meditation

Donnerstag, 16. Dezember 2010

Ich habe einen Zenschüler, der bei einem Unfall starb. Er fuhr mit dem Fahrrad einen Berg hinunter und als ihm eine alte Frau entgegen kam, wich er ihr aus und prallte gegen einen Baum. Seine Frau bat mich in ihr Haus, um eine Zeremonie für ihren Mann zu halten. Als sie mich durch das Haus führt, zeigt sie mir die Spuren, die er hinterlassen hat. Im ganzen Haus verteilt sind diese kleinen gelben Posted-Zettel: Am Spiegel im Badezimmer hängt ein Zettel auf dem steht „Liebling, wenn Du heute Morgen in den Spiegel siehst, weißt du, dass ich dich liebe“. Seine Frau zeigt mir Bücher mit kleinen Anmerkungen am Rand auf denen steht: „Als ich diesen Absatz gelesen habe, musste ich an Dich denken“. Wenn er morgens aus dem Haus zur Arbeit ging und in der Küche sich das Geschirr stapelte und alles im Chaos war, fand sie später einen kleinen Zettel: „Wenn Du deine Arbeit heute tust, schicke ich Dir meine Liebe“. Obwohl er nicht mehr da ist, fühlt seine Frau sich immer noch umhüllt von seiner Liebe. Was immer in seinem Leben war, er betrachtete alles unter dem Blickwinkel der Liebe und hat in jeder Situation im Geist die Liebe gehalten.

Meistens leben wir mehr in unseren Vorstellungen, statt im Augenblick. Wir haben eine genaue Vorstellung, wie unser Leben sein soll und wenn es nicht so läuft, wie wir es uns wünschen, werden wir mitgerissen von einem Strom von Emotionen und Gefühlen.
Manchmal kommt jemand zu uns, und wir denken: Ich habe jetzt keine Zeit. Wir halten an der Vorstellung fest, dass wir gerade etwas anderes tun müssen und wenn uns jemand anspricht, fühlen wir uns gestört. Oder wir wissen genau, wie die Dinge sein müssen – und dann kommt es anders! So sind wir enttäuscht, verletzt oder wütend und ohne dass wir es wollen, werden wir von unseren Gefühlen mitgerissen. Dass das nicht passiert, müssen wir die richtigen Methoden finden, um unseren Gefühlsstrom zu besänftigen. Denn wenn wir erst einmal mitgerissen werden, entsteht ein Domino-Effekt, der kaum zu bremsen ist, genauso wenig wie eine Herde junger Stiere…
Um unsere geistige Färbung zu verstehen, machen wir jeden Morgen einen Realitätscheck, um zu verstehen: Wie geht es mir heute? Wie ist mein Gefühl? Wie meine Laune? Durch den täglichen Check wissen wir, was in uns los ist und wissen schon gleich morgens, dass es heute vielleicht knallen könnte. So können wir schon vorsichtig in den Tag gehen und versuchen, uns nicht zu verwickeln. In dem wir die geistige Färbung des Tages verstehen, können wir zu einer inneren Sicherheit finden, die uns sagt: Egal was passiert, ich nehme es an. Welches Problem auch auftaucht, ich akzeptiere es und versuche das Beste daraus zu machen. Ich nehme jede Situation an, wie sie kommt, denn sie gehört zu meinem Leben.

Im Haus meines Zenschülers sah ich, dass was immer in seinem Leben oder im Alltag passierte, sein geistiger Zustand orientierte sich daran, dass er die Situation so akzeptierte wie sie war und er alles mit einer liebevollen Haltung verband. Denn, was auch immer passiert im Leben: Was wir immer suchen, ist Liebe. Und was wir immer geben können, ist Liebe.

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Mittwoch, 15. Dezember 2010

„Ich fühle mich vernachlässigt! Ich fühle mich im Stich gelassen! Ich fühle mich missverstanden! Niemand nimmt mich wirklich wahr! Ständig werde ich kritisiert und nicht so akzeptiert, wie ich bin…“ - Das sind die Botschaften unseres Egos.

