, dann sollst Du folgendes Gelübde ablegen: „ich gelobe, dass alle Menschen in einer höheren Ebene wiedergeboren werden, aber ich bleibe immer hier unten und werde weiter ein erbärmliches Leben führen.” Die alte Frau wundert sich: „Was soll das, warum soll ich hier bleiben? Warum sollen alle Menschen glücklich sein und ich nicht?“ Ist der Zenmeister verrückt? Der Hintergedanke ist, dass es notwendig ist, ein großzügiges Herz zu entwickeln, bevor man ein Mann sein kann. Sie kann wie ein Mann leben, wenn sie ein großzügigeres Herz entwickelt hat.

Jeder Tag bringt uns dem Tod näher …

Das ist eine Tatsache.

Während einer Reise von Italien nach Ungarn saßen wir im Flugzeug. Während wir über den Wolken waren, gab es technische Probleme mit dem Flugzeug. Viele Passagiere gerieten in Panik. Er selber hat an diesem Zeitpunkt angefangen, über den Tod zu meditieren. Deshalb bleibt er ruhig, während alle um ihn herum, in Panik waren. Als das Flugzeug landete, haben alle Menschen geklatscht. Nur seine Delegation blieb ruhig. Sie empfanden weder Freude noch Leid.
Er hat dann jemanden gefragt, warum wurde geklatscht? Sie waren nur froh, dass sie überlebt haben. Sie waren froh, dass sie heil gelandet sind. Die Delegation hatte nicht gewusst, dass das Flugzeug technische Schwierigkeiten hatte. Deshalb hatten sie keine Angst vor dem Tod. Die anderen aber wussten darum, und fürchteten um ihr Leben. Wir müssen lernen, keine Angst vor dem Tod zu haben – immer und fortwährend.

Als er einmal im tiefsten Winter in Canada Schnee schippen wollte schlug die Tür hinter ihm zu und er hatte die Schlüssel drinnen und er wusste in der Kälte würde er nicht lange überleben. Zum Glück klingelte das Telefon und Freunde erkundigten sich, ob alles in Ordnung ist.

Wir kommen manchmal in Situationen, in welchem wir dem Tod sehr nahe kommen. Daher müssen wir schon jetzt lernen, damit umzugehen.

Wir haben großes Glück, wenn wir den Dharma in diesem Leben jetzt erfahren dürfen. Es gibt so viele Leute, die leben unbewusst. Sie leben ohne Bewusstsein von Leben und Tod und wissen nicht, woher sie kommen oder wohin sie gehen.

Ab heute praktizieren …

Es gab eine 70-jährige Frau, sie weinte und kam zum Abt: „Ich habe mein ganzes Leben nichts vom Dharma gewusst. Es tut mir leid, dass ich so spät die buddhistische Lehre kennen gelernt habe!”
Der Abt sagte: „Nein, es ist nicht zu spät, Sie können ab heute anfangen zu praktizieren.” Das bedeutet, es ist nie zu spät, um damit anzufangen. Sie war über diese Antwort sehr glücklich und sie übte sehr fleißig und ihr Sohn wurde ordiniert. Buddha hat gesagt, wenn man nur einen einzigen Tag den Dharma praktiziert und sich an die 5 Regeln hält dann ist das schon ein sehr wertvoller Tag.

Als er 23 Jahre alt war, wollte er Mönch werden. Aber es gab so viele Probleme in seiner Familie, da wollte er diese Gedanken verwerfen. Er hat sich entschlossen, nur 8 Monate in dem Meditationszentrum zu bleiben und zu helfen. Er hat 8 Monate lang im Kloster geholfen. Danach wollte er zurück zu seiner Familie und nicht mehr Mönch werden. Er hatte dann einen Traum von zwei Brücken, die jeweils von einem Soldaten bewacht wurden. Eine war sehr schön, die andere war eher unansehnlich und voll von Menschen. Es waren keine normalen Soldaten auf den Brücken, sondern himmlische Soldaten. Einer der Soldaten fragte ihn, als er sich der Menschenmenge auf der einen Brücke anschließen wollte „wohin gehst du, das ist nicht deine Brücke. Deine Brücke ist dort unten.“ Weil er 8 Monate in einem Kloster geholfen hat, durfte er die „schönere” Brücke benutzen. Er hat dies als himmlisches Zeichen gedeutet, dass er sein ganzes Leben im Kloster verbringen sollte – wenn er bereits nach 8 Monaten Kloster auf die andere Brücke wechseln konnte, was würde passieren, wenn er sein ganzes Leben im Kloster verbringen würde?

Wenn jemand sehr viele gute Taten verrichtet hat, dann wird er gleich im Himmel geboren. Wenn jemand sehr viele schlechte Taten begangen hat, wird er in der Hölle wiedergeboren. Man wird seinem Karma entsprechend wiedergeboren.

Egal wer oder wo man ist, der Tod kann einen jederzeit holen. Viele Leute denken, ich habe viel Zeit, ich sterbe erst, wenn ich alt bin. Aber wir erleben oft, jung oder alt, die Leute sterben jeden Tag. Der Tod kann jederzeit kommen – man weiß nie wann. Wenn wir keine Angst vor dem Tod haben, sollen wir denken, dass unser Leben eine Illusion ist.

Anhaftungen erkennen und allmählich loslassen lernen …

Es gibt drei Sorten von Menschen:

1. keine Anhaftung an irdische Güter (Heilige),
2. ausgeprägte Anhaftungen (Menschen, die nicht bewusst leben) und
3. Menschen, die auf dem spirituellen Weg sind.

Wir müssen uns der 1. Gruppe bewusst sein. Das Leben ist eine Schule, um unsere Anhaftungen zu lösen, mit dem Ziel, uns weiter zu entwickeln.
Wir müssen lernen, alles allmählich loszulassen. Es geht nicht darum, alles sofort loszulassen. Das ist nicht realistisch.

Der Sinn von unserem ganzen Leben ist unsere spirituelle Entwicklung. Aber leider gehen viele Menschen in die Pagode, um ein bisschen Gesellschaft zu haben oder um sich zu amüsieren. Aber sie denken nicht daran, ernsthaft zu praktizieren. Sie erkennen nicht die Wichtigkeit ihrer spirituellen Entwicklung. Erst wenn sie älter werden und der Tod naht, dann kriegen sie Panik und beginnen über Religion nachzudenken. Aber so lange sie noch jung sind, lassen sie sich von Vergnügungen leiten. Sie sehen nicht, dass es eigentlich mehr Kummer als Freude im Leben gibt.

Vielen ist es nicht klar, dass es nur eine Methode gibt, um aus dem Kreis der Wiedergeburten auszubrechen. Nur durch die spirituelle Praxis können wir den Kreis der Wiedergeburten durchbrechen.

Wir brauchen uns nicht vor Wirkungen zu fürchten, wenn wir die Ursachen kennen …

Daher ist es wichtig, Ursache und Wirkung zu verstehen. Wir müssen lediglich entsprechend handeln. Heilsame Ursachen bringen positive Wirkungen hervor.
Wenn man nicht loslässt, kann man sich nicht spirituell weiter entwickeln. Wenn man immer Gründe findet, um sich nicht spirituell weiter zu entwickeln, kommt man nicht weiter und oft kann man auch seine weltlichen Dinge nicht beenden, weil der Tod einen vorher ereilt.

Je mehr man loslassen lernt, desto größer ist die Chance, dass man sich aus dem Kreis der Wiedergeburten befreien kann. Die meisten Menschen aber können nicht loslassen, was sie sich aufgebaut haben (Häuser, Familien …). Wir sind emotional und materiell gebunden. Je mehr man besitzt, desto schwieriger wird es, ein spirituelles Leben zu führen. Man verschwendet zu viel Zeit dafür, die Besitztümer zu erhalten und zu pflegen.

Ein armer Bauer findet beim Pflügen seines Feldes einen Eimer Gold. Seitdem war der Mann unglücklich, weil er immer daran denkt, ob es noch mehr Eimer im Feld geben könnte. Er meint, er muss das ganze Feld umgraben, um sie zu finden. Man hat nie genug, man will immer mehr.

Eine Fee kommt auf diese Welt, zeigt mit ihrem schlanken Finger auf einen Stein, welcher sich daraufhin in Gold verwandelt. Sie gibt einem kleinen Jungen ein Goldstück. Der Junge kann sich nicht freuen – er ist unzufrieden, er will auch den Finger der Fee haben, da er glaubt, mit diesem Finger alles in Gold verwandeln zu können. Man ist nie zufrieden und will immer mehr.

Frage: Was wollt Ihr mit Eurem Leben anfangen?
XIV DL: wenn ihr einen guten Tod wollt, müsst ihr ein gutes Leben führen.

Ein Zenmeister lag im Sterben. Er sieht, dass außer einem Schüler alle weinen. Er fragt den einen Schüler, warum er nicht weint. Der antwortet, er hat gesehen, dass der Zenmeister ein gutes Leben gelebt hat, „also weiß ich, dass Du gut sterben wirst“. Als der Zenmeister dies hörte, wusste er, dass dieser Schüler erleuchtet war, lächelte und starb.

13. Oktober 2009 Dharma, Texte Keine Kommentare

Über die Buddhanatur

– Dharmavortrag des Ehrw. Thich Thong Phuong – 8. Oktober 2009, Buddhas Weg

retreat-ven-thich-thong-phuong-303Alle Wesen tragen die Buddhanatur in sich – tatsächlich ist sie die wahre Natur des Menschen. Doch der Geist der (meisten) Lebewesen ist verdunkelt, was dazu führt, dass wir im Kreis der Wiedergeburten gefangen sind. Je mehr Wiedergeburten wir durchlaufen, desto schwieriger ist es für uns, zu unserer wahren Natur zurückzufinden. Wir haben uns im Netz der Wiedergeburten verloren.
Ein armer Mann kam einmal zu einem Zenmeister und beklagte sich über seine Armut. Der Meister antwortete, er trage doch einen Schatz in seinem Ärmel und dennoch suche er in der ganzen Welt nach Reichtum.

Wir tragen den Keim der Befreiung in uns …

Die meisten Menschen wissen nicht, dass sie den Keim der Befreiung in sich tragen. Wir sind immer auf der Suche nach irgendetwas im Außen. Über unsere sechs Sinne sind wir ständig auf der Suche nach Befriedigung. Mit unseren Augen suchen wir nach Schönheit, mit unseren Ohren nach angenehmen Klängen. Wir meinen, wenn wir keine Reize über unsere sechs Sinne empfangen, büßen wir unsere Lebendigkeit ein. Wir sehen nicht, dass wir uns eben durch diese Sinneswahrnehmungen in die Irre führen lassen. Wir suchen im Außen nach etwas, was wir in unserem Inneren bereits besitzen. Schaut Euch an: Ihr habt zum Teil weite Wege zurückgelegt, um heute den Dharmatalk hören zu können. Ihr hofft, hier Eure Buddhanatur zu finden. Dabei tragt Ihr sie doch in Euch selbst und müßt nirgendwo hingehen, um sie zu erlangen. Jeder Mensch hat die Möglichkeit, ein Buddha zu werden. Allerdings ist es dazu notwendig, dass wir praktizieren. Auch der Buddha selbst hat viele Leben hindurch praktizieren müssen, um zum Buddha zu werden.

Der Weg des Bodhisattwa …

kidsWas ist ein Bodhisattwa? Ein Bodhisattwa ist ein erleuchteter Mensch. Er wurde also als Mensch geboren und wurde erst nach langer (geistiger) Praxis zum Bodhisattwa.

Ein Zenmeister sagte: „In jedem Holz steckt der Keim des Feuers.“ Aber man muss etwas tun, damit dieses Feuer aus dem Holz befreit wird. Nur durch die Reibung mit einem anderen Stück Holz kann dies geschehen. Auch der Mensch muss den ihm innewohnenden Keim der Befreiung hegen und pflegen, damit er sich entwickeln und wachsen kann.

Wann fand der Buddha eigentlich seine Erleuchtung? Als er unter dem Bodhi-Baum saß? Wo wurde er erleuchtet? Erleuchtung findet innerlich statt, unabhängig davon, wo man sitzt. Der Buddha war in seinem Herzen erleuchtet. Wenn der Keim der Erleuchtung nicht vorhanden ist, kann man nicht erleuchtet werden – da hilft dann auch die Praxis nicht.
Der Buddha sagt, die wahre Natur der Lebewesen ist rein. So lange unser Geist benebelt ist, können wir die Erleuchtung nicht erlangen. Die Erleuchtung ist einfach nur ein anderer Zustand. Wenn wir geboren werden, bekommen wir einen Namen. Wenn wir Mönch oder Nonnen werden, erhalten wir einen neuen Namen. Ein Name ist nichts Festes, hat keine Beständigkeit, er ist nur eine Bezeichnung.

In jedem Menschen einen zukünftigen Buddha sehen …

participating_nun1Im Diamant-Sutra wird die Frage gestellt, wie man denn den Lebewesen klar machen könne, dass sie die Buddhanatur in sich tragen. Der Buddha antwortete, dass man versuchen müsse, den Lebewesen zu vermitteln, dass ihr Leben als Menschen nicht von Dauer ist. Die Natur und die Daseinsformen und –ebenen verändern sich. Nur die Buddhanatur ist unveränderlich und unerschütterlich – sie ist Teil der absoluten Wahrheit. Im Lotos-Sutra wird gesagt, wenn wir alle Menschen mit Respekt behandeln und in jedem, dem wir begegnen, einen zukünftigen Buddha sehen, können wir die Erleuchtung erlangen. Dies wird möglich, weil wir durch diese Betrachtungsweise Demut entwickeln können. Wie können wir einem zukünftigen Buddha Hass oder andere negative Gefühle entgegen bringen?

Die Buddhaschaft ist durchaus erreichbar. Wenn wir allen Menschen um uns herum mit Respekt begegnen brauchen wir keine Emotionen der Minderwertigkeit mehr zu entwickeln. Wir müssen zuversichtlich sein, dass sich unser Zustand eines Tages ändert und wir die Erleuchtung finden.

Viele Zenmeister versuchen aus ihren Schülern Eigenschaften und Ansichten „herauszunehmen“, so dass sie „plötzlich und auf der Stelle“ erleuchtet werden. In den zahlreichen Zengeschichten finden wir zum Teil merkwürdige Mittel, um dieses Bewusstsein/diesen Zustand in dem Schüler zu erzeugen oder heraus zu kitzeln.

Ein Armer kommt zu einem Zenmeister und fragt diesen, wie er denn aus seiner Armut herauskomme? Der Zenmeister antwortet: „Du lügst! Armer Mann, Du hast zwei Arme, zwei Beine und 6 funktionierende Sinne – wie kannst Du da arm sein?“

Was für unseren Weg hilfreich ist …

Auf der Suche nach unserer wahren Natur brauchen wir günstige Gelegenheiten. Die Buddhanatur kann nicht ohne Weiteres aufgedeckt werden.

Wir benötigen dazu (in der Regel):
1. Zugang zum Dharma.
Wir können dankbar sein, wenn wir die Möglichkeit haben, einen Dharmavortrag beizuwohnen. Dennoch reicht es für unsere geistige Entwicklung nicht aus, wenn wir lediglich zuhören. Wir müssen die Inhalte auch in unserem Leben praktizieren.

2. Einen geeigneten Lehrer/Meister.
Es gibt gute und schlechte Lehrer. Ein schlechter Lehrer ist einer, der Dir verspricht, dass Du in drei Monaten erleuchtet sein wirst. Erleuchtung kann Dir niemand von außen geben. Wäre dem so, bedenkt bitte, könnte der Meister sie Dir auch wieder nach Lust und Laune wegzunehmen. Erleuchtung ist ein innerer Prozess.

3. das Praktizieren des Achtfachen Pfads – Gutes Tun ohne Gegenleistungen zu erwarten.
Wenn wir zum Beispiel Spenden geben, um unser Karma aufzubessern, ist das keine heilsame Motivation. Dann werden wir vielleicht als „reiche Tiere“ wiedergeboren (z.B. als Elefant, der reich geschmückt wird). Ein Bodhisattwa denkt nicht darüber nach, warum oder wozu er Gutes tun soll. Er macht es einfach – ohne jeglichen Hintergedanken. Wenn wir Erwartungen mit unseren guten Taten verknüpfen, erzeugen wir nur Kummer und Enttäuschung für uns selbst, wenn diese nicht erfüllt werden. Wir müssen sie daher loslassen.

4. einen klaren Geist.
Die Buddhanatur ist vage, eher abstrakt. Man benötigt einen klaren Geist, um sie zu erkennen. Obwohl sie in uns selbst ist, können wir keinen Zugang zu ihr finden, so lange unser Geist nicht bereit dafür ist. Auch ein klarer Geist bedeutet noch nicht automatisch, dass man imstande ist, die Buddhanatur zu erfahren.

Nehmen wir einen Intellektuellen: er hat einen klaren Geist, aber eben nur für eine bestimmte Ebene, z.B. für Logik und Wissen. Er hat sozusagen seine ganze Klarheit für diese Ebene aufgebraucht und hat keine Kapazität mehr frei, um die Klarheit auf das Erkennen der Buddhanatur zu verwenden.

Es ist wie in einem dunklen Zimmer, in welchem viele Gegenstände sind. So lange der Raum dunkel ist, sehen wir die Dinge nicht. Stellen wir eine Lampe hinein, können wir sie wahrnehmen. Das bedeutet aber nicht, dass das Licht die Erscheinungen erzeugt hat – sie waren schon vorher vorhanden. Das Licht hilft nur, die Dinge zu sehen.

Wie erlangen wir einen klaren Geist?

1. die Lehren hören,
2, über die Lehren reflektieren und
3. die Lehren praktizieren.

Ohne Loslassen keine Befreiung …

Der Weg des Praktizierens erfordert Loslassen – sowohl von materiellen als auch von geistigen Anhaftungen. Es funktioniert nicht, dass wir einerseits nach der Befreiung streben, aber gleichzeitig nicht bereit sind, unsere Anhaftungen loszulassen.

Es ist alles vergänglich. Es lohnt sich nicht an etwas anzuhaften. Auch nicht an unseren Körper, der besteht auch nur aus Erde, Wasser, Feuer und Wind. Er ist lediglich eine Manifestation der Elemente. Was bleibt, ist unser Geist.

Ein Zenmeister besucht einen Tempel und geht zum Altar. Dort steht eine Figur aus Ton und die Besucher beten sie an. Der Meister nimmt seinen Stock und klopft dreimal auf die Statue, woraufhin diese zerbricht. Die Menschen sind entsetzt, aber der Zenmeister bleibt gelassen. Später als er aus dem Tempel kommt, kommt eine wunderschön gekleidete Gestalt auf ihn zu und kniet vor ihm nieder. Es ist der Küchengott, der sich bei dem Zenmeister bedanken möchte. „Ich danke Dir, dass Du diese Tonfigur zerschlagen hast, dadurch hast Du mich befreit. Die Menschen haben mich durch ihre Anbetung dort eingesperrt.”

Was wir sind oder nicht sind …

Ohne unseren Geist sind wir nur ein Stück Fleisch. Und an diesem Stück Fleisch haften wir. Wir können es nicht loslassen, daher haben wir solche Angst vor dem Tod.

Frage: Wie sollen wir mit jemanden umgehen, der uns beleidigt? Wir sollen uns vergegenwärtigen, dass er lediglich ein Stück Fleisch beleidigt. Unseren Geist kann man nicht beleidigen.

An einem Tag, ja, innerhalb einer Stunde sagen wir „ich bin fröhlich“, „ich bin traurig“ usw.: unser Zustand ändert sich ständig, wir sind nie „gleich“ – wir tragen so viele „Ichs“ in uns. Das ist unsere Ich-Natur: Der ständige Wechsel.
Oft verwechseln wir unsere 6 Sinne mit dem Ich. Diese sind aber nicht unser Ich. Sie sind nur eine Möglichkeit, mit der Außenwelt zu kommunizieren, in Kontakt zu treten.

Wenn wir essen – wer ißt? Der Mund, die Zunge oder der Magen? Keiner ißt für sich allein. Aber dennoch sagen wir immer nur „Ich, Ich, Ich“. An einem einzigen Tag erleben wir also unterschiedlichste, geistige Zustände. Darüber hinaus sind wir nicht nur an eine Funktion oder Rolle gebunden – wir tragen viele davon in uns, wir sind viele in einer Person: Mutter, Ehefrau, Freundin, Praktizierende…. Wir ändern uns also ständig, auf der materiellen und der geistigen Ebene, sowie im Kontakt mit der Außenwelt.

Wenn wir unsere Anhaftungen an negativen Emotionen wie Hass und Ärger pflegen, riskieren wir, auf einer niederen Daseinsebene wiedergeboren zu werden. Daher müssen wir uns von unserer destruktiven Denkweise befreien.

Der Prozess des Loslassens ist folglich ein wichtiger Faktor auf dem Weg zur Erleuchtung. Unser Ziel ist es, mit Hilfe eines klaren Geistes, die Dinge in ihrer wahren Natur zu erkennen. Dadurch verändert sich unsere Sichtweise und wir können „uns selbst vergessen”.

Die eigene Verantwortung übernehmen …

Der Meister ist dazu da, Euch an Eure wahre Natur zu erinnern, die Ihr im Laufe vieler Leben verloren habt (den Zugang dazu). Wichtig ist, dass Ihr auf Eurem Weg immer aus Eurer eigenen Kraft heraus arbeiten müßt. Anlehnen an Buddha oder einen Gott funktioniert nicht. Daher kann die Anbetung nicht der richtige Weg sein. Ihr müßt Euch selbst anstrengen, um die Befreiung zu erlangen. Viele Leute beten Statuen an, obwohl sie doch einen Buddha in sich selbst tragen.

steinbuddha_kopfWenn wir schlafen,
umarmen wir Buddha.
Wenn wir aufwachen,
gehen wir mit Buddha –
wir sind unzertrennlich,
aber trotzdem suchen wir nach Buddha (im Außen).”

Geht nicht auf die Suche (im Außen), sondern entwickelt Eure (innere) Buddhanatur. Unser Dasein dient dazu, zu lernen, unsere wahre Buddhanatur zu erwecken.

13. Oktober 2009 Dharma, Texte Keine Kommentare

„Alles ist Zen”

– aus dem Einführungsvortrag des Ehrw. Thich Thong Phuong – 7. Oktober 2009, Buddhas Weg

retreat-ven-thich-thong-phuong-242Ich möchte Euch einladen, dass Ihr dieses Wochenende dazu nutzt, fokussiert zu bleiben. Wir haben vergessen, wer wir wirklich sind. Wir lassen uns ständig durch äußere Reize von unserer wahren Natur ablenken. Wir können uns selbst finden während wir kochen, schlafen oder arbeiten. Es ist nur eine Frage des Fokussiert-seins. Ein Retreat kann wie ein Erinnerungsbad wirken: Wir werden daran erinnert, woher wir kommen. Wir haben die Gelegenheit, über die Dinge, die wir getan oder nicht getan haben, zu reflektieren. Richtet Eure Aufmerksamkeit auf die sechs Sinne und die entsprechenden Sinnesorgane. Wir verlieren uns so oft, weil wir den externen Stimuli, die auf unsere Sinnesorgane treffen, folgen. Dabei wenden wir unsere Aufmerksamkeit der Außenwelt zu und lassen uns von den Eindrücken wegtragen. Nun sollten wir die Zeit nutzen, unsere Innenwelt aufmerksam zu beobachten. Unser Leben in Samsara ist nur vorübergehend, es ist vergänglich. Dadurch, dass wir uns ständig durch sinnliche Eindrücke aus der Umwelt ablenken lassen, erzeugen wir Verwirrung in uns. Wir haben vergessen, wie wir eigentlich hierher gekommen sind (d.h. in Samsara). Durch die Meditation können wir unseren Fokus wiederfinden und den Zugang zu unserem wahren Selbst wieder erlangen.

Die Aufmerksamkeit nach Innen wenden …

meditationshaltung2Im Alltag konzentrieren wir uns meist auf äußere Reize – die nächsten Tage wollen wir unsere Aufmerksamkeit nach innen richten. Wir werden dann imstande sein, unsere Schwächen zu sehen und auch unser negatives Karma, welches wir im Laufe vieler Leben angesammelt haben. Wenn wir wahrhaftig und mutig nach innen schauen, bekommen wir Klarheit darüber, wer wir wirklich sind. Schauen wir weiter nur nach Außen, vergessen wir immer mehr, woher wir kommen. Unsere Sinneswahrnehmungen beeinflussen unsere Gefühle. Wir werden abgelenkt. Zum Beispiel erkennen wir dann sehr schnell die Fehler anderer und kritisieren sie dafür, haben aber keinen Blick für unsere eigenen. Dazu müssen wir nach innen schauen. Wir werden dann feststellen, dass wir genau so sind, wie alle anderen. Es gibt keinen Unterschied zwischen uns und den anderen.

Keine Zeit vergeuden …

Die Zeit vergeht sehr schnell. Während eines Augenzwinkerns passiert so viel. Ehe wir uns versehen, sterben wir. Die Zeit wartet nicht auf uns. Das Leben und die Zeit sind vergänglich. Es gibt keine Zeit zu verschwenden. Lasst uns jeden Moment unseres Lebens nutzen. Gedanken wie „ich mag dieses oder ich mag jenes nicht“ sollten wir aus unserem Geist verbannen. Konzentriert Euch auf Eure Handlungen, z.B. beim Essen, wie Ihr die Stäbchen haltet, den Reis kaut usw. und Euer Geist wird ruhig werden. Ein ruhiger Geist ist ein klarer Geist. Und nur ein klarer Geist kann die Dinge sehen, wie sie wirklich sind.

Wenn Eure Gedanken anfangen zu wandern und bindet sie fest, z.B. indem Ihr über Dinge, die Ihr getan habt, reflektiert. Wenn man Geschehnisse ein zweites Mal betrachtet, vermag man sie oft viel klarer zu sehen. Das nennt man Reflektion.

Geist und Körper an einen Ort bringen …

Es ist einfach, unseren Körper in einer bestimmten, z.B. Sitzposition, zu halten. Aber wie ist das mit unserem Geist? Unseren Geist festzubinden, ist schwierig. Er tendiert dazu, umher zu wandern. Wir sitzen und versuchen zu meditieren, aber unser Geist geht zum Markt und will sich dort vergnügen. Wir sollten üben, unseren Körper und unseren Geist an einen Ort zu bringen. Die Realität sieht aber oft so aus, dass unser Körper an einem Ort und unser Geist sich an einem anderen Platz aufhält. Das ist eigentlich kein richtiges Leben – wir sind dann nicht mehr als ein lebendiger Leichnam.

kids1Nutzt daher die Zeit Eures Lebens, um Euren Geist zu schulen. Stellt Euch immer wieder die Frage: Lebe ich wirklich? Wenn wir auf und ab gehen, fragt Euch: Wer geht da auf und ab? Wer sind wir eigentlich? Wenn wir ehrlich sind, können wir all diese Fragen nicht wirklich beantworten. Wir geben zwar vor, dass wir es können, aber in Wahrheit sind wir einfach nur verwirrt. Wir sind wie verwirrte Geister (Gespenster). Daher müssen wir praktizieren. Lebt aufmerksam und versucht Euren Geist in einem ruhigen Zustand zu halten. Wenn wir in Achtsamkeit gehen und in Achtsamkeit sitzen dann können wir mit Klarheit den Sinn und Zweck unseres Lebens erkennen. Wir sehen dann Dinge, die wir zuvor gar nicht wahrgenommen haben. Der Dharma ist überall, wir waren lediglich nicht imstande, ihn wahrzunehmen, weil wir unsere Aufmerksamkeit nicht darauf gerichtet haben.

Immer wenn Ihr praktiziert, konzentriert Euch auf Euren ruhigen Geist. Rennt nicht in Gedanken überall herum. Denn wenn die Gedanken anfangen zu wandern, kommen Gefühle hoch, auf welche wir dann unsere Aufmerksamkeit richten. Wir können das tun, aber wir sollten nicht mit den Gefühlen mitlaufen.

Denken erzeugt Verwirrung …

gehmeditation1Wohin gehst Du? Es gibt immer eine Bedeutung hinter den Worten. Es geht immer um Zen – alles ist Zen. Man läuft nicht einfach nur die Straße runter. Ein Praktizierender tut dies in vollem Gewahrsein. Er ist sich seines Seins, seiner Existenz, in jedem Augenblick voll bewusst. In diesem Fall ist unsere Existenz im gegebenen Moment auf der Straße. Nur die Handlung ist wichtig. Wenn Ihr anfangt zu denken, entsteht Verwirrung. Wenn wir in vollem Gewahrsein sind, verlieren wir uns nie. Bringt Euch immer wieder zurück in die Gegenwart und fragt Euch „Wohin gehst Du?“ Das ist eine einfache Übung, um Körper und Geist an den gleichen Ort zu bringen.

Das Praktizieren sollte zu einer Gewohnheit werden. Egal wo Ihr seid, versucht immer, dass Euer Körper und Euer Geist an einem Ort sind.

Das eigene Haus bewachen …

Praktizieren ist Erfahrung. Wenn Ihr über Eure Sinne wahrnehmt, fokussiert auf das Sinnesorgan und nicht auf den Sinnesreiz. Also z.B. konzentriert Euch auf Eure Nase und nicht auf den Geruch. Sobald Ihr Eure Aufmerksamkeit auf den Geruch richtet, wird Euer Geist davon getragen. Wenn wir uns aber auf die Nase konzentrieren, bleibt unser Geist zentriert. Der wahre/echte Geist ist ein ruhiger Geist. Der ruhige Geist ist leer. Sobald man diese Leere wahrnimmt, steigen Ängste auf: „Was passiert da mit mir?“ Und sofort schießen wieder Gedanken hoch und man kommt aus der Ruhe raus. Werdet nicht zu Sklaven Eures wandernden Geistes. Wenn in Eurem Haus Gäste auftauchen, merkt Ihr es ja auch sofort und Ihr könnt sie auch rauswerfen, wenn sie Euch nicht passen. Fangt alle Gäste ein, die durch Eure Tür treten. Das gilt für den Beginn Eurer Praxis: Jeden Gedanken einfangen. Später geht es darum, über die Gedanken zu reflektieren. Am Anfang hat man noch nicht die notwendige Kontrolle über den Geist. Es ist als ob man schlafen geht, der Körper ist müde und braucht Schlaf, aber der Geist ist noch aktiv und man kommt nicht zur Ruhe; Schlafen ist unmöglich. Das zeigt, dass wir noch keine Kontrolle über unseren Geist haben. Er macht, was er will.

Legt Eure ganzen Bemühungen in alles, was Ihr tut. Seid achtsam. Konzentriert Euch auf die Tasse in Eurer Hand und lasst Eure Gedanken nicht umher wandern.

Wenn Ihr geht, geht mit Leichtigkeit. Bei jedem Schritt sollte Euer Geist „dabei sein“. Macht gleichmäßige, ruhige Schritte, wenn Ihr lauft. Macht alles, was Ihr tut langsam, fokussiert und gleichmäßig – denkt daran: Alles ist ZEN.

13. Oktober 2009 Dharma, Texte 1 Kommentar

Schritt für Schritt auf dem Weg zur Befreiung oder Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut

u-jagara1Der Ehrw. U Jagara sprach am Mittwochabend während des derzeitigen Meditationsretreats im neuen Zentrum „Buddhas Weg” in seinem Dharmavortrag darüber, wie wichtig es ist, dass wir unseren spirituellen Weg zunächst auf eine solide Basis stellen: „Es ist vergleichbar mit den Prinzipien der Architektur. Schaut Euch ein Kunstwerk, wie eine Stupa oder ein simples Haus an. Sie alle haben eine breite, stabile Basis. Wenn sie diese nicht hätten, würden sie wackeln und beim geringsten Anlass umfallen.” Genau so verhält es mit unserer Dharma-Praxis.