Der Buddha lehrt uns im Einklang des Augenblicks zu leben. Aber wir haben unsere eigenen Vorstellungen und Wünsche und möchten am liebsten den Kosmos so beeinflussen, dass alles so läuft, wie wir es haben möchten. Dadurch sind wir nie im Einklang mit dem Augenblick, sondern jagen immer irgendetwas hinterher. Wir glauben, die Welt in unserem Sinne ändern zu können und bringen uns mit all unserer Lebensenergie ein, um unsere Vorstellungen durchsetzen zu können. Die ganze Welt soll so sein, wie wir es uns wünschen. Dabei vergessen wir, dass wir nur winzig kleine Lebewesen in diesem unendlich großen Universum sind. Natürlich haben wir nicht genug Kraft und Energie um dagegen zu wirken. Und trotzdem wünschen wir es so sehr und wir sind enttäuscht und frustriert, dass wir es nicht schaffen. Wenn wir akzeptieren, dass wir nur kleine Wesen im großen Universum sind können wir einfach entspannen und einfach sein, wie wir sind. Aber wir leiden lieber. Wir wollen nicht von der Vorstellung loslassen, dass wir Einfluss nehmen können auf alles was geschieht. Denn welchen Sinn hat dann unser Leben? Welche Bedeutung haben wir, wenn wir nichts anderes sind, als Staubkörnchen im Universum, die von den kosmischen Energien hin und her getrieben werden?

Der Buddha aber lehrt uns: Wenn du nirgendwo hingehen musst und nichts vorhast, dann fängt dein Leben an. Dann entdeckst du die unendlichen Möglichkeiten des Augenblicks. Dann kannst du alles sein, was dieser Augenblick dir schenkt.

Im Leben geht es darum, zu leben! Im Fluss des Lebens zu tanzen. Im Leben zu baden. Auf den Wellen des Lebens zu reiten. Es geht darum, sich einfach treiben zu lassen.
Entdecke, dass du viel mehr bist, als dein Ego dir vorspielt! Du bist alles was jeder neue Augenblick dir bietet.

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Freitag, 10. Dezember 2010

Der 6. Patricharch unserer Tradition verglich unseren Geist mit einer Kuhherde und uns selbst mit dem Hirten. Die Aufgabe des Hirten ist, gut für seine Herde zu sorgen, sie zu hüten und zu schützen, damit die Tiere sich gut entwickeln können. Genauso wie der Hirte seine Herde genau im Blick hat, beobachten wir uns selbst: Wie sind unsere Gefühle und Gedanken und wie ist unsere Gesamtverfassung? Gibt es Vorkommnisse oder Strukturen in uns, die immer wieder vorkommen? Was wissen wir über uns selbst? Wo sind unsere Schwächen? Welche Bedingungen brauchen wir, um in Balance und Harmonie in uns selbst zu sein? Innere Sicherheit und Ausgeglichenheit reduzieren automatisch unsere Ängste, so dass wir friedvoller und harmonischer mit uns selbst und Anderen leben können.
Die 10 Bildern beschreiben, wie ein guter Hirte für seine Herde sorgt. Sie sind eine Art Leitfaden, dem wir folgen, um unser eigenes Potential, unsere innere Stärke und unser Selbstverstrauen zu entwickeln.

1. Der Hirte gibt den Kühen einen Weideplatz.
Ein guter Hirte sorgt dafür, dass seine Herde einen Platz und gute Bedingungen hat, um sich wohl zu fühlen. Dann werden die Kühe sich gesund entwickeln und gute Milch produzieren.
So wie die Kuh eine Weide braucht, brauchen wir eine Struktur und Rahmenbedingungen, dass wir uns gut entwickeln können. Wir stellen uns eine Struktur oder Stundenplan auf, der durchführbar ist und der uns unterstützt. Damit schaffen wir uns eine Atmosphäre und gute Bedingungen für ein gesundes und glückliches Leben.


2. Der Hirte kennt seine Herde.

Der Hirte betrachtet seine Herde genau und kennt die Eigenheiten der verschiedenen Tiere. So kann er bestimmte Eigenschaften eindämmen oder umwandeln.
Wir machen eine Bestandaufnahme unserer Situation: Wer sind wir? Wie geht es uns? Wie fühlt sich unser Körper an? Welche Gefühle haben wir? Haben wir Gewohnheiten, die sehr häufig vorkommen? Wie ist unsere Grundstimmung? Sind wir eher pessimistisch oder sehen wir die Welt oft rosarot? Sind wir eher flexibel und leicht, oder nehmen wir die Dinge oft schwer? Wie sind wir? Wie sehen wir die Welt? In welcher Verfassung sind wir körperlich, geistig und seelisch? Haben wir bestimmte Gewohnheiten oder Denkmuster, die uns besonders kennzeichnen oder uns immer wieder Schwierigkeiten bereiten? Gibt es Dinge, die sich immer wieder wiederholen? Wir schauen uns ehrlich an und lernen uns kennen.


3. Der Hirte reinigt die Herde regelmäßig von Insekten und Ungeziefer und pflegt ihre Wunden.

Ein guter Hirte weiß, dass die Tiere auf der Weide von Insekten geplagt werden und sorgt dafür, dass sie nicht zu sehr darunter leiden müssen. Genauso wie die Insekten automatisch angezogen werden durch die Bedingungen auf der Weide, ziehen wir durch unser Karma Verletzungen an. Doch wie der Hirte, gehen wir achtsam mit unseren Schmerzen und Verletzungen um und versuchen, uns zu pflegen und zu reinigen und Heilung zu ermöglichen.