Am Beispiel des Sutras „Die sieben Kutschen” (MN 24, Rathavinita Sutta) verdeutlichte er dies. „Zu Buddhas Zeiten gab es noch keine Fortbewegungsmittel wie Autos oder Busse, dafür aber Sänften und Kutschen. Wenn man weiter reisen wollte, konnte man dies nicht auf einmal tun. Man mußte unterwegs Pausen einlegen und die Pferde oder die Kutsche wechseln.”

König Pasenadi von Kosala ging es genau so: Als er sich von Savatthi nach Saketa begeben wollte, konnte er dies nicht „in einem Stück” tun – er mußte Etappen einlegen und die Kutschen unterwegs wechseln. Als man ihn an seinem Zielort empfing und fragte, ob er mit eben dieser Kutsche von Savatthi nach Saketa gereist sei, antwortete er wahrheitsgemäß, dass er siebenmal auf eine andere Kutsche hatte umsteigen müssen, um sein Ziel zu erreichen.

Auf unserer spirituellen Reise ergeht es uns nicht anders: wir nutzen zunächst ein Fahrzeug, fahren eine Weile gut damit, aber dann ist es Zeit auf das nächste Vehikel über zu wechseln.

Wie geht man nun praktisch vor?

Es gibt viele Aufteilungen und Vorschläge in den traditionellen Texten, wie man denn sinnvollerweise auf dem Pfad zur Befreiung voranschreiten soll. Immer wieder begegnet uns die Aufteilung in drei Abschnitte: Sila (Tugend oder Moralität), Samadhi (Konzentration) sowie Panna (Weisheit).

Meist werden diese drei Säulen als fortschreitender, stufenförmiger Prozess beschrieben, das heißt, man beginnt mit der Läuterung der Lebensführung, in dem man sich an die Verhaltensregeln oder Gelübde hält (z.B. an die fünf oder acht buddhistischen Laiengelübde). Ziel ist, beispielsweise mit Hilfe des Achtfachen Pfades Körper, Sprache und Geist zu reinigen.

Um diesen Reinigungsprozess umsetzen zu können, muß man sich darin schulen, die sechs Sinnestore (Seh-, Hör-, Riech-, Tast-, Geschmacks- und Geisttor) zu bewachen.

Was bedeutet dies und wozu soll das gut sein?

Unsere Wahrnehmungsprozesse funktionieren wie die „stille Post“ …

Erläutern wir dies mit einem Beispiel: wir hören Musik. Eigentlich handelt es sich lediglich um akustische Signale, die unseren Hörsinn über die physische Grundlage unserer Ohren erreicht. Wenn wir uns diesem Reiz oder Signal mit unserer Aufmerksamkeit zuwenden und es einfach nur als „Geräusch“ wahrnehmen, haben wir noch kein Problem. Meistens ist aber so, dass nun unser 6. Sinn, unser Denk- oder Geistsinn, in folgender Weise einspringt: wir beginnen, das akustische Signal einzusortieren, zu katalogisieren, mit unseren abgespeicherten Erfahrungswerten abzugleichen und schlussendlich (miss)interpretieren wir den ursprünglich völlig neutralen Reiz. Am Ende ist es wie bei der „stillen Post”: das Wort, welches wir zu Beginn an unseren Sitznachbarn weitergegeben haben, kommt am Ende bei dem letzten in der Reihe völlig „verunstaltet“ an und raus, so wird beispielsweise aus „Frosch“ plötzlich „Trotz”.

Darüber hinaus benötigt unser Geist nicht unbedingt die Impulse der anderen fünf Sinnestore. Der Denksinn kann auch allein durch seines gleichen, nämlich durch Erinnerungen, aktiviert werden. Diese werden dann ebenfalls wie oben beschrieben weiter verarbeitet und können sich mit in der Folge eintreffenden Wahrnehmungsprozessen über die fünf Sinne vermischen, weil wir aufgrund von Erinnerungen unseren Geist sozusagen vorgeeicht haben und die Zielobjekte unserer Aufmerksamkeit (manasikara – eigentliche Übersetzung: geistiges Aufmerken) dadurch automatisch vorgegeben oder gefiltert werden.

Unser Geist besteht aus vielen Komponenten

Um unseren Geist reinigen zu können, müssen wir ihn erstmal beobachten und kennen lernen. Wenn wir genau hinschauen, können wir erkennen, dass unser Bewusstsein niemals „alleine“ auftritt. Es wird immer von so genannten geistigen Faktoren (cetasika), wie z.B. die oben erwähnte Aufmerksamkeit (manasikara) begleitet. Wenn wir beginnen, unser Geisttor zu bewachen, werden wir feststellen, dass es heilsame (konstruktive oder förderlich) und unheilsame (eher destruktive oder hinderliche) geistige Faktoren gibt. In unserer Praxis geht es nun darum, die Entwicklung der förderlichen Faktoren zu unterstützen und die eher hinderlichen Faktoren zu identifizieren und durch heilsamere zu ersetzen oder zu vermeiden, indem wir ihnen nicht mehr Aufmerksamkeit wie notwendig zukommen lassen.

An die Reinigungsphase anschließend, versucht man über die Meditationspraxis (Samatha-Methode) die Konzentrationskraft des Geistes zu schulen. Ist der Geist ruhig und klar, kann man durch die nun vorhandene Reflektionsfähigkeit, die Erscheinungen zunehmend wahrnehmen, wie sie wirklich sind. Dieser Entwicklungsabschnitt wird durch die Vipassana-Meditation unterstützt und führt zu dem so genannten direkten Wissen, welches nicht durch theoretisches Bücherwissen, sondern durch Erkenntnisse, die mit Hilfe von Erfahrung, Analyse und sorgfältigem Erwägen zustande gekommen sind.

Dieses „Erfahrungswissen” wiederum hilft uns ein heilsames Leben zu führen, da wir nun aufgrund selbst gewonnener Einsicht und nicht, um von außen an uns herangetragenen moralischen Regeln zu genügen, bemüht sind, unser Handeln und Wirken in heilsame Bahnen zu lenken.

Fünf Hindernisse (nivarana) für unsere Praxis oder wenn das Auto nicht richtig fahren will …

Wir bleiben bei der zu Beginn angeführten Analogie und veranschaulichen einige typische, in unserer täglichen Praxis häufig auftretende Hindernisse mit den Schwierigkeiten, denen wir beim Fahren eines Fahrzeugs begegnen können.

1. sinnliche Begierden (kamacchanda): Die Windschutzscheibe unseres Autos ist verdreckt, man sieht nicht, wohin man fährt – man muss sie erst reinigen, bevor man sicher weiterfahren kann.

Wenn wir hier in der Buddhahalle sitzen und haben Sehnsucht nach Strand und Meer oder ein bestimmtes Objekt unbedingt haben wollen, dann ist unser Geist nicht frei und offen, um andere Inhalte aufzunehmen. Geistige Klarheit ist unter diesen Umständen nicht möglich. Daher müssen wir unseren Geist zunächst von den sinnlichen Begierden befreien, wenn wir auf unserem spirituellen Weg voranschreiten möchten.

2. üble Absicht, Übelwollen, Hass (vyapada): Der Wagen holpert und ruckelt, es gibt komische, laute Geräusche. Man schaut und stellt fest, es ist keine Luft im Reifen hinten links, er ist platt – man muss anhalten und den Reifen wechseln, sonst kommt man nicht weiter.

Wenn wir voller Hass und Groll sind, ist unser Geist ganz von diesen Emotionen in Anspruch genommen. Wir verlieren uns in diesen unheilsamen Geisteszuständen und können in unserer Praxis nur voranschreiten, wenn wir anhalten, stoppen, die Realität überprüfen und unsere Aufmerksamkeit auf das Gegenmittel, in diesem Fall z.B. die liebende Güte (metta)oder Barmherzigkeit richten.

3. Trägheit, Faulheit, Langeweile (thina-middha): Man wundert sich, dass man nicht voran kommt. Irgendwann schaut man sich um und stellt fest, dass man die ganze Zeit die Handbremse angezogen hatte.

Man hatte einen erholsamen Schlaf, aber sobald man sich zur Meditation hinsetzt, schläft man ein. Man muss sich aus dieser Müdigkeit herausholen, indem man sich durch etwas Lebendiges inspirieren läßt, z.B. indem man an etwas Inspirierendes denkt oder die Augen kurz öffnet und einen Lichtimpuls von draußen aufnimmt. Dann kann man weiter machen.

4. Ruhelosigkeit und sich sorgen (uddhacca-kukkucca): Man fährt im höchsten Gang, der Motor läuft auf Hochtouren, aber irgendwie kommt man nicht weiter. Dann plötzlich steigt Qualm auf und es geht nichts mehr. Man hat vergessen, Wasser in den Kühler zu füllen.

Unruhe und Rastlosigkeit können sowohl auf körperlicher als auch auf geistiger Ebene auftreten. Beides ist für unsere Meditationspraxis ein Hindernis. Wenn wir jedesmal, sobald wir uns zu einer Meditationssitzung hinsetzen wollen, den Impuls haben, wieder aufzuspringen und woanders hinzugehen, können wir nicht praktizieren. Irgendwann sind wir nur noch erschöpft und geben auf. Wir müssen einen Weg finden, uns runter zu holen, abzukühlen, damit wir unsere Aufmerksamkeit dauerhafter an ein Objekt oder an einen Ort festbinden können.

5. Zweifel (vicikiccha): Man will nach links abbiegen, schaut in den Rückspiegel und sieht nur die Straße, den Asphalt. Man schaut nach rechts in den Spiegel und sieht ein Auto. Dann schaut man in den mittleren Rückspiegel und sieht nur den Bürgersteig. Das kommt davon, wenn man die Spiegel vor der Fahrt nicht richtig einstellt oder anpasst. Man kann dann nicht richtig sehen.

Für unsere Praxis bedeutet dies, wenn wir nicht die rechte Ansicht (samma ditthi) haben, können wir Ursache und Wirkung und damit das Gesamtbild einer Situation nicht erfassen. Wir nehmen immer nur – zum Teil widersprüchliche – Details wahr, die, anstelle uns weiterzuhelfen lediglich Verwirrung und Komplexität erzeugen. Daraus können Zweifel daran entstehen, was nun richtig und was falsch ist – aber auch Zweifel an uns selbst oder an unseren Lehrern und sogar dem Dharma.

Und noch ein Impuls für die Meditationspraxis: wenn es mit der Konzentration auf den Atem nicht klappen will …

Man kann in der Meditationspraxis auch so vorgehen, dass man erstmal – nachdem man den Körper bewusst wahrgenommen hat (z.B. über bewusstes Wahrnehmen der Sitzposition) mit Metta-Meditation zur (geistigen) Ruhe kommt und dann zu Anapanasati (Meditation auf den Atem) übergehen. Wenn die Konzentration auf den Atem verloren geht, kann man pausieren und in der Pause wieder zu Metta übergehen. Die Meditation der liebenden Güte ist sehr leicht zu praktizieren, weil man überall um sich herum „Objekte” findet, denen man Metta zuteil werden lassen kann. Man selbst fühlt sich danach auch viel leichter und beschwingt. Das ist eine gute Voraussetzung, um mit Anapanasati weitermachen zu können oder in die Achtsamkeit im Alltag überzugehen.

Neugierig geworden? Sie sind herzlich zu den öffentlichen Vorträgen des Ehrw. U Jagara in der Pagode Phat Hue, Frankfurt, eingeladen – die Termine und Themen der jeweiligen Abende finden Sie hier.

26. Juni 2009 Dharma, Texte Keine Kommentare

Wie erreicht man Nibbana?

SayadawText auf der Grundlage des Dharma Talks von dem Ehrw. Pa Auk Sayadaw 21. Juni 2009, Zentrum Buddhas Weg

Für Buddhisten ist das Erreichen und die Verwirklichung von Nibbana das höchste Ziel. Um dieses umzusetzen, ist das Praktizieren des Achtfachen Pfades notwendig.

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Der Achtfache Pfad besagt:

1. Rechte Erkenntnis (samma ditthi)

2. Rechte Absicht (samma sankappa)

3. Rechte Rede (samma vaca)

4. Rechte Tat (samma kammanta)

5. Rechter Lebenserwerb (samma ajiva)

6. Rechtes Bemühen (samma vayama)

7. Rechte Achtsamkeit (samma sati)

8. Rechte Konzentration (samma samadhi).

Man muss mit Sila, also mit Moralität, anfangen; das bedeutet man beginnt mit rechter Rede, rechter Tat (Handlung) und rechtem Lebenserwerb (Lebensunterhalt).

Dieser Teil des Trainings ist über das Praktizieren der fünf oder der acht Silas (für Laien) zu bewerkstelligen. Um die Silas dann zu vertiefen, muss man die drei Glieder, die mit der Konzentration (Sammlung) verbunden sind, als nächstes schulen: rechtes Bemühen, rechte Achtsamkeit und rechte Konzentration.

Was ist rechte Konzentration?

In den Sutren wird beschrieben, dass rechte Konzentration bedeutet, dass man sich im Verwirklichen der vier Jhanas (Vertiefungen) übt.

Hat man die rechte Konzentration kultiviert, geht man zum Training von Weisheit (panna) über.

Was benötigt man zum Erreichen von Weisheit?

Man muss die rechte Erkenntnis oder Verständnis und die rechte Absicht trainieren.

Was ist rechtes Verständnis?

Rechtes Verständnis gründet in dem Verstehen der Vier Edlen Wahrheiten und damit in dem tiefen Verständnis von dukkha (Leid) bzw. dem Beenden des Leids:

1. Wesen des Leids.

2. Ursache des Leids.

3. Beendigung des Leids.

4. Der Weg zur Beendigung des Leids (vgl. Achtfacher Pfad).

Was bedeutet das?

Wenn man Nibbana erreichen will, muss man die Vier Edlen Wahrheiten verstehen und verinnerlichen. Anders ausgedrückt: ohne das rechte Verständnis des Leids und des Beendens des Leids kann man Nibbana nicht realisieren. Man muss erst das Leid beenden.

Wie kommt das Leid zustande?

Das Leid entsteht durch die fünf Aggregate der Anhaftung – sie sind die eigentliche Ursache des Leids. Um Nibbana zu erreichen, ist die direkte Kenntnis der fünf Aggregate der Anhaftung notwendig.

Der Buddha beschreibt die fünf Aggregate der Anhaftung (skandhas) im Mahasatipatthana-Sutra:

1. Das Aggregat der Anhaftung an die Materialität (rupa, Körperlichkeit)

2. Das Aggregat der Anhaftung an die Gefühle (vedana)

3. Das Aggregat der Anhaftung an die Wahrnehmung (sanna)

4. Das Aggregat der Anhaftung an die mentalen (geistigen) Formationen (sankhara)

5. Das Aggregat der Anhaftung an das Bewusstsein (vinanna).

Das erste Aggregat der Anhaftung: die Materialität (rupa)

Das Anhaften an die Materialität oder Körperlichkeit manifestiert sich in Form von 11 Aspekten, wie im Khanda Sutta beschrieben wird:

Unabhängig von welcher Art Materialität man spricht, wird man sie bei genauerer Betrachtung folgendermaßen charakterisieren können: sie gehört entweder zur Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft, befindet sich innen (z.B. im Bauch) oder draußen (z.B. im Wald), ist grob oder fein, in der Nähe oder weit entfernt, ist in Bezug auf z.B. ihren zugehörigen Daseinsbereich eher untergeordnet (z.B. Wesen aus dem Höllenbereich) oder übergeordnet (z.B. Wesenheit aus dem Götterhimmel).

Diese fünf Aggregate der Anhaftung entsprechen der Ersten Edlen Wahrheit vom Wesen des Leids.

Jedes der weiteren Aggregate (d.h. Gefühle, Wahrnehmung, Mentale Formationen und Bewusstsein) kann sich ebenso auf 11 unterschiedliche Weisen gemäß den 11 oben genannten Aspekten manifestieren.