4. Der Hirte schützt seine Herde vor Verletzungen
Ein guter Hirte weiß, unter welchen Bedingungen die meisten Insekten und Gefahren für die Herde kommen. Er verteilt Schlamm auf ihrem Fell und schützt sie so vor Plagen und Verletzungen durch Ungeziefer. Genauso schützen wir uns vor unseren leidvollen Verstrickungen, in dem wir Achtsamkeit entwickeln im Umgang mit unser Gier, unseren Wünschen und Sehnsüchten.


5. Der Hirte verjagt die Feinde

Um Ungeziefer und Insekten zu verjagen entfacht der Hirte ein Kräuterfeuer, dessen Rauch die Insekten fern hält. Wir haben die Möglichkeit heilsame Plätze aufzusuchen, an denen wir uns nicht so sehr von unseren Begierden oder destruktiven Energien überwältigen lassen.


6 Der Hirte führt seine Herde auf einem sicheren Pfad.

Der Hirte kennt alle Wege und schützt die Herde vor Feinden und Gefahren.
Dies ist vergleichbar mit dem Achtfachen Pfad, der uns schützt, dass wir nicht vom Weg abkommen und uns an Orten aufhalten oder Handlungen begehen, die uns selbst und anderen Schaden können. Der Achtfache Pfad lehrt uns:
1. Rechte Erkenntnis
2. Rechte Gesinnung
3. Rechte Rede
4. Rechtes Tun
5. Rechter Lebensunterhalt
6. Rechte Anstrengung
7. Rechte Achtsamkeit
8. Rechte Sammlung

Zu den einzelnen Punkten des Achtfachen Pfads werde ich in den folgenden Wochen noch einmal tiefer eingehen.

7. Der Hirte kennt den Weg.
Der Hirte weiß, wo der beste Weideplatz für seine Tiere ist. Er kennt den Weg und auch alle Gefahren auf dem Weg und führt sie sicher zur Weide.
Der Weg zum Ziel, ist vergleichbar mit der richtigen Methode. Um dahin zu kommen, gibt es Methoden. Ein spiritueller Lehrer kann uns dabei helfen, die richtige Methode zu finden. Es ist wichtig, dass wir innere Sicherheit entwickeln und auf unserem Weg begleitet werden, um auch in schwierigen Situationen, die innere Balance halten zu können.

8. Der Hirte bringt die Herde sicher über den Fluss
Auf dem Weg zum Weideplatz ist die Herde vielen Gefahren ausgesetzt. Beim Überqueren eines reißenden Flusses, muss der Hirte Strömung und Tiefe des Gewässers einschätzen können, damit die Herde sicher zum anderen Ufer gelangt. Im übertragenen Sinne helfen uns die Vier Edlen Wahrheiten, mit deren Hilfe wir Klarheit über unsere Situation gewinnen. Wir betrachten klar in welcher Lage wir sind und untersuchen genau:

1. Was ist mein Leid? Wo sind meine Schmerzen?

2. Woher kommt es? Welche Ursachen hat es?
Wir sind bereit nach innen zu sehen und zu erforschen, woher unser Leid kommt: Kommt es aus der Kindheit? Gab es verletzende Situationen oder Traumata? An was halten wir fest? Welche Gefühle sind beteiligt? Und an welche Wünschen und Sehnsüchten?

3. Wir entwickeln den Wunsch, einen Weg aus dem Leid zu finden. Dabei fragen wir uns ehrlich: Möchten wir uns wirklich verändern? Und was heißt das? Oft sind wir nicht bereit das Leid wirklich loszulassen, denn häufig verknüpfen wir unsere Probleme mit unserer Existenz. Um wirklich einen Weg aus dem Leid zu finden, müssen wir die innere Bereitschaft dafür haben, es wirklich loszulassen und uns zu verändern.

4. Wenn du dein Leid kennst, kennst du auch das Gegenmittel dazu. Wenn wir wissen woran es hakt, kennen wir auch die Methode die uns unterstützen kann, uns zu verändern.

9. Der Hirte sorgt gut für die Herde.
Wenn der Hirte einen guten Weideplatz für die Herde gefunden hat, sorgt er dafür, dass sie genug Nahrung und Wasser bekommt.
Für uns bedeutet das, dass wir auf unseren geistigen, seelischen und körperlichen Zustand achten und gut mit uns selbst umgehen. Destruktive Gefühle, Gedanken und Handlungen fügen uns Leid zu und bringen uns in schwierige Situationen. Deshalb gehen wir vorsichtig und liebevoll mit uns um. Wir verstehen, dass alles sich ständig ändert: Unser Körper unsere Gedanken, unsere Gefühle sind ständig in Bewegung, kein Zustand ist statisch und für immer. Unser Unglück, geht genauso vorbei wie unser Glück und dieser Wandel gibt uns die Sicherheit, dass alles bewältigbar ist.