Ohne die direkte Erkenntnis dieser 11 Aspekte der Aggregate der Anhaftung kann man Nibbana nicht verwirklichen. Sie dienen als Objekte für die Vipassana-Meditation.

Ich werde noch ein bisschen tiefer auf die Aggregate der Anhaftung an die Materialität eingehen.

Unser Körper besteht aus kleinsten Teilchen …

Gemäß der Lehre Buddhas ist unser Körper aus kleinen, subatomaren Partikeln zusammengesetzt, den Kalapas. Wenn man sich systematisch in der Meditation übt, kann man diese kleinen Teilchen sehen und analysieren. Sie entstehen und vergehen sehr schnell.

Wir unterscheiden 28 Arten von Materialität:

  • die vier Elemente (Wasser, Feuer, Erde und Wind)
  • sowie die daraus sich ableitenden 24 Materialitäten:
  • 5 Arten transparenter Materialität (Augen-, Nasen-, Ohren-, Zungen- und Körper-Element, welche die fünf physischen Sinnestore umfassen).
  • die vier Arten von Sinneswahrnehmungsfeldern (Farbe, Geräusch, Geruch, Geschmack)
  • die nutritive Essenz
  • die Lebensfakultät
  • die Herzmaterialität (die physische Basis des Geist-Bewusstseins und der damit assoziierten mentalen Faktoren).

Wenn man Nibbana realisieren möchte, muss man erstmal die ultimative (absolute) Wirklichkeit durchdringen. Die Kalapas entsprechen nicht der absoluten Wirklichkeitsebene. Man muss sie noch weiter analysieren, dann erkennt man die verschiedenen Bestandteile der Partikel in Form von den vier Elementen, Farbe, Geruch … (vgl. die 28 Arten der Materialität oben).

Mentalität (nama)

Das Durchdringen (direkte Verstehen) der Materialität ist Voraussetzung für das wirkliche Verständnis der Mentalität. Jeder kognitive Prozess (Geistprozess) umfasst zahlreiche Bewusstseinsmomente (cittakkhana) und diese wiederum werden von geistigen Faktoren (cetasika) begleitet. Das Bewusstsein entsteht nicht allein, es tritt immer zusammen mit begleitenden, mentalen Faktoren auf. Alles entsteht, bleibt und vergeht blitzschnell.

Um die einzelnen Geistprozesse unterscheiden zu können, benötigt man eine sehr hohe Konzentrationskraft. Daher muss man die ultimative Realität der Materialität bereits „gemeistert” haben.

Diese ultimative Realität, also die Bestandteile von den Kalapas, sie entstehen und vergehen sehr schnell in jedem Augenblick der Wahrnehmung. Wenn man sie erkannt hat, wird man imstande sein, auch die Denkprozesse, die zu diesen ultimativen Realitäten gerechnet werden, zu erkennen.

Sie werden durch drei Faktoren erkannt, durch

1. Kontakt (phassa)

2. Gefühle (vedana)

3. Bewusstsein (vinnana).

In dem wir mit Hilfe der drei Faktoren differenzieren, nehmen wir die Dinge wahr. Wenn wir diese drei Hauptursachen der Wahrnehmung erkannt haben, können wir die weiteren Bestandteile der Bewusstseins-Kalapas oder die Bestandteile von Bewusstseinsprozessen, die zu der ultimativen Wirklichkeit zählen, erkennen. Dann kann man genau die Denkprozesse und die entsprechenden Objekte (Dhammas) analysieren.

Man beginnt also die Mentalitäten zu durchdringen, wenn die Meditation schon sehr klar ist. Wenn man dann fortfährt, die mentalen Formationen in jedem Denkprozess mit den assoziierten mentalen Faktoren zu untersuchen, dann erkennt man die Zusammenhänge von Kontakt (phassa), Gefühl (vedana), Willensmoment (cetana), Wahrnehmung (sanna) und Bewusstsein (vinnana).

Sie entstehen immer zusammen und aus diesem Grund, kann der Meditierende, indem er sich zunächst auf einen der Faktoren konzentriert, auch Zugang zu den anderen Faktoren bekommen, wenn die Vertiefung tiefer wird.

Die meisten Yogis beginnen mit dem Gefühl, welches klar im Vordergrund steht. Später, wenn die Konzentration besser ist, sieht man auch die anderen Faktoren, die mit dem Gefühl einhergehen – besonders die Wahrnehmung, den Kontakt und den Willensmoment. Wenn der Kontakt als Faktor am klarsten ist, können dann allmählich auch alle anderen Geistesfaktoren erkannt werden, die im Wahrnehmungsprozess zusammen mit dem Gefühl erschienen sind.

Jemand hat mich gefragt: Ist es möglich, die Kalapas zu sehen?

Lehre uns diese Kalapas wahrzunehmen! Wie kann ein Yogi die Mentalitäten und die begleitenden mentalen Faktoren erkennen, wenn sie doch so schnell entstehen und vergehen?

Es gibt eine Methode des direkten Wissens, um sie wahrzunehmen.

Im Samadhi- Sutra wird gesagt, nur der konzentrierte Geist kann die Phänomene wirklich erkennen, wie sie sind. Er kann die Wahrheit der Phänomene erkennen und damit auch die Wahrheit des Leids.

Wenn der Geist ruhig und konzentriert ist, ist er fähig, das Licht der Weisheit zu erzeugen. In diesem Licht kann man dann die Kalapas erkennen.

Exkurs: Das Raum-Element

In den Schriften werden drei verschiedene Aspekte des Raum-Elements erwähnt:

1. innerer Raum z.B. im Bauch, also „Hohlräume“.

2. Kasina-Raum-Element: Es entsteht, wenn man sich mit den Kasinas beschäftigt. Wenn man auf die Totalität von weißer Farbe meditiert und man dann die weiße Farbe zurückzieht, entsteht dieses Raum-Element.

3. Grenzen der Kalapas erkennen: dies entspricht der eigentlichen Definition von Raum-Element, wie wir sie im Abhidhamma finden. Gemeint ist Abgrenzung von einem Kalapa zum anderen; wenn man diese Grenzen zwischen den einzelnen Kalapas sieht, kann man auch die Partikel selber wahrnehmen.

Obwohl die Kalapas erscheinen und vergehen, in einem jeden Moment millionenmal: Durch das entstehende Licht der Weisheit wird man die Kalapas wahrnehmen können.

In dem wir all dies in der Tiefe erkannt und verstanden haben, haben wir die direkte Kenntnis der ersten Edlen Wahrheit erlangt.

Die 2. Edle Wahrheit, die Ursache von Leiden (dukkha)

Erst muss man die Ursache des Leids verstehen, denn die Wirkung (also die Manifestation) des Leids ist dann erst die Folge der Ursache.

Wenn wir geboren werden, werden wir geboren durch das Bewusstsein, das uns mit dem neuen Leben verbindet im Bauch unserer Mutter. Wir sind mit 3 Materialitäten geboren, mit 3 verschiedenen Arten von Materialitäten-Kalapas: der Lebensfakultät, der Herzdekadenkalapas und der Sexmaterialität.

Dann kommen die Geistesfaktoren dazu. Wenn diese zusammen erscheinen (also Materialität und Mentalität) dann ermöglichen sie durch das Erscheinen der fünf Aggregate namarupa und damit eine neue Existenz.

Wenn wir geboren sind, werden wir in den 5 Aggregaten der Anhaftung geboren. Ohne Ursache hätten sich die fünf Aggregate nicht formiert. Die Wirkung ist in der Gegenwart, die Ursache (unseres Leids) liegt in der Vergangenheit.

Wir sind in dieses Leben geboren und wir setzen den Prozess der Anhaftung fort. Dadurch akkumulieren wir weiter Ursachen für weiteres Leid und damit für weitere Leben.

Anatta – Nicht-Selbst

Was meinen Sie (der Ehrw. Sayadaw zeigt auf sich selbst) – wer ist das?

Vielleicht denken Sie jetzt, das ist doch der Ehrw. Pa Auk Sayadaw?

Wenn Sie das denken, haben sie das falsche Verständnis oder avija, Ignoranz (Verblendung). Nach Buddhas Lehre ist unser Körper aus Materialität und Mentalität zusammengesetzt, die jeweils schnell entstehen und vergehen – so wie die Kalapas schnell entstehen und vergehen. So schnell wie das passiert, gibt es gar nicht genug Zeit, um sagen zu können, „Das ist Pa Auk Sayadaw.”

Mit dem gleichen falschen Verständnis hegen Sie vielleicht den Wunsch, Mann oder Frau, oder ein Mönch zu sein. Diese Vorstellungen basieren ebenfalls auf Ignoranz, avija.

Avija – Verblendung, auf dieser Basis wünscht man sich etwas zu sein.

Aufgrund dieser Ignoranz und Verblendung entwickeln wir tanha, Durst oder Gier. Wir gieren nach dem Werden (bhava), nach Existenz.

Upadana – das Anhaften entsteht, wenn tanha, die Begierde verfestigt ist, dann wird es zur Anhaftung.

Diese drei mentalen Faktoren sind die hauptsächliche Wurzel für die so genannte „Befleckungsrunde” (= round of defilement). Sie haben die Potenz, zukünftige Existenzen zu ermöglichen.

Die Ursache von Leid wird also durch 3 Faktoren erklärt:

1. avija: falsche Erkenntnis oder Verblendung

2. tanha: Begierde

3. upadana: Anhaften.

Diese drei sind verantwortlich für die Unreinheiten des Geistes. Durch diese wird dann „der Wille zum Tun/Handeln” erzeugt. Um etwas zu werden, tut man etwas. Die geistigen Formationen akkumulieren dann und werden zu Willensäußerungen, die sich wiederum in Handlungen manifestieren. Dies schafft erneut Leid bzw. die Ursache von Leid – hier vor allem im Sinne von Leid aufgrund der Vergänglichkeit der Erscheinungen (weil wir nichts festhalten können).

Geistige Beschmutzungen/Verunreinigungen erzeugen unheilsame Rede, Lebensführung und Erkenntnis.

Diese 3 Faktoren sind also der Ursprung für unser Leid.

Wenn man in seinem vergangenen Leben Leid angesammelt hat und kennt nun die Edlen Wahrheiten des Leidens, dann sollte man auch versuchen, die Wahrheit der fünf Aggregate der Anhaftung zu durchdringen – und zwar nicht nur in Bezug auf das gegenwärtige, sondern auch in Bezug auf das vergangene Leben. Denn wenn man die Zusammensetzung der Aggregate der Anhaftung aus einem vergangenen Leben verstanden hat, versteht man auch die gegenwärtige Konstellation der Aggregate. Darüber hinaus kann man auf zukünftige Leben schließen, da man Ursache und Wirkung in der Tiefe verstanden hat.

Wenn man den ganzen Komplex von Ursache und Wirkung verstehen will, kann man also auch erkennen, wie die jetzigen Ursachen zukünftige Existenzen bedingen.

Nur wenn man diese 11 Aspekte von den 5 Aggregaten analysiert hat, dann wird man Ursache und Wirkung richtig verstehen. Deswegen werden die 5 Aggregate nochmal unter den 11 Aspekten Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft, innere, äußere, feinere und gröbere, untergeordnete und übergeordnete sowie nahe und ferne betrachtet.

Das Leid beenden …

Man kann das Leiden auf zwei grundsätzlichen Wegen beenden:

1. auf der Grundlage von Vipassana: Entstehen und Vergehen in jedem Augenblick

2. auf der Grundlage von Vipassana: direkte Kenntnis von Ursache und Wirkung.

“Rückabwicklung” der 12 Glieder bedingten Entstehens …

Wenn die falsche Erkenntnis vollkommen erloschen ist, dann werden die Willensformationen vollkommen erlöschen. Wenn diese erloschen sind, dann wird das Wiedergeburtsbewusstsein völlig erloschen sein. Wenn dieses vollkommen erlöscht ist, dann wird die materielle und die mentale Welt vollkommen erlöscht sein. Wenn diese erloschen sind, dann werden auch die sechs Sphären von Wahrnehmung erloschen sein (also die Wahrnehmung über die sechs Sinne Seh-, Hör-, Geruchs-, Tast-, Geschmack-, „Denksinn“). In der Folge erlöscht auch der Kontakt (phassa) und die ganzen folgenden Glieder bedingten Entstehens.

Leiden ist nichts anderes als diese 12 Glieder bedingten Entstehens.

Die vier Stufen der Erkenntnis (Stromeintritt, Einmalwiederkehrer, Niewiederkehrer, Arahant)

Wann wird die Ursache erlöschen?

Es geschieht, wenn man richtig in Samatha und Vipassana geschult ist. Durch diese Schulung wird man imstande sein, die vier Wege und die vier Früchte der Wege zu verwirklichen und ein Arahant werden. Dieser kann dann die Ursache des Leidens vollkommen beseitigen und die Wahrheit vom Erlöschen vollkommen verwirklichen. Wenn man sich Mühe gibt, kann man es schaffen. Noch in diesem Leben oder im nächsten Leben. Die Ursachen beseitigen, um die Wahrheit vom Erlöschen zu verwirklichen.

Auch im überweltlichen Bereich gibt es ein Objekt direkter Erkenntnis. Dieses ist dadurch gekennzeichnet, dass es nicht zusammengesetzt ist, also weder aus Materialität noch aus Mentalität besteht. Wenn dieses Element durchdrungen hat, kann man sich vollständig von Ursache und Wirkung des Leids befreien.

Um Vipassana zu üben, sollte man jedoch erstmal mit weltlichen Objekten üben. Die Voraussetzung für Vipassana ist die Reinigung des Geistes durch Einhalten der Silas und das Praktizieren des Achtfachen Pfads.

Die folgenden Objekte sind die Objekte für die Vipassana-Meditation:

Wir ergründen die Wahrheit von Ursache und Leiden anhand

1. der 5 Aggregate der Anhaftung in ihrer Ausprägung der 11 Aspekte.

2. der 5 Faktoren Verblendung (avija), Kontakt oder Berührung (phassa), Durst oder Begierde (tanha), Handlung/Wirken (kamma) und Anhaften (upadana).

Wenn man diese zwei Punkte klar erkannt hat, hat man die rechte Erkenntnis (samma ditthi) entwickelt.

Die drei Daseinsmerkmale …

Wenn man das Wesen des Leids mit Hilfe von Vipassana erkannt hat und auch die fünf Aggregate in der Tiefe verstanden hat, erkennt man, dass sie von drei Aspekten, den drei Daseinsmerkmalen, durchdrungen sind:

1. Vergänglichkeit – anicca

Entstehen und Vergehen in jedem Augenblick der Wahrnehmung

2. Leid – dukkha

Dieses Entstehen und Vergehen ist mit Leiden verbunden

3.ohne Selbst – anatta

Wenn man die Phänomene im Entstehen und Vergehen kontempliert, erkennt man, dass sie ohne ein Selbst sind.

Exkurs: Nimittas….wenn der Atem zum reflektiven Bild wird

Auch im Rahmen der Samatha-Methode können wir den Achtfachen Pfad praktizieren.

Um das reflektive Bild (nimitta) wirklich zu durchdringen, nutzen wir die rechte Erkenntnis. Die rechte Absicht und Anstrengung ermöglicht das Ganze. Mit der rechten Achtsamkeit gegenüber dem reflektiven Bild können wir uns darauf konzentrieren und so dann die jeweiligen Jhanas (Vertiefungszustände) erreichen.

Man beginnt mit dem Praktizieren des weltlichen, Achtfachen Pfades mit der Samatha-Methode.

Wenn man dies richtig geübt hat, kann man zu Vipassana übergehen und dort zur Reife (Fruchterlangung) gelangen. Dann kann man den direkten Pfad von Erkenntnis verwirklichen (Weg und Frucht).

Auf der überweltlichen Ebene fokussiert man im Rahmen von Vipassana auf Nibbana. Nibbana erkennen, bedeutet hier die rechte Erkenntnis. Die rechte Absicht und Anstrengung sind notwendig, um diese Erkenntnis zu erreichen. Wir praktizieren Achtsamkeit auf Nibbana als Objekt und versenken uns darin – das ist dann die rechte (überweltliche) Konzentration.

Wir benötigen also die Samatha- und die Vipassana-Praxis, um zur direkten Erkenntnis, dem Weg und der Frucht, zu gelangen.

Indem man Samatha übt, beschäftigt man sich nach der Theravadatradition mit 40 Samathaobjekten, die zu tieferer Konzentration führen. Welches Objekt man benutzt, muss jeder für sich entscheiden. Wenn Sie sich für Anapanasati entscheiden, was für die meisten das beste Objekt ist für das tägliche Üben, dann sollten Sie immer beim Einatmen und Ausatmen bleiben. Man benutzt den Atem dabei als Konzept und nimmt lediglich wahr, wo der Atem beim Ein- und Ausatmen die Region unterhalb der Nase berührt. Man verfolgt nicht den Atemverlauf (das wäre Vipassana). Damit man beim Einatmen und Ausatmen bleibt, benutzen Anfänger die Zählmethode. Wenn sich aber die Konzentration schnell entwickelt und die Achtsamkeit besser ist, dann braucht man nicht mehr zu zählen. Wie man meditiert, werde ich ausführlich während der Interviews erklären.

Fragen?

Du hattest über die 11 Aspekte gesprochen, zwei davon sind noch nicht ganz klar definiert, nämlich inferior und superior?

Die Aggregate der Anhaftung menschlicher Wesen sind höherwertig im Vergleich zu den Aggregaten der Anhaftung der Wesen in den unteren Daseinsbereichen (Höllen). Die Höllenwesen sind also verglichen mit unseren Aggregaten untergeordnet. Sie sind erzeugt durch unheilsames Karma (die Aggregate), wohingegen die Aggregate von Mönchen durch heilsames Karma erzeugt werden/wurden.

Aber unsere menschlichen Aggregate der Anhaftung sind, obwohl sie durch heilsames Karma erzeugt sind, nicht so heilsam wie die Aggregate der Devas/Götter. Ihr Karma ist viel heilsamer und daher sind auch ihre Aggregate viel feiner. Unsere Aggregate sind dagegen sehr grob und häßlich.

Die untergeordneten Götter können vor Buddha stehen oder sitzen. Die Brahmas können nicht vor Buddha stehen oder sitzen, weil sie so feinstofflich sind. Deswegen hat der Buddha vorgeschlagen, dass sie einen gröberen Körper erzeugen, damit sie vor ihm sitzen und stehen können, um Dharma zu hören.

Brahmas im 1. Jhana-Bereich sind inferior zu Göttern im 2. Jhana-Bereich; je höher die Konzentrationskraft, desto feiner wird der Körper.

24. Juni 2009 Dharma, Texte Keine Kommentare

Den Geist verstehen

Der folgende Text wurde auf der Grundlage des gleichnamigen Vortrags, den der Ehrw. Dhammadipa am 13. April 2008 in der Pagode Phat Hue Frankfurt gehalten hat, erstellt.

Gestern haben wir über das Herz gesprochen – heute sprechen wir über den Geist. In der chinesischen und der vietnamesischen Sprache ist es das Gleiche (à das heißt, xin bedeutet sowohl Herz wie auch Geist im Chinesischen). Wenn das Herz geöffnet ist, ist der Geist auch offen und umgekehrt.

In der buddhistischen Tradition ist Geist (mano, citta) definiert als etwas, das an ein Objekt denkt oder ein Objekt wahrnimmt, versteht und (von einem anderen) unterscheidet. Durch den Geist (er)leben wir.

Die Natur des Geistes

Vor etwa zwei Jahren flog ich aus Kathmandu nach Sri Lanka und ich musste in Mumbai umsteigen. Es war sehr spät in der Nacht, morgens gegen 2 Uhr habe ich am Flughafen in der Cafeteria gesessen. Da kam ein junger Mann zu mir und hat mich gefragt: „Ehrwürdiger, was meinen Sie, wer kann uns retten?“ Ich habe überlegt, was ich sagen soll. Er trug ein Kreuz um den Hals und wollte sicherlich hören, nur Jesus oder Gott können uns retten – also wie sollte ich reagieren? Ich habe dann geantwortet: „Der Geist kann uns retten.“ Das hat ihn verwirrt. Er wusste nicht, was das bedeutet, wie der Geist uns retten soll.

Das ist sehr schwer zu verstehen. Aber das Verständnis vom Geist ist eigentlich die Essenz des Buddhismus. Im Christentum und auch in den meisten indischen Religionen glaubt man, dass nur jemand oder etwas, außerhalb von uns selbst existierend – wie Gott oder ein Schöpfer – die Menschheit aus Mitleid retten kann. Im Buddhismus ist das ein bisschen anders. Obwohl es im Mahayana-Buddhismus viel Hilfe von den Bodhisattvas (siehe Anmerkung 1) gibt, wie zum Beispiel Manjushri und Tara. Sie haben ähnliche Funktion wie die Götter im Hinduismus. Dennoch sind sie letztendlich nur Tugenden des Geistes. Wenn man sie sich als etwas Äußeres vorstellt, ist das nicht mehr buddhistisch.

Die Lehre von Buddha besagt, dass wir für unseren Geist selbst verantwortlich sind. Dadurch sind wir auch für die Welt verantwortlich! Denn alles, was wir erfahren können, ist nur durch unseren Geist erfahrbar. Aus buddhistischer Sicht ist der Geist nicht mit dem „Konzept Gott“ in anderen Religionen vergleichbar. Der Geist mano, so wie der Buddha ihn zu Beginn des Dhammapada beschreibt, lenkt unsere Wahrnehmung der Welt und formt damit die Erfahrungen, die wir in der Welt machen (siehe Anmerkung 2). Er ist dabei nicht als eine „Instanz“ außerhalb der fünf Skandhas (siehe unten) zu sehen. Der Geist gehört genauso zu uns wie unser Körper – beide sind unsere Instrumente zur Wahrnehmung und Orientierung in der Welt.

  

Der Buddha hat alles, was wir in der Welt erfahren können in den fünf Aggregaten der Existenz zusammengefasst. Er nannte diese „Kategorien“  fünf Skandhas oder Kandhas.

 1. Körperlichkeit (rupakkhandha),

2. Empfindung (vedanakkhanda),

 3. Wahrnehmung (sannakkhandha),

4. willensbedingte Gestaltungskräfte (sànkharakkkahandha) und

5. koordinierendes geistiges Bewusstsein (vinnanakkandha).

In den Schriften wird gesagt, unser Geist regiert die Welt und „fasst sie zusammen“.  Alle Phänomene stehen unter der Schirmherrschaft unseres Geistes. Was heißt das? Die Qualität und die Erfahrung der Phänomene hängt davon ab, wie wir sie wahrnehmen und wie wir sie voneinander unterscheiden.

Damit wir überhaupt etwas wahrnehmen können, muss unser Geist mit den Objekten Kontakt aufnehmen (Pali: phassa). Die Objekte der Wahrnehmung, Geistobjekte, bezeichnet man in Pali als Dhamma.

Um Klarblick (vgl. hierzu die Vipassana-Methode der Meditation) entwickeln zu können, muss unser Geist bei den Wahrnehmungsprozessen imstande sein, „fest auf den Objekten sitzen zu bleiben“. Wenn er wie ein Affe im Baum hin und her springt, in Pali würde man sagen „wackelt“, führt das zu Verwirrung. Unruhe im Geist ist daher zu vermeiden.

Die Erfahrung der Welt aus buddhistischer Sicht

Der Buddha fragt nicht, woher die Welt kommt, er fragt woher Leiden kommt. So lange wir in Unwissenheit über die Dynamik unserer Leiderfahrung verharren, können wir das Wesen der Welt nicht verstehen. Denn das individuelle Erleben von Leid und Unzufriedenheit färbt unsere subjektive  Wahrnehmung von der Welt.

Buddha sagt, dass die Welt, wie wir sie erfahren, aus einer Vielfalt von Phänomenen, jeweils bestehend aus  den fünf Skandha (siehe oben), zusammengesetzt ist. Diese Phänomene sind durch vielschichtige Bedingungen miteinander verbunden (à Bedingtes Entstehen, siehe Anmerkung 3). Sie entstehen durch eine Reihe von Ursachen. Es ist daher aus buddhistischer Sicht nicht möglich, dass es nur eine Ursache, wie zum Beispiel einen göttlichen Schöpfer, für die Welt gibt. Viele Bedingungen und Faktoren zusammen führen zur Existenz und Erfahrung der Welt wie wir sie tagtäglich erleben.

Befreiung durch Wissen

Die Verantwortlichkeit für die Welt und für das Leiden liegt völlig bei uns selbst. Dies unterscheidet den Buddhismus von theistischen Religionen. Niemand kann uns retten – nur wir selbst.  Leiden, welches wir erfahren, entsteht durch eine innere Unzufriedenheit, die wir aufgrund der Diskrepanz zwischen unseren Sehnsüchten und der Realität selbst erzeugt haben. Es gibt Leute, die glauben, dass Buddhismus sehr pessimistisch ist, weil er nur von Leiden in der Welt spricht. Aber das ist ein Missverständnis. Denn wenn Nichtwissen die Ursache für das Leiden in dieser Welt ist, dann ist die buddhistische Philosophie sehr optimistisch, weil wir dann durch Wissen Leiden beseitigen können. Nicht ein Gott, sondern Wissen kann Leiden beseitigen. Wissen entsteht durch die richtige Einschätzung unserer Wahrnehmung des Geistes. Deswegen kann man sagen, der Geist kann uns retten.

Voraussetzung dafür ist ein in sich ruhender und klarer Geist. Dann können wir die Entstehung des Leids, dessen Vergänglichkeit und auch den Weg aus dem Kreislauf des Leids verstehen (siehe Anmerkung 4). Auf diese Weise haben wir dann das Rätsel der Welt gelöst und kommen unserer eigenen Befreiung einen großen Schritt näher.

 Anmerkungen:

  1. Bodhisattva: „Erleuchtungswesen“, ein zur zukünftigen Buddhaschaft bestimmtes Wesen. Er Bodhisattva wird erst dann in die eigene, vollständige Befreiung (Nirvana) eintreten, wenn alle fühlenden Wesen von ihrem Leid erlöst sind.
  2. Dhammapada 1.1Alle Dinge entstehen im Geist, sind unseres mächtigen Geistes Schöpfung.
  3. Die zwölfgliedrige Kette des bedingten Entstehens lautet (in Kurzform):

1.       Nichtwissen (avijja)

2.       Gestaltungen (sankhara)

3.       Bewusstsein (vinnana)

4.       Geist und Materie (nama rupa)

5.       Erfahrung durch die sechs Sinne (salayatana)

6.       Kontakt (phassa)

7.       Empfindung (vedana)

8.       Verlangen/Durst (tanha)

9.       Ergreifen und Anhaften (upadana)

10.   Werdeprozess (bhava)

11.   Wiedergeburt (jati)

12.   Altern und Sterben (jara-marana)

  1. Vergleiche hierzu die von Buddha nach seiner Erleuchtung gelehrten „Vier edlen Wahrheiten“:

1.       Dukkha – Das Leben im Daseinskreislauf ist leidvoll.

2.       Samudaya – Die Ursachen des Leidens sind Begehren, Abneigung und Unwissenheit.

3.       Nirodha – Durch das Erlöschen der Ursachen erlischt das Leiden.

4.       Magga – Zum Erlöschen des Begehrens (und damit des Leidens) führt der „Edle Achtfache Pfad“ (à reche Sicht, rechte Entschlossenheit, rechtes Reden, rechtes Handeln, rechter Lebensunterhalt, rechtes Bemühen, rechte Aufmerksamkeit, rechte Konzentration).

22. Juli 2008 Texte 1 Kommentar

Fragen und Antworten – Session mit dem Ehrw. Thich Nhat Hanh

im Rahmen des Sommer-Retreats, Plum Village, 12.07.2008

Übersetzung aus dem Englischen

1. Frage: (Kind fragt) „Warum habe ich mir ausgerechnet am ersten Tag meiner Ferien den Arm gebrochen?“

TNH: „Das ist eine sehr schwierige Frage! Ich denke, Deine Frage hat etwas mit Achtsamkeit zu tun: mit Deiner eigenen Achtsamkeit und der Deiner Umgebung.

Du kannst jede Menge aus dem lernen, was passiert ist. Denn wenn Du es verstehst, aus Deinem Leid zu lernen, kann sich dieses Ereignis am Ende als sehr nützlich für Dich erweisen. Wenn Du achtsamer wirst und lernst, den momentanen Zustand Deines linken Arms anzunehmen, wirst Du dann später wenn Dein Arm wieder gesund ist, viel glücklicher sein als zuvor. Es ist wie mit Zahnweh: bevor die Zahnschmerzen angefangen haben, warst Du vielleicht nicht gerade glücklich. Aber als die Zahnschmerzen dann endlich vorbei waren, warst Du glücklicher als je zuvor. Das Leben ist manchmal sehr schön und manchmal läuft es nicht so gut. Sorge Dich nicht!“

2. Frage: „Wenn jemand sich dazu entschließt, Mönch oder Nonne zu werden, muss er oder sie dann sein Leben „opfern“?

TNH: „ Du brauchst nicht Dein Leben zu opfern. Du brauchst überhaupt gar nichts zu opfern. Bevor Du Mönch wirst, hast Du die Gelegenheit andere Mönche zu treffen und hast gesehen wie sie leben. Mönch zu werden, bedeutet das eigene Leben zu transformieren: es bringt Freude und Frieden für Dich und die Menschen in Deiner Umgebung. Ganz allgemein verbessert es die Lebensqualität – das hat nichts mit dem Opfern des eigenen Lebens zu tun. Hinter Reichtum, Ruhm, Einfluss und Sex hinter her zu jagen bringt viel Leid mit sich – so lernt der, der Mönch werden will, sich von diesen Dingen fernzuhalten. Er strebt nach mehr Frieden, Glück und Leichtigkeit im Herzen. Dies alles ist eine wichtige Grundlage, um wirkliches Glück zu erfahren. Du hörst also nicht auf, das Leben zu genießen, wenn Du Mönch wirst und musst auch nicht Dein Leben opfern – das Gegenteil ist der Fall!“

3. Frage: „Sind Sie zufrieden mit dem, was Sie in Ihrem Leben bisher erreicht haben oder gibt es da noch etwas, was Sie erreichen möchten, bevor sie gehen?

TNH: „Zu aller erst: ich habe nicht vor zu gehen – in welcher Form auch immer (Publikum lacht). Wenn ich mich nicht in dieser Form manifestiere, dann tue ich das eben in einer anderen Form. Ich versuche, für eine sehr lange Zeit unter den Lebendigen bleiben – friedlich und achtsam – unabhängig von der Manifestationsform.

Mit Achtsamkeit kann ich viel tiefgründiger leben und ich bin imstande, mich selbst zu heilen und zu nähren. Gleiches gilt für die Menschen und anderen Wesen in meiner Umgebung. Manche Menschen streben nach Glück in der Zukunft – ich bevorzuge es, das Glück im Hier und Jetzt zu erfahren. Achtsames Atmen und meditieren unterstützen dies. Sie ermöglichen mir mehr Glück und Freude.

Ich habe das Gefühl von Erfüllung und innerer Zufriedenheit, wann immer ich Leiden vermindern kann. Und dies kann ich hier in diesem Augenblick tun – ich brauche nicht auf morgen zu warten!“

4. Frage: „Ich bin 10 Jahre alt und ich möchte gerne wissen, warum mein Vater dazu tendiert, immer so wütend zu werden. Wenn ich dann seine Nähe suche, wird er noch wütender. Ich weiß nicht, was ich tun kann!