10. Der Hirte achtet darauf, dass sich die Herde gut entwickeln kann.

Der gute Hirte geht fürsorglich mit seiner Herde um. Er achtet darauf, dass die Tiere gut versorgt und genährt sind. Er weiß, wie er die Tiere für Arbeit einspannen kann und achtet darauf, dass sie nicht ausgemolken oder ausgezehrt werden.
Genauso gehen wir auch mit uns selbst um: wir sollten uns weder über- noch unterfordern. Wir sollten uns nicht zu sehr in eine Richtung peitschen, uns aber auch nicht gehen lassen.
Gut für sich zu sorgen heißt, die eigenen Bedürfnisse zu kennen und darauf zu achten, dass unsere Energien und unsere Verfassung in Balance ist.

Den Leitfaden anwenden: Sich selbst ein guter Hirte/ eine gute Hirtin sein:
Wer bin ich überhaupt in diesem Moment? und was erlebe ich gerade?
Dieser Leitfaden schult unsere Achtsamkeit in Bezug auf uns selbst und bringt uns Klarheit darüber, wer wir sind. Alles was in unserem Leben passiert, führen wir auf uns selbst zurück.
Dadurch lernen wir uns kennen und verstehen den Mechanismus, der uns immer wieder in unser Leid führt. Wenn wir das verstehen, haben wir die Möglichkeit uns zu verändern.

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Mittwoch, 08. Dezember 2010

Um unsere Probleme zu lösen und nicht immer wieder in ähnliche Verstrickungen zu geraten, ist es wichtig, dass wir uns fragen: „Warum ziehe ich solche Probleme oder Energien immer wieder an? Oft ist es wie verhext, wir bemühen uns Dinge zu verändern, strukturieren uns neu, versuchen bestimmte Situationen zu vermeiden und trotzdem stoßen wir immer wieder auf ähnliche Konflikte und Probleme! Egal wie wir es anstellen, wir kommen nicht raus. Es ist wichtig genau anzuschauen, wie unsere eigene Grundhaltung ist. Das bedeutet, dass wir ganz genau betrachten, wie wir mit unseren Problemen umgehen. Haken wir jedes Problem ab, sobald wir es für abgearbeitet halten? Dann kann es passieren, dass uns die Menschen, mit denen wir zu tun hatten auch abhaken und sich mit dem Problem auch die Beziehung auflöst. Oder bekämpfen wir unsere Probleme? Das bedeutet, dass wir uns auch innerlich ständig bekriegen. Oder versuchen wir unsere Probleme mit aller Gewalt anzugehen? Dann haben wir meist plötzlich Konflikte und Streit in unserem Leben.
Wir sind diejenigen, die eine bestimmte Energie ausstrahlen und auch anziehen. Es funktioniert wie ein Magnet. Um eine Möglichkeit für Veränderung zu schaffen, müssen wir die Quelle unserer Energie anschauen. Woher kommt sie? Welche Ursachen hat sie?
Buddha sagt, dass wir unsere geistige Färbung genau anschauen und verstehen sollen. Denn die Art und Weise wie unser Geist „gefärbt“ ist, so sehen wir die Welt. Sehen wir sie eher düster oder heiter, sind wir eher vorsichtig oder erleben wir die Welt eher als Bedrohung? Wir sehen die Welt, aus unserer gefärbten Sicht und Wahrnehmung und nicht wie sie wirklich ist.
In der Zen-Tradition benutzen wir sehr oft Metaphern und Bilder, um verständlich zu machen, wie wir unseren Geist betrachten und verstehen können. Unsere Gefühle und Gedanken werden zum Beispiel mit wilden Kühen auf der Weide verglichen, die ungebändigt sind und sich dadurch auch leicht in Gefahr bringen. Wir sind die Hirten dieser wilden Kuhherde und hüten und beschützen sie mit unserer Achtsamkeit. Als Hirten kennen wir unsere Kühe genau und müssen einschätzen, ob sie gesund, krank oder verletzt sind. Das heißt unsere Verantwortung und unser Umgang mit unseren Gefühlen und Reaktionen ist sehr wichtig, damit wir aus einem destruktiven Prozess heraus kommen und uns verändern können. Unsere Achtsamkeit ist dabei so, wie wenn um uns herum eine Grippe herrscht – wir versuchen uns zu schützen und nicht anzustecken und wenn wir krank werden, müssen wir die richtigen Methoden und Medizin finden, um gesund zu werden und Heilung zu finden.