TNH: „Ich bin mir sicher, Du hast die praktische Übung „Wie man zur Blume wird“ bereits gelernt? Einatmen und ausatmen und sich frisch und lebendig fühlen – wie eine blühende Blume. Das ist eine Übung, die von jedem gemacht werden kann – egal ob jung oder alt. Es ist eine sehr sichere Übung. Also, wenn Dein Vater wütend wird, dann versuche, zu dieser Blume zu werden. Das wird Dir selbst und Deinem Vater helfen! Es ist immer wieder schön, eine Blume zu sehen. Und wenn er zu wütend wird, wenn Du seine Nähe suchst – dann lass ihn lieber in Ruhe! Das Beste, was Du in diesem Moment tun kannst, ist zur Blume zu werden. Ein anderer Vorschlag: wenn er mal nicht wütend ist, dann weißt Du, das ist jetzt Deine Gelegenheit. Dann gehst Du zu ihm und sagst etwas wie „Vater, heute Morgen warst Du echt wütend und ich habe versucht, Dir zu helfen, aber Du warst nicht ansprechbar und so habe ich versucht, Dir zu helfen, indem ich die Übung „Zu einer Blume werden“ praktiziert habe. Ich habe versucht, Dich auf diese Weise zu unterstützen! Wann immer Du in der nächsten Zeit wütend wirst, bitte gib mir etwas Zeit, diese Übung für Dich zu machen. Sie wird uns beiden helfen.“ Wenn Du so vorgehst, wird er das nicht als Provokation empfinden und Eure Beziehung wird sich verbessern.“

5. Frage:Was ist der wichtigste Punkt in Bezug auf das Mönch- oder Nonnen-sein?

TNH: „Mein erster Gedanke ist, dass eigentlich alles wichtig ist. Wenn Du Dir das Leben eines Mönchs oder einer Nonne anschaust, kannst Du sehen, dass sie in jedem Augenblick versuchen, achtsam zu sein – egal was sie gerade tun: beim Sitzen, Gehen, dem Studieren der Sutras oder beim Anderen helfen. Alles, was mit Achtsamkeit und Konzentration praktiziert wird, ist gleichermaßen wichtig. Wenn Du Deine Aufmerksamkeit auf jede Deiner Handlungen richtest, wird jede Handlung wichtig, sogar das Reinigen der Toiletten. Du solltest alles was Du tust, zu etwas ganz Wichtigem machen. Alles, was Du tust ist gleich wichtig und zwar nur deshalb, weil Du es mit Achtsamkeit praktizierst.“

6. Frage: „Glauben Sie an die Reinkarnation?

TNH: „Ich glaube an die Kontinuität. Ich habe schon über die Wolke gesprochen: eine Wolke kann niemals sterben. Sterben würde bedeuten, etwas wird plötzlich zu nichts. Eine Wolke kann aber lediglich zu Regen, zu Schnee, zu Eis oder zu Nebel werden. Aber eine Wolke kann nicht zu nichts werden! Das gleiche gilt für menschliche Wesen: wie eine Wolke, kann man in vielen verschiedenen Formen fortbestehen, aber man kann nicht zu nichts werden. Wenn Du also das Fortbestehen als Reinkarnation betrachtest, ja, dann glaube ich an die Reinkarnation. Das bedeutet aber nicht, dass es da einen Geist gibt, der unabhängig vom Körper existiert. Also, wenn der Körper sich auflöst, tritt er aus und sucht einen anderen Körper für die Reinkarnation. Das hat nichts mit dem Fortbestehen wie ich es verstehe zu tun. In der Tat – dies ist ein sehr interessantes Feld für weitere Überlegungen und Forschungen!“

7. Frage: „Wenn wir uns in einer leidvollen Situation befinden, was sollen wir tun? Die Situation akzeptieren wie sie ist (also nichts tun) oder die Situation verändern (also etwas tun)?

TNH: „Es gibt zwei unterschiedliche Vorgehensweisen, die von Buddha empfohlen wurden.

1. die Natur des Leids erkennen

Du bist achtsam und Achtsamkeit hilft Dir dabei, zu erkennen, dass etwas in einem gegebenen Moment leidvoll ist. Aber jetzt (entschließe ich mich), meinem Leid ein Lächeln zu schenken. Es ist, als ob Du das Leid in Deinem Arm hältst und versuchst, von ihm zu lernen. Wir können immer von unserem Leid lernen. In der Tat ist es so, dass diejenigen, die nie wirklich Leid erfahren haben, auch keine Chance haben, echtes Mitgefühl zu entwickeln und zu verstehen. Wir lernen Mitgefühl zu verstehen, weil wir selbst Leid erfahren haben. Das wäre also die erste Möglichkeit: Du erkennst Dein Leidphänomen. Du kannst es für eine Weile festhalten, es verstehen lernen und dann Mitgefühl für Dein eigenes Leid entwickeln.

2. Das Leid – die Situation – verändern

Stell Dir vor, Du besitzt eine Diskothek mit ganz vielen Cds – wenn Du eine CD, die gerade gespielt wird, nicht magst, legst Du einfach eine andere ein, die Du lieber hörst. In Deinem Kopf hast Du jede Menge CDs und Du kannst sie austauschen, in dem Du Achtsamkeit auf den Atem übst. Du kannst so die mentalen Formationen verändern. Du kannst sogar Deine Mutter und Deinen Bruder um Unterstützung bei Deinen Bemühungen bitten, solltest Du es alleine nicht schaffen. Bitte sie, dass sie Deine Gedanken umlenken helfen, auf etwas was Freude bringt und glücklich macht. Das wird Dir helfen, Freude und Glück zu entwickeln. Wenn Du diese Gefühle dann weiter kultivieren kannst, ist das ein Weg, um die CD auszutauschen. Mit anderen Worten: Du wirst so die geistigen Formationen verändern können. Du verfügst über viele verschiedene geistige Formationen – das Leid in seinen unterschiedlichen Ausprägungen ist nur ein kleiner Teil von den Möglichkeiten, die Du hast. Das bedeutet, mit der Hilfe und Unterstützung von anderen kannst Du lernen, Dein Leid zu transformieren und später schaffst Du das dann auch selbst – ohne die Hilfe von außen.“

8. Frage: „Christentum und Buddhismus sind sich in Bezug auf die jeweiligen Kernaussagen sehr ähnlich – warum aber vertreten sie dann zum Teil so unterschiedliche Ansichten?

TNH: „ Diese Frage ist eine große Illusion. Sogar innerhalb des Christentums erklären die Leute die gleichen Dinge auf sehr unterschiedliche Weise. Dasselbe gilt natürlich auch für den Buddhismus. Es ist somit logisch, dass Buddhismus und Christentum die Dinge unterschiedlich erklären. Aber auch wenn Menschen dies tun, sollten sie die Kernaussage verstehen. Jede Ausführung hat ihre Kernaussage und diese sollte verstanden werden. Wir sollten alle diese Kernaussagen zusammen tragen, um daraus so etwas wie eine „kollektive Einsichtsmöglichkeit“ zu schaffen – mit den Mitteln der Synthese. Die Aussagen, die sich zunächst vielleicht widersprechen, ergänzen sich vielleicht, wenn man sie genauer anschaut – dies zu erkennen, würde uns auf eine höhere Ebene des Verständnisses bringen. Wenn Du wirklich in der Tiefe zuhörst und tief darüber reflektierst, erkennst Du die Essenz der Dinge und kannst zu einer höheren Ebene von Verständnis, Weisheit und Einsicht gelangen.“

9. Frage: „Ich habe eine Langzeitbeziehung und nun ist zwischen meinem Partner und mir etwas vorgefallen, so dass ich ihm nicht mehr vertrauen kann. Die Sache ist, ich will ihn (noch) nicht verlassen und weiß daher nicht, was ich tun kann.

TNH: „Wenn es sich um wahre Liebe handelt, dann gibt es da Respekt und Vertrauen. Wenn Du also dieser Person nicht mehr vertraust und sie nicht mehr respektieren kannst, dann bedeutet das, dass da keine wahre Liebe mehr ist. Wenn Du aber immer noch an dem Partner hängst, müssen wir uns anschauen, ob dies wirklich aufgrund von Liebe oder aus einem anderen Grund so ist. Wahre Liebe kann jede Menge Zufriedenheit und Glück bescheren. Aber was ist wahre Liebe? Sie kann auch jede Menge Leid verursachen! Du musst Dir wirklich anschauen, ob Du ihn noch liebst oder nicht. Ich denke, Du brauchst dafür etwas Zeit, um wirklich in der Tiefe hinzuschauen. Warum hast Du mir dieses oder jenes angetan? Du solltest nachfragen. Vielleicht magst Du einen langen Brief schreiben, um Deine Situation und Deine Gefühle zu erklären. Das gibt dem Partner auch genug Zeit, um für sich selbst darüber zu reflektieren. Vielleicht verändert sich die Person und ist nicht mehr so wie vorher. Das kann zutreffen oder auch nicht. Beschuldige ihn nicht – wenn Du ihn immer noch ein bisschen magst, gib ihm nochmal eine Chance. Frage nach einer Erklärung und denke in der Tiefe über alles nach, um die Wurzel und die wirkliche Ursache für die begangene Handlung zu erkennen.“

10. Frage: „Meine Eltern vertrauen mir nicht mehr – was kann ich tun?

TNH: „Ich habe immer wieder viele junge Leute in meinen Retreats, die ähnliche Probleme haben. In solchen Fällen ist es sehr gut, wenn die Eltern ebenfalls am Retreat teilnehmen. Dann kann der ganzen Familie bei den Transformationsprozessen geholfen werden. Manchmal ist die Kommunikation nach so einem Retreat wieder möglich. Denn Du erkennst dann das Leid Deiner Mutter und Deines Vaters. Wenn sie aber das Dharma nicht kennen und auch nicht praktizieren, dann wird es schwierig. Aber während eines Retreats kann man diese Dinge lernen.

Hier ein Beispiel einer Tochter, die Probleme mit ihren Eltern hatte. Mit einem gewissen Maß an Verständnis kam sie zurück nach Hause und konnte zu ihren Eltern sagen: „Bitte, Mutter und Vater: erzählt mir über Eure Schwierigkeiten und Euer Leid. Ich möchte es wirklich verstehen!“ Das ist der richtige Ansatz! Mit Hilfe der Praxis des tiefen Zuhörens wirst Du sie verstehen können und nach einer Stunde oder so merkst Du den Unterschied. Wenn Du wirklich in der Tiefe zuhörst, wird das ihre Herzen öffnen. Bitterkeit, Beschuldigungen und Hass werden weniger werden. Wenn Du nicht weißt, wie man achtsam atmet, kann es sein, dass die Situation aus dem Ruder läuft. Dann wirst Du in negative Emotionen kommen und Dich darin verlieren. Deshalb solltest Du lernen, dem Leid der anderen zuzuhören. Du solltest auch dann noch zuhören, wenn die andere Person Dir Dinge erzählt, die nicht korrekt sind. Die anderen Menschen haben die Möglichkeit verdient, über ihr Leid zu sprechen. Du wirst sie daher nicht unterbrechen – meine empfohlene Praxis lautet: einfach nur in der Tiefe zuhören! Vielleicht hast Du später die Gelegenheit, ihre Wahrnehmung und ihre Informationen zu korrigieren. Aber für diesen Moment gilt: nur zuhören. Und Du solltest dies mit Deinem ganzen Herzen tun. Diese Art des tiefgründigen Zuhörens wirkt sehr heilsam. Es kann eine Situation komplett verändern. Manche Menschen haben mit dieser Technik ihre Beziehungen und Kommunikationsmuster zum Guten wenden können.“

11. Frage: „Wie kann man mit intensiven Emotionen umgehen? Was sind Gefühle eigentlich?

TNH: „Gefühle – es gibt da einen Fluss von Gefühlen, der in uns fließt. Wenn Du diesen Strom betrachtest, siehst Du angenehme, neutrale und unangenehme, schmerzhafte Gefühle. Wenn wir noch genauer hinschauen, sehen wir, dass sie entstehen, einen Moment bleiben und dann wieder vergehen. Wir tragen jede Menge neutraler Gefühle in uns. In der Tat ist es so, dass sie das meiste Wasser in unserem Fluss bereitstellen. Diese Gefühle sind weder angenehm noch unangenehm oder schmerzhaft. In unserer Praxis lernen wir, diese neutralen Gefühle in angenehme zu transformieren. Wenn Du nicht weißt, wie man Achtsamkeit praktiziert, dann akzeptierst Du einfach was gerade da ist und nimmst es an.

Wir wissen, dass das Leben ein Wunder ist – in uns und um uns herum. Wenn wir die Achtsamkeit wirklich ernsthaft praktizieren, dann werden wir all diese Wunder in uns selbst und in unserer Umgebung wahrnehmen. So kann dann ein neutrales Gefühl in ein angenehmes und wunderbares transformiert werden. Wenn Du Zahnweh hast, hast Du gewöhnlich schmerzhafte Empfindungen. Wenn Du keine Zahnschmerzen hast, beschreibst Du Deine Gefühle als neutral, aber eigentlich sind es angenehme Gefühle. Keine Zahnschmerzen zu haben, ist doch eine wunderbares Sache! Ja, ein Wohlgefühl sollte nun wirklich nicht als neutral empfunden werden, sondern als etwas Wunderbares!“

21. Juli 2008 Texte Keine Kommentare

„Weltliche und spirituelle Macht“ –

aus einer Dharmarede des Ehrw. Thich Nhat Hanh, Plum Village 13.07.2008

Übersetzung aus dem Englischen

Ein Collegestudent wandte sich mit folgendem Anliegen an mich: als Student hat er eine ganze Menge Ehrgeiz zu lernen und erfolgreich zu sein bzw. zu werden. Ja, man kann sagen, dass Ehrgeiz in unserer Gesellschaft sehr notwendig ist, um Erfolg haben zu können. Er wollte nun wissen, ob Ehrgeiz und Erfolg grundsätzlich etwas Schlechtes sind. Ich antwortete, dass Ehrgeiz und Erfolg in Kombination mit Achtsamkeit etwas sehr Gutes und Effektives sein können.

Letztendlich geht es um Macht – die Frage der Macht ist eine sehr wichtige Frage. Viele von uns haben in ihrem Leben Macht zu spüren bekommen, ohne vielleicht jemals selbst welche inne gehabt zu haben. Als Kinder spürten wir die Macht unserer Eltern. Vielleicht gebrauchen Sie in der Interaktion mit uns immer noch die Macht und Autorität einer Mutter und die eines Vaters. Kinder hingegen tendieren immer eher dazu, sich hilflos und machtlos zu fühlen. Aber es gibt auch Eltern, die sich machtlos fühlen, zum Beispiel weil sie ihren Kindern nicht helfen können. Unsere Macht ist immer begrenzt, das gilt auch für unsere politische Macht. Viele junge Leute denken, dass es jede Menge Macht bedeutet, der Präsident von den Vereinigten Staaten zu sein oder zu werden. Das ist die Art zu denken. Aber ich wette, dass Herr Bush sich sehr oft machtlos fühlt. Er benötigt mehr Macht, um den Ölpreis oder andere Dinge beeinflussen zu können. Er spürt, er hat nicht genug Macht, einen Krieg zu beenden – einen Krieg fortzuführen erfordert Macht, aber bei weitem nicht so viel wie einen Krieg zu stoppen.

Wenn Du reich bist, fühlst Du Dich mächtig – mit Deinem Geld kannst Du Dir jede Menge toller Dinge kaufen und das Geld hilft Dir vielleicht, Unangenehmes zu vermeiden. Nichtsdestotrotz: wir haben in der Vergangenheit gesehen, viele reiche Leute haben sich das Leben genommen, weil sie sich ohnmächtig fühlten.

Normalerweise strebt man in dieser Welt nach vier Arten von Macht:

Reichtum, Ruhm, Einfluss und Sex.

Sobald man diese Arten der Macht  meint erreicht zu haben, will man mehr davon. Ein reicher Mann wird immer weitermachen wollen, um noch mehr zu erreichen. Er kann nicht aufhören. Jemand ist berühmt, also will sie in Zukunft noch berühmter werden und sie wird alles tun, um dieser Wunschvorstellung hinterher zu jagen. Jemand hat Macht (Einfluss) und will eine noch höhere Position bekommen. Es gibt kein Ende dieses „nach immer mehr Jagens“. Vielleicht haben einige der Betroffenen wirklich gelitten, während sie diesen vier Arten von Macht und Verlangen hinterherliefen.

In der buddhistischen Tradition spricht man von drei Arten von Fähigkeiten oder auch Tugenden. Das Streben nach diesen Arten der Macht ist nicht gefährlich, weil man dadurch glücklicher wird. Wenn man diese drei Fähigkeiten verwirklicht hat, fühlt man sich glücklich und frei.

 1. die Macht des Loslassens (wörtlich: des Abschneidens)

Ihr habt Verlangen und aufgrund dieses Verlangens leidet Ihr sehr stark. Das trifft auch auf negative Emotionen wie Groll, Eifersucht und Zweifel zu. Diese Arten des Feuers verbrennen Euch. Wenn Ihr imstande seid, diese (Emotionen) los zu lassen, werdet Ihr frei sein.

Die Objekte Eures Verlangens – sie bergen sehr viele Gefahren in sich.

Wenn Ihr Fische fangen wollt, gibt es da einen Widerhaken unten an der Angel. Es gibt verschiedene  Modelle heutzutage – die Fische sind nicht besonders intelligent und kennen sie nicht alle. So beißen sie an, hängen am Haken und sterben. Viele von uns sind genau wie diese Fische: wir nehmen den Haken nicht wahr und sterben. Deshalb ist es so wichtig, den Haken rechtzeitig zu erkennen, das heißt in unserem Fall die Gefahr durchschauen, die in unserem Verlangen verborgen ist. Gebraucht Weisheit und Verständnis als Euer Schwert, um Euer Objekt der Begierde abzuschneiden! Ein guter Praktizierender versucht das immer wieder – Verlangen los lassen, ebenso Groll, Eifersucht und Zweifel. Das Schwert, welches er gebraucht, heißt Weisheit und Verständnis. Er erkennt die Gefahr, die von seinem Verlangen ausgeht.

2. die Macht zu verstehen und Einsicht zu erlangen

Einsicht ist das Resultat von (erfolgreicher) Meditation. Wenn Ihr genügend Achtsamkeit kultiviert habt, erlangt Ihr Konzentration. Mit Hilfe der tiefen Konzentration könnt Ihr dann tief in das Herz der Realität blicken. Diese Art der Einsicht befreit Euch von Euren Illusionen, Euren Missverständnissen und falschen Wahrnehmungen. So werdet Ihr frei. Weisheit ist ein Schwert. Bodhisattwa Manjushri wird als Wesenheit mit großem Verständnis beschrieben: mit seinem Schwert von Weisheit kann er jede Form von Illusion, Missverständnis und Verblendung durchschneiden. Wenn Ihr gute Praktizierende seid, könnt Ihr auch Einsicht erlangen. Denn wenn Ihr diese Art von Einsicht und Verständnis habt, könnt Ihr Eure Schwierigkeiten auf einfache Weise lösen. Mit der Hilfe von Weisheit, könnt Ihr Euch selbst schnell aus schwierigen Situationen heraushelfen. Und wenn andere Menschen mit ihren Problemen zu Euch kommen, könnt Ihr diesen dank Eurer Einsicht und Eurer Weisheit ebenfalls helfen. Alleine, auf sich gestellt, würden diese Leute vielleicht Jahre brauchen, um ihre Probleme zu lösen. Wenn sie dann zu Euch kommen und Ihr könnt ihnen innerhalb von 15 Minuten aus ihrer schwierigen Situation raushelfen, ist das eine gute Sache, die allen hilft. Das ist die Fähigkeit, die aus der Macht zu verstehen und Einsicht zu erlangen, erwächst. Einsicht ist die Frucht (Ernte) Eurer Praxis. Wenn Ihr genug Achtsamkeit und Konzentration kultiviert habt, dann erlangt Ihr die Fähigkeit, Eure eigenen Schwierigkeiten und die anderer Menschen aufzulösen. Dann seid Ihr wahrhaft reich und könnt ein Leben voller Freiheit und Einsicht führen.

Die erste der spirituellen Kräfte  oder Mächte hilft Euch, Euch von Verlangen und negativen Emotionen wie Groll zu befreien. Die zweite Fähigkeit unterstützt Euch darüber hinaus Illusionen, Unwissenheit und Missverständnisse los zu lassen. Auf diese Weise könnt Ihr wirklich den Menschen um Euch herum hilfreich zur Seite stehen. Allein mit der Verwirklichung von Einsicht und Weisheit in Euch selbst, könnt Ihr anderen eine große Hilfe sein. Und niemand kann Euch diese Fähigkeiten wegnehmen.

3. die Macht der Liebe

Ihr versucht, andere günstig zu stimmen, in dem Ihr ihnen Wünsche erfüllt. Kannst Du mir einen Gefallen tun? Auf diese Weise seid Ihr es gewohnt, Glück zu verteilen. Aber es gibt da auch die Kraft zu vergeben, sowie Verständnis und Liebe anzubieten und Dinge und Menschen zu akzeptieren. Als guter und erfolgreicher Praktizierender hat man diese Kraft: anderen vergeben können und akzeptieren, wie er oder sie ist. Diejenigen unter uns, die nicht imstande sind, andere Menschen oder Situationen zu akzeptieren, können nicht glücklich werden. Sie sagen dann oft: „wenn die anderen sich nicht ändern, werde ich mich auch nicht ändern!“ „Weil die anderen so sind wie sie sind, tue ich dieses oder jenes.“ Wenn Ihr die Kraft der Liebe in Euch tragt, werdet Ihr die Menschen und Situationen annehmen können, wie sie gerade sind. Ihr hört auf zu reagieren, Ihr fangt an zu agieren! In der Vergangenheit habt Ihr Euch mit Widerstand gegen Menschen und Situationen gestellt und jetzt fangt Ihr an, Menschen und Situationen gleichermaßen zu akzeptieren wie sie nun mal gerade sind. Auf diese Weise seid Ihr imstande, Dinge wirklich zu verändern. Ihr stellt nicht mehr länger die Bedingung, dass andere sich zuerst verändern sollen. „Oh, er oder sie ist eben so – ich werde für mich mehr Einsicht kultivieren und mehr Frische und Freundlichkeit entwickeln. So bin ich fähig, die Situation zu verändern und gleichzeitig kann ich anderen damit helfen.“ Dies ist eine unermessliche Quelle der Kraft. Je mehr Ihr die geistigen Fähigkeiten transformiert habt, umso glücklicher werdet Ihr selbst und die Menschen, die Euch umgeben.

Viele Menschen werden Opfer ihrer eigenen Macht und ihres eigenen Erfolges. Aber mit diesen drei Kräften werdet Ihr kein Opfer Eurer Macht, wenn Ihr erfolgreich seid. Je mehr geistige Kräfte Ihr verwirklicht, umso freier werdet Ihr werden.

In der Tat ist es so, dass es für Euch, wenn Ihr diese Fähigkeiten erlangt habt, auch nicht gefährlich ist, Reichtum und Ruhm zu haben. Dann werden die weltlichen Mächte nämlich sehr nützlich für Euch sein. Ohne die Entwicklung der spirituellen Fähigkeiten sind und bleiben sie gefährlich, aber in Kombination miteinander können sie sehr wertvoll und effektiv werden. Der Buddhismus wendet sich nicht gegen Reichtum an sich – es ist lediglich gefährlich, dem ständigen Verlangen hinterher zu jagen. Wenn Ihr aber spirituelle Kräfte entwickelt habt, seid Ihr nicht länger Opfer Eures Reichtums, Eures Ruhms usw.. Dann macht Ihr instinktiv konstruktiven Gebrauch von Eurem Reichtum und Eurem Ruhm, um den Menschen in Eurer Umgebung Gutes tun zu können.

Es ist nicht wahr, dass ein guter Praktizierender immer die Armut vorziehen soll – er kann Geld verdienen, aber er muss verstehen, es mit Mitgefühl und Verständnis zu nutzen.

Wie viele Menschen sind wirklich so frei, um Ihren Reichtum, Ihren Ruhm und Ihre Macht auf diese heilsame Weise einzusetzen?

So lange sie keine spirituellen Fähigkeiten ausgebildet haben, sind sie nicht imstande, Ihre Macht heilsam einzusetzen.

Bezüglich der freiwillig gewählten Armut – wir wollen ein möglichst einfaches Leben führen. Das ist es, was wir anstreben. Wenn Ihr ein einfaches Leben lebt, müsst Ihr nicht die meiste Zeit darauf verwenden, Geld zu verdienen. Ihr habt mehr Zeit für andere Dinge wie den blauen Himmel, den Regen – Ihr habt mehr Zeit das Leben und Euch selbst zu genießen und Euch um Eure Lieben zu kümmern. Ihr seid arm, aber Ihr selbst seid es, die arm sein wollen. In Wirklichkeit aber seid Ihr reich, weil Euch alles gehört: der Sonnenschein, der Regen – dieser Augenblick im Hier und Jetzt – das alles gehört Euch. Einige der reichen Leute sind wirklich arm – sie erkennen nicht die Schönheit der Sonne, sie haben keine Zeit für ihre Lieben.

Buddhas Lehren sind also sehr klar: es gibt nichts gegen Geld und Ruhm zu sagen. Aber bitte strebt zunächst nach spirituellen Kräften und kultiviert sie, bevor Ihr den weltlichen Mächten nachjagt. Langfristig könnt Ihr dann beides pflegen: spirituelle und weltliche Macht.

Auf diese Weise glaubt Ihr nicht länger, dass man ohne Geld nicht glücklich sein kann.

 

 

21. Juli 2008 Texte Keine Kommentare

„Wir tragen unsere Ahnen mit uns in die Zukunft” -

Aus einer Dharmarede des Ehrw. Thich Nhat Hanh, Plum Village 13.07.2008 –

Übersetzung aus dem Englischen

„Ich trage meine Mutter und meinen Vater in mir,

und wenn ich hinschaue, sehe ich mich selbst in ihnen.

Der Buddha, die Partriarchen, sie sind in mir,

und wenn ich hinschaue, sehe ich mich selbst in ihnen.

Ich bin die Weiterführung  meiner Mutter und meines Vaters,

ich bin die Weiterführung aller meiner Brüder und Schwestern.

Es ist mein Bestreben,

die Samen des Gewahrseins, die Samen des Wissens, die Samen des Glücks,

die ich geerbt habe,

zu erhalten, weiter zu entwickeln und zu nähren.

Es ist auch mein Bedürfnis,

die Samen von Angst und Leid  zu erkennen,

die ich geerbt habe

und sie Stückchen für Stückchen zu transformieren.

Ich bin eine Weiterführung

des Buddhas und der Patriarchen

ich bin eine Weiterführung aller meiner spirituellen Lehrer.

Es ist mein tiefes Anliegen,

die Samen von Verständnis, die Samen der Liebe, die Samen der Freiheit

zu erhalten, weiter zu entwickeln und zu nähren,

die sie mir mitgegeben haben.

In meinem täglichen Leben möchte ich sie säen,

die Samen der Liebe und des Mitgefühls,

in meinem eigene Bewusstsein

und in den Herzen anderer Menschen.

Ich bin entschlossen, nicht

die Samen des Verlangens, der Abneigung und der Gewalttätigkeit in mir zu nähren.

Ich bin entschlossen, nicht

die Samen des Verlangens, der Abneigung und der Gewalttätigkeit in anderen zu nähren.

mit Nachdruck und Mitgefühl,

bekräftige ich dieses Ansinnen.

möge meine Praxis eine Opfergabe des Herzens sein,

möge meine Praxis eine Opfergabe des Herzens sein.“

Dieser Text wurde von Schwester Ten Tai Nghiem vertont – sie lebt im Brookcliff-Kloster in Nähe von New York.

Liebe Sangha, heute ist Sonntag, der 13. Juli im Jahre 2008. Ihr seid im Dharma-Nektar-Tempel, und heute ist der Tag unserer Vorfahren. Die Kinder sangen eben „ich trage meine Mutter und meinen Vater in mir und wenn ich mich selbst betrachte, erkenne ich mich in ihnen wider“. Das ist eine tiefgreifende Erkenntnis. Seid Ihr Euch darüber im Klaren, in welchem Ausmaß Ihr Eure Mutter und Euren Vater in Euch tragt? Gestern haben wir darüber gesprochen, einen Pflanzensamen in die Erde zu geben, ihn zu pflegen und etwa 10 Tage abzuwarten, bis sich eine junge Pflanze in dem Topf zeigt. In den buddhistischen Schriften wird sehr viel über Samen geschrieben – das Gleiche gilt für die christlichen Evangelien. Wenn Ihr dann diese junge Pflanze seht, könnt Ihr sie fragen: „Meine liebe Pflanze, erinnerst Du Dich? Vor zwei Wochen warst Du noch ein Samenkorn!“

Zu Beginn dieses Jahres haben wir einen Retreat in Italien organisiert, an dem auch viele Kinder teilgenommen haben. Mehr als 800 italienische Praktizierende waren gekommen. Anlässlich der letzten Veranstaltung im Rahmen dieses Retreats bot ich jedem Teilnehmer ein Samenkorn an. Ich hatte einen ganzen Sack voll Samenkörner vorher in einem der lokalen Supermärkte gekauft, es waren sicherlich über 1000 Samenkörner in dem Säckchen. Also bat ich jeden Teilnehmer, so ein Samenkorn mit nach Hause zu nehmen und dort einzupflanzen, jeden Tag zu gießen und zu beobachten wie es zu einer Pflanze heranwächst. Jeder Erwachsene und jedes Kind wurden gebeten einen Samen einzupflanzen und zu versorgen – es sollte die tägliche Praxis fortsetzen. Wenn Ihr beobachtet, wie aus einem Samenkorn eine Pflanze heranwächst, könnt Ihr erstmal zwei oder drei Blätter sprießen sehen. Zu diesem Zeitpunkt könnt Ihr das ursprüngliche Samenkorn nicht mehr erkennen. Ihr seht also die Pflanze, aber nicht mehr den Samen – aber Ihr könnt nicht sagen, dass das Samenkorn nun tot ist. Es ist nicht eingegangen. Es ist zur Pflanze geworden. Also wenn Ihr sorgfältig und weise schaut, könnt Ihr immer noch das Samenkorn wahrnehmen. „Meine liebe kleine Pflanze, kannst Du Dich erinnern? Vor zwei Wochen warst Du noch ein unscheinbares Samenkorn!“ Es mag vorkommen, dass die Pflanze vergessen hat, dass sie noch vor zwei Wochen ein Samenkorn war. Zwei Wochen sind eigentlich keine lange Zeit, aber trotzdem hat es die Pflanze vielleicht vergessen. So sagt Ihr: „Vor zwei Wochen warst Du ein Samenkorn und ich habe Dich jeden Tag  mit ein bisschen Wasser versorgt – deshalb bist Du jetzt eine kleine ansehnliche Pflanze geworden. Ich erinnere mich sehr gut daran!“ Ihr müsst sie daran erinnern, dass sie ein Samenkorn war. Das Samenkorn ist immer (noch) da, auch wenn Ihr es vielleicht jetzt nicht mehr auf den ersten Blick wahrnehmen könnt!

An den diesem speziellen Tag fragte ich die Retreat-Teilnehmer:

„Die Pflanze und das Samenkorn – sind sie ein und dasselbe oder zwei verschiedene Dinge?“

„Beide sind das Gleiche oder handelt es sich um zwei voneinander getrennte, unterschiedliche Dinge?“

Es gab drei mögliche Antworten auf diese Fragestellung:

1. Sie sind das Gleiche.

2. Sie sind zwei voneinander getrennte, unterschiedliche Dinge.

3. Sie sind weder das Gleiche, noch voneinander getrennte, unterschiedliche Dinge.

Die dritte Antwort ist korrekt. Es gibt kein „dies ist das gleiche“ und „das ist was anderes“!