In den folgenden Tagen werde ich dazu einzelne Schritte erläutern.

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Montag, 6. Dezember 2010

Was heißt das überhaupt, “Sich weiter entwickeln”?

Ich kenne eine Person, die sehr viel Mitgefühl für alle Tiere hat. Wenn sie einen Vogel mit gebrochenen Flügeln auf der Strasse sieht, versucht sie den Vogel zu retten und wenn ein Tier krank ist, möchte sie ihm helfen. Sie hat zu allen Tieren eine ganz besondere Beziehung. Egal um welches Tier es sich handelt, bei Tieren geht ihr einfach das Herz auf – ganz im Gegensatz zu Menschen. Menschen gegenüber ist sie reserviert, verschlossen, ja, sogar distanziert und feindselig. Menschen kann man nicht trauen, auf Menschen kann man nicht zählen, Menschen verletzen einander. Ihr Blick auf andere Menschen ist von Misstrauen geprägt. Sie beäugt jeden kritisch und sieht in jedem einen potentiellen Feind. Ihr Blick ist sehr streng und sie beurteilt und verurteilt alle, die sich nicht so verhalten, wie sie es sich wünscht. Ganz besonders wütend wird sie, wenn sie sieht, dass jemand sich unachtsam Tieren gegenüber verhält. Dann kann ihre Wut sogar fast bis in Hass umschlagen. Innerlich entwickelt sie eine richtige Aversion gegen ihre gesamte Umgebung, doch natürlich will sie solche Aggressionen nicht nach außen tragen, deshalb versucht sie mit aller Gewalt ihre Aggressionen zu unterdrücken. Das hat natürlich Folgen: Sie wird krank.
In ihrem Krankheitsprozess stellt sie fest, dass all die Fürsorge und Liebe, die sie für Tiere empfindet, sie sich eigentlich für sich selber wünscht. Sie sehnt sich danach, dass sie geliebt und gepflegt und umsorgt wird. Aber sie sieht auch, dass sie diese Liebe und Fürsorge nie in ihrem Leben bekommen hat. Wenn sie einem Tier ihre ganze Liebe und Fürsorge gibt, dann ist es ein bisschen so, als würde sie ihrem inneren Kind diese Aufmerksamkeit und Wärme geben, nach dem es sich so sehr sehnt. Als sie bemerkt, dass sie sich so sehr nach Liebe, Zuneigung und Fürsorge sehnt und in dieser Sehnsucht ganz gefangen ist, hat sie den Wunsch, etwas dagegen zu unternehmen: Sie beginnt sich genau zu beobachten und sieht ihre eigenen negativen Gedanken. Sie reflektiert ihr Verhalten und beobachtet, wie ihre Wut und Aggression entsteht. Dabei stellt sie fest, wie verbittert und enttäuscht sie vom Leben ist. Sie entdeckt in sich auch den Mechanismus, dass sie Menschen testet: Sie zeigt sich ständig von ihrer negativsten Seite – sie kritisiert andere, meckert, macht ihnen Vorwürfe und unterstellt ihnen Schlechtes, erwartet jedoch, dass die Anderen sie trotzdem annehmen und lieben und Geduld mit ihr haben. Doch diese Erwartung wird jedes Mal enttäuscht: sie erfährt immer noch mehr Schmerz, Ablehnung und Kälte.

An diesem Beispiel kann man sehen, dass die Frau bis zu einem gewissen Punkt ihr Leid versteht, jedoch nicht fähig ist, sich daraus zu befreien. Sie ist zu sehr in ihrem Muster gefangen. Das Beispiel zeigt auch, wie sehr unsere Entwicklung beeinflusst wird von unserem Leben, unserer Biographie, der Umgebung in der wir leben und aufgewachsen sind oder auch von unserem Karma.
Sich weiter zu entwickeln bedeutet, dass wir die Mechanismen, die uns immer wieder in Leid bringen aufdecken, erkennen und dass wir bereit sind, uns zu verändern.
Sehr oft machen wir uns abhängig vom Verhalten anderer Menschen. Je nach dem wie sie uns gegenübertreten, definieren wir unsere Wertigkeit und unsere eigene Existenz. In unserer Entwicklung müssen wir leider sehr oft schmerzliche Erkenntnisse machen und uns eingestehen, dass wir selbst diejenigen sind, die uns Schmerz und Leid zufügen. Wenn wir uns bewusst machen können, welchen Mechanismus wir immer wieder benutzen, um in unser Leid zu gehen, haben wir die Möglichkeit uns zu verändern.

Morgen werde ich Lösungen vorstellen, wie wir diesen Prozess der Veränderung beginnen können.

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Sonntag, 5. Dezember 2010

Heute wurde ich gefragt, was es eigentlich heißt „Für das Dharma zu leben“.
Viele Menschen haben die Vorstellung, für das Dharma zu leben bedeutet, ihr jetziges Leben aufzugeben, ins Kloster zu gehen, buddhistische Texte zu studieren und so weiter… Aber für mich gibt es nicht irgendetwas das man tun muss, um Dharma zu leben, denn wir leben ja schon innerhalb des Dharmarades, d.h. innerhalb des ‚kosmischen Gesetzes’. Für mich bedeutet für das Dharma leben, im Fluss des Lebens zu sein und sich nicht an irgendetwas im Leben festzuhalten. Egal was kommt, ich sperre mich nicht dagegen. Alles was passiert, hat seinen Sinn und ich muss lernen, was immer das Leben mir schenkt, sei es positiv oder negativ – anzunehmen. Ganz gleich, was mir im Leben widerfährt: Ich mache das Beste daraus. Ob es nun gut oder schlecht ist, ich sehe darin die Aufgabe, mich weiter zu entwickeln.
Wir Menschen versuchen ja immer Götter zu spielen und wollen alles beeinflussen und so verändern, wie es uns am Besten passt. Aber das Beste aus unserem Leben zu machen, heißt nicht irgendetwas zu erreichen oder in einer bestimmten Form zu leben, sondern es bedeutet, egal was in meinem Leben passiert, ich versuche damit meinen inneren Frieden zu finden, ohne einen Konflikt daraus zu machen, weder für mich selbst, noch für Andere. Dharma leben bedeutet, Frieden in sich selbst zu finden und auch anderen Frieden geben zu können.

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Freitag, 3. Dezember 2010

Fortsetzung vom 29.11.2010

Obwohl ich von den anderen Mönchen nicht gemocht und ausgegrenzt wurde, hielt ich weiter an meiner Position fest. Denn mein Gefühl war, dass ich dadurch einen Platz im Herzen meines Meisters gefunden hatte und jemand besonderes für ihn war. Innerlich war ich darauf angewiesen, dass mein Meister mir ständig zeigte, wie stolz er auf mich war. Jede kleinste Bemerkung und Bewertung nahm ich ernst und reflektiere sie genau. Ich versuchte zu erahnen und zu erraten was der Standpunkt des Meisters war und wollte ihm voll und ganz entsprechen. Ich versuchte ihn zu kopieren, ahmte ihn nach, fühlte mich jedoch ständig unsicher und nicht gut genug. Wenn ich meditierte war mein Geist rastlos, ständig bewertete ich alles was ich tat und ich bereute jede falsche Handlung die ich gemacht hatte und bedauerte, alle Fehler, die ich in der Vergangenheit begannen hatte: ich war so oft undiszipliniert und unkonzentriert gewesen und hatte die Sutren nicht richtig verstanden! Und so schmiedete ich Pläne, wie ich mich in der Zukunft bessern würde und malte mir aus, wie ich, wenn ich einmal ein Kloster hätte, die Mönche trainieren und ausbilden würde. Mein innerer Rebell wurde immer leiser und schwieg fast ganz, dafür wurde meine Schattenseite immer sichtbarerer und stärker: Ich passte mich vollkommen an, und verhielt mich so, wie ich dachte, dass mein Meister mich haben will. Denn ich glaubte, dass je mehr ich meine rebellische Seite zügelte, desto mehr würde ich von meinem Meister angenommen und desto näher war ich ihm. Der Meister hatte uns Novizen einmal beigebracht, dass wir uns immer einer Situation angemessen und dem jeweiligen Gegenüber angepasst verhalten sollten. Ich dachte, ich käme diesem Satz nach, indem ich penibel mein Verhalten kontrollierte und vollkommen aufging in meinem Bild von einem Mönch, wie ich dachte, dass der Meister ihn wollte.
Wo führt das hin?
Letztlich hat mich der Meister dazu gebracht, mich mit meiner Angst zu konfrontieren. In dem er mir zeigte, dass ich nur aus meiner Angst heraus agierte.
Wie tat er das?
Er stellte mich auf die Probe, z.B. warf er mich in Situationen, wo ich aus dem Stehgreif einen Vortrag halten sollte. Ich tat mein Bestes und versuchte gut da zustehen und als ich fertig war, sagte er: „Ich habe nur deine Angst gesehen.“
Oder wenn ich ihn auf Reisen begleitete und versuchte alles gut zu machen und ihm ein guter Attendant zu sein- dann sagte er aus heiterem Himmel zu mir: „Ich spüre deine Angst“. Er machte mir bewusst, dass ich weder vorher besonders mutig gewesen war, durch meine rebellischen Ausbrüche, noch dass ich einen besonderen Platz in seinem Herzen hatte. Nur, wenn ich mich mit meinen Ängsten konfrontiere, würde ich mich wirklich verstehen und mich nicht weiter im Kreis drehen.
Ich fragte den Meister: „Was meinst du damit? Was ist diese Angst überhaupt?“
Und er sagte: „Die Essenz deines Lebens“.
Da war der innere Rebell in mir plötzlich wieder da und er war sehr stark: Er sagte zu mir: „Die Ängste sollen die Essenz meines Lebens sein? Das muss ich verändern.“