Logisch betrachtet, seht Ihr, dass das Samenkorn ein Samenkorn ist. Eine Pflanze ist eine Pflanze. Eine Pflanze kann kein Samenkorn sein, und ein Samenkorn kann keine Pflanze sein. Das ist formale Logik. Aber wenn Ihr ganz genau hinschaut – ganz genau hinschauen meint hier, wenn Ihr darüber meditiert – denn meditieren bedeutet, dass Ihr Euch die Zeit nehmt, die Dinge ganz genau zu betrachten, dann seht Ihr, dass dieses Samenkorn und die Pflanze zwei verschiedene Dinge sind. Dennoch könnt Ihr erkennen, dass das eine nicht ohne das andere entstehen kann, weil das andere durch das eine entsteht.

Samenkorn und Pflanze: sie brauchen einander. Das eine ist die Bedingung für das andere.

Stellt Euch vor, Ihr schaut in Eurer Familienalbum und da seht Ihr Euch als Baby als Ihr zwei Wochen alt wart. Eure Mutter hat das Bild gemacht – und jetzt seid Ihr 12 oder 14 Jahre alt und seht Euch als dieses Baby. Ihr stellt fest, irgendwie schaut Ihr anders aus. Ihr fragt Euch: bin ich der-/dieselbe wie dieses Baby da oder bin ich jemand anders? Ihr unterscheidet Euch in vielen Aspekten: in Eurem Erscheinungsbild, in Bezug auf Eure geistigen Formationen, Eure Wahrnehmung usw.. Also ist es falsch zu sagen, Ihr seid genauso wie dieses Baby auf dem Bild. Aber im Gegenzug zu sagen, Ihr seid ein völlig anderes Wesen als das Baby ist auch verkehrt. Die Antwort findet sich in der Mitte oder „auf dem mittleren Weg“ – was eine sehr buddhistische Ausdrucksweise ist. Ihr seid nicht die gleichen, aber Ihr seid auch nicht völlig unterschiedlich oder gar voneinander getrennte Wesen.

Keine Gleichheit, keine Andersheit. Das ist eine weitere, tiefgründige Belehrung des Buddhas. Auch wenn Ihr noch richtig jung seid, könnt Ihr das verstehen. Wenn Ihr ganz tief in Euch geht, erkennt Ihr Euren Vater und Eure Mutter in Euch selbst wider. Aber so richtig klar, könnt Ihr das nur mit Hilfe von meditativer Praxis sehen. Die junge Pflanze hat vielleicht eine schwere Zeit, wenn sie das Samenkorn in sich selbst erkennt – aber es ist nun mal Fakt, dass sie die Fortsetzung Ihrer Mutter und Ihres Vaters ist. Also seid Ihr Euer Vater, und Ihr seid Eure Mutter! Ihr seht nicht genauso aus wie sie, aber Ihr tragt sie in Euch.

In Plum Village haben wir eine geführte Meditation, die geht so:

„Während ich einatme, erkenne ich die Anwesenheit meiner Mutter und meines Vaters in jeder Zelle meines Körpers.“

Versucht das als Realität in der Tiefe zu erkennen und zu fühlen.

„Wenn ich ausatme, lächle ich meiner Mutter und meinem Vater zu.“

Euer Vater und Eure Mutter haben sich selbst an Euch weitergegeben. Nicht ein Bankkonto oder ein tolles Auto haben sie Euch gegeben – nein, sie haben sich selbst an Euch gegeben. Sie sind in jeder Zelle Eures Körpers. Euer Vater und Eure Mutter sind Eure Herkunft.

Es gibt junge Leute, die sind sauer auf ihren Vater oder ihre Mutter und die sagen dann seltsame Dinge wie „dieser Mann da, ich will mit ihm nichts mehr zu tun haben!“ Wenn Ihr wütend seid auf Euren Vater, sagt man sowas vielleicht. „Mit dieser Person möchte ich nichts mehr zu tun haben!“ Wenn Ihr außer Euch seid, lasst Ihr Euch möglicherweise zu so einer Aussage hinreißen. Aber, Fakt ist, es ist nicht wahr – es ist unmöglich: Ihr könnt Euren Vater nicht aus Euch selbst herausreißen! Wenn jemand sehr wütend wird, kann er die Realität nicht mehr erkennen. „Mein Sohn kann so nicht sein. Ich erkenne ihn nicht mehr als meinen Sohn wider!“ Das ist ebenfalls unsinnig! Er ist Deine Fortführung – Du trägst ihn in Dir selbst und Du bist in ihm enthalten. Vater und Sohn sollten üben, sich selbst in dem anderen wider zu erkennen – Gleiches gilt für Mutter und Tochter.

In einer anderen Dharmarede zu Beginn dieses Jahres habe ich noch einen weiteren Aspekt erläutert. Ihr tragt Euren Vater in Euch, aber Ihr habt auch immer noch einen Vater in der äußeren Welt! Der Vater „draußen“ und der Vater „drinnen“ mögen sich voneinander unterscheiden. Wieso ist dem so? Von dem Zeitpunkt an, als sich mein Vater an mich weitergab, waren der äußere und der innere Vater nahezu identisch. Aber, da ich in einer anderen Lebenssituation und in einer anderen Umgebung lebe, hat sich mein innerer Vater anders weiter entwickelt als mein äußerer Vater. Zum Beispiel könnte sich mein innerer Vater in eine positive Richtung transformiert haben, weil ich ein guter Praktizierender bin. Das heißt, meine eigene positive Entwicklung transformiert auch meinen inneren Vater. Das mag dazu führen, dass der Vater, den ich in mir trage, von größerer Schönheit ist, als der Vater, dem ich in der Außenwelt begegne. Diese beiden Väter haben sich also auf unterschiedliche Weise weiter entwickelt. Ich habe eine bessere Beziehung zu  meinem inneren Vater. Aber ich will die Beziehung zu meinem Vater in der Außenwelt gleichermaßen verbessern.  Wenn Ihr gute Praktizierende seid, sollte dies kein Problem sein. Ihr habt dann bereits Mitgefühl entwickelt. Wenn Ihr nicht genügend praktiziert habt, werdet Ihr immer noch jede Menge Groll in Euch tragen und könnt so Eurem Vater nicht wirklich helfen.

Wenn mein „äußerer Vater“ stirbt, wird mein „innerer Vater“ weiterhin da sein.  Und ich werde meinen inneren Vater an meine Söhne weitergeben.

Mein Vater und meine Mutter, sie sind meine Vorfahren, meine jüngsten Ahnen. Als menschliche Wesen haben wir menschliche Vorfahren. Wir haben mehrere Generationen von menschlichen Ahnen. Und von einer genetischen Ebene ausgehend, kann man sagen, sie leben immer noch in uns weiter. Wir tragen sie alle mit uns in die Zukunft und geben sie an unsere Kinder weiter. Wenn Ihr heiratet und bekommt Kinder, gebt Ihr Eure Vorfahren an Eure Kinder weiter und sie werden dadurch mit in die Zukunft getragen.

Hier in Plum Village feiern wir jedes Jahr den „Tag der Vorfahren“. Wir schauen uns unsere Beziehung(en) zu unseren Vorfahren ganz genau an. Wenn Ihr in Eurer Verbindung zu Euren Vorfahren tief verwurzelt seid, seid Ihr stark. Wenn Ihr dahingegen entwurzelt seid, werdet Ihr schwach und anfällig für die Wechselfälle des Lebens. In Ländern wie Vietnam hat jede Familie in ihrem Haus einen Schrein für die Vorfahren. Wir ehren damit unsere Ahnen. Auch wenn die Leute nicht reich sind, haben sie diesen Altar in der Mitte ihres Hauses. Auf den Altar kommen Räucherstäbchen und vielleicht noch Blumen und andere Opfergaben.

Wenn wir weinen, weinen unsere Vorfahren mit. Wenn wir einer Dharmarede zuhören, hören unsere Vorfahren mit. Das ist wunderbar.

Die tägliche Praxis für die Ahnen besteht darin, den Altar zu reinigen, also von Staub zu befreien, die Blumen frisch zu machen und ein neues Räucherstäbchen zu entzünden usw. Warum machen wir das alles? Während wir dies tun, kommen wir mit unseren Vorfahren in Berührung – dies stärkt unsere Wurzeln und die Verbindung mit unseren Ahnen. Wo immer wir auch hingehen – wir fühlen uns mit unseren Vorfahren tief verbunden. Wir fühlen uns nicht fremd in der Welt. Dies ist das Gute an der Verehrung der Ahnen.

Für gewöhnlich haben die Vorfahren ein Recht darauf zu erfahren, wenn es etwas Neues in der Familie gibt. Zum Beispiel, wenn Euer Kind morgen das erste Mal in die Schule geht, sollten sie es erfahren und Ihr solltet Ihren Segen erbitten. Vielleicht habt Ihr jetzt die Vorstellung, dass Eure Ahnen dort auf dem Altar vor Euch sitzen – dem ist natürlich nicht so: Eure Ahnen befinden sich in Euch selbst mittels all der Gene, die sie an Euch weitergegeben haben. Wann immer Ihr mit Problemen konfrontiert seid, könnt Ihr Euch mit der Bitte um Unterstützung vertrauensvoll an Eure Vorfahren wenden.

Bittet die zuverlässigen Zellen Eurer Großeltern in Euch um Hilfe – sie werden Euch unterstützen. Wenn Ihr wisst, wie Ihr respektvoll mit Euren Vorfahren in Kontakt tretet, könnt Ihr bisweilen sogar Krankheiten wie Krebs überwinden.

Tatsache ist, wo auch immer Ihr hingeht, Eure Vorfahren gehen mit – Ihr tragt sie in Euch. Ihr könnt den Schwierigkeiten in Eurem Leben viel besser begegnen, wenn Ihr Euch das bewusst macht. Wenn Ihr Euch entschließt, Eure Tochter an einen Mann in einer anderen Stadt zu verheiraten, solltet Ihr Eure Vorfahren darüber informieren: „Liebe Ahnen, wir haben uns dazu entschieden, unsere Tochter an einen Mann in einer anderen Stadt zu verheiraten – wir bitten in dieser Angelegenheit um Euren Segen“. Auf diese Art praktizieren wir in Vietnam, China und überall in Asien täglich.

Heute haben wir also unseren Tag der Vorfahren. Wir haben Ahnen im Rahmen unserer Blutsverwandtschaft, wir haben aber auch spirituelle Vorfahren. Für Christen ist es z.B. Jesus. Auch wir tragen die christlichen Vorfahren in uns. Das Christentum wurde in diesem Teil der Welt an Euch weitergegeben, das bedeutet Ihr tragt Jesus in jeder Zelle Eures Körpers in Euch. Wenn ihr ein Problem habt, könnt Ihr zu ihm beten und er ist nicht weit entfernt, er ist nicht irgendwo im Himmel. Ihr könnt diesen Christus in jeder Zelle Eures Körpers berühren. Wenn Ihr ein guter, praktizierender Christ seid, ist Christus in jedem Moment für Euch erreichbar. Wenn Ihr Buddhisten seid, sind Buddha, Ananda und Sariputra Eure spirituellen Ahnen. Die Gene von Buddha, Ananda und Sariputra sind in jeder Zelle Eures Körpers. Die Weitergabe einer Ahnenlinie ist auf genetischem und spirituellem Weg möglich.

Als Lehrer gebt Ihr Euch auf spirituellem Weg weiter – nicht genetisch. Da gibt es diejenigen unter uns, die tragen beide, Jesus und Buddha in sich als Vorfahren. Das ist völlig in Ordnung und muss nicht zu Konflikten führen. Die fünf Achtsamkeitsübungen sind sehr christlich. Wenn man genau hinschaut, findet man die Grundideen im christlichen Glaubenssystem wider – es gibt da keinen Konflikt. Ihr habt das Recht darauf, mehrere spirituelle Vorfahren zu haben. Es ist so ähnlich wie beim Kochen: Ihr mögt vielleicht die italienische Küche, aber die französische Küche findet Ihr auch gut.

Wir haben auch tierische Ahnen. Guckt Euch das in Eurer Meditation genau an. Unsere Vorfahren sind nicht nur menschlicher Natur – tatsächlich ist die menschliche Rasse noch sehr jung. Bevor sich der Mensch entwickelte, gab es bereits die Tiere. Sie sind unsere Ahnen. Es ist sehr aufregend zu lernen, woher wir kommen. Welches Tier ward Ihr bevor Ihr in der menschlichen Daseinsform wiedergeboren wurdet? Also bin ich ein menschliches Wesen, aber meine tierischen Vorfahren leben immer noch in mir. Gemäß den buddhistischen Schriften trage ich ein Eichhörnchen, einen Vogel, einen Fisch und ein Reh in mir. Das ist nicht nur Weltanschauung, das hat auch durchaus eine wissenschaftliche Ebene. Ihr wart auch ein Fisch, ein Vogel, ein Rotwild – heute fühle ich sie wieder alle in mir. Ich habe tierische Ahnen. Wenn Ihr erstmal Eure tierischen Vorfahren kennen gelernt habt, werdet Ihr im Hier und Jetzt viel freundlicher zu Euren tierischen Mitwesen sein. Ihr werdet dann Eure Vorfahren sicherlich nicht essen wollen. Denn es ist nicht besonders nett, die eigenen Vorfahren zu verspeisen, oder?

Darüber hinaus haben wir pflanzliche Vorfahren. In der Tat – Pflanzen gab es schon lange vor den Tieren. In einem vergangenen Leben warst Du eine Palme, eine Wasserpflanze, vielleicht auch ein Champignon – warum nicht? Ihr solltet Euch das ganz genau vergegenwärtigen: Ihr setzt Euch zum großen Teil aus Pflanzen und Tieren zusammen! Ihr stammt von Ihnen ab. Wenn Ihr Euch an diese Tatsache erinnert, werdet Ihr den Wunsch entwickeln, das Pflanzen- und Tierreich zu schützen. Ihr werdet auf eine Art und Weise leben wollen, dass Ihr die anderen Naturreiche (be)schützen könnt.

Und wenn wir noch genauer hinschauen, entdecken wir auch noch unsere mineralischen Vorfahren: Wasser, Erde, Felsen und Staub. Ihr seid aus Sternen gemacht, aus Mineralien – ohne Mineralien gäbe es keine Pflanzen oder Tiere.

Deshalb ist es überaus wichtig, sich hinzusetzen und sich alle Ahnen zu vergegenwärtigen – menschliche, tierische, pflanzliche und mineralische.

Im Diamant-Sutra sagte Buddha, es gibt vier grundlegende Ideen, die es zu verwerfen gilt.

Eine davon ist die Illusion eines (seperaten) menschlichen Wesens:

Buddha bat seine Jünger, tief in das eigene Wesen zu schauen. Denn das menschliche Wesen ist eigentlich aus nicht-menschlichen Elementen zusammengesetzt -  nämlich hauptsächlich aus Tieren, Pflanzen und Mineralien. Das heißt, erst wenn Ihr Euch die Menschen mit all Ihren Komponenten anschaut, habt Ihr das Wesen der Menschen wirklich realisiert. Wenn Ihr das nicht durchschaut habt, tragt Ihr immer noch eine falsche, verzerrte Wahrnehmung über die Natur des Menschen  und damit eine Illusion in Euch, die zerstört werden muss. Das Diamant-Sutra ist damit eines der geradlinigsten Sutras, wenn es darum geht, den Menschen einen Weg zu einem umweltbewussteren Leben aufzuzeigen.

Es gibt folgende Aufgabe für heute: nehmt ein Stück Papier und notiert darauf alle Eure Vorfahren, an die Ihr Euch erinnern könnt: Blutverwandtschaft, spirituelle, tierische, pflanzliche und mineralische Vorfahren.

Ihr verliert Euer künstliches, konstruiertes Selbst, wenn Ihr die Namen Eurer Ahnen niederschreibt. Dazu braucht Ihr Achtsamkeit und Konzentration, um Euch auch wirklich erinnern zu können – gerade auch wenn es um die Erinnerung an die spirituellen, tierischen, pflanzlichen und mineralischen Ahnen geht.

Die Vorfahren auf diese Weise zu berühren, macht uns widerstandsfähiger (solider) und ermöglicht uns mehr Mitgefühl – kurz gesagt, macht uns stärker.

21. Juli 2008 Texte Keine Kommentare