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Montag, 29. November 2010

Fortsetzung

Wenn ich mit meinem Meister zusammen war, versuchte ich immer meine allerbeste Seite zu zeigen: Ich war sehr diszipliniert, lernte alle Gelübde auswendig und versuchte sie streng einzuhalten und lebte sehr asketisch. Auch nachts versuchte ich in der richtigen Stellung zu schlafen, wie ein Buddha: die rechte Hand unter der Wange, die linke auf den Oberschenkel und beide Beine gerade aufeinander gelegt. Es war sehr unbequem und ich hatte Probleme einzuschlafen, aber ich dachte, genau das macht einen guten Mönch aus und so hielt ich mich streng daran.
Ich versuchte nur mit zwei Mahlzeiten auszukommen, Frühstück und Mittagessen und gönnte mir keine Kekse, Süßigkeiten oder Zwischenmahlzeiten, denn das gehörte sich nicht für einen guten Mönch. War ich so streng mit mir, wollte ich natürlich auch, dass meine Umgebung streng nach den Regeln lebte, aber die Novizen hielten sich alle gar nicht daran. Sie waren verspielt, undiszipliniert und frech und ich war ständig wütend, dass sie sich so viel erlauben konnten, ohne dafür zur Rechenschaft gezogen zu werden. Deshalb sorgte ich dafür, dass ich Gruppenführer wurde, denn ich wollte allen Novizen gutes Verhalten beibringen und sie zu guten Mönchen erziehen. Sie sollten genauso diszipliniert und asketisch leben wie ich. Ich führte ein Tagebuch, in dem ich notierte wann welcher Mönch was falsch gemacht hat. Bei jedem Voll- und Neumond trug ich dem Meister all meine Notizen über das Fehlverhalten der anderen aus meinem Tagebuch vor. Ich wollte dem Meister zeigen, wie gut ich bin, dass er sah, wie sehr ich übte ein guter Mönch zu sein, der alles sah und wahrnahm. Ich weiß nicht, was mein Meister darüber dachte, aber er übertrug mir zusätzlich zu meinem Amt als Gruppenführer, noch die Aufsicht über die Meditationsstunde. Das bedeutete, dass ich während der Stunde über alle wachte und jeder der nicht gut meditierte oder während der Meditationsstunde einschlief, erhielt von mir einen Schlag auf die Schulter. Natürlich bekamen die Novizen die frech waren die meisten Schläge von mir, denn ich konnte es nicht ertragen, dass sie sich so treiben ließen.
Und so wurde ich mehr und mehr von allen Seiten ausgegrenzt und kritisiert, denn natürlich suchten jetzt alle nach meinen Fehlern. Vielleicht hatte ich einmal die Mittagspause etwas überzogen oder ich hatte mehr gegessen als nötig – schon triumphierten alle Novizen über mich. Oder sie stellten fest, dass auch ich gierig war, wenn ich einmal meine Süßigkeit zu den Mahlzeiten gegessen hatte. Ich hatte keine besonders gute Zeit, niemand mochte mich und ich war von den Späßen und Streichen der anderen Novizen ausgeschlossen. Innerlich fühlte ich mich sehr einsam und sehnte mich danach, mit den anderen Unsinn zu machen, doch äußerlich versuchte ich, mich an meiner Position festzuhalten und hielt die Disziplin aufrecht. Nach wie vor, sehnte ich mich nach noch mehr Anerkennung des Meisters. Doch je mehr Anerkennung ich von meinem Meister bekam, desto mehr wurde ich von der Gruppe abgelehnt. Je mehr ich mich anstrengte, desto einsamer wurde ich. Je mehr Disziplin ich aufbrachte, desto erstarrter wurde ich.
War es das, was ich gesucht hatte? Wo war die Lebendigkeit geblieben? Wo war meine Lebenslust geblieben, die ich damals, als ich es gewagt hatte, das Leben kennenzulernen entdeckt hatte? Statt mich zu entfalten, hatte ich eine Position eingenommen und war darin gefangen und erstarrt.

Fortsetzung folgt

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Sonntag, 28. November 2010

Fortsetzung
Wer bin ich? Ich versuchte mich abzugrenzen und zurückzuziehen, um klar zu sehen, wer ich wirklich bin. Ich versuchte meine Gefühle zu verstehen und meine Bedürfnisse wahrzunehmen, aber ich traute mich gar nicht zu leben. Doch der Rebell in mir sagte: „Versuch es“!
Und ich habe es versucht. Wenn die anderen Mönche zu Mittag aßen, ging ich schwimmen. Wenn alle in der Buddhahalle saßen und rezitierten, schlich ich mich raus und sah mir schöne Sachen an. Besonders liebte ich es im Park zu liegen, die Sonne zu genießen und zu schauen, was in der Welt um mich herum vor sich ging.
Nun musste ich mir sehr oft anhören, dass ich verblendet sei und mich im Irrtum befand. Ich hätte gar keine Ahnung, in was für eine Situation mich mein Verhalten bringen würde und so bekam ich alle möglichen Strafen: ich musste das Klo putzen, stundenlang knien, Sutrentexte restaurieren. Aber trotz der Strafen war ich stolz auf mich. Mein innerer Rebell sagte: „Du traust dich, was keiner sich traut, du hast es gewagt, auch wenn du bestraft wirst, so hast du wenigstens gelebt, während die anderen einfach dumme Mönche bleiben.“ Ich fühlte mich sehr schlau, denn ich hatte mehr von der Welt gesehen und verstanden als die anderen. Und je mehr Kritik und Strafen ich bekam, desto mehr distanzierte ich mich und überhob mich über die anderen. Die anderen Mönche lästerten jetzt viel über mich und wollten nichts mehr mit mir zu tun haben. Sie zählten auf, was ich alles Schlechtes getan hatte und was für ein schlechter Mönch ich sei und dass der Buddha sich für mich schämen würde.
Das machte mich sehr wütend und ich begann die Novizen zu beschimpfen, ich sagte: „Der Buddha ist sehr intelligent und weise und er würde sich über so dumme Mönche wie ihr es seid schämen“! Da sagten sie mir, merkst du denn nicht wie verblendet du bist, jetzt hast du auch noch Wut und Hass in dir, mit so einem schlechten Mönch wie dir, möchten wir nichts zu tun haben.“ Ich wurde von der ganzen Gruppe abgelehnt, aber ich lehnte auch alle ab. Und mein innerer Rebell sagte zu mir: „Wir werden es denen schon zeigen“ – und ich begann in sehr kurzer Zeit sämtliche Sutren auswendig zu lernen und versuchte sie zu interpretieren und zu erklären. Ich wollte die Aufmerksamkeit meines Meisters gewinnen und fühlen, dass er stolz auf mich sein könnte. Und so wurde ich sein Attendant und hatte nun eine neue tiefe Verbindung, doch nicht mehr mit den kleinen dummen Novizen, sondern mit dem allergrößten Meister.

Fortsetzung folgt

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Samstag, 27. November 2010

Fortsetzung vom 26.11.2010
Wer bin ich? Ich versuchte mich abzugrenzen und zurückzuziehen, um klar zu sehen, wer ich wirklich bin. Ich versuchte meine Gefühle zu verstehen und meine Bedürfnisse wahrzunehmen, aber ich traute mich gar nicht zu leben. Doch der Rebell in mir sagte: „Versuch es“!
Und ich habe es versucht. Wenn die anderen Mönche zu Mittag aßen, ging ich schwimmen. Wenn alle in der Buddhahalle saßen und rezitierten, schlich ich mich raus und sah mir schöne Sachen an. Besonders liebte ich es im Park zu liegen, die Sonne zu genießen und zu schauen, was in der Welt um mich herum vor sich ging.
Nun musste ich mir sehr oft anhören, dass ich verblendet sei und mich im Irrtum befand. Ich hätte gar keine Ahnung, in was für eine Situation mich mein Verhalten bringen würde und so bekam ich alle möglichen Strafen: ich musste das Klo putzen, stundenlang knien, Sutrentexte restaurieren. Aber trotz der Strafen war ich stolz auf mich. Mein innerer Rebell sagte: „Du traust dich, was keiner sich traut, du hast es gewagt, auch wenn du bestraft wirst, so hast du wenigstens gelebt, während die anderen einfach dumme Mönche bleiben.“ Ich fühlte mich sehr schlau, denn ich hatte mehr von der Welt gesehen und verstanden als die anderen. Und je mehr Kritik und Strafen ich bekam, desto mehr distanzierte ich mich und überhob mich über die anderen. Die anderen Mönche lästerten jetzt viel über mich und wollten nichts mehr mit mir zu tun haben. Sie zählten auf, was ich alles Schlechtes getan hatte und was für ein schlechter Mönch ich sei und dass der Buddha sich für mich schämen würde.

Fortsetzung morgen

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